Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.zu sein? Damit er ja keinen Zweifel hat, will ich lieber gleich einige rothe Rosen anstecken, und um mir diese zu holen, kam ich eigentlich herab." "Aber Aurelie -- Du wirst doch keine leichtsinnige Uebereilung begehen?" sagte Elisabeth warnend. "Laß jetzt Deinen Gouvernantenton, er macht keinen Eindruck auf mich, und ich habe jetzt nicht einmal Zeit, Dich anzuhören, denn meine Toilette muß heute besonders niedlich werden, und da brauch' ich wenigstens ein paar Stunden Zeit, und habe also gar keine dazu übrig, langweilige und abgeschmackte Moralpredigten anzuhören." Und indem sie dies sagte, entfernte sich Aurelie trallernd und tänzelnd. "Pauline," sagte Elisabeth, "ich muß Thalheim noch ein Mal sehen -- noch ein Mal wenigstens! -- Laß die kleine Christiane herkommen, wir können uns von ihr ja Blumen bringen lassen -- sie muß dann für uns erfahren, wann Thalheim, und auf welcher Straße er abreis't -- das Weitere wird sich finden." Ein paar Tage waren vergangen -- der Morgen von Thalheims Abreise war angebrochen. Es war noch sehr früh. Amalie hatte ihm zum letzten Mal das Frühstück bereitet, sie war ihm freundlich behilflich, wie er sich reisefertig machte, aber sie sprachen Wenig zusammen. Die kleine Anna schlief noch sanft in ihrem kleinen Bettchen. Sie zu sein? Damit er ja keinen Zweifel hat, will ich lieber gleich einige rothe Rosen anstecken, und um mir diese zu holen, kam ich eigentlich herab.“ „Aber Aurelie — Du wirst doch keine leichtsinnige Uebereilung begehen?“ sagte Elisabeth warnend. „Laß jetzt Deinen Gouvernantenton, er macht keinen Eindruck auf mich, und ich habe jetzt nicht einmal Zeit, Dich anzuhören, denn meine Toilette muß heute besonders niedlich werden, und da brauch’ ich wenigstens ein paar Stunden Zeit, und habe also gar keine dazu übrig, langweilige und abgeschmackte Moralpredigten anzuhören.“ Und indem sie dies sagte, entfernte sich Aurelie trallernd und tänzelnd. „Pauline,“ sagte Elisabeth, „ich muß Thalheim noch ein Mal sehen — noch ein Mal wenigstens! — Laß die kleine Christiane herkommen, wir können uns von ihr ja Blumen bringen lassen — sie muß dann für uns erfahren, wann Thalheim, und auf welcher Straße er abreis’t — das Weitere wird sich finden.“ Ein paar Tage waren vergangen — der Morgen von Thalheims Abreise war angebrochen. Es war noch sehr früh. Amalie hatte ihm zum letzten Mal das Frühstück bereitet, sie war ihm freundlich behilflich, wie er sich reisefertig machte, aber sie sprachen Wenig zusammen. Die kleine Anna schlief noch sanft in ihrem kleinen Bettchen. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0112" n="102"/> zu sein? Damit er ja keinen Zweifel hat, will ich lieber gleich einige rothe Rosen anstecken, und um mir diese zu holen, kam ich eigentlich herab.“</p> <p>„Aber Aurelie — Du wirst doch keine leichtsinnige Uebereilung begehen?“ sagte Elisabeth warnend.</p> <p>„Laß jetzt Deinen Gouvernantenton, er macht keinen Eindruck auf mich, und ich habe jetzt nicht einmal Zeit, Dich anzuhören, denn meine Toilette muß heute besonders niedlich werden, und da brauch’ ich wenigstens ein paar Stunden Zeit, und habe also gar keine dazu übrig, langweilige und abgeschmackte Moralpredigten anzuhören.“</p> <p>Und indem sie dies sagte, entfernte sich Aurelie trallernd und tänzelnd.</p> <p>„Pauline,“ sagte Elisabeth, „ich muß Thalheim noch ein Mal sehen — noch ein Mal wenigstens! — Laß die kleine Christiane herkommen, wir können uns von ihr ja Blumen bringen lassen — sie muß dann für uns erfahren, wann Thalheim, und auf welcher Straße er abreis’t — das Weitere wird sich finden.“</p> <p>Ein paar Tage waren vergangen — der Morgen von Thalheims Abreise war angebrochen. Es war noch sehr früh. Amalie hatte ihm zum letzten Mal das Frühstück bereitet, sie war ihm freundlich behilflich, wie er sich reisefertig machte, aber sie sprachen Wenig zusammen. Die kleine Anna schlief noch sanft in ihrem kleinen Bettchen. Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0112]
zu sein? Damit er ja keinen Zweifel hat, will ich lieber gleich einige rothe Rosen anstecken, und um mir diese zu holen, kam ich eigentlich herab.“
„Aber Aurelie — Du wirst doch keine leichtsinnige Uebereilung begehen?“ sagte Elisabeth warnend.
„Laß jetzt Deinen Gouvernantenton, er macht keinen Eindruck auf mich, und ich habe jetzt nicht einmal Zeit, Dich anzuhören, denn meine Toilette muß heute besonders niedlich werden, und da brauch’ ich wenigstens ein paar Stunden Zeit, und habe also gar keine dazu übrig, langweilige und abgeschmackte Moralpredigten anzuhören.“
Und indem sie dies sagte, entfernte sich Aurelie trallernd und tänzelnd.
„Pauline,“ sagte Elisabeth, „ich muß Thalheim noch ein Mal sehen — noch ein Mal wenigstens! — Laß die kleine Christiane herkommen, wir können uns von ihr ja Blumen bringen lassen — sie muß dann für uns erfahren, wann Thalheim, und auf welcher Straße er abreis’t — das Weitere wird sich finden.“
Ein paar Tage waren vergangen — der Morgen von Thalheims Abreise war angebrochen. Es war noch sehr früh. Amalie hatte ihm zum letzten Mal das Frühstück bereitet, sie war ihm freundlich behilflich, wie er sich reisefertig machte, aber sie sprachen Wenig zusammen. Die kleine Anna schlief noch sanft in ihrem kleinen Bettchen. Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/112 |
Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/112>, abgerufen am 16.02.2025. |