Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

voraus, die ihm keine Vorschrift geben kann. Hat er nicht selbst über die Sache gedacht; kennt er nicht die Fähigkeit und Gemüthsart seines Kindes; will er blos das, was er von andern gehört hat und in den Ausdrücken, die er vorgeschrieben findet, seinem Kinde vortragen: so wird er sich oft verlassen fühlen und mehr schaden, als nützen. Auch kann ich manches, was in einer solchen engeren Unterhaltung nicht unschicklich zu sagen, zu nennen und zu zeigen ist, weil es nothwendig ist, in dieser Schrift nicht nahmhaft machen, wo ich der geringeren Nothwendigkeit wegen an die Gesetze des Wohlstandes gebunden bin. Durch die umständlichste Darstellung würde ich von dem, was bei der Erzeugung des Menschen äußerlich geschieht, nichts mehr sagen können, als was jeder Verständige und Unverständige weiß; und Vorschriften, wie man das, was man davon weiß, Kindern am besten sagt, wären für jene überflüßig und für diese vergebens. Genug, man sage den Kindern, was bei der Erzeugung vorgeht; was dies für Folgen haben solle und würklich habe; man streue oft lehrreiche Bemerkungen mit ein, die das Nachdenken der Kinder beschäftigen und ernste Empfindungen in ihrer Seele unterhalten;

voraus, die ihm keine Vorschrift geben kann. Hat er nicht selbst über die Sache gedacht; kennt er nicht die Fähigkeit und Gemüthsart seines Kindes; will er blos das, was er von andern gehört hat und in den Ausdrücken, die er vorgeschrieben findet, seinem Kinde vortragen: so wird er sich oft verlassen fühlen und mehr schaden, als nützen. Auch kann ich manches, was in einer solchen engeren Unterhaltung nicht unschicklich zu sagen, zu nennen und zu zeigen ist, weil es nothwendig ist, in dieser Schrift nicht nahmhaft machen, wo ich der geringeren Nothwendigkeit wegen an die Gesetze des Wohlstandes gebunden bin. Durch die umständlichste Darstellung würde ich von dem, was bei der Erzeugung des Menschen äußerlich geschieht, nichts mehr sagen können, als was jeder Verständige und Unverständige weiß; und Vorschriften, wie man das, was man davon weiß, Kindern am besten sagt, wären für jene überflüßig und für diese vergebens. Genug, man sage den Kindern, was bei der Erzeugung vorgeht; was dies für Folgen haben solle und würklich habe; man streue oft lehrreiche Bemerkungen mit ein, die das Nachdenken der Kinder beschäftigen und ernste Empfindungen in ihrer Seele unterhalten;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="275"/>
voraus, die ihm keine Vorschrift geben kann. Hat er nicht selbst über die Sache gedacht; kennt er nicht die Fähigkeit und Gemüthsart seines Kindes; will er blos das, was er von andern gehört hat und in den Ausdrücken, die er vorgeschrieben findet, seinem Kinde vortragen: so wird er sich oft verlassen fühlen und mehr schaden, als nützen. Auch kann ich manches, was in einer solchen engeren Unterhaltung nicht unschicklich zu sagen, zu nennen und zu zeigen ist, weil es nothwendig ist, in dieser Schrift nicht nahmhaft machen, wo ich der geringeren Nothwendigkeit wegen an die Gesetze des Wohlstandes gebunden bin. Durch die umständlichste Darstellung würde ich von dem, was bei der Erzeugung des Menschen äußerlich geschieht, nichts mehr sagen können, als was jeder Verständige und Unverständige weiß; und Vorschriften, wie man das, was man davon weiß, Kindern am besten sagt, wären für jene überflüßig und für diese vergebens. Genug, man sage den Kindern, was bei der Erzeugung vorgeht; was dies für Folgen haben solle und würklich habe; man streue oft lehrreiche Bemerkungen mit ein, die das Nachdenken der Kinder beschäftigen und ernste Empfindungen in ihrer Seele unterhalten;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0274] voraus, die ihm keine Vorschrift geben kann. Hat er nicht selbst über die Sache gedacht; kennt er nicht die Fähigkeit und Gemüthsart seines Kindes; will er blos das, was er von andern gehört hat und in den Ausdrücken, die er vorgeschrieben findet, seinem Kinde vortragen: so wird er sich oft verlassen fühlen und mehr schaden, als nützen. Auch kann ich manches, was in einer solchen engeren Unterhaltung nicht unschicklich zu sagen, zu nennen und zu zeigen ist, weil es nothwendig ist, in dieser Schrift nicht nahmhaft machen, wo ich der geringeren Nothwendigkeit wegen an die Gesetze des Wohlstandes gebunden bin. Durch die umständlichste Darstellung würde ich von dem, was bei der Erzeugung des Menschen äußerlich geschieht, nichts mehr sagen können, als was jeder Verständige und Unverständige weiß; und Vorschriften, wie man das, was man davon weiß, Kindern am besten sagt, wären für jene überflüßig und für diese vergebens. Genug, man sage den Kindern, was bei der Erzeugung vorgeht; was dies für Folgen haben solle und würklich habe; man streue oft lehrreiche Bemerkungen mit ein, die das Nachdenken der Kinder beschäftigen und ernste Empfindungen in ihrer Seele unterhalten;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Bindestriche werden nicht als =, sondern als - transkribiert.
  • Das Anführungszeichen „ wird am Ende eines Zitats als “ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/274
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/274>, abgerufen am 04.12.2024.