Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.Pflicht ist und wovon man sich, wenn alles vorherangeführte in Acht genommen wird, mit Gewißheit den besten Erfolg versprechen kann. Jch wünschte, daß nachstehendes Beispiel allen Eltern zeigen mögte, wie viel man für seine Kinder thun könne. Das Mädchen G. hatte eine vortrefliche Mutter. Sie war ein Muster von Liebe und Zärtlichkeit gegen ihre Kinder und führte sie zur Tugend und Gottesfurcht mit einem besonderen Eifer an. Nur fehlte sie manchmal in der Wahl der Materien und in der Art des Vortrags, wenn sie ihnen Religionsunterricht ertheilte. Sie las ihnen oft zu lange und für sie nicht eingerichtete Predigten vor, wobei ihre Aufmerksamkeit ermüdete, und dies machte ihr Bekümmerniß. Sie ließ sich aber doch gern belehren und war immer aufmerksam, wenn von Erziehung geredet ward. Jhre zehnjährige Tochter war so unglücklich auf die vorherbenannte Art mit der Selbstschwächung bekannt zu werden. Ein Freund des Hauses hatte sie schon oft gemerkt, kannte aber den Fall selbst noch nicht und wuste nicht, daß er bei Mädchen existiren könne, bis das Stück vom deutschen Museo er- Pflicht ist und wovon man sich, wenn alles vorherangeführte in Acht genommen wird, mit Gewißheit den besten Erfolg versprechen kann. Jch wünschte, daß nachstehendes Beispiel allen Eltern zeigen mögte, wie viel man für seine Kinder thun könne. Das Mädchen G. hatte eine vortrefliche Mutter. Sie war ein Muster von Liebe und Zärtlichkeit gegen ihre Kinder und führte sie zur Tugend und Gottesfurcht mit einem besonderen Eifer an. Nur fehlte sie manchmal in der Wahl der Materien und in der Art des Vortrags, wenn sie ihnen Religionsunterricht ertheilte. Sie las ihnen oft zu lange und für sie nicht eingerichtete Predigten vor, wobei ihre Aufmerksamkeit ermüdete, und dies machte ihr Bekümmerniß. Sie ließ sich aber doch gern belehren und war immer aufmerksam, wenn von Erziehung geredet ward. Jhre zehnjährige Tochter war so unglücklich auf die vorherbenannte Art mit der Selbstschwächung bekannt zu werden. Ein Freund des Hauses hatte sie schon oft gemerkt, kannte aber den Fall selbst noch nicht und wuste nicht, daß er bei Mädchen existiren könne, bis das Stück vom deutschen Museo er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0182" n="183"/> Pflicht ist und wovon man sich, wenn alles vorherangeführte in Acht genommen wird, mit Gewißheit den besten Erfolg versprechen kann.</p> <p>Jch wünschte, daß nachstehendes Beispiel allen Eltern zeigen mögte, wie viel man für seine Kinder thun könne.</p> <p>Das Mädchen G. hatte eine vortrefliche Mutter. Sie war ein Muster von Liebe und Zärtlichkeit gegen ihre Kinder und führte sie zur Tugend und Gottesfurcht mit einem besonderen Eifer an. Nur fehlte sie manchmal in der Wahl der Materien und in der Art des Vortrags, wenn sie ihnen Religionsunterricht ertheilte. Sie las ihnen oft zu lange und für sie nicht eingerichtete Predigten vor, wobei ihre Aufmerksamkeit ermüdete, und dies machte ihr Bekümmerniß. Sie ließ sich aber doch gern belehren und war immer aufmerksam, wenn von Erziehung geredet ward. Jhre zehnjährige Tochter war so unglücklich auf die vorherbenannte Art mit der Selbstschwächung bekannt zu werden. Ein Freund des Hauses hatte sie schon oft gemerkt, kannte aber den Fall selbst noch nicht und wuste nicht, daß er bei Mädchen existiren könne, bis das Stück vom deutschen Museo er- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0182]
Pflicht ist und wovon man sich, wenn alles vorherangeführte in Acht genommen wird, mit Gewißheit den besten Erfolg versprechen kann.
Jch wünschte, daß nachstehendes Beispiel allen Eltern zeigen mögte, wie viel man für seine Kinder thun könne.
Das Mädchen G. hatte eine vortrefliche Mutter. Sie war ein Muster von Liebe und Zärtlichkeit gegen ihre Kinder und führte sie zur Tugend und Gottesfurcht mit einem besonderen Eifer an. Nur fehlte sie manchmal in der Wahl der Materien und in der Art des Vortrags, wenn sie ihnen Religionsunterricht ertheilte. Sie las ihnen oft zu lange und für sie nicht eingerichtete Predigten vor, wobei ihre Aufmerksamkeit ermüdete, und dies machte ihr Bekümmerniß. Sie ließ sich aber doch gern belehren und war immer aufmerksam, wenn von Erziehung geredet ward. Jhre zehnjährige Tochter war so unglücklich auf die vorherbenannte Art mit der Selbstschwächung bekannt zu werden. Ein Freund des Hauses hatte sie schon oft gemerkt, kannte aber den Fall selbst noch nicht und wuste nicht, daß er bei Mädchen existiren könne, bis das Stück vom deutschen Museo er-
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