mäulig vorweg war, ging unser Pfarrer mit Traugott zur Burg hinan.
Traugott sagte zum Pfarrer: "Da saßen so die Rech- ten zusammen in der Schenke. Jch hatt' es schon lange von Weitem mit angehört, wenn ich auch nicht jedes Wort verstand, wie sie loszogen über den Schulmeister und über den Johannes, endlich ward mir's zu bunt und ich trat zu ihnen, um sie zu fragen, was sie eigentlich hätten --."
"Gebt Euch keine Mühe damit, es ist vergebens, diese Leute von ihren Vorurtheilen durch Worte abzubringen," sagte unser Pfarrer, "nur Thaten können sie allmählich eines Bessern überzeugen."
"Ach, die sind auch dadurch nicht zur Vernunft zu bringen," eiferte Traugott, "es sind nur lauter vernünf- tige Dinge, welche der Schulmeister in's Werk gerichtet hat und für die wir ihm Alle nur dankbar sein kön- nen -- aber diese sehen's nicht ein, wollen's mit Gewalt nicht einsehen, da das Bessere zugleich allemal etwas Neues und ihnen alles Neue von vornherein ein wah- ter Gräuel ist, so tadeln sie auch das Bessere, nur weil es neu ist."
"Da haben sie den Nagel auf den Kopf getroffen!" sagte unser Pfarrer, "wir müssen uns trösten, daß es in
maͤulig vorweg war, ging unſer Pfarrer mit Traugott zur Burg hinan.
Traugott ſagte zum Pfarrer: „Da ſaßen ſo die Rech- ten zuſammen in der Schenke. Jch hatt’ es ſchon lange von Weitem mit angehoͤrt, wenn ich auch nicht jedes Wort verſtand, wie ſie loszogen uͤber den Schulmeiſter und uͤber den Johannes, endlich ward mir’s zu bunt und ich trat zu ihnen, um ſie zu fragen, was ſie eigentlich haͤtten —.“
„Gebt Euch keine Muͤhe damit, es iſt vergebens, dieſe Leute von ihren Vorurtheilen durch Worte abzubringen,“ ſagte unſer Pfarrer, „nur Thaten koͤnnen ſie allmaͤhlich eines Beſſern uͤberzeugen.“
„Ach, die ſind auch dadurch nicht zur Vernunft zu bringen,“ eiferte Traugott, „es ſind nur lauter vernuͤnf- tige Dinge, welche der Schulmeiſter in’s Werk gerichtet hat und fuͤr die wir ihm Alle nur dankbar ſein koͤn- nen — aber dieſe ſehen’s nicht ein, wollen’s mit Gewalt nicht einſehen, da das Beſſere zugleich allemal etwas Neues und ihnen alles Neue von vornherein ein wah- ter Graͤuel iſt, ſo tadeln ſie auch das Beſſere, nur weil es neu iſt.“
„Da haben ſie den Nagel auf den Kopf getroffen!“ ſagte unſer Pfarrer, „wir muͤſſen uns troͤſten, daß es in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0147"n="139"/>
maͤulig vorweg war, ging unſer Pfarrer mit Traugott<lb/>
zur Burg hinan.</p><lb/><p>Traugott ſagte zum Pfarrer: „Da ſaßen ſo die Rech-<lb/>
ten zuſammen in der Schenke. Jch hatt’ es ſchon lange<lb/>
von Weitem mit angehoͤrt, wenn ich auch nicht jedes<lb/>
Wort verſtand, wie ſie loszogen uͤber den Schulmeiſter<lb/>
und uͤber den Johannes, endlich ward mir’s zu bunt und<lb/>
ich trat zu ihnen, um ſie zu fragen, was ſie eigentlich<lb/>
haͤtten —.“</p><lb/><p>„Gebt Euch keine Muͤhe damit, es iſt vergebens, dieſe<lb/>
Leute von ihren Vorurtheilen durch Worte abzubringen,“<lb/>ſagte unſer Pfarrer, „nur Thaten koͤnnen ſie allmaͤhlich<lb/>
eines Beſſern uͤberzeugen.“</p><lb/><p>„Ach, die ſind auch dadurch nicht zur Vernunft zu<lb/>
bringen,“ eiferte Traugott, „es ſind nur lauter vernuͤnf-<lb/>
tige Dinge, welche der Schulmeiſter in’s Werk gerichtet<lb/>
hat und fuͤr die wir ihm Alle nur dankbar ſein koͤn-<lb/>
nen — aber dieſe ſehen’s nicht ein, wollen’s mit Gewalt<lb/>
nicht einſehen, da das Beſſere zugleich allemal etwas<lb/>
Neues und ihnen alles Neue von vornherein ein wah-<lb/>
ter Graͤuel iſt, ſo tadeln ſie auch das Beſſere, nur weil<lb/>
es neu iſt.“</p><lb/><p>„Da haben ſie den Nagel auf den Kopf getroffen!“<lb/>ſagte unſer Pfarrer, „wir muͤſſen uns troͤſten, daß es in<lb/></p></div></body></text></TEI>
[139/0147]
maͤulig vorweg war, ging unſer Pfarrer mit Traugott
zur Burg hinan.
Traugott ſagte zum Pfarrer: „Da ſaßen ſo die Rech-
ten zuſammen in der Schenke. Jch hatt’ es ſchon lange
von Weitem mit angehoͤrt, wenn ich auch nicht jedes
Wort verſtand, wie ſie loszogen uͤber den Schulmeiſter
und uͤber den Johannes, endlich ward mir’s zu bunt und
ich trat zu ihnen, um ſie zu fragen, was ſie eigentlich
haͤtten —.“
„Gebt Euch keine Muͤhe damit, es iſt vergebens, dieſe
Leute von ihren Vorurtheilen durch Worte abzubringen,“
ſagte unſer Pfarrer, „nur Thaten koͤnnen ſie allmaͤhlich
eines Beſſern uͤberzeugen.“
„Ach, die ſind auch dadurch nicht zur Vernunft zu
bringen,“ eiferte Traugott, „es ſind nur lauter vernuͤnf-
tige Dinge, welche der Schulmeiſter in’s Werk gerichtet
hat und fuͤr die wir ihm Alle nur dankbar ſein koͤn-
nen — aber dieſe ſehen’s nicht ein, wollen’s mit Gewalt
nicht einſehen, da das Beſſere zugleich allemal etwas
Neues und ihnen alles Neue von vornherein ein wah-
ter Graͤuel iſt, ſo tadeln ſie auch das Beſſere, nur weil
es neu iſt.“
„Da haben ſie den Nagel auf den Kopf getroffen!“
ſagte unſer Pfarrer, „wir muͤſſen uns troͤſten, daß es in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/147>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.