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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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schrei von allerhand Ausrufern und Verkäufern durch
die Straßen summte, wachte gleichwohl jetzt auf vor
den Stimmen des lieben Viehes, die gar nicht so laut
klangen, ihm aber fremd, weil er sie so lange nicht
gehört. Er mußte leise lachen über dies drollige Durch-
einander von Kühen, Schweinen, Ziegen, Gänsen,
Hühnern und Tauben -- da fielen erst seine Augen
auf den Lehnstuhl und die schlafende Mutter drinnen.
Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, um
sich zu besinnen, wann wohl die Mutter gekommen?
Er wußte es nicht, gewiß hatte sie ihn wecken wollen,
weil sie viel früher auf gewesen -- er hatte wohl das
Wecken nicht gehört und sie hatte sich nun hergesetzt,
um es abzuwarten bis er von selbst erwache; das
mochte zu lange gedauert haben, darüber war sie ein-
geschlafen, so dacht' er. Nun wollt' er sie wieder nicht
wecken und ganz leise aufstehen. Aber eine alte Mutter
schläft niemals so fest, wie ein junger Sohn -- sie hörte
es gleich wie er sich ein Wenig mehr bewegte und sah
ihn mit hellen Augen an. Aber sie schämte sich ordent-
lich, ihm zu gestehen, daß die Mutterfreude sie erst gar
nicht habe schlafen lassen und wie sie nun die halbe
Nacht hier gesessen, nur um ihn anzusehen, gerad' so,
wie sie's an seiner Wiege oft gethan habe. Aber das
große Kind habe besser geschlafen als das kleine und sich

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ſchrei von allerhand Ausrufern und Verkaͤufern durch
die Straßen ſummte, wachte gleichwohl jetzt auf vor
den Stimmen des lieben Viehes, die gar nicht ſo laut
klangen, ihm aber fremd, weil er ſie ſo lange nicht
gehoͤrt. Er mußte leiſe lachen uͤber dies drollige Durch-
einander von Kuͤhen, Schweinen, Ziegen, Gaͤnſen,
Huͤhnern und Tauben — da fielen erſt ſeine Augen
auf den Lehnſtuhl und die ſchlafende Mutter drinnen.
Er fuhr ſich mit der Hand uͤber die Stirn, um
ſich zu beſinnen, wann wohl die Mutter gekommen?
Er wußte es nicht, gewiß hatte ſie ihn wecken wollen,
weil ſie viel fruͤher auf geweſen — er hatte wohl das
Wecken nicht gehoͤrt und ſie hatte ſich nun hergeſetzt,
um es abzuwarten bis er von ſelbſt erwache; das
mochte zu lange gedauert haben, daruͤber war ſie ein-
geſchlafen, ſo dacht’ er. Nun wollt’ er ſie wieder nicht
wecken und ganz leiſe aufſtehen. Aber eine alte Mutter
ſchlaͤft niemals ſo feſt, wie ein junger Sohn — ſie hoͤrte
es gleich wie er ſich ein Wenig mehr bewegte und ſah
ihn mit hellen Augen an. Aber ſie ſchaͤmte ſich ordent-
lich, ihm zu geſtehen, daß die Mutterfreude ſie erſt gar
nicht habe ſchlafen laſſen und wie ſie nun die halbe
Nacht hier geſeſſen, nur um ihn anzuſehen, gerad’ ſo,
wie ſie’s an ſeiner Wiege oft gethan habe. Aber das
große Kind habe beſſer geſchlafen als das kleine und ſich

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[65/0073] ſchrei von allerhand Ausrufern und Verkaͤufern durch die Straßen ſummte, wachte gleichwohl jetzt auf vor den Stimmen des lieben Viehes, die gar nicht ſo laut klangen, ihm aber fremd, weil er ſie ſo lange nicht gehoͤrt. Er mußte leiſe lachen uͤber dies drollige Durch- einander von Kuͤhen, Schweinen, Ziegen, Gaͤnſen, Huͤhnern und Tauben — da fielen erſt ſeine Augen auf den Lehnſtuhl und die ſchlafende Mutter drinnen. Er fuhr ſich mit der Hand uͤber die Stirn, um ſich zu beſinnen, wann wohl die Mutter gekommen? Er wußte es nicht, gewiß hatte ſie ihn wecken wollen, weil ſie viel fruͤher auf geweſen — er hatte wohl das Wecken nicht gehoͤrt und ſie hatte ſich nun hergeſetzt, um es abzuwarten bis er von ſelbſt erwache; das mochte zu lange gedauert haben, daruͤber war ſie ein- geſchlafen, ſo dacht’ er. Nun wollt’ er ſie wieder nicht wecken und ganz leiſe aufſtehen. Aber eine alte Mutter ſchlaͤft niemals ſo feſt, wie ein junger Sohn — ſie hoͤrte es gleich wie er ſich ein Wenig mehr bewegte und ſah ihn mit hellen Augen an. Aber ſie ſchaͤmte ſich ordent- lich, ihm zu geſtehen, daß die Mutterfreude ſie erſt gar nicht habe ſchlafen laſſen und wie ſie nun die halbe Nacht hier geſeſſen, nur um ihn anzuſehen, gerad’ ſo, wie ſie’s an ſeiner Wiege oft gethan habe. Aber das große Kind habe beſſer geſchlafen als das kleine und ſich 5

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/73>, abgerufen am 04.12.2024.