Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Gutsherr auf den Feldern des Bauern jagen dürfe --
dieser müsse eigentlich auch das Recht haben, auf seinem
eignen Grund und Boden zu schießen, was sich dahin
verliefe." --

"Was?" rief der Förster, dessen Haar sich förmlich
zu sträuben begann über das, was er hörte, "solchen Un-
sinn hat der Johannes geschwatzt und die Leute haben
ihm doch nicht geglaubt?"

"Jm Gegentheil," antwortete Martin lachend, "Alle
schwören ganz steif und fest auf seine Worte, denn das
muß man ihm lassen, er hat so eine Art, den Leuten Et-
was einzureden, daß sie am Ende glauben, schwarz ist
weiß, wenn es ihm einfällt, das behaupten zu wollen.
Dann hat er weiter gesagt, in dieser Petition müsse mit
vorgebracht werden, daß selbst, wenn man das ganze bis-
herige Jagdrecht nicht gleich aufheben und die Jagd ab-
lösen oder ganz freigeben wolle, dann doch die Jagdgesetze
geändert werden müßten. Namentlich sei das Gesetz ge-
gen die Wilddiebe ganz unmenschlich. Wenn jetzt ein
Jäger einen Menschen im Walde finde, der eine Flinte
oder eine Axt bei sich habe und er würfe auf den ersten
Ruf des Jägers die Waffe nicht gleich weg, so habe die-
ser das Recht, ihn ohne Weiteres niederzuschießen." --

"Nun, das ist doch ganz in der Ordnung?" unter-
brach der Förster den Sprecher und sah sich im Kreise

15

Gutsherr auf den Feldern des Bauern jagen duͤrfe —
dieſer muͤſſe eigentlich auch das Recht haben, auf ſeinem
eignen Grund und Boden zu ſchießen, was ſich dahin
verliefe.“ —

„Was?“ rief der Foͤrſter, deſſen Haar ſich foͤrmlich
zu ſtraͤuben begann uͤber das, was er hoͤrte, „ſolchen Un-
ſinn hat der Johannes geſchwatzt und die Leute haben
ihm doch nicht geglaubt?“

„Jm Gegentheil,“ antwortete Martin lachend, „Alle
ſchwoͤren ganz ſteif und feſt auf ſeine Worte, denn das
muß man ihm laſſen, er hat ſo eine Art, den Leuten Et-
was einzureden, daß ſie am Ende glauben, ſchwarz iſt
weiß, wenn es ihm einfaͤllt, das behaupten zu wollen.
Dann hat er weiter geſagt, in dieſer Petition muͤſſe mit
vorgebracht werden, daß ſelbſt, wenn man das ganze bis-
herige Jagdrecht nicht gleich aufheben und die Jagd ab-
loͤſen oder ganz freigeben wolle, dann doch die Jagdgeſetze
geaͤndert werden muͤßten. Namentlich ſei das Geſetz ge-
gen die Wilddiebe ganz unmenſchlich. Wenn jetzt ein
Jaͤger einen Menſchen im Walde finde, der eine Flinte
oder eine Axt bei ſich habe und er wuͤrfe auf den erſten
Ruf des Jaͤgers die Waffe nicht gleich weg, ſo habe die-
ſer das Recht, ihn ohne Weiteres niederzuſchießen.“ —

„Nun, das iſt doch ganz in der Ordnung?“ unter-
brach der Foͤrſter den Sprecher und ſah ſich im Kreiſe

