Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909.

Bild:
<< vorherige Seite

am akademischen Leben wird sie auch aufmerksam gemacht
auf die Rechte, die ihr noch fehlen zum akademischen
Vollbürgertum, und sie wird diese Forderungen wieder
aufnehmen und sie nicht nur im Kreise der Kommilitonin-
nen, sondern auch der Studenten, deren Mitarbeit an der
akademischen Frauenbewegung ein wertvolles Moment ist,
propagieren.

Die Frauenbewegung hat als Prinzip angenommen,
die Kräfte der Frau auf dem Posten zu entwickeln, den
sie sich erwählt hat. Der Studentin gehört eine akademi-
sche Tätigkeit. Diese bietet der studierenden Frau eine
solche Fülle von Arbeit, daß ihr keine Zeit für anderes
übrig bleibt. Mögen diejenigen Führerinnen der Frauen-
bewegung, welche Einfluß auf die Studentinnen haben, sie
hinweisen auf ihre akademischen Rechte und Pflichten,
und sie nicht auf außerakademischen Kampffeldern dauernd
beschäftigen wollen. Die Früchte einer solchen Tätigkeit sind
ja nicht verloren. Die Frauenbewegung gewinnt Einfluß
auf die Akademiker. Das bedeutet viel für sie.

Wenn die Frauenbewegung die Studentinnen so in die
wirklichen Gebiete ihrer Arbeit verweist, wird vielleicht
auch das Verhältnis von Frauenbewegung und studie-
renden Frauen besser. Man hört heutzutage allgemein
klagen über die Gleichgültigkeit der Studentinnen. Der
Frauenbewegung gegenüber natürlich spielt der häusliche
Einfluß eine große Rolle. Aber eine intensive studen-
tische Tätigkeit wird mancher Studentin in diesem Punkt
die Augen öffnen.

Es muß eine Aenderung geschehen, die Studentin muß
mehr ins akademische Leben hinein. Sie verliert zu sehr
den Zusammenhang mit ihm und wird immer mehr in
den Hintergrund geschoben. Das moderne studentische
Leben wird immer reger und entwickelt sich in aufsteigender

am akademischen Leben wird sie auch aufmerksam gemacht
auf die Rechte, die ihr noch fehlen zum akademischen
Vollbürgertum, und sie wird diese Forderungen wieder
aufnehmen und sie nicht nur im Kreise der Kommilitonin-
nen, sondern auch der Studenten, deren Mitarbeit an der
akademischen Frauenbewegung ein wertvolles Moment ist,
propagieren.

Die Frauenbewegung hat als Prinzip angenommen,
die Kräfte der Frau auf dem Posten zu entwickeln, den
sie sich erwählt hat. Der Studentin gehört eine akademi-
sche Tätigkeit. Diese bietet der studierenden Frau eine
solche Fülle von Arbeit, daß ihr keine Zeit für anderes
übrig bleibt. Mögen diejenigen Führerinnen der Frauen-
bewegung, welche Einfluß auf die Studentinnen haben, sie
hinweisen auf ihre akademischen Rechte und Pflichten,
und sie nicht auf außerakademischen Kampffeldern dauernd
beschäftigen wollen. Die Früchte einer solchen Tätigkeit sind
ja nicht verloren. Die Frauenbewegung gewinnt Einfluß
auf die Akademiker. Das bedeutet viel für sie.

Wenn die Frauenbewegung die Studentinnen so in die
wirklichen Gebiete ihrer Arbeit verweist, wird vielleicht
auch das Verhältnis von Frauenbewegung und studie-
renden Frauen besser. Man hört heutzutage allgemein
klagen über die Gleichgültigkeit der Studentinnen. Der
Frauenbewegung gegenüber natürlich spielt der häusliche
Einfluß eine große Rolle. Aber eine intensive studen-
tische Tätigkeit wird mancher Studentin in diesem Punkt
die Augen öffnen.

