"Was wahr ist, muß man sagen!" rief der Wirth noch einmal und die Andern bekräftigten es.
"Nun, wenn's so ist!" rief der Förster, "so lauf' ich gleich selber zum Johannes hinauf auf die Burg und sag' ihm, daß er ganz mein Mann ist, wenn er ein Ein- sehen hat bei solchen Sachen, über die ich mich Jahrelang geärgert habe und die Jhr Alle nicht begrifft, wenn ich auf Aenderung dringen wollte!"
"Jhr seid wohl nicht klug," rief Christlieb und hielt den Förster am Arme, "daß Jhr dem verrückten Bengel eben noch besonders sein Thun und Treiben für Recht sprechen wollt, da er doch schon denkt, er hat allein alle Weisheit in sich mit Löffeln gefressen?"
Der Förster schob Christlieb zurück und sagte: "Jhr seid auch nur ein Gelbschnabel gegen mich, ich bedanke mich für Euern Rath und werde schon thun und lassen was ich will!"
"Ei," sagte der Bote Martin hämisch, "so geht doch hinauf zu dem großen Herrn Johannes und bedankt Euch fein gleich mit für die Erklärung, die er neulich den Bauern gegeben, deren Felder zunächst an die Waldflur stoßen: daß sie doch ja um Entschädigung einkommen soll- ten für den Schaden, den das Wild alljährlich auf ih- ren Feldern mache und, wenn sie von der einen Behörde abgewiesen würden, so möchten sie nur an eine
„Was wahr iſt, muß man ſagen!“ rief der Wirth noch einmal und die Andern bekraͤftigten es.
„Nun, wenn’s ſo iſt!“ rief der Foͤrſter, „ſo lauf’ ich gleich ſelber zum Johannes hinauf auf die Burg und ſag’ ihm, daß er ganz mein Mann iſt, wenn er ein Ein- ſehen hat bei ſolchen Sachen, uͤber die ich mich Jahrelang geaͤrgert habe und die Jhr Alle nicht begrifft, wenn ich auf Aenderung dringen wollte!“
„Jhr ſeid wohl nicht klug,“ rief Chriſtlieb und hielt den Foͤrſter am Arme, „daß Jhr dem verruͤckten Bengel eben noch beſonders ſein Thun und Treiben fuͤr Recht ſprechen wollt, da er doch ſchon denkt, er hat allein alle Weisheit in ſich mit Loͤffeln gefreſſen?“
Der Foͤrſter ſchob Chriſtlieb zuruͤck und ſagte: „Jhr ſeid auch nur ein Gelbſchnabel gegen mich, ich bedanke mich fuͤr Euern Rath und werde ſchon thun und laſſen was ich will!“
„Ei,“ ſagte der Bote Martin haͤmiſch, „ſo geht doch hinauf zu dem großen Herrn Johannes und bedankt Euch fein gleich mit fuͤr die Erklaͤrung, die er neulich den Bauern gegeben, deren Felder zunaͤchſt an die Waldflur ſtoßen: daß ſie doch ja um Entſchaͤdigung einkommen ſoll- ten fuͤr den Schaden, den das Wild alljaͤhrlich auf ih- ren Feldern mache und, wenn ſie von der einen Behoͤrde abgewieſen wuͤrden, ſo moͤchten ſie nur an eine
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„Was wahr iſt, muß man ſagen!“ rief der Wirth
noch einmal und die Andern bekraͤftigten es.
„Nun, wenn’s ſo iſt!“ rief der Foͤrſter, „ſo lauf’ ich
gleich ſelber zum Johannes hinauf auf die Burg und
ſag’ ihm, daß er ganz mein Mann iſt, wenn er ein Ein-
ſehen hat bei ſolchen Sachen, uͤber die ich mich Jahrelang
geaͤrgert habe und die Jhr Alle nicht begrifft, wenn ich
auf Aenderung dringen wollte!“
„Jhr ſeid wohl nicht klug,“ rief Chriſtlieb und hielt
den Foͤrſter am Arme, „daß Jhr dem verruͤckten Bengel
eben noch beſonders ſein Thun und Treiben fuͤr Recht
ſprechen wollt, da er doch ſchon denkt, er hat allein alle
Weisheit in ſich mit Loͤffeln gefreſſen?“
Der Foͤrſter ſchob Chriſtlieb zuruͤck und ſagte: „Jhr
ſeid auch nur ein Gelbſchnabel gegen mich, ich bedanke
mich fuͤr Euern Rath und werde ſchon thun und laſſen
was ich will!“
„Ei,“ ſagte der Bote Martin haͤmiſch, „ſo geht doch
hinauf zu dem großen Herrn Johannes und bedankt Euch
fein gleich mit fuͤr die Erklaͤrung, die er neulich den
Bauern gegeben, deren Felder zunaͤchſt an die Waldflur
ſtoßen: daß ſie doch ja um Entſchaͤdigung einkommen ſoll-
ten fuͤr den Schaden, den das Wild alljaͤhrlich auf ih-
ren Feldern mache und, wenn ſie von der einen
Behoͤrde abgewieſen wuͤrden, ſo moͤchten ſie nur an eine
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/231>, abgerufen am 17.02.2025.
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