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[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.

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folgendes Tages eine Execution vorzunehmen, und Abends um 9. Uhr
ward ein junger Meusch auf den Platz de Greve geführet, daselbst mit
4. Pferden zerrissen zu werden; weil er aber bey Erblickung des Richt-
Platzes, nach dem Exempel Cartouchens, Ansuchung that, nochmahls
vor die Richter geführet zu werden, so hat man ihm auch darinnen gewill-
fahret und ihn auf das Stadt-Hauß gebracht, allwo er noch vieles be-
kennet und erst folgendes Tages, Nachmittags um 1. Uhr hingerichtet
worden; immittelst aber hat man doch noch selbigen Abend, die Zuschau-
er nicht leer weg gehen zu lassen, eine alte Diebs-Vettel aufgehencket.
Man hat auch sonsten noch in Erfahrung gebracht, daß am 18. Novembr.
zu Nacht, biß 80. Personen von der Bande des Cartouche bey Boulle-
gard zusammen gekommen, und ein neues Ober-Haupt erwehlet, so St.
Etienne
heissen soll, der auch seine Untergebene sogleich aus[c]ommandiret,
an unterschiedenen Orten seine Befehle zu vollziehen, die ihm auch so gleich
gehorsamet.

Unter der Bande des Cartouche haben sich auch Geistliche befunden,
von denen ein Abt ergriffen worden, welcher sich Johann Caspar von
Rougaime de la Mothe genennet, insgemein aber der Abt dela Mothe ge-
heissen worden, dieser hat, auser andern schweren Verbrechen, das Semi-
narium
der ausländischen Missionen unterschiedliche mahl bestohlen. Die
Geistlichkeit ist sehr bemühet gewesen, vor ihn bey dem Herrn Regenten,
in Ansehung seines Geistlichen Standes, Gnade auszuwürcken, es ist aber
ihre Bemühung vergebens gewesen, und der Herr Regent hat sich auff
ihr Ansuchen folgender massen erklähret: Jch habe den Grafen von
Horn radern lassen: dieser soll hencken,
welches Urtheil auch am 11.
Decembr. gegen Abend, auf der Vorstadt von St. Germain in der weissen
Creuß-Gasse an ihm vollzogen worden, nachdem er vorher fast eine gantze
Stunde unter dem Galgen geprediget. Ein ausländischer Edelmann,
dem der executirte Abt 1600. Livres geliehen, ist von demselben, so bald
dieser in Verhafft gerathen, als ein Mitverbrecher angegeben und deßwe-
gen in die Bastille gebracht worden. Man hat ihn aber, nach genauer
Untersuchung, unschuldig befunden und an dem Tage, da der Abt gehan-
gen worden wieder auf freyen Fuß gestellet.

Bey dieser blutigen Tragödie hat Paris nichts mit grösserm Er-

stau-
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folgendes Tages eine Execution vorzunehmen, und Abends um 9. Uhr
ward ein junger Meuſch auf den Platz de Greve gefuͤhret, daſelbſt mit
4. Pferden zerriſſen zu werden; weil er aber bey Erblickung des Richt-
Platzes, nach dem Exempel Cartouchens, Anſuchung that, nochmahls
vor die Richter gefuͤhret zu werden, ſo hat man ihm auch darinnen gewill-
fahret und ihn auf das Stadt-Hauß gebracht, allwo er noch vieles be-
kennet und erſt folgendes Tages, Nachmittags um 1. Uhr hingerichtet
worden; immittelſt aber hat man doch noch ſelbigen Abend, die Zuſchau-
er nicht leer weg gehen zu laſſen, eine alte Diebs-Vettel aufgehencket.
Man hat auch ſonſten noch in Erfahrung gebracht, daß am 18. Novembr.
zu Nacht, biß 80. Perſonen von der Bande des Cartouche bey Boulle-
gard zuſammen gekommen, und ein neues Ober-Haupt erwehlet, ſo St.
Etienne
heiſſen ſoll, der auch ſeine Untergebene ſogleich aus[c]ommandiret,
an unterſchiedenen Orten ſeine Befehle zu vollziehen, die ihm auch ſo gleich
gehorſamet.

