mir diesen Brief an Euch" -- und Johannes gab den Brief des Grafen an den Vogt ab.
Erstaunt nahm ihn dieser. "Er wird mir schreiben," sagte er, "daß ich mich bemühen soll, Jhnen wieder den gehörigen Respekt vor den Herrn Grafen und höchst dessen Familie einzuflößen." Aber was machte er für Augen, als er im Brief nach einigen allgemeinen Ver- haltungsbefehlen las: "Den jungen Mann aus unserm Dorfe, der diesen Brief überbringt, räumt den Thurm zur Wohnung ein, auf so lange Zeit, als er sie be- nutzen will und laßt ihn überall frei schalten und walten. Fügt Euch seinen Anordnungen, wenn er etwa kleine Veränderungen im Garten oder dergleichen wünscht und betrachtet sie als die meinigen."
Ganz unwillkürlich verneigte sich der Vogt so tief, als wenn er vor dem Grafen selbst stände, vor unserm Johannes, daß dieser laut auflachen mußte. Als aber der Vogt endlich die ersten Worte bei seiner Verwunde- rung suchte und nur herausbrachte: "Es soll gleich Alles zu Dero Befehl geschehen -- haben Sie die Ge- wogenheit, in das Zimmer einzutreten" -- so ward es unserm jungen Freund zu toll, er schüttelte den Vogt mit beiden Händen, ihn greifend an den Achseln und rief: "Mann! wache auf! die alte Zeit ist todt, in der das Wort eines mächtigen Gönners uns zum Ritter
mir dieſen Brief an Euch“ — und Johannes gab den Brief des Grafen an den Vogt ab.
Erſtaunt nahm ihn dieſer. „Er wird mir ſchreiben,“ ſagte er, „daß ich mich bemuͤhen ſoll, Jhnen wieder den gehoͤrigen Reſpekt vor den Herrn Grafen und hoͤchſt deſſen Familie einzufloͤßen.“ Aber was machte er fuͤr Augen, als er im Brief nach einigen allgemeinen Ver- haltungsbefehlen las: „Den jungen Mann aus unſerm Dorfe, der dieſen Brief uͤberbringt, raͤumt den Thurm zur Wohnung ein, auf ſo lange Zeit, als er ſie be- nutzen will und laßt ihn uͤberall frei ſchalten und walten. Fuͤgt Euch ſeinen Anordnungen, wenn er etwa kleine Veraͤnderungen im Garten oder dergleichen wuͤnſcht und betrachtet ſie als die meinigen.“
Ganz unwillkuͤrlich verneigte ſich der Vogt ſo tief, als wenn er vor dem Grafen ſelbſt ſtaͤnde, vor unſerm Johannes, daß dieſer laut auflachen mußte. Als aber der Vogt endlich die erſten Worte bei ſeiner Verwunde- rung ſuchte und nur herausbrachte: „Es ſoll gleich Alles zu Dero Befehl geſchehen — haben Sie die Ge- wogenheit, in das Zimmer einzutreten“ — ſo ward es unſerm jungen Freund zu toll, er ſchuͤttelte den Vogt mit beiden Haͤnden, ihn greifend an den Achſeln und rief: „Mann! wache auf! die alte Zeit iſt todt, in der das Wort eines maͤchtigen Goͤnners uns zum Ritter
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mir dieſen Brief an Euch“ — und Johannes gab den
Brief des Grafen an den Vogt ab.
Erſtaunt nahm ihn dieſer. „Er wird mir ſchreiben,“
ſagte er, „daß ich mich bemuͤhen ſoll, Jhnen wieder
den gehoͤrigen Reſpekt vor den Herrn Grafen und hoͤchſt
deſſen Familie einzufloͤßen.“ Aber was machte er fuͤr
Augen, als er im Brief nach einigen allgemeinen Ver-
haltungsbefehlen las: „Den jungen Mann aus unſerm
Dorfe, der dieſen Brief uͤberbringt, raͤumt den Thurm
zur Wohnung ein, auf ſo lange Zeit, als er ſie be-
nutzen will und laßt ihn uͤberall frei ſchalten und walten.
Fuͤgt Euch ſeinen Anordnungen, wenn er etwa kleine
Veraͤnderungen im Garten oder dergleichen wuͤnſcht und
betrachtet ſie als die meinigen.“
Ganz unwillkuͤrlich verneigte ſich der Vogt ſo tief,
als wenn er vor dem Grafen ſelbſt ſtaͤnde, vor unſerm
Johannes, daß dieſer laut auflachen mußte. Als aber
der Vogt endlich die erſten Worte bei ſeiner Verwunde-
rung ſuchte und nur herausbrachte: „Es ſoll gleich
Alles zu Dero Befehl geſchehen — haben Sie die Ge-
wogenheit, in das Zimmer einzutreten“ — ſo ward es
unſerm jungen Freund zu toll, er ſchuͤttelte den Vogt
mit beiden Haͤnden, ihn greifend an den Achſeln und
rief: „Mann! wache auf! die alte Zeit iſt todt, in
der das Wort eines maͤchtigen Goͤnners uns zum Ritter
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/84>, abgerufen am 04.12.2024.
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