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Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687.

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verbirget er sich nicht / sondern weichet ins offne Feld/ und in der Flucht gebraucht er keine grosse Sprünge/ außer wann er durch einig Kriech-Gebüsche durch hinläufft/ damit er desto eher von den Jägern möge gesehen werden/ und er nicht daß Ansehen habe/ als wen er sich vor ihnen fürchte. Er begibt sich nicht leichtsinnig in Gefahr/ weswegen er seine Fußstapffen offtmahls hinter sich mit seine Schweiff außstreicht/ daß ihm die Jäger nicht sollen nachspüren. Die Leuwen beweisen auch ihre Danckbarkeit an denen die ihnen gutes thun. Die Geschichtschreiber erzehlen/ daß ein Sclave/ nahmens Androdus, auff eine Zeit einem Leuwen begegnet/ sehr erschreckt/ und sich auff die Flucht begeben wollen/ dies Thier aber sey ihm zuvor kommen/ habe seinen Fuß gegen ihm außgestreckt/ und ihn anschauend gelecket/ da er nun gesehen/ daß dieses löwen Fuß geschwollen war/ habe er ein Hertz gefasset/ den Fuß besichtiget/ und einen Dorn darauß gezogen/ wodurch dies Thier seiner Pein/ und er seines schreckens loß worden. Einige Zeit hernach sey der Leuw gefangen/ gen Rom gebracht/ und dieser Sclave demselbigen Leuwen vorgeworffen worden; Da habe diß Thier/ zum Zeichen seiner Danckbarkeit/ seines Lebens geschonet. Eben dieses erzehlet auch Mentor Atheniensis. Elpis von Samus, gebohren in Africa, als er einen Löwen ein Knöchlein/ so ihm in der Kehle bestecken blieben/ heraußgezogen/ ist zur Danckbahrkeit von demselben einige Zeitlang mit dessen Raube beschenckt und erhalten worden.

Die Löwen lieben ihre Jungen sehr/ und sind nicht träge dieselbe zu beschirmen / oder ihnen zugefügetes Leid zu rächen; Darvon erzehlet AElianus eine merckliche Geschicht: Ein Bär sagt er/ auff den berge Pangeus in Thracien, als er ein Nest voll junger Leuwen zerrissen hatte/ klemmete auff einen Baum; Als nun die Alten vernahmen was geschehen war/ verfügete sich die Leuwinn unter den Baum / darauff der Bär geflüchtet; Inzwischen durchlief der Leuw das Gebüsche/ und fand endlich einen Holtzhawer/ welchen er bey den Kleydern fassete und nach seinen Lager führete/ zeigete seine zerrissene Jungen/ und weisete ihm durch Geberden/ daß er den Baum/ darauff der Bär sich enthielt/ umbhauen solte. Als dieses geschehen/ würde der Bär alsobald in stücken gerissen/ und der Holtzhauer von dem Leuen wieder auff seinen vorigen Platz gebracht. Der Leuw fürchtet sich sehr vor das Feur/ aber das er durch das Hauen-Geschrey solle verjagt werden/ ist eine Fabel.

verbirget er sich nicht / sondern weichet ins offne Feld/ und in der Flucht gebraucht er keine grosse Sprünge/ außer wann er durch einig Kriech-Gebüsche durch hinläufft/ damit er desto eher von den Jägern möge gesehen werden/ uñ er nicht daß Ansehen habe/ als wen er sich vor ihnen fürchte. Er begibt sich nicht leichtsinnig in Gefahr/ weswegen er seine Fußstapffen offtmahls hinter sich mit seinë Schweiff außstreicht/ daß ihm die Jäger nicht sollen nachspüren. Die Leuwen beweisen auch ihre Danckbarkeit an denen die ihnen gutes thun. Die Geschichtschreiber erzehlen/ daß ein Sclave/ nahmens Androdus, auff eine Zeit einem Leuwen begegnet/ sehr erschreckt/ und sich auff die Flucht begeben wollen/ dies Thier aber sey ihm zuvor kommen/ habe seinen Fuß gegen ihm außgestreckt/ und ihn anschauend gelecket/ da er nun gesehen/ daß dieses löwen Fuß geschwollen war/ habe er ein Hertz gefasset/ den Fuß besichtiget/ und einen Dorn darauß gezogen/ wodurch dies Thier seiner Pein/ und er seines schreckens loß worden. Einige Zeit hernach sey der Leuw gefangen/ gen Rom gebracht/ und dieser Sclave demselbigen Leuwen vorgeworffen worden; Da habe diß Thier/ zum Zeichen seiner Danckbarkeit/ seines Lebens geschonet. Eben dieses erzehlet auch Mentor Atheniensis. Elpis von Samus, gebohren in Africa, als er einen Löwen ein Knöchlein/ so ihm in der Kehle bestecken blieben/ heraußgezogen/ ist zur Danckbahrkeit von demselben einige Zeitlang mit dessen Raube beschenckt und erhalten worden.

