Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.Du findest oben die schönsten für Dich, und wenn Gäste kommen, wie sie keine Prinzessin schöner haben kann; aber für gewöhnlich ist der Luxus unbequem, und da befinde ich mich in dieser Stube ganz gut. Willst Du hinauf, so mag Dich Deine Rieke hinaufführen, wenn Du etwa auspacken und Dich oben umsehen willst, Du wirst auch müde sein von der Reise." "Ja, sehr müde und erschöpft," sagte sie. "Aber erst hätte ich eine Bitte an Dich, wenn sie nicht gleich heute von meinem Herzen herunter kommt, so kann ich nicht ruhig schlafen." Georg hatte die Stube verlassen. Sie hing sich schmeichelnd an den Hals des Vaters, mit dem sie jetzt allein war. "Herzensmädel," sagte er, "ich kann Dir Nichts abschlagen -- wenn's nur nicht wider meine Grundsätze ist." "Nein, das ist's gewiß nicht!" sagte sie zuversichtlich. "Ich bat Dich vorhin, die Lichter auslöschen zu lassen -- erlaube mir, sie am Christmorgen wieder anzubrennen für die armen Kinder, die in unsrer Fabrik arbeiten, erlaube mir, diesen armen Kleinen zu bescheeren." Herr Felchner machte ein sehr böses Gesicht: "Das ist eine einfältige Idee, für solche Narrenspossen habe ich kein Geld, das ist wider meine Grundsätze. Geh' zu Bette und träume etwas Bessers, als solches dummes Zeug." "Liebes Väterchen," sagte sie, "das ist nicht Dein Ernst, Du findest oben die schönsten für Dich, und wenn Gäste kommen, wie sie keine Prinzessin schöner haben kann; aber für gewöhnlich ist der Luxus unbequem, und da befinde ich mich in dieser Stube ganz gut. Willst Du hinauf, so mag Dich Deine Rieke hinaufführen, wenn Du etwa auspacken und Dich oben umsehen willst, Du wirst auch müde sein von der Reise.“ „Ja, sehr müde und erschöpft,“ sagte sie. „Aber erst hätte ich eine Bitte an Dich, wenn sie nicht gleich heute von meinem Herzen herunter kommt, so kann ich nicht ruhig schlafen.“ Georg hatte die Stube verlassen. Sie hing sich schmeichelnd an den Hals des Vaters, mit dem sie jetzt allein war. „Herzensmädel,“ sagte er, „ich kann Dir Nichts abschlagen — wenn’s nur nicht wider meine Grundsätze ist.“ „Nein, das ist’s gewiß nicht!“ sagte sie zuversichtlich. „Ich bat Dich vorhin, die Lichter auslöschen zu lassen — erlaube mir, sie am Christmorgen wieder anzubrennen für die armen Kinder, die in unsrer Fabrik arbeiten, erlaube mir, diesen armen Kleinen zu bescheeren.“ Herr Felchner machte ein sehr böses Gesicht: „Das ist eine einfältige Idee, für solche Narrenspossen habe ich kein Geld, das ist wider meine Grundsätze. Geh’ zu Bette und träume etwas Bessers, als solches dummes Zeug.“ „Liebes Väterchen,“ sagte sie, „das ist nicht Dein Ernst, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0137" n="127"/> Du findest oben die schönsten für Dich, und wenn Gäste kommen, wie sie keine Prinzessin schöner haben kann; aber für gewöhnlich ist der Luxus unbequem, und da befinde ich mich in dieser Stube ganz gut. Willst Du hinauf, so mag Dich Deine Rieke hinaufführen, wenn Du etwa auspacken und Dich oben umsehen willst, Du wirst auch müde sein von der Reise.“</p> <p>„Ja, sehr müde und erschöpft,“ sagte sie. „Aber erst hätte ich eine Bitte an Dich, wenn sie nicht gleich heute von meinem Herzen herunter kommt, so kann ich nicht ruhig schlafen.“ Georg hatte die Stube verlassen. Sie hing sich schmeichelnd an den Hals des Vaters, mit dem sie jetzt allein war.</p> <p>„Herzensmädel,“ sagte er, „ich kann Dir Nichts abschlagen — wenn’s nur nicht wider meine Grundsätze ist.“</p> <p>„Nein, das ist’s gewiß nicht!“ sagte sie zuversichtlich. „Ich bat Dich vorhin, die Lichter auslöschen zu lassen — erlaube mir, sie am Christmorgen wieder anzubrennen für die armen Kinder, die in unsrer Fabrik arbeiten, erlaube mir, diesen armen Kleinen zu bescheeren.“</p> <p>Herr Felchner machte ein sehr böses Gesicht: „Das ist eine einfältige Idee, für solche Narrenspossen habe ich kein Geld, das ist wider meine Grundsätze. Geh’ zu Bette und träume etwas Bessers, als solches dummes Zeug.“</p> <p>„Liebes Väterchen,“ sagte sie, „das ist nicht Dein Ernst, </p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0137]
Du findest oben die schönsten für Dich, und wenn Gäste kommen, wie sie keine Prinzessin schöner haben kann; aber für gewöhnlich ist der Luxus unbequem, und da befinde ich mich in dieser Stube ganz gut. Willst Du hinauf, so mag Dich Deine Rieke hinaufführen, wenn Du etwa auspacken und Dich oben umsehen willst, Du wirst auch müde sein von der Reise.“
„Ja, sehr müde und erschöpft,“ sagte sie. „Aber erst hätte ich eine Bitte an Dich, wenn sie nicht gleich heute von meinem Herzen herunter kommt, so kann ich nicht ruhig schlafen.“ Georg hatte die Stube verlassen. Sie hing sich schmeichelnd an den Hals des Vaters, mit dem sie jetzt allein war.
„Herzensmädel,“ sagte er, „ich kann Dir Nichts abschlagen — wenn’s nur nicht wider meine Grundsätze ist.“
„Nein, das ist’s gewiß nicht!“ sagte sie zuversichtlich. „Ich bat Dich vorhin, die Lichter auslöschen zu lassen — erlaube mir, sie am Christmorgen wieder anzubrennen für die armen Kinder, die in unsrer Fabrik arbeiten, erlaube mir, diesen armen Kleinen zu bescheeren.“
Herr Felchner machte ein sehr böses Gesicht: „Das ist eine einfältige Idee, für solche Narrenspossen habe ich kein Geld, das ist wider meine Grundsätze. Geh’ zu Bette und träume etwas Bessers, als solches dummes Zeug.“
„Liebes Väterchen,“ sagte sie, „das ist nicht Dein Ernst,
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/137>, abgerufen am 27.07.2024. |