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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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zugleich dabei eine wichtige Miene, "wenn die Herrschaft,
die da den Thurm sehen will, mein Sohn ist, hab' ich
schon ein Recht, Führerdienste zu thun! --"

"Was redet Jhr da?" -- sagt die Frau Vogt, die
ihren Ohren nicht traute.

"Nun, das ist mein Johannes!" -- rief Eva mit
Mutterstolz und Freude.

Jene aber stemmte beide Arme unter und starrte
unsern Johannes an, der sie nun vertraulich auf die
Schulter klopfte, freundlich sprechend: "Nun, Frau
Vogt! da kommt der Johannes wieder, der immer
nachlief, wenn Jhr Fremde in den Thurm führtet, wo
Jhr oft sagtet: müßt Jhr denn ewig hinterdrein zie-
hen wie ein Pudel, so bald's nur in den Thurm geht,
hundertmal seid Jhr nun schon in alle Winkel ge-
krochen -- und seht, da will ich nun abermals in den
Thurm und mir's sogar heimisch drinnen machen."

Die Frau Vogt erholte sich schwer von ihrem Er-
staunen und er mußte nun auch von ihr all' die Re-
densarten wieder hören, die er jedesmal vernahm, wenn
er Leuten im Dorf begegnete, die ihn sonst gekannt und
jetzt doch nicht wieder erkannten und immer Eins mehr
verwundert aussah als das Andere, wenn Mutter Eva
voll freudigen Stolzes sagte: "Das ist mein Johannes,"
wo dann immer Jedes zur Antwort gab, was für ein

zugleich dabei eine wichtige Miene, „wenn die Herrſchaft,
die da den Thurm ſehen will, mein Sohn iſt, hab’ ich
ſchon ein Recht, Fuͤhrerdienſte zu thun! —“

„Was redet Jhr da?“ — ſagt die Frau Vogt, die
ihren Ohren nicht traute.

„Nun, das iſt mein Johannes!“ — rief Eva mit
Mutterſtolz und Freude.

Jene aber ſtemmte beide Arme unter und ſtarrte
unſern Johannes an, der ſie nun vertraulich auf die
Schulter klopfte, freundlich ſprechend: „Nun, Frau
Vogt! da kommt der Johannes wieder, der immer
nachlief, wenn Jhr Fremde in den Thurm fuͤhrtet, wo
Jhr oft ſagtet: muͤßt Jhr denn ewig hinterdrein zie-
hen wie ein Pudel, ſo bald’s nur in den Thurm geht,
hundertmal ſeid Jhr nun ſchon in alle Winkel ge-
krochen — und ſeht, da will ich nun abermals in den
Thurm und mir’s ſogar heimiſch drinnen machen.“

Die Frau Vogt erholte ſich ſchwer von ihrem Er-
ſtaunen und er mußte nun auch von ihr all’ die Re-
densarten wieder hoͤren, die er jedesmal vernahm, wenn
er Leuten im Dorf begegnete, die ihn ſonſt gekannt und
jetzt doch nicht wieder erkannten und immer Eins mehr
verwundert ausſah als das Andere, wenn Mutter Eva
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[70/0078] zugleich dabei eine wichtige Miene, „wenn die Herrſchaft, die da den Thurm ſehen will, mein Sohn iſt, hab’ ich ſchon ein Recht, Fuͤhrerdienſte zu thun! —“ „Was redet Jhr da?“ — ſagt die Frau Vogt, die ihren Ohren nicht traute. „Nun, das iſt mein Johannes!“ — rief Eva mit Mutterſtolz und Freude. Jene aber ſtemmte beide Arme unter und ſtarrte unſern Johannes an, der ſie nun vertraulich auf die Schulter klopfte, freundlich ſprechend: „Nun, Frau Vogt! da kommt der Johannes wieder, der immer nachlief, wenn Jhr Fremde in den Thurm fuͤhrtet, wo Jhr oft ſagtet: muͤßt Jhr denn ewig hinterdrein zie- hen wie ein Pudel, ſo bald’s nur in den Thurm geht, hundertmal ſeid Jhr nun ſchon in alle Winkel ge- krochen — und ſeht, da will ich nun abermals in den Thurm und mir’s ſogar heimiſch drinnen machen.“ Die Frau Vogt erholte ſich ſchwer von ihrem Er- ſtaunen und er mußte nun auch von ihr all’ die Re- densarten wieder hoͤren, die er jedesmal vernahm, wenn er Leuten im Dorf begegnete, die ihn ſonſt gekannt und jetzt doch nicht wieder erkannten und immer Eins mehr verwundert ausſah als das Andere, wenn Mutter Eva voll freudigen Stolzes ſagte: „Das iſt mein Johannes,“ wo dann immer Jedes zur Antwort gab, was fuͤr ein

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/78>, abgerufen am 12.12.2024.