Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624.wesen/ sonderlich von den Griechen vnd Lateinischen abstehen/ Sie mussen aber so gemachtwerden/ das sie entweder die Sie mussen auch warhafftig sein/ vnd etwas nicht anders caeduntque securibus humida vina; Denn in dem er spricht/ das man in den Mitternä[ch]tischen Letzlich haben wir in vnserer sprache dieses auch zue mercken/ Alma, bella, angelica, et fortunata donna; Du schönes/ weisses/ englisches/ glückhafftes/ ed- les bildt; Denn
weſen/ ſonderlich von den Griechen vnd Lateiniſchen abſtehen/ Sie muſſen aber ſo gemachtwerden/ das ſie entweder die Sie muſſen auch warhafftig ſein/ vnd etwas nicht anders cæduntque ſecuribus humida vina; Denn in dem er ſpricht/ das man in den Mitternaͤ[ch]tiſchen Letzlich haben wir in vnſerer ſprache dieſes auch zue mercken/ Alma, bella, angelica, et fortunata donna; Du ſchoͤnes/ weiſſes/ engliſches/ gluͤckhafftes/ ed- les bildt; Denn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046"/> weſen/ ſonderlich von den Griechen vnd Lateiniſchen abſtehen/<lb/> vnd vns zue nutze machen moͤgen: Dann ſie den Poetiſchen ſa-<lb/> chen einen ſolchen glantz geben/ das Steſichorus fuͤr den anmu-<lb/> tigſten Poeten iſt gehalten worden/ weil er deſſelbigen zum fuͤg-<lb/> lichſten ſich gebraucht hat</p><lb/> <p>Sie muſſen aber ſo gemachtwerden/ das ſie entweder die<lb/> dinge von denen wir reden von andern vnterſcheiden; als da der<lb/> Poet ſpricht: <hi rendition="#aq">nigra hirundo,</hi> <hi rendition="#fr">die ſchwartze Schwalbe/</hi><lb/> oder ſie vermehren/ als: <hi rendition="#aq">frigida bello Dextera,</hi> <hi rendition="#fr">eine handt<lb/> die im kriege nicht viel außrichtet.</hi></p><lb/> <p>Sie muſſen auch warhafftig ſein/ vnd etwas nicht anders<lb/> beſchreiben als es iſt Zum <choice><sic>erempel</sic><corr>exempel</corr></choice>: <hi rendition="#aq">florida Hybla;</hi> weil viel<lb/> Blumen darauff wachſen ſollen: <hi rendition="#aq">Parnasia laurus, æſtuoſa<lb/> Calabria,</hi> vnd dergleichen Strabo rhuͤmet den Homerus/ das<lb/> er die eigenſchafft eines/ etwedern dinges ſehr genaw in acht ge-<lb/> nommen/ vnd jhm vnfehiber ſein gehoͤriges <hi rendition="#aq">epitheton</hi> allzeit<lb/> gegeben habe. Die Poeten/ denen mehr freyheit als den Ora-<lb/> toren eingeraͤumet iſt/ koͤnnen auch wol den ſchnee weiß/ vnnd<lb/> den wein feuchte nennen: wie Ariſtoteles im dritten buche der<lb/> Rhetoric/ vnnd Quintilianus im ſechſten Capitel des achten<lb/> buches ſaget. Wiewol Virgilius nicht ohne vrſache ſetzet:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#aq">cæduntque ſecuribus humida vina;</hi> </quote> </cit><lb/> <p>Denn in dem er ſpricht/ das man in den Mitternaͤ<supplied>ch</supplied>tiſchen<lb/> Laͤndern den gefrorenen Wein/ der doch von natur ſonſt naß<lb/> iſt/ mit aͤxten zuehawen muß/ macht er das man deſto mehr der<lb/> vngewoͤhnlichen kaͤlte nachdenckt.</p><lb/> <p>Letzlich haben wir in vnſerer ſprache dieſes auch zue mercken/<lb/> das wir nicht vier oder fuͤnff <hi rendition="#aq">epitheta</hi> zu einem worte ſetzen/<lb/> wie die Jtaliener thun/ die wol ſagen duͤrffen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Alma, bella, angelica, et fortunata donna;</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Du ſchoͤnes/ weiſſes/ engliſches/ gluͤckhafftes/ ed-<lb/><hi rendition="#et">les bildt;</hi></hi> </l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Denn</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
weſen/ ſonderlich von den Griechen vnd Lateiniſchen abſtehen/
vnd vns zue nutze machen moͤgen: Dann ſie den Poetiſchen ſa-
chen einen ſolchen glantz geben/ das Steſichorus fuͤr den anmu-
tigſten Poeten iſt gehalten worden/ weil er deſſelbigen zum fuͤg-
lichſten ſich gebraucht hat
Sie muſſen aber ſo gemachtwerden/ das ſie entweder die
dinge von denen wir reden von andern vnterſcheiden; als da der
Poet ſpricht: nigra hirundo, die ſchwartze Schwalbe/
oder ſie vermehren/ als: frigida bello Dextera, eine handt
die im kriege nicht viel außrichtet.
Sie muſſen auch warhafftig ſein/ vnd etwas nicht anders
beſchreiben als es iſt Zum exempel: florida Hybla; weil viel
Blumen darauff wachſen ſollen: Parnasia laurus, æſtuoſa
Calabria, vnd dergleichen Strabo rhuͤmet den Homerus/ das
er die eigenſchafft eines/ etwedern dinges ſehr genaw in acht ge-
nommen/ vnd jhm vnfehiber ſein gehoͤriges epitheton allzeit
gegeben habe. Die Poeten/ denen mehr freyheit als den Ora-
toren eingeraͤumet iſt/ koͤnnen auch wol den ſchnee weiß/ vnnd
den wein feuchte nennen: wie Ariſtoteles im dritten buche der
Rhetoric/ vnnd Quintilianus im ſechſten Capitel des achten
buches ſaget. Wiewol Virgilius nicht ohne vrſache ſetzet:
cæduntque ſecuribus humida vina;
Denn in dem er ſpricht/ das man in den Mitternaͤchtiſchen
Laͤndern den gefrorenen Wein/ der doch von natur ſonſt naß
iſt/ mit aͤxten zuehawen muß/ macht er das man deſto mehr der
vngewoͤhnlichen kaͤlte nachdenckt.
Letzlich haben wir in vnſerer ſprache dieſes auch zue mercken/
das wir nicht vier oder fuͤnff epitheta zu einem worte ſetzen/
wie die Jtaliener thun/ die wol ſagen duͤrffen:
Alma, bella, angelica, et fortunata donna;
Du ſchoͤnes/ weiſſes/ engliſches/ gluͤckhafftes/ ed-
les bildt;
Denn
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