Frauen begreiflich zu machen, was es da auf sich hat mit den Worten: Freiheit und Vaterland, damit die Frauen nicht mehr ihre Männer, die Mütter nicht mehr ihre Söhne zurückhielten, wenn es gilt, auch auf gefahr- vollen Bahnen für diese heiligsten Güter zu wirken. Ach ich sehe schlimme Tage heraufkommen über uns Alle! Das Recht muß endlich einmal siegen -- aber nicht willig wird das Unrecht ihm Platz machen. Und es werden so Viele sein, die nicht begreifen wollen, was Recht und was Un- recht ist. Darum thut es Noth, daß man es ihnen schon lange vorher sagt und das Volk darüber aufklärt! Wie schön wäre es, wenn nun jetzt die Mutter, statt nur an sich zu denken, an das große Ganze hätte denken können. Wenn sie zu mir gesagt hätte: Es wird mir wohl das Herz brechen, wenn Dir einmal ein Unglück widerfährt und man Dich in's Gefängniß wirft, weil Du die Wahrheit geredet: aber ich weiß es ja, Du wirst Dich nicht leichtsinnig in Gefahr begeben, wenn es aber sein müßte und Gott wollte es, daß ich mein Liebstes in Dir hergäbe, wie Abraham einst seinen Sohn Jsaac opfern sollte, ich müßte dann denken: ich habe ihn ja nicht für mich allein empfangen und groß gezogen, sondern für die Welt, für das Vaterland, für die Menschen -- nun muß ich ihn auch leben und wirken lassen in seinem Beruf und wenn er dem nur treu ist, so muß ich alles Andre
Frauen begreiflich zu machen, was es da auf ſich hat mit den Worten: Freiheit und Vaterland, damit die Frauen nicht mehr ihre Maͤnner, die Muͤtter nicht mehr ihre Soͤhne zuruͤckhielten, wenn es gilt, auch auf gefahr- vollen Bahnen fuͤr dieſe heiligſten Guͤter zu wirken. Ach ich ſehe ſchlimme Tage heraufkommen uͤber uns Alle! Das Recht muß endlich einmal ſiegen — aber nicht willig wird das Unrecht ihm Platz machen. Und es werden ſo Viele ſein, die nicht begreifen wollen, was Recht und was Un- recht iſt. Darum thut es Noth, daß man es ihnen ſchon lange vorher ſagt und das Volk daruͤber aufklaͤrt! Wie ſchoͤn waͤre es, wenn nun jetzt die Mutter, ſtatt nur an ſich zu denken, an das große Ganze haͤtte denken koͤnnen. Wenn ſie zu mir geſagt haͤtte: Es wird mir wohl das Herz brechen, wenn Dir einmal ein Ungluͤck widerfaͤhrt und man Dich in’s Gefaͤngniß wirft, weil Du die Wahrheit geredet: aber ich weiß es ja, Du wirſt Dich nicht leichtſinnig in Gefahr begeben, wenn es aber ſein muͤßte und Gott wollte es, daß ich mein Liebſtes in Dir hergaͤbe, wie Abraham einſt ſeinen Sohn Jſaac opfern ſollte, ich muͤßte dann denken: ich habe ihn ja nicht fuͤr mich allein empfangen und groß gezogen, ſondern fuͤr die Welt, fuͤr das Vaterland, fuͤr die Menſchen — nun muß ich ihn auch leben und wirken laſſen in ſeinem Beruf und wenn er dem nur treu iſt, ſo muß ich alles Andre
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0272"n="264"/>
Frauen begreiflich zu machen, was es da auf ſich hat<lb/>
mit den Worten: Freiheit und Vaterland, damit die<lb/>
