sagte zu seiner Schwester: "Nun, so gehst Du doch hin, ich muß noch einen Gang in die Schenke wo mich ein paar Leute baten hinzukommen."
Laura schüttelte den Kopf, wie bei etwas Unbegreifli- chem und sagte halb ärgerlich: "Wenn ich nun auch spräche: ich kann nicht, ich habe noch dies und jenes vor, so erführ' sie's gar nicht und könnte die Nacht nicht schlafen über die Henne, was ihr doch so bald erspart ist. So sind die Männer! auch gegen die Mädchen, denen sie sonst schöne Dinge sagen, ist's ihnen aber einmal nicht gelegen, weichen sie aus. Da sind wir Mädchen doch viel besser -- ich lasse Alles stehen und liegen und laufe hin."
Schnell war sie fort, indeß sich die Beiden langsamer ent- fernten. Johannes drohte dem losen Mädchen noch lachend über ihre Strafpredigt nach, indeß unser Schulmeister sehr übel gelaunt aussah. Es war nicht wahr, daß er versprochen in die Schenke zu kommen, er ging nur hin, um Suschen auszuweichen, im Fall sie käme nach dem Huhn zu suchen. Wenn er das sonst hätte thun sollen, wo er lieber aus der Schulstube von den Kindern fort- lief, wenn er ihre Stimme im Hause hörte! Aber jetzt wollte er sie nicht sehen -- was ging ihm das Liebchen von Johannes noch an? --
Wirklich kam sie mit Laura noch in das Schulhaus
ſagte zu ſeiner Schweſter: „Nun, ſo gehſt Du doch hin, ich muß noch einen Gang in die Schenke wo mich ein paar Leute baten hinzukommen.“
Laura ſchuͤttelte den Kopf, wie bei etwas Unbegreifli- chem und ſagte halb aͤrgerlich: „Wenn ich nun auch ſpraͤche: ich kann nicht, ich habe noch dies und jenes vor, ſo erfuͤhr’ ſie’s gar nicht und koͤnnte die Nacht nicht ſchlafen uͤber die Henne, was ihr doch ſo bald erſpart iſt. So ſind die Maͤnner! auch gegen die Maͤdchen, denen ſie ſonſt ſchoͤne Dinge ſagen, iſt’s ihnen aber einmal nicht gelegen, weichen ſie aus. Da ſind wir Maͤdchen doch viel beſſer — ich laſſe Alles ſtehen und liegen und laufe hin.“
Schnell war ſie fort, indeß ſich die Beiden langſamer ent- fernten. Johannes drohte dem loſen Maͤdchen noch lachend uͤber ihre Strafpredigt nach, indeß unſer Schulmeiſter ſehr uͤbel gelaunt ausſah. Es war nicht wahr, daß er verſprochen in die Schenke zu kommen, er ging nur hin, um Suschen auszuweichen, im Fall ſie kaͤme nach dem Huhn zu ſuchen. Wenn er das ſonſt haͤtte thun ſollen, wo er lieber aus der Schulſtube von den Kindern fort- lief, wenn er ihre Stimme im Hauſe hoͤrte! Aber jetzt wollte er ſie nicht ſehen — was ging ihm das Liebchen von Johannes noch an? —
Wirklich kam ſie mit Laura noch in das Schulhaus
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ſagte zu ſeiner Schweſter: „Nun, ſo gehſt Du doch hin,
ich muß noch einen Gang in die Schenke wo mich ein
paar Leute baten hinzukommen.“
Laura ſchuͤttelte den Kopf, wie bei etwas Unbegreifli-
chem und ſagte halb aͤrgerlich: „Wenn ich nun auch
ſpraͤche: ich kann nicht, ich habe noch dies und jenes
vor, ſo erfuͤhr’ ſie’s gar nicht und koͤnnte die Nacht nicht
ſchlafen uͤber die Henne, was ihr doch ſo bald erſpart iſt.
So ſind die Maͤnner! auch gegen die Maͤdchen, denen
ſie ſonſt ſchoͤne Dinge ſagen, iſt’s ihnen aber einmal nicht
gelegen, weichen ſie aus. Da ſind wir Maͤdchen doch viel
beſſer — ich laſſe Alles ſtehen und liegen und laufe
hin.“
Schnell war ſie fort, indeß ſich die Beiden langſamer ent-
fernten. Johannes drohte dem loſen Maͤdchen noch lachend
uͤber ihre Strafpredigt nach, indeß unſer Schulmeiſter
ſehr uͤbel gelaunt ausſah. Es war nicht wahr, daß er
verſprochen in die Schenke zu kommen, er ging nur hin,
um Suschen auszuweichen, im Fall ſie kaͤme nach dem
Huhn zu ſuchen. Wenn er das ſonſt haͤtte thun ſollen,
wo er lieber aus der Schulſtube von den Kindern fort-
lief, wenn er ihre Stimme im Hauſe hoͤrte! Aber jetzt
wollte er ſie nicht ſehen — was ging ihm das Liebchen
von Johannes noch an? —
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/131>, abgerufen am 30.11.2024.
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