Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Nichts dafür gekonnt; ich hab' es nicht zerbrechen wollen -- oder man wendet sich mit Ekel ab -- oder --"

"Jaromir!" fiel sie ihm außer sich in's Wort.

Er fuhr ruhig fort, wo er abgebrochen: "Oder man sagt einander: Wir sind zum Spielen zu alt, wir wollen das aufgeben, und nicht mehr kindisch sein -- unsere Puppen taugen nicht mehr, sie sind schlecht geworden, wir wollen das elende Zeug bei Seite werfen, es soll uns nicht mehr quälen!" Er setzte sich wieder neben sie, und nahm ihre Hand:

"Bella, unsere Liebe war ein Spiel, unsere Freundschaft wird uns dauernd beglücken."

Sie sah stumm vor sich nieder.

"Bella," wiederholte er wieder, "erinnern Sie sich noch des Abends in Berlin, als Sie die Armida gegeben hatten? Sie waren wirklich diese allgewaltige Zauberin gewesen, welcher Niemand widerstanden hatte, Rinaldo nicht auch Jaromir nicht. Ich begleitete Sie in Ihre Wohnung. Sie waren erschöpft von der Anstrengung der Rolle -- ich trug Sie halb ohnmächtig in Ihr Zimmer; ich legte Sie auf Ihr Sopha, und knieete zu Ihren Füßen -- ich war nicht um Sie beschäftigt, Sie wieder zum Bewußtsein zu bringen, ich hielt nur Ihre kleine Hand zwischen der meinen, und schaute Sie unverwandt an -- Sie kamen wieder zu sich, und wir lagen einander in den Armen, aber

Nichts dafür gekonnt; ich hab’ es nicht zerbrechen wollen — oder man wendet sich mit Ekel ab — oder —“

„Jaromir!“ fiel sie ihm außer sich in’s Wort.

Er fuhr ruhig fort, wo er abgebrochen: „Oder man sagt einander: Wir sind zum Spielen zu alt, wir wollen das aufgeben, und nicht mehr kindisch sein — unsere Puppen taugen nicht mehr, sie sind schlecht geworden, wir wollen das elende Zeug bei Seite werfen, es soll uns nicht mehr quälen!“ Er setzte sich wieder neben sie, und nahm ihre Hand:

„Bella, unsere Liebe war ein Spiel, unsere Freundschaft wird uns dauernd beglücken.“

Sie sah stumm vor sich nieder.

„Bella,“ wiederholte er wieder, „erinnern Sie sich noch des Abends in Berlin, als Sie die Armida gegeben hatten? Sie waren wirklich diese allgewaltige Zauberin gewesen, welcher Niemand widerstanden hatte, Rinaldo nicht auch Jaromir nicht. Ich begleitete Sie in Ihre Wohnung. Sie waren erschöpft von der Anstrengung der Rolle — ich trug Sie halb ohnmächtig in Ihr Zimmer; ich legte Sie auf Ihr Sopha, und knieete zu Ihren Füßen — ich war nicht um Sie beschäftigt, Sie wieder zum Bewußtsein zu bringen, ich hielt nur Ihre kleine Hand zwischen der meinen, und schaute Sie unverwandt an — Sie kamen wieder zu sich, und wir lagen einander in den Armen, aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="183"/>
Nichts dafür gekonnt; ich hab&#x2019; es nicht zerbrechen wollen &#x2014; oder man wendet sich mit Ekel ab &#x2014; oder &#x2014;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Jaromir!&#x201C; fiel sie ihm außer sich in&#x2019;s Wort.</p>
        <p>Er fuhr ruhig fort, wo er abgebrochen: &#x201E;Oder man sagt einander: Wir sind zum Spielen zu alt, wir wollen das aufgeben, und nicht mehr kindisch sein &#x2014; unsere Puppen taugen nicht mehr, sie sind schlecht geworden, wir wollen das elende Zeug bei Seite werfen, es soll uns nicht mehr quälen!&#x201C; Er setzte sich wieder neben sie, und nahm ihre Hand:</p>
        <p>&#x201E;Bella, unsere Liebe war ein Spiel, unsere Freundschaft wird uns dauernd beglücken.&#x201C;</p>
        <p>Sie sah stumm vor sich nieder.</p>
        <p>&#x201E;Bella,&#x201C; wiederholte er wieder, &#x201E;erinnern Sie sich noch des Abends in Berlin, als Sie die Armida gegeben hatten? Sie waren wirklich diese allgewaltige Zauberin gewesen, welcher Niemand widerstanden hatte, Rinaldo nicht auch Jaromir nicht. Ich begleitete Sie in Ihre Wohnung. Sie waren erschöpft von der Anstrengung der Rolle &#x2014; ich trug Sie halb ohnmächtig in Ihr Zimmer; ich legte Sie auf Ihr Sopha, und knieete zu Ihren Füßen &#x2014; ich war nicht um Sie beschäftigt, Sie wieder zum Bewußtsein zu bringen, ich hielt nur Ihre kleine Hand zwischen der meinen, und schaute Sie unverwandt an &#x2014; Sie kamen wieder zu sich, und wir lagen einander in den Armen, aber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0193] Nichts dafür gekonnt; ich hab’ es nicht zerbrechen wollen — oder man wendet sich mit Ekel ab — oder —“ „Jaromir!“ fiel sie ihm außer sich in’s Wort. Er fuhr ruhig fort, wo er abgebrochen: „Oder man sagt einander: Wir sind zum Spielen zu alt, wir wollen das aufgeben, und nicht mehr kindisch sein — unsere Puppen taugen nicht mehr, sie sind schlecht geworden, wir wollen das elende Zeug bei Seite werfen, es soll uns nicht mehr quälen!“ Er setzte sich wieder neben sie, und nahm ihre Hand: „Bella, unsere Liebe war ein Spiel, unsere Freundschaft wird uns dauernd beglücken.“ Sie sah stumm vor sich nieder. „Bella,“ wiederholte er wieder, „erinnern Sie sich noch des Abends in Berlin, als Sie die Armida gegeben hatten? Sie waren wirklich diese allgewaltige Zauberin gewesen, welcher Niemand widerstanden hatte, Rinaldo nicht auch Jaromir nicht. Ich begleitete Sie in Ihre Wohnung. Sie waren erschöpft von der Anstrengung der Rolle — ich trug Sie halb ohnmächtig in Ihr Zimmer; ich legte Sie auf Ihr Sopha, und knieete zu Ihren Füßen — ich war nicht um Sie beschäftigt, Sie wieder zum Bewußtsein zu bringen, ich hielt nur Ihre kleine Hand zwischen der meinen, und schaute Sie unverwandt an — Sie kamen wieder zu sich, und wir lagen einander in den Armen, aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/193
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/193>, abgerufen am 28.11.2024.