Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.ich, daß ich gegen meinen Vater schweigen müsse." Sie seufzte, und fuhr dann weiter fort: "Ich sagte ihm Nichts von Franz Thalheims Buche, ich verbarg es unter meinen andern Büchern. Ich schickte aber nach Thalheim, als eines Sonntags Nachmittags mein Vater in die Stadt im Schlitten gefahren war. Franz kam, ich will ihn nun so nennen, damit wir nicht immer an unsern Lehrer denken, oder ihn doch mit diesem verwechseln, denn auch die Fabrikarbeiter nennen ihn nur bei seinem Taufnamen. Franz trat leise ein, und blieb bescheiden mit der Mütze in der Hand an der Thüre stehen, aber er war nicht verlegen, wie ich gedacht hatte; wenn Jemand von uns Beiden verlegen war, so glaube ich eher, ich bin es gewesen. Ich hatte mich auf sein Kommen vorbereitet, und nun wußte ich eigentlich nicht, was ich ihm sagen sollte. Ich danke Ihnen für Ihr Buch, begann ich endlich, aber ich würde Ihnen rathen, damit vorsichtiger zu sein, wenn es in die Hand meines Vaters, Bruders oder irgend eines Factors unserer Fabrik käme, so könnten Sie wohl einen schweren Stand bekommen. -- Franz erwiderte: >Kann man die Wahrheit schonender sagen, als ich es gethan? Ich habe ja auch in diesem Buch gar nicht von den Einrichtungen dieser Fabrik gesprochen, sondern was ich versucht habe, ist weiter Nichts, als darauf aufmerksam zu machen, daß die Noth der arbeitenden Classe groß ist, und daß, wenn Einzelne unter ihnen ich, daß ich gegen meinen Vater schweigen müsse.“ Sie seufzte, und fuhr dann weiter fort: „Ich sagte ihm Nichts von Franz Thalheims Buche, ich verbarg es unter meinen andern Büchern. Ich schickte aber nach Thalheim, als eines Sonntags Nachmittags mein Vater in die Stadt im Schlitten gefahren war. Franz kam, ich will ihn nun so nennen, damit wir nicht immer an unsern Lehrer denken, oder ihn doch mit diesem verwechseln, denn auch die Fabrikarbeiter nennen ihn nur bei seinem Taufnamen. Franz trat leise ein, und blieb bescheiden mit der Mütze in der Hand an der Thüre stehen, aber er war nicht verlegen, wie ich gedacht hatte; wenn Jemand von uns Beiden verlegen war, so glaube ich eher, ich bin es gewesen. Ich hatte mich auf sein Kommen vorbereitet, und nun wußte ich eigentlich nicht, was ich ihm sagen sollte. Ich danke Ihnen für Ihr Buch, begann ich endlich, aber ich würde Ihnen rathen, damit vorsichtiger zu sein, wenn es in die Hand meines Vaters, Bruders oder irgend eines Factors unserer Fabrik käme, so könnten Sie wohl einen schweren Stand bekommen. — Franz erwiderte: ›Kann man die Wahrheit schonender sagen, als ich es gethan? Ich habe ja auch in diesem Buch gar nicht von den Einrichtungen dieser Fabrik gesprochen, sondern was ich versucht habe, ist weiter Nichts, als darauf aufmerksam zu machen, daß die Noth der arbeitenden Classe groß ist, und daß, wenn Einzelne unter ihnen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="143"/> ich, daß ich gegen meinen Vater schweigen müsse.“ Sie seufzte, und fuhr dann weiter fort: „Ich sagte ihm Nichts von Franz Thalheims Buche, ich verbarg es unter meinen andern Büchern. Ich schickte aber nach Thalheim, als eines Sonntags Nachmittags mein Vater in die Stadt im Schlitten gefahren war. Franz kam, ich will ihn nun so nennen, damit wir nicht immer an unsern Lehrer denken, oder ihn doch mit diesem verwechseln, denn auch die Fabrikarbeiter nennen ihn nur bei seinem Taufnamen. Franz trat leise ein, und blieb bescheiden mit der Mütze in der Hand an der Thüre stehen, aber er war nicht verlegen, wie ich gedacht hatte; wenn Jemand von uns Beiden verlegen war, so glaube ich eher, ich bin es gewesen. Ich hatte mich auf sein Kommen vorbereitet, und nun wußte ich eigentlich nicht, was ich ihm sagen sollte. Ich danke Ihnen für Ihr Buch, begann ich endlich, aber ich würde Ihnen rathen, damit vorsichtiger zu sein, wenn es in die Hand meines Vaters, Bruders oder irgend eines Factors unserer Fabrik käme, so könnten Sie wohl einen schweren Stand bekommen. — Franz erwiderte: ›Kann man die Wahrheit schonender sagen, als ich es gethan? Ich habe ja auch in diesem Buch gar nicht von den Einrichtungen dieser Fabrik gesprochen, sondern was ich versucht habe, ist weiter Nichts, als darauf aufmerksam zu machen, daß die Noth der arbeitenden Classe groß ist, und daß, wenn Einzelne unter ihnen </p> </div> </body> </text> </TEI> [143/0153]
ich, daß ich gegen meinen Vater schweigen müsse.“ Sie seufzte, und fuhr dann weiter fort: „Ich sagte ihm Nichts von Franz Thalheims Buche, ich verbarg es unter meinen andern Büchern. Ich schickte aber nach Thalheim, als eines Sonntags Nachmittags mein Vater in die Stadt im Schlitten gefahren war. Franz kam, ich will ihn nun so nennen, damit wir nicht immer an unsern Lehrer denken, oder ihn doch mit diesem verwechseln, denn auch die Fabrikarbeiter nennen ihn nur bei seinem Taufnamen. Franz trat leise ein, und blieb bescheiden mit der Mütze in der Hand an der Thüre stehen, aber er war nicht verlegen, wie ich gedacht hatte; wenn Jemand von uns Beiden verlegen war, so glaube ich eher, ich bin es gewesen. Ich hatte mich auf sein Kommen vorbereitet, und nun wußte ich eigentlich nicht, was ich ihm sagen sollte. Ich danke Ihnen für Ihr Buch, begann ich endlich, aber ich würde Ihnen rathen, damit vorsichtiger zu sein, wenn es in die Hand meines Vaters, Bruders oder irgend eines Factors unserer Fabrik käme, so könnten Sie wohl einen schweren Stand bekommen. — Franz erwiderte: ›Kann man die Wahrheit schonender sagen, als ich es gethan? Ich habe ja auch in diesem Buch gar nicht von den Einrichtungen dieser Fabrik gesprochen, sondern was ich versucht habe, ist weiter Nichts, als darauf aufmerksam zu machen, daß die Noth der arbeitenden Classe groß ist, und daß, wenn Einzelne unter ihnen
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