Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.wir sprachen nicht. Wir waren allein, Ihre Verwandte lag krank in einem entfernten Zimmer, bei ihr waren Ihre Dienerinnen -- -- ich vergaß Alles, ich vermeinte in den Zaubergärten Armidens zu sein -- von einer andern Wirklichkeit wußte ich Nichts, als von der, daß mich Armida in ihren Armen hielt." "Warum diese Erinnerung?" fragte sie erröthend. "Warum das jetzt?" "Eben weil es eine Erinnerung ist, die niemals wieder Gegenwart werden kann," versetzte er, und fuhr fort: "Wir waren allein, unsere Küsse wurden Flammen -- da riefen Sie plötzlich: Schonung! Ich bin ein schwaches Weib -- da besann ich mich, ich erwachte aus meinem Sinnentaumel -- ich hatte mich einer Zauberin ergeben -- an ein schwaches Weib hatte ich nicht gedacht -- ich sagte: ja ich muß fort -- und schied plötzlich. -- Sie sind stumm?" fügte er nach einer Pause hinzu. "Es ist nicht zart, daß Sie mich bei einer solchen Erinnerung zum Antworten zwingen wollen," sagte sie, und sah vor sich nieder. "Wir müssen einmal wahr gegen einander sein, sonst kann es zu keiner Freundschaft kommen, wie ich sie ersehne; wir müssen uns einander keine Erklärung schuldig bleiben. Wir haben ja keine That begangen, vor der wir erröthen müßten -- und was Sie Hundert Mal auf der Bühne wir sprachen nicht. Wir waren allein, Ihre Verwandte lag krank in einem entfernten Zimmer, bei ihr waren Ihre Dienerinnen — — ich vergaß Alles, ich vermeinte in den Zaubergärten Armidens zu sein — von einer andern Wirklichkeit wußte ich Nichts, als von der, daß mich Armida in ihren Armen hielt.“ „Warum diese Erinnerung?“ fragte sie erröthend. „Warum das jetzt?“ „Eben weil es eine Erinnerung ist, die niemals wieder Gegenwart werden kann,“ versetzte er, und fuhr fort: „Wir waren allein, unsere Küsse wurden Flammen — da riefen Sie plötzlich: Schonung! Ich bin ein schwaches Weib — da besann ich mich, ich erwachte aus meinem Sinnentaumel — ich hatte mich einer Zauberin ergeben — an ein schwaches Weib hatte ich nicht gedacht — ich sagte: ja ich muß fort — und schied plötzlich. — Sie sind stumm?“ fügte er nach einer Pause hinzu. „Es ist nicht zart, daß Sie mich bei einer solchen Erinnerung zum Antworten zwingen wollen,“ sagte sie, und sah vor sich nieder. „Wir müssen einmal wahr gegen einander sein, sonst kann es zu keiner Freundschaft kommen, wie ich sie ersehne; wir müssen uns einander keine Erklärung schuldig bleiben. Wir haben ja keine That begangen, vor der wir erröthen müßten — und was Sie Hundert Mal auf der Bühne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="184"/> wir sprachen nicht. Wir waren allein, Ihre Verwandte lag krank in einem entfernten Zimmer, bei ihr waren Ihre Dienerinnen — — ich vergaß Alles, ich vermeinte in den Zaubergärten Armidens zu sein — von einer andern Wirklichkeit wußte ich Nichts, als von der, daß mich Armida in ihren Armen hielt.“</p> <p>„Warum diese Erinnerung?“ fragte sie erröthend. „Warum das jetzt?“</p> <p>„Eben weil es eine Erinnerung ist, die niemals wieder Gegenwart werden kann,“ versetzte er, und fuhr fort: „Wir waren allein, unsere Küsse wurden Flammen — da riefen Sie plötzlich: Schonung! Ich bin ein schwaches Weib — da besann ich mich, ich erwachte aus meinem Sinnentaumel — ich hatte mich einer Zauberin ergeben — an ein schwaches Weib hatte ich nicht gedacht — ich sagte: ja ich muß fort — und schied plötzlich. — Sie sind stumm?“ fügte er nach einer Pause hinzu.</p> <p>„Es ist nicht zart, daß Sie mich bei einer solchen Erinnerung zum Antworten zwingen wollen,“ sagte sie, und sah vor sich nieder.</p> <p>„Wir müssen einmal wahr gegen einander sein, sonst kann es zu keiner Freundschaft kommen, wie ich sie ersehne; wir müssen uns einander keine Erklärung schuldig bleiben. Wir haben ja keine That begangen, vor der wir erröthen müßten — und was Sie Hundert Mal auf der Bühne </p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0194]
wir sprachen nicht. Wir waren allein, Ihre Verwandte lag krank in einem entfernten Zimmer, bei ihr waren Ihre Dienerinnen — — ich vergaß Alles, ich vermeinte in den Zaubergärten Armidens zu sein — von einer andern Wirklichkeit wußte ich Nichts, als von der, daß mich Armida in ihren Armen hielt.“
„Warum diese Erinnerung?“ fragte sie erröthend. „Warum das jetzt?“
„Eben weil es eine Erinnerung ist, die niemals wieder Gegenwart werden kann,“ versetzte er, und fuhr fort: „Wir waren allein, unsere Küsse wurden Flammen — da riefen Sie plötzlich: Schonung! Ich bin ein schwaches Weib — da besann ich mich, ich erwachte aus meinem Sinnentaumel — ich hatte mich einer Zauberin ergeben — an ein schwaches Weib hatte ich nicht gedacht — ich sagte: ja ich muß fort — und schied plötzlich. — Sie sind stumm?“ fügte er nach einer Pause hinzu.
„Es ist nicht zart, daß Sie mich bei einer solchen Erinnerung zum Antworten zwingen wollen,“ sagte sie, und sah vor sich nieder.
„Wir müssen einmal wahr gegen einander sein, sonst kann es zu keiner Freundschaft kommen, wie ich sie ersehne; wir müssen uns einander keine Erklärung schuldig bleiben. Wir haben ja keine That begangen, vor der wir erröthen müßten — und was Sie Hundert Mal auf der Bühne
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/194>, abgerufen am 22.07.2024. |