Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.Es war also auch an einem schönen Frühlingsmorgen, als die beiden Freundinnen Arm in Arm durch die saftgrünen Wiesen gingen. Sie hatten sich Veilchen und Maasliebchen gepflückt, und um daraus kleine Kränze zu winden, setzten sie sich nebeneinander auf eine Bank. Es war ein liebliches Bild. Pauline trug einen runden Strohhut mit flatternden Enden; ihr blondes Haar war darunter glatt gescheitelt, ihre kleine, zarte Gestalt umgab ein luftiges Kleid von rosaer Farbe mit einer Art von schwarzem, den Hals umschließenden Sammetmieder. Ihre ganze Erscheinung hatte etwas Idyllisches. Eine Art Gegensatz zu diesem Eindruck empfing man durch Elisabeths Bild. Um ihre langen blonden Locken hatte sie einen Tüllschleier geknüpft, ihre edle, schlanke Gestalt umschloß ein schwarzes Wollenkleid mit weiten Aermeln und einer langen Gürtelschnur um die zarte Taille, so glich sie halb einem Burgfräulein, halb einer Nonne vergangener Zeit. Als so die beiden Mädchen im kindlichen Naturgenuß mit den Veilchen auf ihrem Schoos spielten, und ihre Blicke darauf gesenkt hatten, ahnten sie nicht, daß sie plötzlich der Gegenstand einer lebhaften Unterredung geworden. Jaromir von Szariny und ein jüngerer Baron von Waldow, Neffe des Rittmeisters, waren in einem Seitenweg, und von ihnen ungesehen, vorübergegangen. "Da ist sie wieder!" rief Jaromir, und blieb traumverloren Es war also auch an einem schönen Frühlingsmorgen, als die beiden Freundinnen Arm in Arm durch die saftgrünen Wiesen gingen. Sie hatten sich Veilchen und Maasliebchen gepflückt, und um daraus kleine Kränze zu winden, setzten sie sich nebeneinander auf eine Bank. Es war ein liebliches Bild. Pauline trug einen runden Strohhut mit flatternden Enden; ihr blondes Haar war darunter glatt gescheitelt, ihre kleine, zarte Gestalt umgab ein luftiges Kleid von rosaer Farbe mit einer Art von schwarzem, den Hals umschließenden Sammetmieder. Ihre ganze Erscheinung hatte etwas Idyllisches. Eine Art Gegensatz zu diesem Eindruck empfing man durch Elisabeths Bild. Um ihre langen blonden Locken hatte sie einen Tüllschleier geknüpft, ihre edle, schlanke Gestalt umschloß ein schwarzes Wollenkleid mit weiten Aermeln und einer langen Gürtelschnur um die zarte Taille, so glich sie halb einem Burgfräulein, halb einer Nonne vergangener Zeit. Als so die beiden Mädchen im kindlichen Naturgenuß mit den Veilchen auf ihrem Schoos spielten, und ihre Blicke darauf gesenkt hatten, ahnten sie nicht, daß sie plötzlich der Gegenstand einer lebhaften Unterredung geworden. Jaromir von Szariny und ein jüngerer Baron von Waldow, Neffe des Rittmeisters, waren in einem Seitenweg, und von ihnen ungesehen, vorübergegangen. „Da ist sie wieder!“ rief Jaromir, und blieb traumverloren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0174" n="164"/> <p> Es war also auch an einem schönen Frühlingsmorgen, als die beiden Freundinnen Arm in Arm durch die saftgrünen Wiesen gingen. Sie hatten sich Veilchen und Maasliebchen gepflückt, und um daraus kleine Kränze zu winden, setzten sie sich nebeneinander auf eine Bank.</p> <p>Es war ein liebliches Bild. Pauline trug einen runden Strohhut mit flatternden Enden; ihr blondes Haar war darunter glatt gescheitelt, ihre kleine, zarte Gestalt umgab ein luftiges Kleid von rosaer Farbe mit einer Art von schwarzem, den Hals umschließenden Sammetmieder. Ihre ganze Erscheinung hatte etwas Idyllisches. Eine Art Gegensatz zu diesem Eindruck empfing man durch Elisabeths Bild. Um ihre langen blonden Locken hatte sie einen Tüllschleier geknüpft, ihre edle, schlanke Gestalt umschloß ein schwarzes Wollenkleid mit weiten Aermeln und einer langen Gürtelschnur um die zarte Taille, so glich sie halb einem Burgfräulein, halb einer Nonne vergangener Zeit.</p> <p>Als so die beiden Mädchen im kindlichen Naturgenuß mit den Veilchen auf ihrem Schoos spielten, und ihre Blicke darauf gesenkt hatten, ahnten sie nicht, daß sie plötzlich der Gegenstand einer lebhaften Unterredung geworden.</p> <p>Jaromir von Szariny und ein jüngerer Baron von Waldow, Neffe des Rittmeisters, waren in einem Seitenweg, und von ihnen ungesehen, vorübergegangen.</p> <p>„Da ist sie wieder!“ rief Jaromir, und blieb traumverloren </p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0174]
Es war also auch an einem schönen Frühlingsmorgen, als die beiden Freundinnen Arm in Arm durch die saftgrünen Wiesen gingen. Sie hatten sich Veilchen und Maasliebchen gepflückt, und um daraus kleine Kränze zu winden, setzten sie sich nebeneinander auf eine Bank.
Es war ein liebliches Bild. Pauline trug einen runden Strohhut mit flatternden Enden; ihr blondes Haar war darunter glatt gescheitelt, ihre kleine, zarte Gestalt umgab ein luftiges Kleid von rosaer Farbe mit einer Art von schwarzem, den Hals umschließenden Sammetmieder. Ihre ganze Erscheinung hatte etwas Idyllisches. Eine Art Gegensatz zu diesem Eindruck empfing man durch Elisabeths Bild. Um ihre langen blonden Locken hatte sie einen Tüllschleier geknüpft, ihre edle, schlanke Gestalt umschloß ein schwarzes Wollenkleid mit weiten Aermeln und einer langen Gürtelschnur um die zarte Taille, so glich sie halb einem Burgfräulein, halb einer Nonne vergangener Zeit.
Als so die beiden Mädchen im kindlichen Naturgenuß mit den Veilchen auf ihrem Schoos spielten, und ihre Blicke darauf gesenkt hatten, ahnten sie nicht, daß sie plötzlich der Gegenstand einer lebhaften Unterredung geworden.
Jaromir von Szariny und ein jüngerer Baron von Waldow, Neffe des Rittmeisters, waren in einem Seitenweg, und von ihnen ungesehen, vorübergegangen.
„Da ist sie wieder!“ rief Jaromir, und blieb traumverloren
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