Zeuge eines solchen Glückes sein mußte -- das hatte ihm eigentlich nur noch gefehlt! Erst brachte er gar kein Wort heraus, dann schüttelte er kräftig Friedrichs Hand und sagte zu ihm: "Du wirst meine gute Schwester ge- wiß recht glücklich machen!" Als er diese auch wie seg- nend küssen wollte, fühlte sie, was sie in der Dämmerung nicht sehen konnte, wie ihm die hellen Thränen aus den Augen stürzten. Sie wunderte sich über seine Erregung -- aber einzig und allein mit dem Glück ihres eigenen Herzens beschäftigt meinte sie, es sei einzig und allein Rührung darüber, daß er weine und sie fragte weiter nicht. Er konnte es nicht länger bei dem Paar aushalten und wollte sich entfernen, aber noch ehe er es that sagte Friedrich selbst: "Jch muß doch nun fort und Euch gute Nacht sagen, Laura trieb mich schon vorhin --" er küßte sie nochmals herzlich und dann ging er.
Laura hatte nun erwartet, ihr Bruder werde noch viel mit ihr von Friedrich plaudern, sie fragen, wie Alles ge- kommen sei, wie Alles wohl werden möge? Sich erzäh- len lassen, wann sie zuerst einander gut geworden, und ob sie sich wohl gedacht habe, es werde ein Tag wie der heutige kommen? wie ihr nun eigentlich zu Muthe sei, und so tausend Dinge mehr. Aber Nichts von dem Al- len that und sagt' er, sondern wünschte ihr ganz einfach herzlich gute Nacht, sagte, er sei müde und ging in seine
Zeuge eines ſolchen Gluͤckes ſein mußte — das hatte ihm eigentlich nur noch gefehlt! Erſt brachte er gar kein Wort heraus, dann ſchuͤttelte er kraͤftig Friedrichs Hand und ſagte zu ihm: „Du wirſt meine gute Schweſter ge- wiß recht gluͤcklich machen!“ Als er dieſe auch wie ſeg- nend kuͤſſen wollte, fuͤhlte ſie, was ſie in der Daͤmmerung nicht ſehen konnte, wie ihm die hellen Thraͤnen aus den Augen ſtuͤrzten. Sie wunderte ſich uͤber ſeine Erregung — aber einzig und allein mit dem Gluͤck ihres eigenen Herzens beſchaͤftigt meinte ſie, es ſei einzig und allein Ruͤhrung daruͤber, daß er weine und ſie fragte weiter nicht. Er konnte es nicht laͤnger bei dem Paar aushalten und wollte ſich entfernen, aber noch ehe er es that ſagte Friedrich ſelbſt: „Jch muß doch nun fort und Euch gute Nacht ſagen, Laura trieb mich ſchon vorhin —“ er kuͤßte ſie nochmals herzlich und dann ging er.
Laura hatte nun erwartet, ihr Bruder werde noch viel mit ihr von Friedrich plaudern, ſie fragen, wie Alles ge- kommen ſei, wie Alles wohl werden moͤge? Sich erzaͤh- len laſſen, wann ſie zuerſt einander gut geworden, und ob ſie ſich wohl gedacht habe, es werde ein Tag wie der heutige kommen? wie ihr nun eigentlich zu Muthe ſei, und ſo tauſend Dinge mehr. Aber Nichts von dem Al- len that und ſagt’ er, ſondern wuͤnſchte ihr ganz einfach herzlich gute Nacht, ſagte, er ſei muͤde und ging in ſeine
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Zeuge eines ſolchen Gluͤckes ſein mußte — das hatte ihm
eigentlich nur noch gefehlt! Erſt brachte er gar kein
Wort heraus, dann ſchuͤttelte er kraͤftig Friedrichs Hand
und ſagte zu ihm: „Du wirſt meine gute Schweſter ge-
wiß recht gluͤcklich machen!“ Als er dieſe auch wie ſeg-
nend kuͤſſen wollte, fuͤhlte ſie, was ſie in der Daͤmmerung
nicht ſehen konnte, wie ihm die hellen Thraͤnen aus den
Augen ſtuͤrzten. Sie wunderte ſich uͤber ſeine Erregung
— aber einzig und allein mit dem Gluͤck ihres eigenen
Herzens beſchaͤftigt meinte ſie, es ſei einzig und allein
Ruͤhrung daruͤber, daß er weine und ſie fragte weiter
nicht. Er konnte es nicht laͤnger bei dem Paar aushalten
und wollte ſich entfernen, aber noch ehe er es that ſagte
Friedrich ſelbſt: „Jch muß doch nun fort und Euch gute
Nacht ſagen, Laura trieb mich ſchon vorhin —“ er kuͤßte
ſie nochmals herzlich und dann ging er.
Laura hatte nun erwartet, ihr Bruder werde noch viel
mit ihr von Friedrich plaudern, ſie fragen, wie Alles ge-
kommen ſei, wie Alles wohl werden moͤge? Sich erzaͤh-
len laſſen, wann ſie zuerſt einander gut geworden, und
ob ſie ſich wohl gedacht habe, es werde ein Tag wie der
heutige kommen? wie ihr nun eigentlich zu Muthe ſei,
und ſo tauſend Dinge mehr. Aber Nichts von dem Al-
len that und ſagt’ er, ſondern wuͤnſchte ihr ganz einfach
herzlich gute Nacht, ſagte, er ſei muͤde und ging in ſeine
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/175>, abgerufen am 26.11.2024.
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