selbst, indem er nicht widersprach. Aber er dachte sich selbst getreu: dem Alter seine ruhige, anständige, aber eben mit ihm auch alt gewordene Anschauungsweise zu lassen, es darum nicht zu verachten und höhnisch zurückzuweisen -- doch auch nimmer ihm die eigne jugendliche Erkennt- niß und Selbstbestimmung zu opfern. Darum eben, weil er selbst so nachsichtsvoll gegen das Alter war und ihm immer nur mit einer Art von Ehrfurcht entgegentrat -- hatten auch die alten Leute ihn gern und wie er ihnen ihr Festwurzeln im Vergangenen vergab, duldeten sie auch sein Drängen in die Zukunft und sahen seinem Unge- stüm Manches nach, was an Andern, die oft weit weni- ger kühn und stürmisch, aber roh und unduldsam zu Werke gingen, sie verletzte und zum Widerwillen und Widerstand sie reizte. --
Der Johannistag war nun gekommen -- oder viel- mehr, er war noch nicht da, es konnte aber nicht mehr lange dauern, so brach er an. Aber schon war ein stilles geschäftiges Leben im Dorfe.
Jn allen Gärten und auf allen Wiesen war es Tags vorher den Blumen schlecht gegangen, die Mädchen hatten dort bis zur Abenddämmerung geplündert. Aber an solch' sonnenheißen Tagen und Nächten ist's ein ewiges Wach- sen, Blühen und Entfalten, so daß auch heut' schon wieder neue Blumen an die Stelle der geraubten gekommen
ſelbſt, indem er nicht widerſprach. Aber er dachte ſich ſelbſt getreu: dem Alter ſeine ruhige, anſtaͤndige, aber eben mit ihm auch alt gewordene Anſchauungsweiſe zu laſſen, es darum nicht zu verachten und hoͤhniſch zuruͤckzuweiſen — doch auch nimmer ihm die eigne jugendliche Erkennt- niß und Selbſtbeſtimmung zu opfern. Darum eben, weil er ſelbſt ſo nachſichtsvoll gegen das Alter war und ihm immer nur mit einer Art von Ehrfurcht entgegentrat — hatten auch die alten Leute ihn gern und wie er ihnen ihr Feſtwurzeln im Vergangenen vergab, duldeten ſie auch ſein Draͤngen in die Zukunft und ſahen ſeinem Unge- ſtuͤm Manches nach, was an Andern, die oft weit weni- ger kuͤhn und ſtuͤrmiſch, aber roh und unduldſam zu Werke gingen, ſie verletzte und zum Widerwillen und Widerſtand ſie reizte. —
Der Johannistag war nun gekommen — oder viel- mehr, er war noch nicht da, es konnte aber nicht mehr lange dauern, ſo brach er an. Aber ſchon war ein ſtilles geſchaͤftiges Leben im Dorfe.
Jn allen Gaͤrten und auf allen Wieſen war es Tags vorher den Blumen ſchlecht gegangen, die Maͤdchen hatten dort bis zur Abenddaͤmmerung gepluͤndert. Aber an ſolch’ ſonnenheißen Tagen und Naͤchten iſt’s ein ewiges Wach- ſen, Bluͤhen und Entfalten, ſo daß auch heut’ ſchon wieder neue Blumen an die Stelle der geraubten gekommen
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ſelbſt, indem er nicht widerſprach. Aber er dachte ſich
ſelbſt getreu: dem Alter ſeine ruhige, anſtaͤndige, aber eben
mit ihm auch alt gewordene Anſchauungsweiſe zu laſſen,
es darum nicht zu verachten und hoͤhniſch zuruͤckzuweiſen
— doch auch nimmer ihm die eigne jugendliche Erkennt-
niß und Selbſtbeſtimmung zu opfern. Darum eben, weil
er ſelbſt ſo nachſichtsvoll gegen das Alter war und ihm
immer nur mit einer Art von Ehrfurcht entgegentrat —
hatten auch die alten Leute ihn gern und wie er ihnen
ihr Feſtwurzeln im Vergangenen vergab, duldeten ſie auch
ſein Draͤngen in die Zukunft und ſahen ſeinem Unge-
ſtuͤm Manches nach, was an Andern, die oft weit weni-
ger kuͤhn und ſtuͤrmiſch, aber roh und unduldſam zu
Werke gingen, ſie verletzte und zum Widerwillen und
Widerſtand ſie reizte. —
Der Johannistag war nun gekommen — oder viel-
mehr, er war noch nicht da, es konnte aber nicht mehr
lange dauern, ſo brach er an. Aber ſchon war ein
ſtilles geſchaͤftiges Leben im Dorfe.
Jn allen Gaͤrten und auf allen Wieſen war es Tags
vorher den Blumen ſchlecht gegangen, die Maͤdchen hatten
dort bis zur Abenddaͤmmerung gepluͤndert. Aber an ſolch’
ſonnenheißen Tagen und Naͤchten iſt’s ein ewiges Wach-
ſen, Bluͤhen und Entfalten, ſo daß auch heut’ ſchon wieder
neue Blumen an die Stelle der geraubten gekommen
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/200>, abgerufen am 23.11.2024.
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