die Luft zu Schwefel geworden, wo ich doch mit vollem Rechte sagte, das Metall ist die höhere Erde, und die Luft ist der herabgesunkene Schwefel; ebenso sage ich nun mit vollem Rechte, die organische Welt ist die über sich gehobene unorgani- sche, die Korallenwelt ist die Synthese des Metalls und der Erde etc.; alles ist im philosophischen Sinne zu nehmen, und dann jedem höchst verständlich. Wer chy- misch die Erde im Metall oder die Luft im Schwefel suchen wollte, würde sie freilich nicht finden, und daher diese Be- hauptungen für falsch halten, in welchem Sinne sie es allerdings sind, aber nicht in dem Sinne, in dem die Alchymisten be- haupteten, das Queksilber sei das Radicale aller Metalle, zu dem keine Chymie mehr reicht.
Die Korallen sind wahrhaft weder Thiere noch Pflanzen, ihre äussern Bede- kungen so wohl als ihre innersten Einge- weide sind versteinert, ihre lebende Natur täuscht eben deswegen mit thierischem und pflanzlichem Colorite, weil sie unter beide erniedrigt, weil sie der Anfangspunkt
der
die Luft zu Schwefel geworden, wo ich doch mit vollem Rechte sagte, das Metall iſt die höhere Erde, und die Luft iſt der herabgesunkene Schwefel; ebenso sage ich nun mit vollem Rechte, die organische Welt iſt die über sich gehobene unorgani- sche, die Korallenwelt iſt die Synthese des Metalls und der Erde etc.; alles iſt im philosophischen Sinne zu nehmen, und dann jedem höchſt verſtändlich. Wer chy- misch die Erde im Metall oder die Luft im Schwefel suchen wollte, würde sie freilich nicht finden, und daher diese Be- hauptungen für falsch halten, in welchem Sinne sie es allerdings sind, aber nicht in dem Sinne, in dem die Alchymiſten be- haupteten, das Queksilber sei das Radicale aller Metalle, zu dem keine Chymie mehr reicht.
Die Korallen sind wahrhaft weder Thiere noch Pflanzen, ihre äuſſern Bede- kungen so wohl als ihre innerſten Einge- weide sind verſteinert, ihre lebende Natur täuscht eben deswegen mit thierischem und pflanzlichem Colorite, weil sie unter beide erniedrigt, weil sie der Anfangspunkt
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die Luft zu Schwefel geworden, wo ich
doch mit vollem Rechte sagte, das Metall
iſt die höhere Erde, und die Luft iſt der
herabgesunkene Schwefel; ebenso sage ich
nun mit vollem Rechte, die organische
Welt iſt die über sich gehobene unorgani-
sche, die Korallenwelt iſt die Synthese des
Metalls und der Erde etc.; alles iſt im
philosophischen Sinne zu nehmen, und
dann jedem höchſt verſtändlich. Wer chy-
misch die Erde im Metall oder die Luft
im Schwefel suchen wollte, würde sie
freilich nicht finden, und daher diese Be-
hauptungen für falsch halten, in welchem
Sinne sie es allerdings sind, aber nicht
in dem Sinne, in dem die Alchymiſten be-
haupteten, das Queksilber sei das Radicale
aller Metalle, zu dem keine Chymie mehr
reicht.
Die Korallen sind wahrhaft weder
Thiere noch Pflanzen, ihre äuſſern Bede-
kungen so wohl als ihre innerſten Einge-
weide sind verſteinert, ihre lebende Natur
täuscht eben deswegen mit thierischem
und pflanzlichem Colorite, weil sie unter
beide erniedrigt, weil sie der Anfangspunkt
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/71>, abgerufen am 16.02.2025.
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