Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.Fluch ihrer That! -- Aber ich kam zu der Erinnerung von ehemals, ich hatte wieder das klare Bewußtsein von dem, was Liebe eigentlich sei, was sie einst aus mir gemacht, wie sie mich beglückt und erhoben hatte -- und da fühlte ich, daß es für mich damit aus sei." Er hielt beinahe erschöpft inne, sie hatte sanft seine Hand ergriffen, und drückte sie theilnehmend, indem er fortfuhr: "Vielleicht begreifen Sie nun, daß mich plötzlich wieder jedes Liebesspiel anekelte, daß ich keinen zärtlichen Liebhaber spielen mag, da ich erkannte, daß ich nur ein Mal es wirklich gewesen, und außerdem Nichts als ein gemeiner Gaukler, der aber seine Kunst so weit gebracht hat, daß er sogar sich selbst zu betrügen gelernt! -- Darum, Bella, fordern Sie keine zärtlichen Worte und Blicke mehr von mir, aber seien Sie meiner Freundestreue gewiß. Sie sind mir unentbehrlich, lassen Sie mich bei Ihnen die Stätte finden, wo ich meine besten Freuden genieße!" Sie fühlte, wie Recht er hatte, sie hatte Mitleid mit ihm, sie war gerührt -- und ihr Stolz war geschmeichelt, daß er sich nicht ganz von ihr losreißen konnte, ihrer Eitelkeit war genug gethan, daß er keine Andere liebte -- sie selbst hatte auch keine tiefe Leidenschaft für ihn empfunden, aber sie vermißte ihn schmerzlich, wenn sie ihn entbehren mußte, und deshalb sagte sie in heiterm Tone: "Nun, so sollen Sie denn das Recht haben, ein ungalanter Fluch ihrer That! — Aber ich kam zu der Erinnerung von ehemals, ich hatte wieder das klare Bewußtsein von dem, was Liebe eigentlich sei, was sie einst aus mir gemacht, wie sie mich beglückt und erhoben hatte — und da fühlte ich, daß es für mich damit aus sei.“ Er hielt beinahe erschöpft inne, sie hatte sanft seine Hand ergriffen, und drückte sie theilnehmend, indem er fortfuhr: „Vielleicht begreifen Sie nun, daß mich plötzlich wieder jedes Liebesspiel anekelte, daß ich keinen zärtlichen Liebhaber spielen mag, da ich erkannte, daß ich nur ein Mal es wirklich gewesen, und außerdem Nichts als ein gemeiner Gaukler, der aber seine Kunst so weit gebracht hat, daß er sogar sich selbst zu betrügen gelernt! — Darum, Bella, fordern Sie keine zärtlichen Worte und Blicke mehr von mir, aber seien Sie meiner Freundestreue gewiß. Sie sind mir unentbehrlich, lassen Sie mich bei Ihnen die Stätte finden, wo ich meine besten Freuden genieße!“ Sie fühlte, wie Recht er hatte, sie hatte Mitleid mit ihm, sie war gerührt — und ihr Stolz war geschmeichelt, daß er sich nicht ganz von ihr losreißen konnte, ihrer Eitelkeit war genug gethan, daß er keine Andere liebte — sie selbst hatte auch keine tiefe Leidenschaft für ihn empfunden, aber sie vermißte ihn schmerzlich, wenn sie ihn entbehren mußte, und deshalb sagte sie in heiterm Tone: „Nun, so sollen Sie denn das Recht haben, ein ungalanter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0198" n="188"/> Fluch ihrer That! — Aber ich kam zu der Erinnerung von ehemals, ich hatte wieder das klare Bewußtsein von dem, was Liebe eigentlich sei, was sie einst aus mir gemacht, wie sie mich beglückt und erhoben hatte — und da fühlte ich, daß es für mich damit aus sei.“</p> <p>Er hielt beinahe erschöpft inne, sie hatte sanft seine Hand ergriffen, und drückte sie theilnehmend, indem er fortfuhr: „Vielleicht begreifen Sie nun, daß mich plötzlich wieder jedes Liebesspiel anekelte, daß ich keinen zärtlichen Liebhaber spielen mag, da ich erkannte, daß ich nur ein Mal es wirklich gewesen, und außerdem Nichts als ein gemeiner Gaukler, der aber seine Kunst so weit gebracht hat, daß er sogar sich selbst zu betrügen gelernt! — Darum, Bella, fordern Sie keine zärtlichen Worte und Blicke mehr von mir, aber seien Sie meiner Freundestreue gewiß. Sie sind mir unentbehrlich, lassen Sie mich bei Ihnen die Stätte finden, wo ich meine besten Freuden genieße!“</p> <p>Sie fühlte, wie Recht er hatte, sie hatte Mitleid mit ihm, sie war gerührt — und ihr Stolz war geschmeichelt, daß er sich nicht ganz von ihr losreißen konnte, ihrer Eitelkeit war genug gethan, daß er keine Andere liebte — sie selbst hatte auch keine tiefe Leidenschaft für ihn empfunden, aber sie vermißte ihn schmerzlich, wenn sie ihn entbehren mußte, und deshalb sagte sie in heiterm Tone:</p> <p>„Nun, so sollen Sie denn das Recht haben, ein ungalanter </p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0198]
Fluch ihrer That! — Aber ich kam zu der Erinnerung von ehemals, ich hatte wieder das klare Bewußtsein von dem, was Liebe eigentlich sei, was sie einst aus mir gemacht, wie sie mich beglückt und erhoben hatte — und da fühlte ich, daß es für mich damit aus sei.“
Er hielt beinahe erschöpft inne, sie hatte sanft seine Hand ergriffen, und drückte sie theilnehmend, indem er fortfuhr: „Vielleicht begreifen Sie nun, daß mich plötzlich wieder jedes Liebesspiel anekelte, daß ich keinen zärtlichen Liebhaber spielen mag, da ich erkannte, daß ich nur ein Mal es wirklich gewesen, und außerdem Nichts als ein gemeiner Gaukler, der aber seine Kunst so weit gebracht hat, daß er sogar sich selbst zu betrügen gelernt! — Darum, Bella, fordern Sie keine zärtlichen Worte und Blicke mehr von mir, aber seien Sie meiner Freundestreue gewiß. Sie sind mir unentbehrlich, lassen Sie mich bei Ihnen die Stätte finden, wo ich meine besten Freuden genieße!“
Sie fühlte, wie Recht er hatte, sie hatte Mitleid mit ihm, sie war gerührt — und ihr Stolz war geschmeichelt, daß er sich nicht ganz von ihr losreißen konnte, ihrer Eitelkeit war genug gethan, daß er keine Andere liebte — sie selbst hatte auch keine tiefe Leidenschaft für ihn empfunden, aber sie vermißte ihn schmerzlich, wenn sie ihn entbehren mußte, und deshalb sagte sie in heiterm Tone:
„Nun, so sollen Sie denn das Recht haben, ein ungalanter
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/198>, abgerufen am 22.07.2024. |