Frauen nicht mehr ihre Maͤnner, die Muͤtter nicht mehr<lb/>
ihre Soͤhne zuruͤckhielten, wenn es gilt, auch auf gefahr-<lb/>
vollen Bahnen fuͤr dieſe heiligſten Guͤter zu wirken. Ach<lb/>
ich ſehe ſchlimme Tage heraufkommen uͤber uns Alle!<lb/>
Das Recht muß endlich einmal ſiegen — aber nicht willig<lb/>
wird das Unrecht ihm Platz machen. Und es werden ſo Viele<lb/>ſein, die nicht begreifen wollen, was Recht und was Un-<lb/>
recht iſt. Darum thut es Noth, daß man es ihnen<lb/>ſchon lange vorher ſagt und das Volk daruͤber aufklaͤrt!<lb/>
Wie ſchoͤn waͤre es, wenn nun jetzt die Mutter, ſtatt nur<lb/>
an ſich zu denken, an das große Ganze haͤtte denken<lb/>
koͤnnen. Wenn ſie zu mir geſagt haͤtte: Es wird mir<lb/>
wohl das Herz brechen, wenn Dir einmal ein Ungluͤck<lb/>
widerfaͤhrt und man Dich in’s Gefaͤngniß wirft, weil<lb/>
Du die Wahrheit geredet: aber ich weiß es ja, Du wirſt<lb/>
Dich nicht leichtſinnig in Gefahr begeben, wenn es aber<lb/>ſein muͤßte und Gott wollte es, daß ich mein Liebſtes in<lb/>
Dir hergaͤbe, wie Abraham einſt ſeinen Sohn Jſaac opfern<lb/>ſollte, ich muͤßte dann denken: ich habe ihn ja nicht fuͤr<lb/>
mich allein empfangen und groß gezogen, ſondern fuͤr die<lb/>
Welt, fuͤr das Vaterland, fuͤr die Menſchen — nun muß<lb/>
ich ihn auch leben und wirken laſſen in ſeinem Beruf<lb/>
und wenn er dem nur treu iſt, ſo muß ich alles Andre<lb/></p></div></body></text></TEI>
[264/0272]
Frauen begreiflich zu machen, was es da auf ſich hat
mit den Worten: Freiheit und Vaterland, damit die
Frauen nicht mehr ihre Maͤnner, die Muͤtter nicht mehr
ihre Soͤhne zuruͤckhielten, wenn es gilt, auch auf gefahr-
vollen Bahnen fuͤr dieſe heiligſten Guͤter zu wirken. Ach
ich ſehe ſchlimme Tage heraufkommen uͤber uns Alle!
Das Recht muß endlich einmal ſiegen — aber nicht willig
wird das Unrecht ihm Platz machen. Und es werden ſo Viele
ſein, die nicht begreifen wollen, was Recht und was Un-
recht iſt. Darum thut es Noth, daß man es ihnen
ſchon lange vorher ſagt und das Volk daruͤber aufklaͤrt!
Wie ſchoͤn waͤre es, wenn nun jetzt die Mutter, ſtatt nur
an ſich zu denken, an das große Ganze haͤtte denken
koͤnnen. Wenn ſie zu mir geſagt haͤtte: Es wird mir
wohl das Herz brechen, wenn Dir einmal ein Ungluͤck
widerfaͤhrt und man Dich in’s Gefaͤngniß wirft, weil
Du die Wahrheit geredet: aber ich weiß es ja, Du wirſt
Dich nicht leichtſinnig in Gefahr begeben, wenn es aber
ſein muͤßte und Gott wollte es, daß ich mein Liebſtes in
Dir hergaͤbe, wie Abraham einſt ſeinen Sohn Jſaac opfern
ſollte, ich muͤßte dann denken: ich habe ihn ja nicht fuͤr
mich allein empfangen und groß gezogen, ſondern fuͤr die
Welt, fuͤr das Vaterland, fuͤr die Menſchen — nun muß
ich ihn auch leben und wirken laſſen in ſeinem Beruf
und wenn er dem nur treu iſt, ſo muß ich alles Andre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/272>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.