sprichst, der Graf sei eigentlich auch nicht mehr wie sie -- und alles Alte sei schlecht und nicht mehr zu gebrauchen -- sie müßten an das Neue sich hingeben -- und was um so mehr ist -- ich glaube, sie könnten Dir doch gram werden, der Graf könnt' ein Aergerniß haben, wenn Du seine Unterthanen stolz machtest und der Amtmann in der Stadt dazu, der auch von allem Neuen nichts wissen mag, denn er nennt die Leut' von unserm Dorf fast Alle "er" und "hör sie" und ist ein gar grober Mann -- und das könnt' ich nicht überleben, wenn Jemand Hand an Dich legen und Dir etwas thun wollt' -- drum thu' und red' Du lieber nichts, worauf es geschehen könnt'!"
"Da sei nur ganz ruhig!" tröstete er, "ich weiß nicht, wie Du auf die Gedanken kömmst! in den ersten Tagen, wie ich nur eben gekommen war, hast Du mir ja in Allem ganz Recht gegeben und zu dem Vogt hier gesprochen, wie wir das Erstemal heraufgingen, daß ich recht mein Wunder und meine Freude daran hatte -- was ist denn nun auf einmal über Dich gekommen?"
"Ja schau," sagte sie, "ich weiß es selber kaum; -- es ist wohl nur, daß mir Angst geworden, weil ich sah, wie Dir oft die Leute staunend zuhören und dann sagen: der spricht noch anders als der Herr Pfarrer und der Schulmeister, Recht hat er schon, aber man hat's so noch
ſprichſt, der Graf ſei eigentlich auch nicht mehr wie ſie — und alles Alte ſei ſchlecht und nicht mehr zu gebrauchen — ſie muͤßten an das Neue ſich hingeben — und was um ſo mehr iſt — ich glaube, ſie koͤnnten Dir doch gram werden, der Graf koͤnnt’ ein Aergerniß haben, wenn Du ſeine Unterthanen ſtolz machteſt und der Amtmann in der Stadt dazu, der auch von allem Neuen nichts wiſſen mag, denn er nennt die Leut’ von unſerm Dorf faſt Alle „er“ und „hoͤr ſie“ und iſt ein gar grober Mann — und das koͤnnt’ ich nicht uͤberleben, wenn Jemand Hand an Dich legen und Dir etwas thun wollt’ — drum thu’ und red’ Du lieber nichts, worauf es geſchehen koͤnnt’!“
„Da ſei nur ganz ruhig!“ troͤſtete er, „ich weiß nicht, wie Du auf die Gedanken koͤmmſt! in den erſten Tagen, wie ich nur eben gekommen war, haſt Du mir ja in Allem ganz Recht gegeben und zu dem Vogt hier geſprochen, wie wir das Erſtemal heraufgingen, daß ich recht mein Wunder und meine Freude daran hatte — was iſt denn nun auf einmal uͤber Dich gekommen?“
„Ja ſchau,“ ſagte ſie, „ich weiß es ſelber kaum; — es iſt wohl nur, daß mir Angſt geworden, weil ich ſah, wie Dir oft die Leute ſtaunend zuhoͤren und dann ſagen: der ſpricht noch anders als der Herr Pfarrer und der Schulmeiſter, Recht hat er ſchon, aber man hat’s ſo noch
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ſprichſt, der Graf ſei eigentlich auch nicht mehr wie ſie —
und alles Alte ſei ſchlecht und nicht mehr zu gebrauchen —
ſie muͤßten an das Neue ſich hingeben — und was um
ſo mehr iſt — ich glaube, ſie koͤnnten Dir doch gram
werden, der Graf koͤnnt’ ein Aergerniß haben, wenn Du
ſeine Unterthanen ſtolz machteſt und der Amtmann in
der Stadt dazu, der auch von allem Neuen nichts wiſſen
mag, denn er nennt die Leut’ von unſerm Dorf faſt Alle
„er“ und „hoͤr ſie“ und iſt ein gar grober Mann —
und das koͤnnt’ ich nicht uͤberleben, wenn Jemand Hand
an Dich legen und Dir etwas thun wollt’ — drum
thu’ und red’ Du lieber nichts, worauf es geſchehen
koͤnnt’!“
„Da ſei nur ganz ruhig!“ troͤſtete er, „ich weiß nicht,
wie Du auf die Gedanken koͤmmſt! in den erſten Tagen,
wie ich nur eben gekommen war, haſt Du mir ja in
Allem ganz Recht gegeben und zu dem Vogt hier geſprochen,
wie wir das Erſtemal heraufgingen, daß ich recht mein
Wunder und meine Freude daran hatte — was iſt denn
nun auf einmal uͤber Dich gekommen?“
„Ja ſchau,“ ſagte ſie, „ich weiß es ſelber kaum; —
es iſt wohl nur, daß mir Angſt geworden, weil ich ſah,
wie Dir oft die Leute ſtaunend zuhoͤren und dann ſagen:
der ſpricht noch anders als der Herr Pfarrer und der
Schulmeiſter, Recht hat er ſchon, aber man hat’s ſo noch
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/157>, abgerufen am 27.11.2024.
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