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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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denn davon? Nichts, als daß fast jeder Bursch' im
Dorfe, der vorüber ging, die Hand drohend gegen Euer
Haus ballte und dabei einen Fluch murmelte, daß es
Euch schon einmal zu Haus und zu Hof kommen sollte --
das war erst eine Gelegenheit, wobei sie Alle dem Schul-
meister, dem Jhr doch hattet einen Possen spielen wollen,
bewiesen, daß sie mehr auf seine Worte gaben, als auf
Euere Thaten -- ein andermal, Gevatter, müßt Jhr so
Etwas klüger anfangen!"

"Hoho! der fängt noch an, gute Lehren zu geben,"
fuhr Christlieb auf; der Förster aber ergriff zugleich das
Wort und sagte: "Da hab' ich noch ein Hühnchen mit
Euch zu braten von wegen der Maien, Herr Damme!"

"Jch hab' sie nicht aus Eurem Revier geholt, Herr
Förster," antwortete Damme patzig, "ich weiß wohl, daß
Jhr auch wie ein Narr mit den Sträuchern seid!"

"Nun, das fehlte auch noch, daß Jedermann gleich
so in's Holz gehen und Bäume stehlen könnte, obwohl's
so geschieht," antwortete der Förster, "aber da ist eben
mein College drüben so ein Schuft und verkauft die jun-
gen grünen Birken, was er gar nicht darf, und Jhr soll-
tet Euch schämen, dergleichen zu unterstützen. Aber wie
ist mir doch die Sache anders erzählt worden? Da hieß
es: das ganze Dorf wär' einig geworden, keine Maien zu
setzen zum großen Aerger des Johannes, der von den

denn davon? Nichts, als daß faſt jeder Burſch’ im
Dorfe, der voruͤber ging, die Hand drohend gegen Euer
Haus ballte und dabei einen Fluch murmelte, daß es
Euch ſchon einmal zu Haus und zu Hof kommen ſollte —
das war erſt eine Gelegenheit, wobei ſie Alle dem Schul-
meiſter, dem Jhr doch hattet einen Poſſen ſpielen wollen,
bewieſen, daß ſie mehr auf ſeine Worte gaben, als auf
Euere Thaten — ein andermal, Gevatter, muͤßt Jhr ſo
Etwas kluͤger anfangen!“

„Hoho! der faͤngt noch an, gute Lehren zu geben,“
fuhr Chriſtlieb auf; der Foͤrſter aber ergriff zugleich das
Wort und ſagte: „Da hab’ ich noch ein Huͤhnchen mit
Euch zu braten von wegen der Maien, Herr Damme!“

„Jch hab’ ſie nicht aus Eurem Revier geholt, Herr
Foͤrſter,“ antwortete Damme patzig, „ich weiß wohl, daß
Jhr auch wie ein Narr mit den Straͤuchern ſeid!“

„Nun, das fehlte auch noch, daß Jedermann gleich
ſo in’s Holz gehen und Baͤume ſtehlen koͤnnte, obwohl’s
ſo geſchieht,“ antwortete der Foͤrſter, „aber da iſt eben
mein College druͤben ſo ein Schuft und verkauft die jun-
gen gruͤnen Birken, was er gar nicht darf, und Jhr ſoll-
tet Euch ſchaͤmen, dergleichen zu unterſtuͤtzen. Aber wie
iſt mir doch die Sache anders erzaͤhlt worden? Da hieß
es: das ganze Dorf waͤr’ einig geworden, keine Maien zu
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[221/0229] denn davon? Nichts, als daß faſt jeder Burſch’ im Dorfe, der voruͤber ging, die Hand drohend gegen Euer Haus ballte und dabei einen Fluch murmelte, daß es Euch ſchon einmal zu Haus und zu Hof kommen ſollte — das war erſt eine Gelegenheit, wobei ſie Alle dem Schul- meiſter, dem Jhr doch hattet einen Poſſen ſpielen wollen, bewieſen, daß ſie mehr auf ſeine Worte gaben, als auf Euere Thaten — ein andermal, Gevatter, muͤßt Jhr ſo Etwas kluͤger anfangen!“ „Hoho! der faͤngt noch an, gute Lehren zu geben,“ fuhr Chriſtlieb auf; der Foͤrſter aber ergriff zugleich das Wort und ſagte: „Da hab’ ich noch ein Huͤhnchen mit Euch zu braten von wegen der Maien, Herr Damme!“ „Jch hab’ ſie nicht aus Eurem Revier geholt, Herr Foͤrſter,“ antwortete Damme patzig, „ich weiß wohl, daß Jhr auch wie ein Narr mit den Straͤuchern ſeid!“ „Nun, das fehlte auch noch, daß Jedermann gleich ſo in’s Holz gehen und Baͤume ſtehlen koͤnnte, obwohl’s ſo geſchieht,“ antwortete der Foͤrſter, „aber da iſt eben mein College druͤben ſo ein Schuft und verkauft die jun- gen gruͤnen Birken, was er gar nicht darf, und Jhr ſoll- tet Euch ſchaͤmen, dergleichen zu unterſtuͤtzen. Aber wie iſt mir doch die Sache anders erzaͤhlt worden? Da hieß es: das ganze Dorf waͤr’ einig geworden, keine Maien zu ſetzen zum großen Aerger des Johannes, der von den

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/229>, abgerufen am 23.11.2024.