Thiere sein Eigenthum absprechen, weil Perrault glaubt, die niedersten Thier- klassen müssten nur Einen Sinn haben, damit er eine schöne Leiter für die Natur bekäme.
Das Hirn der Insecten ist nichts als ein Cerebellum, aus dem zwei ungeheure Sehnerven zu den Augen laufen, diese reissen so alle Nervenmassen an sich, dass kaum noch einige feine Faden für die An- tennen und die Palpen übrig sind. So deutlich ist in den Insecten das ganze Ge- hirn in zwei Sehnerven getheilt, so früh finden wir schon einen Beweis, dass das grosse Gehirn nichts als der Zusammenfluss der Sinnesnerven, hingegen das kleine das Centrum für die Nerven des Rumpfes ist. Was den übrigen anatomischen Bau des Auges der Insecten betrifft, so ist er durch die geschiktesten Zootomen so klar als eine Zusammenhäufung von unzähligen Sehor- ganen bewiesen worden, dass man die Ver- suche, welche durch Beschmieren der Au- gen für ihr wirkliches Sehen angestellt wurden, völlig entbehren kann.
Wir
Thiere sein Eigenthum abſprechen, weil Perrault glaubt, die niederſten Thier- klaſſen müſsten nur Einen Sinn haben, damit er eine schöne Leiter für die Natur bekäme.
Das Hirn der Inſecten iſt nichts als ein Cerebellum, aus dem zwei ungeheure Sehnerven zu den Augen laufen, dieſe reiſſen so alle Nervenmaſſen an sich, daſs kaum noch einige feine Faden für die An- tennen und die Palpen übrig sind. So deutlich iſt in den Inſecten das ganze Ge- hirn in zwei Sehnerven getheilt, so früh finden wir schon einen Beweis, daſs das groſse Gehirn nichts als der Zuſammenfluſs der Sinnesnerven, hingegen das kleine das Centrum für die Nerven des Rumpfes iſt. Was den übrigen anatomiſchen Bau des Auges der Inſecten betrifft, so iſt er durch die geſchikteſten Zootomen so klar als eine Zuſammenhäufung von unzähligen Sehor- ganen bewieſen worden, daſs man die Ver- suche, welche durch Beſchmieren der Au- gen für ihr wirkliches Sehen angeſtellt wurden, völlig entbehren kann.
Wir
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Thiere sein Eigenthum abſprechen, weil
Perrault glaubt, die niederſten Thier-
klaſſen müſsten nur Einen Sinn haben,
damit er eine schöne Leiter für die Natur
bekäme.
Das Hirn der Inſecten iſt nichts als
ein Cerebellum, aus dem zwei ungeheure
Sehnerven zu den Augen laufen, dieſe
reiſſen so alle Nervenmaſſen an sich, daſs
kaum noch einige feine Faden für die An-
tennen und die Palpen übrig sind. So
deutlich iſt in den Inſecten das ganze Ge-
hirn in zwei Sehnerven getheilt, so früh
finden wir schon einen Beweis, daſs das
groſse Gehirn nichts als der Zuſammenfluſs
der Sinnesnerven, hingegen das kleine das
Centrum für die Nerven des Rumpfes iſt.
Was den übrigen anatomiſchen Bau des
Auges der Inſecten betrifft, so iſt er durch
die geſchikteſten Zootomen so klar als eine
Zuſammenhäufung von unzähligen Sehor-
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/156>, abgerufen am 16.02.2025.
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