Unter der Bande des Cartouche haben ſich auch Geiſtliche befunden,
von denen ein Abt ergriffen worden, welcher ſich Johann Caſpar von
Rougaime de la Mothe genennet, insgemein aber der Abt dela Mothe ge-
heiſſen worden, dieſer hat, auſer andern ſchweren Verbrechen, das Semi-
narium
der auslaͤndiſchen Miſſionen unterſchiedliche mahl beſtohlen. Die
Geiſtlichkeit iſt ſehr bemuͤhet geweſen, vor ihn bey dem Herrn Regenten,
in Anſehung ſeines Geiſtlichen Standes, Gnade auszuwuͤrcken, es iſt aber
ihre Bemuͤhung vergebens geweſen, und der Herr Regent hat ſich auff
ihr Anſuchen folgender maſſen erklaͤhret: Jch habe den Grafen von
Horn radern laſſen: dieſer ſoll hencken,
welches Urtheil auch am 11.
Decembr. gegen Abend, auf der Vorſtadt von St. Germain in der weiſſen
Creuß-Gaſſe an ihm vollzogen worden, nachdem er vorher faſt eine gantze
Stunde unter dem Galgen geprediget. Ein auslaͤndiſcher Edelmann,
dem der executirte Abt 1600. Livres geliehen, iſt von demſelben, ſo bald
dieſer in Verhafft gerathen, als ein Mitverbrecher angegeben und deßwe-
gen in die Baſtille gebracht worden. Man hat ihn aber, nach genauer
Unterſuchung, unſchuldig befunden und an dem Tage, da der Abt gehan-
gen worden wieder auf freyen Fuß geſtellet.

Bey dieſer blutigen Tragoͤdie hat Paris nichts mit groͤſſerm Er-

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[21/0027] folgendes Tages eine Execution vorzunehmen, und Abends um 9. Uhr ward ein junger Meuſch auf den Platz de Greve gefuͤhret, daſelbſt mit 4. Pferden zerriſſen zu werden; weil er aber bey Erblickung des Richt- Platzes, nach dem Exempel Cartouchens, Anſuchung that, nochmahls vor die Richter gefuͤhret zu werden, ſo hat man ihm auch darinnen gewill- fahret und ihn auf das Stadt-Hauß gebracht, allwo er noch vieles be- kennet und erſt folgendes Tages, Nachmittags um 1. Uhr hingerichtet worden; immittelſt aber hat man doch noch ſelbigen Abend, die Zuſchau- er nicht leer weg gehen zu laſſen, eine alte Diebs-Vettel aufgehencket. Man hat auch ſonſten noch in Erfahrung gebracht, daß am 18. Novembr. zu Nacht, biß 80. Perſonen von der Bande des Cartouche bey Boulle- gard zuſammen gekommen, und ein neues Ober-Haupt erwehlet, ſo St. Etienne heiſſen ſoll, der auch ſeine Untergebene ſogleich auscommandiret, an unterſchiedenen Orten ſeine Befehle zu vollziehen, die ihm auch ſo gleich gehorſamet. Unter der Bande des Cartouche haben ſich auch Geiſtliche befunden, von denen ein Abt ergriffen worden, welcher ſich Johann Caſpar von Rougaime de la Mothe genennet, insgemein aber der Abt dela Mothe ge- heiſſen worden, dieſer hat, auſer andern ſchweren Verbrechen, das Semi- narium der auslaͤndiſchen Miſſionen unterſchiedliche mahl beſtohlen. Die Geiſtlichkeit iſt ſehr bemuͤhet geweſen, vor ihn bey dem Herrn Regenten, in Anſehung ſeines Geiſtlichen Standes, Gnade auszuwuͤrcken, es iſt aber ihre Bemuͤhung vergebens geweſen, und der Herr Regent hat ſich auff ihr Anſuchen folgender maſſen erklaͤhret: Jch habe den Grafen von Horn radern laſſen: dieſer ſoll hencken, welches Urtheil auch am 11. Decembr. gegen Abend, auf der Vorſtadt von St. Germain in der weiſſen Creuß-Gaſſe an ihm vollzogen worden, nachdem er vorher faſt eine gantze Stunde unter dem Galgen geprediget. Ein auslaͤndiſcher Edelmann, dem der executirte Abt 1600. Livres geliehen, iſt von demſelben, ſo bald dieſer in Verhafft gerathen, als ein Mitverbrecher angegeben und deßwe- gen in die Baſtille gebracht worden. Man hat ihn aber, nach genauer Unterſuchung, unſchuldig befunden und an dem Tage, da der Abt gehan- gen worden wieder auf freyen Fuß geſtellet. Bey dieſer blutigen Tragoͤdie hat Paris nichts mit groͤſſerm Er- ſtau- C 3

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/27>, abgerufen am 21.11.2024.