Es muß eine Aenderung geschehen, die Studentin muß
mehr ins akademische Leben hinein. Sie verliert zu sehr
den Zusammenhang mit ihm und wird immer mehr in
den Hintergrund geschoben. Das moderne studentische
Leben wird immer reger und entwickelt sich in aufsteigender

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="41"/>
am akademischen Leben wird sie auch aufmerksam                     gemacht<lb/>
auf die Rechte, die ihr noch fehlen zum akademischen<lb/>
Vollbürgertum, und sie wird diese Forderungen wieder<lb/>
aufnehmen und sie                     nicht nur im Kreise der Kommilitonin-<lb/>
nen, sondern auch der Studenten,                     deren Mitarbeit an der<lb/>
akademischen Frauenbewegung ein wertvolles Moment                     ist,<lb/>
propagieren.</p><lb/>
        <p>Die Frauenbewegung hat als Prinzip angenommen,<lb/>
die Kräfte der Frau auf dem                     Posten zu entwickeln, den<lb/>
sie sich erwählt hat. Der Studentin gehört eine                     akademi-<lb/>
sche Tätigkeit. Diese bietet der studierenden Frau eine<lb/>
solche Fülle von Arbeit, daß ihr keine Zeit für anderes<lb/>
übrig bleibt. Mögen                     diejenigen Führerinnen der Frauen-<lb/>
bewegung, welche Einfluß auf die                     Studentinnen haben, sie<lb/>
hinweisen auf ihre akademischen Rechte und                     Pflichten,<lb/>
und sie nicht auf außerakademischen Kampffeldern dauernd<lb/>
beschäftigen wollen. Die Früchte einer solchen Tätigkeit sind<lb/>
ja nicht                     verloren. Die Frauenbewegung gewinnt Einfluß<lb/>
auf die Akademiker. Das                     bedeutet viel für sie.</p><lb/>
        <p>Wenn die Frauenbewegung die Studentinnen so in die<lb/>
wirklichen Gebiete ihrer                     Arbeit verweist, wird vielleicht<lb/>
auch das Verhältnis von Frauenbewegung und                     studie-<lb/>
renden Frauen besser. Man hört heutzutage allgemein<lb/>
klagen                     über die Gleichgültigkeit der Studentinnen. Der<lb/>
Frauenbewegung gegenüber                     natürlich spielt der häusliche<lb/>
Einfluß eine große Rolle. Aber eine                     intensive studen-<lb/>
tische Tätigkeit wird mancher Studentin in diesem                     Punkt<lb/>
die Augen öffnen.</p><lb/>
        <p>Es muß eine Aenderung geschehen, die Studentin muß<lb/>
mehr ins akademische                     Leben hinein. Sie verliert zu sehr<lb/>
den Zusammenhang mit ihm und wird immer                     mehr in<lb/>
den Hintergrund geschoben. Das moderne studentische<lb/>
Leben wird                     immer reger und entwickelt sich in aufsteigender<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0040] am akademischen Leben wird sie auch aufmerksam gemacht auf die Rechte, die ihr noch fehlen zum akademischen Vollbürgertum, und sie wird diese Forderungen wieder aufnehmen und sie nicht nur im Kreise der Kommilitonin- nen, sondern auch der Studenten, deren Mitarbeit an der akademischen Frauenbewegung ein wertvolles Moment ist, propagieren. Die Frauenbewegung hat als Prinzip angenommen, die Kräfte der Frau auf dem Posten zu entwickeln, den sie sich erwählt hat. Der Studentin gehört eine akademi- sche Tätigkeit. Diese bietet der studierenden Frau eine solche Fülle von Arbeit, daß ihr keine Zeit für anderes übrig bleibt. Mögen diejenigen Führerinnen der Frauen- bewegung, welche Einfluß auf die Studentinnen haben, sie hinweisen auf ihre akademischen Rechte und Pflichten, und sie nicht auf außerakademischen Kampffeldern dauernd beschäftigen wollen. Die Früchte einer solchen Tätigkeit sind ja nicht verloren. Die Frauenbewegung gewinnt Einfluß auf die Akademiker. Das bedeutet viel für sie. Wenn die Frauenbewegung die Studentinnen so in die wirklichen Gebiete ihrer Arbeit verweist, wird vielleicht auch das Verhältnis von Frauenbewegung und studie- renden Frauen besser. Man hört heutzutage allgemein klagen über die Gleichgültigkeit der Studentinnen. Der Frauenbewegung gegenüber natürlich spielt der häusliche Einfluß eine große Rolle. Aber eine intensive studen- tische Tätigkeit wird mancher Studentin in diesem Punkt die Augen öffnen. Es muß eine Aenderung geschehen, die Studentin muß mehr ins akademische Leben hinein. Sie verliert zu sehr den Zusammenhang mit ihm und wird immer mehr in den Hintergrund geschoben. Das moderne studentische Leben wird immer reger und entwickelt sich in aufsteigender

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen : Bereitstellung der Texttranskription. (2022-08-08T09:56:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Dennis Dietrich: Bearbeitung der digitalen Edition. (2022-08-08T09:56:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909/40
Zitationshilfe: Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909/40>, abgerufen am 22.11.2024.