Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.das Laster der Unkeuschheit solche Belehrungen, Beschreibungen, Bestimmungen und schreckende Drohungen, daß alles was hier in der Welt nur Verderbliches und Schauderhaftes dabei gedacht werden kann, weit durch die Vorstellung überwogen wird, daß das Erbtheil einer ewigen Seligkeit allen Unreinen vorenthalten werden soll. 1 Cor. 6. 15-18. Matth. 15, 19. Ephes. 5, 3-5. Gal. 5, 19-21. Man bedenke endlich, daß Unkeuschheit ein Laster ist, von dem sich der Mensch, wenn er einmal damit angesteckt ist, nur äußerst schwer und eben darum sehr selten losreißt. Es ist eine Krankheit des Menschen, die viele Zeit zur Heilung erfordert, deren Heilung aber immer deswegen sehr schwierig bleibt, weil sie mehr eigene Kraft und Thätigkeit voraussetzt, als ein durch Unzucht an Geist und Körper geschwächter Mensch haben kann. Bei einer jeden andern Krankheit braucht man sich nur der Leitung eines Arztes zu überlaßen, aber hier muß sich der Patient selbst helfen. Und wie soll er sich helfen können? Die überwiegendsten Gründe ist sein gefesselter Verstand nicht vermögend einzusehen. Es fehlt ihm unter dem Toben seiner Begierden an Ruhe und Stille, und in den Augenblicken, da sie das Laster der Unkeuschheit solche Belehrungen, Beschreibungen, Bestimmungen und schreckende Drohungen, daß alles was hier in der Welt nur Verderbliches und Schauderhaftes dabei gedacht werden kann, weit durch die Vorstellung überwogen wird, daß das Erbtheil einer ewigen Seligkeit allen Unreinen vorenthalten werden soll. 1 Cor. 6. 15–18. Matth. 15, 19. Ephes. 5, 3–5. Gal. 5, 19–21. Man bedenke endlich, daß Unkeuschheit ein Laster ist, von dem sich der Mensch, wenn er einmal damit angesteckt ist, nur äußerst schwer und eben darum sehr selten losreißt. Es ist eine Krankheit des Menschen, die viele Zeit zur Heilung erfordert, deren Heilung aber immer deswegen sehr schwierig bleibt, weil sie mehr eigene Kraft und Thätigkeit voraussetzt, als ein durch Unzucht an Geist und Körper geschwächter Mensch haben kann. Bei einer jeden andern Krankheit braucht man sich nur der Leitung eines Arztes zu überlaßen, aber hier muß sich der Patient selbst helfen. Und wie soll er sich helfen können? Die überwiegendsten Gründe ist sein gefesselter Verstand nicht vermögend einzusehen. Es fehlt ihm unter dem Toben seiner Begierden an Ruhe und Stille, und in den Augenblicken, da sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0023" n="24"/> das Laster der Unkeuschheit solche Belehrungen, Beschreibungen, Bestimmungen und schreckende Drohungen, daß alles was hier in der Welt nur Verderbliches und Schauderhaftes dabei gedacht werden kann, weit durch die Vorstellung überwogen wird, daß das Erbtheil einer ewigen Seligkeit allen Unreinen vorenthalten werden soll. 1 Cor. 6. 15–18. Matth. 15, 19. Ephes. 5, 3–5. Gal. 5, 19–21.</p> <p>Man bedenke endlich, daß Unkeuschheit ein Laster ist, von dem sich der Mensch, wenn er einmal damit angesteckt ist, nur äußerst schwer und eben darum sehr selten losreißt. Es ist eine Krankheit des Menschen, die viele Zeit zur Heilung erfordert, deren Heilung aber immer deswegen sehr schwierig bleibt, weil sie mehr eigene Kraft und Thätigkeit voraussetzt, als ein durch Unzucht an Geist und Körper geschwächter Mensch haben kann. Bei einer jeden andern Krankheit braucht man sich nur der Leitung eines Arztes zu überlaßen, aber hier muß sich der Patient selbst helfen. Und wie soll er sich helfen können? Die überwiegendsten Gründe ist sein gefesselter Verstand nicht vermögend einzusehen. Es fehlt ihm unter dem Toben seiner Begierden an Ruhe und Stille, und in den Augenblicken, da sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0023]
das Laster der Unkeuschheit solche Belehrungen, Beschreibungen, Bestimmungen und schreckende Drohungen, daß alles was hier in der Welt nur Verderbliches und Schauderhaftes dabei gedacht werden kann, weit durch die Vorstellung überwogen wird, daß das Erbtheil einer ewigen Seligkeit allen Unreinen vorenthalten werden soll. 1 Cor. 6. 15–18. Matth. 15, 19. Ephes. 5, 3–5. Gal. 5, 19–21.
Man bedenke endlich, daß Unkeuschheit ein Laster ist, von dem sich der Mensch, wenn er einmal damit angesteckt ist, nur äußerst schwer und eben darum sehr selten losreißt. Es ist eine Krankheit des Menschen, die viele Zeit zur Heilung erfordert, deren Heilung aber immer deswegen sehr schwierig bleibt, weil sie mehr eigene Kraft und Thätigkeit voraussetzt, als ein durch Unzucht an Geist und Körper geschwächter Mensch haben kann. Bei einer jeden andern Krankheit braucht man sich nur der Leitung eines Arztes zu überlaßen, aber hier muß sich der Patient selbst helfen. Und wie soll er sich helfen können? Die überwiegendsten Gründe ist sein gefesselter Verstand nicht vermögend einzusehen. Es fehlt ihm unter dem Toben seiner Begierden an Ruhe und Stille, und in den Augenblicken, da sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |