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[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.

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tern unter währender Peinigung gestorben, sie haben aber dem ohnge-
achtet nicht das geringste bekennen wollen. Nach der Tortur hat man
denselben abermahls mit mehr als 40. Personen confrontiret, und da er
durch so viel Indicia genugsam überwiesen worden, auf sein eigen Bekänt-
niß nicht reflectiret, sondern der General-Fiscal hat am 27. Novembr.
den wider ihn vor dem Criminal-Gerichte des Parlements formirten
Proceß geschlossen, worauf dem Cartouche sein Urtheil vorgelesen und
zugleich angedeutet worden, daß es folgendes Tages an ihm solte vollzo-
gen werden.

Den 28. des Morgens sahe man auf den Platz de Greve 5. Räder
und 2. Galgen stehen, so des Nachts vorher aufgerichtet worden. Die
Obrigkeit war entschlossen zugleich nebst Cartouche 6. seiner Cameraden
justificiren, und an diesem Ertz-Dieb, zu seiner desto grössern Quaal, die
Execution zuletzt vollziehen zu lassen. Weil aber die Cameraden des
Cartouche noch mehrere von ihren Diebs-Gesellen angaben, so hatte
das Criminal-Gericht vor rathsam befunden, diese Missethäter noch ei-
nige Tage beym Leben zu lassen, damit man die angegebenen Diebs-Vö-
gel indessen greiffen und sie mit selbigen confrontiren könnte; und dieses
war die Ursache, daß Nachmittags 4. Räder und 2. Galgen wieder
weggenommen wurden. Ohnfehr gegen 3. Uhr ward Cartouche unter
Begleitung aller Archiers und der Wacht zu Pferd und Fusse von der
Hauß-Vogtey auf den Platz de Greve gebracht, und von 6. Archiers
oder Stadt-Knechten auf das Chavot getragen. So bald er auf dieses
zu stehen kam, wurden 4. von seinen Cameraden, die man zum Schein
hinauf geführet hatte, von dem Chavot herunter gestossen. Wie nun
Cartouche fragte, was dieses zu bedeuten hätte, so ward ihm zur Antwort
gegeben, diese hätten ihr Verbrechen freywillig gestanden und wären par-
donir
et worden. Cartouche vermeinte durch ein freywilliges Bekännt-
niß gleichfalls Pardon, oder doch eine Milderung seines Urtheils zu er-
halten, und begehrte mit seinen Richtern zu reden, weil er noch wichtige
Dinge zu entdecken hätte. Er ward sodann auf das Stadt-Hauß, und
vor die daselbst befindliche Gerichts-Personen gebracht. Zu diesen sagte
derselbe: Weil er nunmehro sehen könnte, daß das Ende seines Lebens na-
he wäre, so hätte er sich auf dem Wege entschlossen, ein auffrichtiges Be-
kenntniß aller seiner Verbrechen und eine weitläufftige Entdeckung seiner
Cameraden zu thun. Er rechtfertigte hierauff den Richter, so ihm sein

To-

tern unter waͤhrender Peinigung geſtorben, ſie haben aber dem ohnge-
achtet nicht das geringſte bekennen wollen. Nach der Tortur hat man
denſelben abermahls mit mehr als 40. Perſonen confrontiret, und da er
durch ſo viel Indicia genugſam uͤberwieſen worden, auf ſein eigen Bekaͤnt-
niß nicht reflectiret, ſondern der General-Fiſcal hat am 27. Novembr.
den wider ihn vor dem Criminal-Gerichte des Parlements formirten
Proceß geſchloſſen, worauf dem Cartouche ſein Urtheil vorgeleſen und
zugleich angedeutet worden, daß es folgendes Tages an ihm ſolte vollzo-
gen werden.

