Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Gefallen mehr thun, indeß er sonst sich jede Minute zu
Nutz' gemacht, in der er in ihrer Nähe hatte sein
können? --

Da nun aus ihr nicht viel zu bringen war -- wahr-
scheinlich war sie über die Henne so außer sich, und
konnte nichts Andres denken, so redete Johannes mehr
mit Laura, die auch harmlos mit ihm scherzte.

Jetzt kam der Bote Martin verdrießlich daher ge-
gangen. "Jst meine Henne etwa bei Euch? die kleine
Gans fand sich neulich auch in Euerm Garten wieder!"
rief ihm Suschen entgegen.

"Ei was!" erwiderte er mürrisch, "fehlt Euch eine
Henne? das ist weiter nicht zu verwundern; seitdem die
Eisenbahn fertig ist, treibt sich allerlei müßiges Gesindel
hier herum und in allen Dörfern wird schrecklich ge-
maust. Da wird so ein Eisenbahner die Henne haben
mitgehen heißen. Soll mir lieb sein, wenn's Euch auch
noch zu Haus oder zu Hof kommt! Jch hab' es von
vornherein gesagt, daß die Eisenbahn unser Aller Unglück
ist. Jhr werdet's schon noch sehen."

"Das ist nur Euere fixe Jdee, Martin," sagte Laura.
"Die Eisenbahn ist unser Aller Unglück, ist Euere
tägliche Redensart, was soll denn aber dabei heraus
kommen?"

"Nichts als die Wahrheit, die nun freilich zu spät

Gefallen mehr thun, indeß er ſonſt ſich jede Minute zu
Nutz’ gemacht, in der er in ihrer Naͤhe hatte ſein
koͤnnen? —

Da nun aus ihr nicht viel zu bringen war — wahr-
ſcheinlich war ſie uͤber die Henne ſo außer ſich, und
konnte nichts Andres denken, ſo redete Johannes mehr
mit Laura, die auch harmlos mit ihm ſcherzte.

Jetzt kam der Bote Martin verdrießlich daher ge-
gangen. „Jſt meine Henne etwa bei Euch? die kleine
Gans fand ſich neulich auch in Euerm Garten wieder!“
rief ihm Suschen entgegen.

„Ei was!“ erwiderte er muͤrriſch, „fehlt Euch eine
Henne? das iſt weiter nicht zu verwundern; ſeitdem die
Eiſenbahn fertig iſt, treibt ſich allerlei muͤßiges Geſindel
hier herum und in allen Doͤrfern wird ſchrecklich ge-
mauſt. Da wird ſo ein Eiſenbahner die Henne haben
mitgehen heißen. Soll mir lieb ſein, wenn’s Euch auch
noch zu Haus oder zu Hof kommt! Jch hab’ es von
vornherein geſagt, daß die Eiſenbahn unſer Aller Ungluͤck
iſt. Jhr werdet’s ſchon noch ſehen.“

„Das iſt nur Euere fixe Jdee, Martin,“ ſagte Laura.
„Die Eiſenbahn iſt unſer Aller Ungluͤck, iſt Euere
taͤgliche Redensart, was ſoll denn aber dabei heraus
kommen?“

„Nichts als die Wahrheit, die nun freilich zu ſpaͤt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0122" n="114"/>
Gefallen mehr thun, indeß er &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ich jede Minute zu<lb/>
Nutz&#x2019; gemacht, in der er in ihrer Na&#x0364;he hatte &#x017F;ein<lb/>
ko&#x0364;nnen? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Da nun aus ihr nicht viel zu bringen war &#x2014; wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich war &#x017F;ie u&#x0364;ber die Henne &#x017F;o außer &#x017F;ich, und<lb/>
konnte nichts Andres denken, &#x017F;o redete Johannes mehr<lb/>
mit Laura, die auch harmlos mit ihm &#x017F;cherzte.</p><lb/>
        <p>Jetzt kam der Bote Martin verdrießlich daher ge-<lb/>
gangen. &#x201E;J&#x017F;t meine Henne etwa bei Euch? die kleine<lb/>
Gans fand &#x017F;ich neulich auch in Euerm Garten wieder!&#x201C;<lb/>
rief ihm Suschen entgegen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ei was!&#x201C; erwiderte er mu&#x0364;rri&#x017F;ch, &#x201E;fehlt Euch eine<lb/>
Henne? das i&#x017F;t weiter nicht zu verwundern; &#x017F;eitdem die<lb/>
Ei&#x017F;enbahn fertig i&#x017F;t, treibt &#x017F;ich allerlei mu&#x0364;ßiges Ge&#x017F;indel<lb/>
hier herum und in allen Do&#x0364;rfern wird &#x017F;chrecklich ge-<lb/>
mau&#x017F;t. Da wird &#x017F;o ein Ei&#x017F;enbahner die Henne haben<lb/>
mitgehen heißen. Soll mir lieb &#x017F;ein, wenn&#x2019;s Euch auch<lb/>
noch zu Haus oder zu Hof kommt! Jch hab&#x2019; es von<lb/>
vornherein ge&#x017F;agt, daß die Ei&#x017F;enbahn un&#x017F;er Aller Unglu&#x0364;ck<lb/>
i&#x017F;t. Jhr werdet&#x2019;s &#x017F;chon noch &#x017F;ehen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t nur Euere fixe Jdee, Martin,&#x201C; &#x017F;agte Laura.<lb/>
&#x201E;Die Ei&#x017F;enbahn i&#x017F;t un&#x017F;er Aller Unglu&#x0364;ck, i&#x017F;t Euere<lb/>
ta&#x0364;gliche Redensart, was &#x017F;oll denn aber dabei heraus<lb/>
kommen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nichts als die Wahrheit, die nun freilich zu &#x017F;pa&#x0364;t<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] Gefallen mehr thun, indeß er ſonſt ſich jede Minute zu Nutz’ gemacht, in der er in ihrer Naͤhe hatte ſein koͤnnen? — Da nun aus ihr nicht viel zu bringen war — wahr- ſcheinlich war ſie uͤber die Henne ſo außer ſich, und konnte nichts Andres denken, ſo redete Johannes mehr mit Laura, die auch harmlos mit ihm ſcherzte. Jetzt kam der Bote Martin verdrießlich daher ge- gangen. „Jſt meine Henne etwa bei Euch? die kleine Gans fand ſich neulich auch in Euerm Garten wieder!“ rief ihm Suschen entgegen. „Ei was!“ erwiderte er muͤrriſch, „fehlt Euch eine Henne? das iſt weiter nicht zu verwundern; ſeitdem die Eiſenbahn fertig iſt, treibt ſich allerlei muͤßiges Geſindel hier herum und in allen Doͤrfern wird ſchrecklich ge- mauſt. Da wird ſo ein Eiſenbahner die Henne haben mitgehen heißen. Soll mir lieb ſein, wenn’s Euch auch noch zu Haus oder zu Hof kommt! Jch hab’ es von vornherein geſagt, daß die Eiſenbahn unſer Aller Ungluͤck iſt. Jhr werdet’s ſchon noch ſehen.“ „Das iſt nur Euere fixe Jdee, Martin,“ ſagte Laura. „Die Eiſenbahn iſt unſer Aller Ungluͤck, iſt Euere taͤgliche Redensart, was ſoll denn aber dabei heraus kommen?“ „Nichts als die Wahrheit, die nun freilich zu ſpaͤt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/122
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/122>, abgerufen am 04.12.2024.