Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.Der Zutritt in Familien würde ihnen Gelegenheit geben, den Werth des ehelichen Glücks kennen und schätzen zu lernen. Jeder Blick auf einen glücklichen Gatten, auf eine zärtliche Gattin, auf liebe kleine Kinder würde sie tief fühlen lassen, wie weit sie sich von der Natur verirrt hätten, und wie schändlich, kläglich und höchstunglücklich ihre Lage sey. Reisen in der Gesellschaft eines aufgeklärten edlen Freundes würde ein vortrefliches Mittel seyn für viele Jünglinge, die mit so unnatürlichen Trieben zu kämpfen haben. Sie unterbrechen die Einförmigkeit ihres Geistes, geben Veranlassung zum denken und reissen die Einbildungskraft aus ihrer unglücklichen Sphäre heraus. Stille und seine Liebe an. Jn den Briefen an seine Freunde schrieb er, daß er sich von der Stunde an, da er Liebe gefühlt hätte, keinen Gedanken an seine Sünde erlauben könne. Er wünsche alles Geschehene ungeschehen machen zu können. Er kränkte sich über seine vorige Lebensart bis zum nagenden Kummer, der sich aber durch zerstreuende Geschäfte verlor. Er sollte indeß die Früchte seiner Besserung nicht genießen, denn das Frauenzimmer war einem andern schuldlosen Jüngling bestimmt und er starb auf einer Reise nach Guinea.
Der Zutritt in Familien würde ihnen Gelegenheit geben, den Werth des ehelichen Glücks kennen und schätzen zu lernen. Jeder Blick auf einen glücklichen Gatten, auf eine zärtliche Gattin, auf liebe kleine Kinder würde sie tief fühlen lassen, wie weit sie sich von der Natur verirrt hätten, und wie schändlich, kläglich und höchstunglücklich ihre Lage sey. Reisen in der Gesellschaft eines aufgeklärten edlen Freundes würde ein vortrefliches Mittel seyn für viele Jünglinge, die mit so unnatürlichen Trieben zu kämpfen haben. Sie unterbrechen die Einförmigkeit ihres Geistes, geben Veranlassung zum denken und reissen die Einbildungskraft aus ihrer unglücklichen Sphäre heraus. Stille und seine Liebe an. Jn den Briefen an seine Freunde schrieb er, daß er sich von der Stunde an, da er Liebe gefühlt hätte, keinen Gedanken an seine Sünde erlauben könne. Er wünsche alles Geschehene ungeschehen machen zu können. Er kränkte sich über seine vorige Lebensart bis zum nagenden Kummer, der sich aber durch zerstreuende Geschäfte verlor. Er sollte indeß die Früchte seiner Besserung nicht genießen, denn das Frauenzimmer war einem andern schuldlosen Jüngling bestimmt und er starb auf einer Reise nach Guinea.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0194" n="195"/> <p>Der Zutritt in Familien würde ihnen Gelegenheit geben, den Werth des ehelichen Glücks kennen und schätzen zu lernen. Jeder Blick auf einen glücklichen Gatten, auf eine zärtliche Gattin, auf liebe kleine Kinder würde sie tief fühlen lassen, wie weit sie sich von der Natur verirrt hätten, und wie schändlich, kläglich und höchstunglücklich ihre Lage sey.</p> <p> Reisen in der Gesellschaft eines aufgeklärten edlen Freundes würde ein vortrefliches Mittel seyn für viele Jünglinge, die mit so unnatürlichen Trieben zu kämpfen haben. Sie unterbrechen die Einförmigkeit ihres Geistes, geben Veranlassung zum denken und reissen die Einbildungskraft aus ihrer unglücklichen Sphäre heraus. Stille und<note xml:id="ID_20" prev="ID_19" place="foot" n="*)">seine Liebe an. Jn den Briefen an seine Freunde schrieb er, daß er sich von der Stunde an, da er Liebe gefühlt hätte, keinen Gedanken an seine Sünde erlauben könne. Er wünsche alles Geschehene ungeschehen machen zu können. Er kränkte sich über seine vorige Lebensart bis zum nagenden Kummer, der sich aber durch zerstreuende Geschäfte verlor. Er sollte indeß die Früchte seiner Besserung nicht genießen, denn das Frauenzimmer war einem andern schuldlosen Jüngling bestimmt und er starb auf einer Reise nach Guinea.</note> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0194]
Der Zutritt in Familien würde ihnen Gelegenheit geben, den Werth des ehelichen Glücks kennen und schätzen zu lernen. Jeder Blick auf einen glücklichen Gatten, auf eine zärtliche Gattin, auf liebe kleine Kinder würde sie tief fühlen lassen, wie weit sie sich von der Natur verirrt hätten, und wie schändlich, kläglich und höchstunglücklich ihre Lage sey.
Reisen in der Gesellschaft eines aufgeklärten edlen Freundes würde ein vortrefliches Mittel seyn für viele Jünglinge, die mit so unnatürlichen Trieben zu kämpfen haben. Sie unterbrechen die Einförmigkeit ihres Geistes, geben Veranlassung zum denken und reissen die Einbildungskraft aus ihrer unglücklichen Sphäre heraus. Stille und *)
*) seine Liebe an. Jn den Briefen an seine Freunde schrieb er, daß er sich von der Stunde an, da er Liebe gefühlt hätte, keinen Gedanken an seine Sünde erlauben könne. Er wünsche alles Geschehene ungeschehen machen zu können. Er kränkte sich über seine vorige Lebensart bis zum nagenden Kummer, der sich aber durch zerstreuende Geschäfte verlor. Er sollte indeß die Früchte seiner Besserung nicht genießen, denn das Frauenzimmer war einem andern schuldlosen Jüngling bestimmt und er starb auf einer Reise nach Guinea.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/194 |
Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/194>, abgerufen am 16.07.2024. |