15
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0233" n="225"/>
Gutsherr auf den Feldern des Bauern jagen du&#x0364;rfe &#x2014;<lb/>
die&#x017F;er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eigentlich auch das Recht haben, auf &#x017F;einem<lb/>
eignen Grund und Boden zu &#x017F;chießen, was &#x017F;ich dahin<lb/>
verliefe.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was?&#x201C; rief der Fo&#x0364;r&#x017F;ter, de&#x017F;&#x017F;en Haar &#x017F;ich fo&#x0364;rmlich<lb/>
zu &#x017F;tra&#x0364;uben begann u&#x0364;ber das, was er ho&#x0364;rte, &#x201E;&#x017F;olchen Un-<lb/>
&#x017F;inn hat der Johannes ge&#x017F;chwatzt und die Leute haben<lb/>
ihm doch nicht geglaubt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jm Gegentheil,&#x201C; antwortete Martin lachend, &#x201E;Alle<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;ren ganz &#x017F;teif und fe&#x017F;t auf &#x017F;eine Worte, denn das<lb/>
muß man ihm la&#x017F;&#x017F;en, er hat &#x017F;o eine Art, den Leuten Et-<lb/>
was einzureden, daß &#x017F;ie am Ende glauben, &#x017F;chwarz i&#x017F;t<lb/>
weiß, wenn es ihm einfa&#x0364;llt, das behaupten zu wollen.<lb/>
Dann hat er weiter ge&#x017F;agt, in die&#x017F;er Petition mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mit<lb/>
vorgebracht werden, daß &#x017F;elb&#x017F;t, wenn man das ganze bis-<lb/>
herige Jagdrecht nicht gleich aufheben und die Jagd ab-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en oder ganz freigeben wolle, dann doch die Jagdge&#x017F;etze<lb/>
gea&#x0364;ndert werden mu&#x0364;ßten. Namentlich &#x017F;ei das Ge&#x017F;etz ge-<lb/>
gen die Wilddiebe ganz unmen&#x017F;chlich. Wenn jetzt ein<lb/>
Ja&#x0364;ger einen Men&#x017F;chen im Walde finde, der eine Flinte<lb/>
oder eine Axt bei &#x017F;ich habe und er wu&#x0364;rfe auf den er&#x017F;ten<lb/>
Ruf des Ja&#x0364;gers die Waffe nicht gleich weg, &#x017F;o habe die-<lb/>
&#x017F;er das Recht, ihn ohne Weiteres niederzu&#x017F;chießen.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, das i&#x017F;t doch ganz in der Ordnung?&#x201C; unter-<lb/>
brach der Fo&#x0364;r&#x017F;ter den Sprecher und &#x017F;ah &#x017F;ich im Krei&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">15</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0233] Gutsherr auf den Feldern des Bauern jagen duͤrfe — dieſer muͤſſe eigentlich auch das Recht haben, auf ſeinem eignen Grund und Boden zu ſchießen, was ſich dahin verliefe.“ — „Was?“ rief der Foͤrſter, deſſen Haar ſich foͤrmlich zu ſtraͤuben begann uͤber das, was er hoͤrte, „ſolchen Un- ſinn hat der Johannes geſchwatzt und die Leute haben ihm doch nicht geglaubt?“ „Jm Gegentheil,“ antwortete Martin lachend, „Alle ſchwoͤren ganz ſteif und feſt auf ſeine Worte, denn das muß man ihm laſſen, er hat ſo eine Art, den Leuten Et- was einzureden, daß ſie am Ende glauben, ſchwarz iſt weiß, wenn es ihm einfaͤllt, das behaupten zu wollen. Dann hat er weiter geſagt, in dieſer Petition muͤſſe mit vorgebracht werden, daß ſelbſt, wenn man das ganze bis- herige Jagdrecht nicht gleich aufheben und die Jagd ab- loͤſen oder ganz freigeben wolle, dann doch die Jagdgeſetze geaͤndert werden muͤßten. Namentlich ſei das Geſetz ge- gen die Wilddiebe ganz unmenſchlich. Wenn jetzt ein Jaͤger einen Menſchen im Walde finde, der eine Flinte oder eine Axt bei ſich habe und er wuͤrfe auf den erſten Ruf des Jaͤgers die Waffe nicht gleich weg, ſo habe die- ſer das Recht, ihn ohne Weiteres niederzuſchießen.“ — „Nun, das iſt doch ganz in der Ordnung?“ unter- brach der Foͤrſter den Sprecher und ſah ſich im Kreiſe 15

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/233
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/233>, abgerufen am 23.11.2024.