Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ja, aber Kinder!" sagte der Wirth, "hochmüthig
kann man ihn da eigentlich wieder nicht heißen, wenn
er sich so mit den Leuten gemein macht --"

"Verrückt ist er!" rief Christlieb mit furchtbar lau-
ter Stimme, indem er auf den Tisch schlug, "ist das
eine Art, so mit reicher Leute Knechten umzugehen?
wäre ich zu Hause gewesen, ich hätt' ihn schon führen
wollen!"

Mit Redensarten richtet man bei ihm Nichts aus,"
sagte der Bote Martin, er ist gar zu geschickt im Ant-
worten. Am besten ist's, wer ein paar Fäuste hat, der
braucht sie."

"Ja, aber Kinder!" hub der Wirth wieder an,
"vom Zaune brechen kann man eine Prügelei doch auch
nicht, und namentlich soll mir's lieb sein, wenn sie
nicht hier in meinem Hause geschieht, da hat man denn
allerhand Händelei mit den Gensdarmen und mit dem
Gericht."

"Nun hat der gleich wieder vor einer Untersuchung
Angst!" höhnte Christlieb.

"Um aber wieder auf den Schulmeister zu kommen"
begann Martin, dem dürfen wir doch die Flügel nicht
zu lang wachsen lassen -- er hat, glaub' ich, schon
über das Strohdach auf seinem Hause geredet und der
Richter fing neulich ganz ernstlich davon an, daß die

„Ja, aber Kinder!“ ſagte der Wirth, „hochmuͤthig
kann man ihn da eigentlich wieder nicht heißen, wenn
er ſich ſo mit den Leuten gemein macht —“

„Verruͤckt iſt er!“ rief Chriſtlieb mit furchtbar lau-
ter Stimme, indem er auf den Tiſch ſchlug, „iſt das
eine Art, ſo mit reicher Leute Knechten umzugehen?
waͤre ich zu Hauſe geweſen, ich haͤtt’ ihn ſchon fuͤhren
wollen!“

Mit Redensarten richtet man bei ihm Nichts aus,“
ſagte der Bote Martin, er iſt gar zu geſchickt im Ant-
worten. Am beſten iſt’s, wer ein paar Faͤuſte hat, der
braucht ſie.“

„Ja, aber Kinder!“ hub der Wirth wieder an,
„vom Zaune brechen kann man eine Pruͤgelei doch auch
nicht, und namentlich ſoll mir’s lieb ſein, wenn ſie
nicht hier in meinem Hauſe geſchieht, da hat man denn
allerhand Haͤndelei mit den Gensdarmen und mit dem
Gericht.“

„Nun hat der gleich wieder vor einer Unterſuchung
Angſt!“ hoͤhnte Chriſtlieb.

„Um aber wieder auf den Schulmeiſter zu kommen“
begann Martin, dem duͤrfen wir doch die Fluͤgel nicht
zu lang wachſen laſſen — er hat, glaub’ ich, ſchon
uͤber das Strohdach auf ſeinem Hauſe geredet und der
Richter fing neulich ganz ernſtlich davon an, daß die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0142" n="134"/>
        <p>&#x201E;Ja, aber Kinder!&#x201C; &#x017F;agte der Wirth, &#x201E;hochmu&#x0364;thig<lb/>
kann man ihn da eigentlich wieder nicht heißen, wenn<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;o mit den Leuten gemein macht &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Verru&#x0364;ckt i&#x017F;t er!&#x201C; rief Chri&#x017F;tlieb mit furchtbar lau-<lb/>
ter Stimme, indem er auf den Ti&#x017F;ch &#x017F;chlug, &#x201E;i&#x017F;t das<lb/>
eine Art, &#x017F;o mit reicher Leute Knechten umzugehen?<lb/>
wa&#x0364;re ich zu Hau&#x017F;e gewe&#x017F;en, ich ha&#x0364;tt&#x2019; ihn &#x017F;chon fu&#x0364;hren<lb/>
wollen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mit Redensarten richtet man bei ihm Nichts aus,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte der Bote Martin, er i&#x017F;t gar zu ge&#x017F;chickt im Ant-<lb/>
worten. Am be&#x017F;ten i&#x017F;t&#x2019;s, wer ein paar Fa&#x0364;u&#x017F;te hat, der<lb/>
braucht &#x017F;ie.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, aber Kinder!&#x201C; hub der Wirth wieder an,<lb/>
&#x201E;vom Zaune brechen kann man eine Pru&#x0364;gelei doch auch<lb/>
nicht, und namentlich &#x017F;oll mir&#x2019;s lieb &#x017F;ein, wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht hier in meinem Hau&#x017F;e ge&#x017F;chieht, da hat man denn<lb/>
allerhand Ha&#x0364;ndelei mit den Gensdarmen und mit dem<lb/>
Gericht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun hat der gleich wieder vor einer Unter&#x017F;uchung<lb/>
Ang&#x017F;t!&#x201C; ho&#x0364;hnte Chri&#x017F;tlieb.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Um aber wieder auf den Schulmei&#x017F;ter zu kommen&#x201C;<lb/>
begann Martin, dem du&#x0364;rfen wir doch die Flu&#x0364;gel nicht<lb/>
zu lang wach&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en &#x2014; er hat, glaub&#x2019; ich, &#x017F;chon<lb/>
u&#x0364;ber das Strohdach auf &#x017F;einem Hau&#x017F;e geredet und der<lb/>
Richter fing neulich ganz ern&#x017F;tlich davon an, daß die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0142] „Ja, aber Kinder!“ ſagte der Wirth, „hochmuͤthig kann man ihn da eigentlich wieder nicht heißen, wenn er ſich ſo mit den Leuten gemein macht —“ „Verruͤckt iſt er!“ rief Chriſtlieb mit furchtbar lau- ter Stimme, indem er auf den Tiſch ſchlug, „iſt das eine Art, ſo mit reicher Leute Knechten umzugehen? waͤre ich zu Hauſe geweſen, ich haͤtt’ ihn ſchon fuͤhren wollen!“ Mit Redensarten richtet man bei ihm Nichts aus,“ ſagte der Bote Martin, er iſt gar zu geſchickt im Ant- worten. Am beſten iſt’s, wer ein paar Faͤuſte hat, der braucht ſie.“ „Ja, aber Kinder!“ hub der Wirth wieder an, „vom Zaune brechen kann man eine Pruͤgelei doch auch nicht, und namentlich ſoll mir’s lieb ſein, wenn ſie nicht hier in meinem Hauſe geſchieht, da hat man denn allerhand Haͤndelei mit den Gensdarmen und mit dem Gericht.“ „Nun hat der gleich wieder vor einer Unterſuchung Angſt!“ hoͤhnte Chriſtlieb. „Um aber wieder auf den Schulmeiſter zu kommen“ begann Martin, dem duͤrfen wir doch die Fluͤgel nicht zu lang wachſen laſſen — er hat, glaub’ ich, ſchon uͤber das Strohdach auf ſeinem Hauſe geredet und der Richter fing neulich ganz ernſtlich davon an, daß die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/142
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/142>, abgerufen am 29.11.2024.