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Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909.

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die Universität für beide Teile, das männliche wie weib-
liche Geschlecht, geschaffen wurde. Sie hängt zusammen
mit dem von der Freien Studentenschaft vertretenen
Erziehungsprinzip. Der junge Student soll zu
einer harmonischen Entwicklung seiner Persönlichkeit ge-
bracht werden, einerseits durch Selbsterziehung, an-
derseits durch den gegenseitigen erzieherischen Einfluß der
Kommilitonen, sowie durch die erzieherischen Wirkungen
von Professoren und von seiner ganzen weiteren Umgebung.
Durch die studierenden Frauen ist ein weiteres Moment
geschaffen worden, dessen hohe Bedeutung hier gebührend
hervorgehoben werden soll, weil es meistens unterschätzt
wird.

Was die Koedukationsbewegung verlangt und an-
strebt, das wird in der Universität erfüllt; der männliche
wie die weibliche Studierende unterliegen denselben Rech-
ten und Pflichten und genießen gemeinschaftlichen Unter-
richt. Sie stehen beide als gleichberechtigt da. Wenn
dieses letztere immer und immer wiederholt wird, so darf
das nicht verwundern; denn viele, die meisten Studen-
tinnen, fühlen sich noch nicht als gleichberechtigt, und die
Studenten haben immer noch zum größten Teil die An-
sicht, mehr Berechtigung auf die Hochschule zu haben als die
Kommilitoninnen. Die Gleichberechtigung aber ist die
Basis jedes erzieherischen Einflusses. Aus ihr muß die
Gleichwertung entspringen, die schon den ersten er-
zieherischen Akt bedeutet. So sehr bedauerlich es ist, daß
nicht schon in den eindruckfähigen Jahren des Gymna-
siums die beiden Geschlechter zusammengeführt werden,
so muß es doch als ein glücklicher Umstand bezeichnet
werden, daß wenigstens in den Universitätsjahren Mann
und Frau auf die gemeinsame Arbeit angewiesen sind.
Denn es sind noch Jahre der Entwicklung und der Ein-

die Universität für beide Teile, das männliche wie weib-
liche Geschlecht, geschaffen wurde. Sie hängt zusammen
mit dem von der Freien Studentenschaft vertretenen
Erziehungsprinzip. Der junge Student soll zu
einer harmonischen Entwicklung seiner Persönlichkeit ge-
bracht werden, einerseits durch Selbsterziehung, an-
derseits durch den gegenseitigen erzieherischen Einfluß der
Kommilitonen, sowie durch die erzieherischen Wirkungen
von Professoren und von seiner ganzen weiteren Umgebung.
Durch die studierenden Frauen ist ein weiteres Moment
geschaffen worden, dessen hohe Bedeutung hier gebührend
hervorgehoben werden soll, weil es meistens unterschätzt
wird.

Was die Koedukationsbewegung verlangt und an-
strebt, das wird in der Universität erfüllt; der männliche
wie die weibliche Studierende unterliegen denselben Rech-
ten und Pflichten und genießen gemeinschaftlichen Unter-
richt. Sie stehen beide als gleichberechtigt da. Wenn
dieses letztere immer und immer wiederholt wird, so darf
das nicht verwundern; denn viele, die meisten Studen-
tinnen, fühlen sich noch nicht als gleichberechtigt, und die
Studenten haben immer noch zum größten Teil die An-
sicht, mehr Berechtigung auf die Hochschule zu haben als die
Kommilitoninnen. Die Gleichberechtigung aber ist die
Basis jedes erzieherischen Einflusses. Aus ihr muß die
Gleichwertung entspringen, die schon den ersten er-
zieherischen Akt bedeutet. So sehr bedauerlich es ist, daß
nicht schon in den eindruckfähigen Jahren des Gymna-
siums die beiden Geschlechter zusammengeführt werden,
so muß es doch als ein glücklicher Umstand bezeichnet
werden, daß wenigstens in den Universitätsjahren Mann
und Frau auf die gemeinsame Arbeit angewiesen sind.
Denn es sind noch Jahre der Entwicklung und der Ein-

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[35/0034] die Universität für beide Teile, das männliche wie weib- liche Geschlecht, geschaffen wurde. Sie hängt zusammen mit dem von der Freien Studentenschaft vertretenen Erziehungsprinzip. Der junge Student soll zu einer harmonischen Entwicklung seiner Persönlichkeit ge- bracht werden, einerseits durch Selbsterziehung, an- derseits durch den gegenseitigen erzieherischen Einfluß der Kommilitonen, sowie durch die erzieherischen Wirkungen von Professoren und von seiner ganzen weiteren Umgebung. Durch die studierenden Frauen ist ein weiteres Moment geschaffen worden, dessen hohe Bedeutung hier gebührend hervorgehoben werden soll, weil es meistens unterschätzt wird. Was die Koedukationsbewegung verlangt und an- strebt, das wird in der Universität erfüllt; der männliche wie die weibliche Studierende unterliegen denselben Rech- ten und Pflichten und genießen gemeinschaftlichen Unter- richt. Sie stehen beide als gleichberechtigt da. Wenn dieses letztere immer und immer wiederholt wird, so darf das nicht verwundern; denn viele, die meisten Studen- tinnen, fühlen sich noch nicht als gleichberechtigt, und die Studenten haben immer noch zum größten Teil die An- sicht, mehr Berechtigung auf die Hochschule zu haben als die Kommilitoninnen. Die Gleichberechtigung aber ist die Basis jedes erzieherischen Einflusses. Aus ihr muß die Gleichwertung entspringen, die schon den ersten er- zieherischen Akt bedeutet. So sehr bedauerlich es ist, daß nicht schon in den eindruckfähigen Jahren des Gymna- siums die beiden Geschlechter zusammengeführt werden, so muß es doch als ein glücklicher Umstand bezeichnet werden, daß wenigstens in den Universitätsjahren Mann und Frau auf die gemeinsame Arbeit angewiesen sind. Denn es sind noch Jahre der Entwicklung und der Ein-

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Zitationshilfe: Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909/34>, abgerufen am 24.11.2024.