Ein hervorstehendes Hinterhaupt be- weist nicht nur nicht einen stärkeren Ge- schlechtstrieb, sondern caeteris pari- bus nothwendig das Gegentheil, indem es von einer grossen voluminosen Entwike- lung des Sinnenhirns zeugt, wodurch das kleinere Rumpfhirn zurükgedräugt wird. Es ist ja das Charakteristikon der Blödsinni- gen, einen flach abgeschnittenen Hinter- schädel, und doch dabei einen excessiven, wie zum Charakter gewordenen Geschlechts- trieb zu haben. Ihre Sinne sind bekannt- lich nicht entwikelt, das Cerebrum ist klein, deswegen bleibt das Cerebellum tief im Schädel ungestört liegen, und ist nun doch wegen der Niedrigkeit des Sin- nenorgans allein herrschend, obschon es das Hinterhaupt gar nicht herausdrükt.
Die Geschlechtsfunction wurde oben erkannt als Totalität des Thiers in der Differenz, das Hirn ist die Totalität in der Identität, man kann daher die Geschlechts- theile sehr wohl das zerfallne Hirn, und dieses die verschmolzenen Geschlechtstheile nennen, oder da die Geschlechtsfunction der Ausdruk der Identität der Thierheit,
die
Ein hervorſtehendes Hinterhaupt be- weist nicht nur nicht einen stärkeren Ge- schlechtstrieb, sondern caeteris pari- bus nothwendig das Gegentheil, indem es von einer groſsen voluminoſen Entwike- lung des Sinnenhirns zeugt, wodurch das kleinere Rumpfhirn zurükgedräugt wird. Es iſt ja das Charakteriſtikon der Blödſinni- gen, einen flach abgeſchnittenen Hinter- schädel, und doch dabei einen exceſſiven, wie zum Charakter gewordenen Geſchlechts- trieb zu haben. Ihre Sinne sind bekannt- lich nicht entwikelt, das Cerebrum iſt klein, deswegen bleibt das Cerebellum tief im Schädel ungeſtört liegen, und iſt nun doch wegen der Niedrigkeit des Sin- nenorgans allein herrſchend, obſchon es das Hinterhaupt gar nicht herausdrükt.
Die Geſchlechtsfunction wurde oben erkannt als Totalität des Thiers in der Differenz, das Hirn iſt die Totalität in der Identität, man kann daher die Geſchlechts- theile sehr wohl das zerfallne Hirn, und dieſes die verſchmolzenen Geſchlechtstheile nennen, oder da die Geſchlechtsfunction der Ausdruk der Identität der Thierheit,
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[103/0121]
Ein hervorſtehendes Hinterhaupt be-
weist nicht nur nicht einen stärkeren Ge-
schlechtstrieb, sondern caeteris pari-
bus nothwendig das Gegentheil, indem
es von einer groſsen voluminoſen Entwike-
lung des Sinnenhirns zeugt, wodurch das
kleinere Rumpfhirn zurükgedräugt wird.
Es iſt ja das Charakteriſtikon der Blödſinni-
gen, einen flach abgeſchnittenen Hinter-
schädel, und doch dabei einen exceſſiven,
wie zum Charakter gewordenen Geſchlechts-
trieb zu haben. Ihre Sinne sind bekannt-
lich nicht entwikelt, das Cerebrum iſt
klein, deswegen bleibt das Cerebellum
tief im Schädel ungeſtört liegen, und iſt
nun doch wegen der Niedrigkeit des Sin-
nenorgans allein herrſchend, obſchon es
das Hinterhaupt gar nicht herausdrükt.
Die Geſchlechtsfunction wurde oben
erkannt als Totalität des Thiers in der
Differenz, das Hirn iſt die Totalität in der
Identität, man kann daher die Geſchlechts-
theile sehr wohl das zerfallne Hirn, und
dieſes die verſchmolzenen Geſchlechtstheile
nennen, oder da die Geſchlechtsfunction
der Ausdruk der Identität der Thierheit,
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/121>, abgerufen am 16.02.2025.
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