Wie das Licht des Universums, so sucht das Auge überall den unendlichen Raum zu messen und zu begränzen, es blikt starr die Sonne an, seine Mutter, und hat keine andere Welt, so lange diese in seiner Nähe ist. "Das Auge sucht seine Bilder in der unermesslichen Ferne, und braucht nur einen Augenblick, diese Ferne zu durchdringen, welch ungeheure Sphäre seiner Wirksamkeit!" Alles verkündet, dass das Auge nur das krystallisirte Licht sei.
Der geistige Charakter des Auges ist Muth, Tapferkeit, Stolz, Verachtung.
Das vollkommenste Auge muss mit dem Wesen des Kreises erscheinen. In den In- secten sind die Fasetten nicht vergeblich sechsseitig. "Nam talis est factus oculus, quia talis Mens (mathematica) est, non vi- cissim". Und von hier aus, von der Idee des Kreises, des Lichts, der Luft, der electrischen Fläche, der Blume, der Haut und der Leber wird der Licht erhalten müssen, der es unternehmen will, das Or- gan des Lichtes als eignes so bestimmt pronuncirtes Gebilde zu construiren.
III.
Wie das Licht des Univerſums, so sucht das Auge überall den unendlichen Raum zu meſſen und zu begränzen, es blikt starr die Sonne an, seine Mutter, und hat keine andere Welt, so lange dieſe in seiner Nähe iſt. “Das Auge sucht seine Bilder in der unermeſslichen Ferne, und braucht nur einen Augenblick, dieſe Ferne zu durchdringen, welch ungeheure Sphäre seiner Wirkſamkeit!” Alles verkündet, daſs das Auge nur das kryſtalliſirte Licht sei.
Der geiſtige Charakter des Auges iſt Muth, Tapferkeit, Stolz, Verachtung.
Das vollkommenſte Auge muſs mit dem Weſen des Kreiſes erſcheinen. In den In- secten sind die Faſetten nicht vergeblich sechsſeitig. “Nam talis eſt factus oculus, quia talis Mens (mathematica) eſt, non vi- ciſſim”. Und von hier aus, von der Idee des Kreiſes, des Lichts, der Luft, der electriſchen Fläche, der Blume, der Haut und der Leber wird der Licht erhalten müſſen, der es unternehmen will, das Or- gan des Lichtes als eignes so beſtimmt pronuncirtes Gebilde zu conſtruiren.
III.
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Wie das Licht des Univerſums, so
sucht das Auge überall den unendlichen
Raum zu meſſen und zu begränzen, es
blikt starr die Sonne an, seine Mutter,
und hat keine andere Welt, so lange dieſe
in seiner Nähe iſt. “Das Auge sucht seine
Bilder in der unermeſslichen Ferne, und
braucht nur einen Augenblick, dieſe Ferne
zu durchdringen, welch ungeheure Sphäre
seiner Wirkſamkeit!” Alles verkündet, daſs
das Auge nur das kryſtalliſirte Licht sei.
Der geiſtige Charakter des Auges iſt
Muth, Tapferkeit, Stolz, Verachtung.
Das vollkommenſte Auge muſs mit dem
Weſen des Kreiſes erſcheinen. In den In-
secten sind die Faſetten nicht vergeblich
sechsſeitig. “Nam talis eſt factus oculus,
quia talis Mens (mathematica) eſt, non vi-
ciſſim”. Und von hier aus, von der Idee
des Kreiſes, des Lichts, der Luft, der
electriſchen Fläche, der Blume, der Haut
und der Leber wird der Licht erhalten
müſſen, der es unternehmen will, das Or-
gan des Lichtes als eignes so beſtimmt
pronuncirtes Gebilde zu conſtruiren.
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/128>, abgerufen am 16.07.2024.
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