Den 28. des Morgens ſahe man auf den Platz de Greve 5. Raͤder
und 2. Galgen ſtehen, ſo des Nachts vorher aufgerichtet worden. Die
Obrigkeit war entſchloſſen zugleich nebſt Cartouche 6. ſeiner Cameraden
juſtificiren, und an dieſem Ertz-Dieb, zu ſeiner deſto groͤſſern Quaal, die
Execution zuletzt vollziehen zu laſſen. Weil aber die Cameraden des
Cartouche noch mehrere von ihren Diebs-Geſellen angaben, ſo hatte
das Criminal-Gericht vor rathſam befunden, dieſe Miſſethaͤter noch ei-
nige Tage beym Leben zu laſſen, damit man die angegebenen Diebs-Voͤ-
gel indeſſen greiffen und ſie mit ſelbigen confrontiren koͤnnte; und dieſes
war die Urſache, daß Nachmittags 4. Raͤder und 2. Galgen wieder
weggenommen wurden. Ohnfehr gegen 3. Uhr ward Cartouche unter
Begleitung aller Archiers und der Wacht zu Pferd und Fuſſe von der
Hauß-Vogtey auf den Platz de Greve gebracht, und von 6. Archiers
oder Stadt-Knechten auf das Chavot getragen. So bald er auf dieſes
zu ſtehen kam, wurden 4. von ſeinen Cameraden, die man zum Schein
hinauf gefuͤhret hatte, von dem Chavot herunter geſtoſſen. Wie nun
Cartouche fragte, was dieſes zu bedeuten haͤtte, ſo ward ihm zur Antwort
gegeben, dieſe haͤtten ihr Verbrechen freywillig geſtanden und waͤren par-
donir
et worden. Cartouche vermeinte durch ein freywilliges Bekaͤnnt-
niß gleichfalls Pardon, oder doch eine Milderung ſeines Urtheils zu er-
halten, und begehrte mit ſeinen Richtern zu reden, weil er noch wichtige
Dinge zu entdecken haͤtte. Er ward ſodann auf das Stadt-Hauß, und
vor die daſelbſt befindliche Gerichts-Perſonen gebracht. Zu dieſen ſagte
derſelbe: Weil er nunmehro ſehen koͤnnte, daß das Ende ſeines Lebens na-
he waͤre, ſo haͤtte er ſich auf dem Wege entſchloſſen, ein auffrichtiges Be-
kenntniß aller ſeiner Verbrechen und eine weitlaͤufftige Entdeckung ſeiner
Cameraden zu thun. Er rechtfertigte hierauff den Richter, ſo ihm ſein

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[16/0022] tern unter waͤhrender Peinigung geſtorben, ſie haben aber dem ohnge- achtet nicht das geringſte bekennen wollen. Nach der Tortur hat man denſelben abermahls mit mehr als 40. Perſonen confrontiret, und da er durch ſo viel Indicia genugſam uͤberwieſen worden, auf ſein eigen Bekaͤnt- niß nicht reflectiret, ſondern der General-Fiſcal hat am 27. Novembr. den wider ihn vor dem Criminal-Gerichte des Parlements formirten Proceß geſchloſſen, worauf dem Cartouche ſein Urtheil vorgeleſen und zugleich angedeutet worden, daß es folgendes Tages an ihm ſolte vollzo- gen werden. Den 28. des Morgens ſahe man auf den Platz de Greve 5. Raͤder und 2. Galgen ſtehen, ſo des Nachts vorher aufgerichtet worden. Die Obrigkeit war entſchloſſen zugleich nebſt Cartouche 6. ſeiner Cameraden juſtificiren, und an dieſem Ertz-Dieb, zu ſeiner deſto groͤſſern Quaal, die Execution zuletzt vollziehen zu laſſen. Weil aber die Cameraden des Cartouche noch mehrere von ihren Diebs-Geſellen angaben, ſo hatte das Criminal-Gericht vor rathſam befunden, dieſe Miſſethaͤter noch ei- nige Tage beym Leben zu laſſen, damit man die angegebenen Diebs-Voͤ- gel indeſſen greiffen und ſie mit ſelbigen confrontiren koͤnnte; und dieſes war die Urſache, daß Nachmittags 4. Raͤder und 2. Galgen wieder weggenommen wurden. Ohnfehr gegen 3. Uhr ward Cartouche unter Begleitung aller Archiers und der Wacht zu Pferd und Fuſſe von der Hauß-Vogtey auf den Platz de Greve gebracht, und von 6. Archiers oder Stadt-Knechten auf das Chavot getragen. So bald er auf dieſes zu ſtehen kam, wurden 4. von ſeinen Cameraden, die man zum Schein hinauf gefuͤhret hatte, von dem Chavot herunter geſtoſſen. Wie nun Cartouche fragte, was dieſes zu bedeuten haͤtte, ſo ward ihm zur Antwort gegeben, dieſe haͤtten ihr Verbrechen freywillig geſtanden und waͤren par- doniret worden. Cartouche vermeinte durch ein freywilliges Bekaͤnnt- niß gleichfalls Pardon, oder doch eine Milderung ſeines Urtheils zu er- halten, und begehrte mit ſeinen Richtern zu reden, weil er noch wichtige Dinge zu entdecken haͤtte. Er ward ſodann auf das Stadt-Hauß, und vor die daſelbſt befindliche Gerichts-Perſonen gebracht. Zu dieſen ſagte derſelbe: Weil er nunmehro ſehen koͤnnte, daß das Ende ſeines Lebens na- he waͤre, ſo haͤtte er ſich auf dem Wege entſchloſſen, ein auffrichtiges Be- kenntniß aller ſeiner Verbrechen und eine weitlaͤufftige Entdeckung ſeiner Cameraden zu thun. Er rechtfertigte hierauff den Richter, ſo ihm ſein To-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/22>, abgerufen am 24.11.2024.