Symptome der Muthlosigkeit scheinen hie- her zu gehören.
Die Natur hat das Ohr nach den Re- geln der Parabel entworfen: Es ist sonder- bar, dass es eigentlich noch kein Physiker unternommen, das Hör- und Sprachrohr ganz allein nach der Form der Parabel zu construiren, da doch dieses selbst der ge- meinen Theorie des Schalls nach die na- türlichste Form ist. Die Organisation des Ohrs wird aber nur dann philosophisch be- griffen sein, wann alle einzelne Theile des- selben als Veredlungen der Metalle, der Ko- rallen, (der Bedekung) und der Knochen er- kannt sind, wann die Ohrmuschel als das parabolische Hörrohr, das Paukenfell als die parabelschliessende Ebne, die Pauke als die Wände, von der die Schallstralen als Radien gegen einen Focus, in dem viel- leicht die Retina der Scarpaischen Nerven- breisäkchen liegt, und wann die Bogen- gänge, Schneke etc, auf eine gleiche Weise nachgewiesen sind, wozu aber die Hoff- nung nicht sehr nahe liegt, da so selten ein mathematischer Kopf die nöthigen Kenntnisse der Thieranatomie, und der Anatom so selten die mathematischen besizt.
V.
Symptome der Muthloſigkeit ſcheinen hie- her zu gehören.
Die Natur hat das Ohr nach den Re- geln der Parabel entworfen: Es iſt ſonder- bar, daſs es eigentlich noch kein Phyſiker unternommen, das Hör- und Sprachrohr ganz allein nach der Form der Parabel zu conſtruiren, da doch dieſes selbſt der ge- meinen Theorie des Schalls nach die na- türlichſte Form iſt. Die Organiſation des Ohrs wird aber nur dann philoſophiſch be- griffen sein, wann alle einzelne Theile deſ- selben als Veredlungen der Metalle, der Ko- rallen, (der Bedekung) und der Knochen er- kannt ſind, wann die Ohrmuſchel als das paraboliſche Hörrohr, das Paukenfell als die parabelſchlieſsende Ebne, die Pauke als die Wände, von der die Schallſtralen als Radien gegen einen Focus, in dem viel- leicht die Retina der Scarpaiſchen Nerven- breiſäkchen liegt, und wann die Bogen- gänge, Schneke etc, auf eine gleiche Weiſe nachgewieſen sind, wozu aber die Hoff- nung nicht sehr nahe liegt, da so selten ein mathematiſcher Kopf die nöthigen Kenntniſſe der Thieranatomie, und der Anatom so selten die mathematiſchen beſizt.
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Symptome der Muthloſigkeit ſcheinen hie-
her zu gehören.
Die Natur hat das Ohr nach den Re-
geln der Parabel entworfen: Es iſt ſonder-
bar, daſs es eigentlich noch kein Phyſiker
unternommen, das Hör- und Sprachrohr
ganz allein nach der Form der Parabel zu
conſtruiren, da doch dieſes selbſt der ge-
meinen Theorie des Schalls nach die na-
türlichſte Form iſt. Die Organiſation des
Ohrs wird aber nur dann philoſophiſch be-
griffen sein, wann alle einzelne Theile deſ-
selben als Veredlungen der Metalle, der Ko-
rallen, (der Bedekung) und der Knochen er-
kannt ſind, wann die Ohrmuſchel als das
paraboliſche Hörrohr, das Paukenfell als
die parabelſchlieſsende Ebne, die Pauke
als die Wände, von der die Schallſtralen
als Radien gegen einen Focus, in dem viel-
leicht die Retina der Scarpaiſchen Nerven-
breiſäkchen liegt, und wann die Bogen-
gänge, Schneke etc, auf eine gleiche Weiſe
nachgewieſen sind, wozu aber die Hoff-
nung nicht sehr nahe liegt, da so selten
ein mathematiſcher Kopf die nöthigen
Kenntniſſe der Thieranatomie, und der
Anatom so selten die mathematiſchen beſizt.
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/134>, abgerufen am 16.07.2024.
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