Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.lehnte sich an den Ecktisch, auf dem die Nachtlampe stand -- durch den kleinen Stoß an den Tisch tauchte das Lämpchen unter das Oel, auf dem es schwamm, und verlöschte. Amalie schrie auf -- ihm gab der kleine Umstand die Fassung wieder -- er erinnerte ihn daran, daß er ja der Wärter einer Kranken sei, welche Schonung bedürfe. Er nahm das Feuerzeug zur Hand, und gab der Lampe ihre Flamme wieder, sie brannte aber jetzt unruhiger, flackernder als zuvor. Johannes sah, wie Amalie im Fieber glühte -- er warf einen besorgten Blick auf sie und setzte sich stumm neben ihr Bett. "Bin ich keines Wortes mehr werth?" fragte Amalie seufzend. "Du wolltest mir einen Wunsch nennen, den ich Dir erfüllen könnte," sagte er ruhig und bezwang sogar das Beben seiner Stimme -- "Warum nennst Du ihn nicht? Ich bin zu Allem bereit, was Du verlangst, wenn es in meiner Macht ist." "Versöhne mich mit ihm!" rief sie. "Mit wem?" fragte er tonlos. "Mit Jaromir von Szariny!" flüsterte sie und drückte ihr erglühendes Antlitz in die Kissen. "Ich kann nicht sterben, wenn er mir nicht vergeben! -- Ach, lass' Dich beschwören," fuhr sie fort, "der Tod lös't ja alle Bande der Convenienz, macht Alles gleich -- im Angesicht seiner lehnte sich an den Ecktisch, auf dem die Nachtlampe stand — durch den kleinen Stoß an den Tisch tauchte das Lämpchen unter das Oel, auf dem es schwamm, und verlöschte. Amalie schrie auf — ihm gab der kleine Umstand die Fassung wieder — er erinnerte ihn daran, daß er ja der Wärter einer Kranken sei, welche Schonung bedürfe. Er nahm das Feuerzeug zur Hand, und gab der Lampe ihre Flamme wieder, sie brannte aber jetzt unruhiger, flackernder als zuvor. Johannes sah, wie Amalie im Fieber glühte — er warf einen besorgten Blick auf sie und setzte sich stumm neben ihr Bett. „Bin ich keines Wortes mehr werth?“ fragte Amalie seufzend. „Du wolltest mir einen Wunsch nennen, den ich Dir erfüllen könnte,“ sagte er ruhig und bezwang sogar das Beben seiner Stimme — „Warum nennst Du ihn nicht? Ich bin zu Allem bereit, was Du verlangst, wenn es in meiner Macht ist.“ „Versöhne mich mit ihm!“ rief sie. „Mit wem?“ fragte er tonlos. „Mit Jaromir von Szariny!“ flüsterte sie und drückte ihr erglühendes Antlitz in die Kissen. „Ich kann nicht sterben, wenn er mir nicht vergeben! — Ach, lass’ Dich beschwören,“ fuhr sie fort, „der Tod lös’t ja alle Bande der Convenienz, macht Alles gleich — im Angesicht seiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="24"/> lehnte sich an den Ecktisch, auf dem die Nachtlampe stand — durch den kleinen Stoß an den Tisch tauchte das Lämpchen unter das Oel, auf dem es schwamm, und verlöschte. Amalie schrie auf — ihm gab der kleine Umstand die Fassung wieder — er erinnerte ihn daran, daß er ja der Wärter einer Kranken sei, welche Schonung bedürfe. Er nahm das Feuerzeug zur Hand, und gab der Lampe ihre Flamme wieder, sie brannte aber jetzt unruhiger, flackernder als zuvor. Johannes sah, wie Amalie im Fieber glühte — er warf einen besorgten Blick auf sie und setzte sich stumm neben ihr Bett.</p> <p>„Bin ich keines Wortes mehr werth?“ fragte Amalie seufzend.</p> <p>„Du wolltest mir einen Wunsch nennen, den ich Dir erfüllen könnte,“ sagte er ruhig und bezwang sogar das Beben seiner Stimme — „Warum nennst Du ihn nicht? Ich bin zu Allem bereit, was Du verlangst, wenn es in meiner Macht ist.“</p> <p>„Versöhne mich mit ihm!“ rief sie.</p> <p>„Mit wem?“ fragte er tonlos.</p> <p>„Mit Jaromir von Szariny!“ flüsterte sie und drückte ihr erglühendes Antlitz in die Kissen. „Ich kann nicht sterben, wenn er mir nicht vergeben! — Ach, lass’ Dich beschwören,“ fuhr sie fort, „der Tod lös’t ja alle Bande der Convenienz, macht Alles gleich — im Angesicht seiner </p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0034]
lehnte sich an den Ecktisch, auf dem die Nachtlampe stand — durch den kleinen Stoß an den Tisch tauchte das Lämpchen unter das Oel, auf dem es schwamm, und verlöschte. Amalie schrie auf — ihm gab der kleine Umstand die Fassung wieder — er erinnerte ihn daran, daß er ja der Wärter einer Kranken sei, welche Schonung bedürfe. Er nahm das Feuerzeug zur Hand, und gab der Lampe ihre Flamme wieder, sie brannte aber jetzt unruhiger, flackernder als zuvor. Johannes sah, wie Amalie im Fieber glühte — er warf einen besorgten Blick auf sie und setzte sich stumm neben ihr Bett.
„Bin ich keines Wortes mehr werth?“ fragte Amalie seufzend.
„Du wolltest mir einen Wunsch nennen, den ich Dir erfüllen könnte,“ sagte er ruhig und bezwang sogar das Beben seiner Stimme — „Warum nennst Du ihn nicht? Ich bin zu Allem bereit, was Du verlangst, wenn es in meiner Macht ist.“
„Versöhne mich mit ihm!“ rief sie.
„Mit wem?“ fragte er tonlos.
„Mit Jaromir von Szariny!“ flüsterte sie und drückte ihr erglühendes Antlitz in die Kissen. „Ich kann nicht sterben, wenn er mir nicht vergeben! — Ach, lass’ Dich beschwören,“ fuhr sie fort, „der Tod lös’t ja alle Bande der Convenienz, macht Alles gleich — im Angesicht seiner
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