Die Löwen lieben ihre Jungen sehr/ und sind nicht träge dieselbe zu beschirmen / oder ihnen zugefügetes Leid zu rächen; Darvon erzehlet AElianus eine merckliche Geschicht: Ein Bär sagt er/ auff den berge Pangeus in Thracien, als er ein Nest voll junger Leuwen zerrissen hatte/ klemmete auff einen Baum; Als nun die Alten vernahmen was geschehen war/ verfügete sich die Leuwinn unter den Baum / darauff der Bär geflüchtet; Inzwischen durchlief der Leuw das Gebüsche/ und fand endlich einen Holtzhawer/ welchen er bey den Kleydern fassete und nach seinen Lager führete/ zeigete seine zerrissene Jungen/ und weisete ihm durch Geberden/ daß er den Baum/ darauff der Bär sich enthielt/ umbhauen solte. Als dieses geschehen/ würde der Bär alsobald in stücken gerissen/ und der Holtzhauer von dem Leuen wieder auff seinen vorigen Platz gebracht. Der Leuw fürchtet sich sehr vor das Feur/ aber das er durch das Hauen-Geschrey solle verjagt werden/ ist eine Fabel.

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[43/0047] verbirget er sich nicht / sondern weichet ins offne Feld/ und in der Flucht gebraucht er keine grosse Sprünge/ außer wann er durch einig Kriech-Gebüsche durch hinläufft/ damit er desto eher von den Jägern möge gesehen werden/ uñ er nicht daß Ansehen habe/ als wen er sich vor ihnen fürchte. Er begibt sich nicht leichtsinnig in Gefahr/ weswegen er seine Fußstapffen offtmahls hinter sich mit seinë Schweiff außstreicht/ daß ihm die Jäger nicht sollen nachspüren. Die Leuwen beweisen auch ihre Danckbarkeit an denen die ihnen gutes thun. Die Geschichtschreiber erzehlen/ daß ein Sclave/ nahmens Androdus, auff eine Zeit einem Leuwen begegnet/ sehr erschreckt/ und sich auff die Flucht begeben wollen/ dies Thier aber sey ihm zuvor kommen/ habe seinen Fuß gegen ihm außgestreckt/ und ihn anschauend gelecket/ da er nun gesehen/ daß dieses löwen Fuß geschwollen war/ habe er ein Hertz gefasset/ den Fuß besichtiget/ und einen Dorn darauß gezogen/ wodurch dies Thier seiner Pein/ und er seines schreckens loß worden. Einige Zeit hernach sey der Leuw gefangen/ gen Rom gebracht/ und dieser Sclave demselbigen Leuwen vorgeworffen worden; Da habe diß Thier/ zum Zeichen seiner Danckbarkeit/ seines Lebens geschonet. Eben dieses erzehlet auch Mentor Atheniensis. Elpis von Samus, gebohren in Africa, als er einen Löwen ein Knöchlein/ so ihm in der Kehle bestecken blieben/ heraußgezogen/ ist zur Danckbahrkeit von demselben einige Zeitlang mit dessen Raube beschenckt und erhalten worden. Die Löwen lieben ihre Jungen sehr/ und sind nicht träge dieselbe zu beschirmen / oder ihnen zugefügetes Leid zu rächen; Darvon erzehlet AElianus eine merckliche Geschicht: Ein Bär sagt er/ auff den berge Pangeus in Thracien, als er ein Nest voll junger Leuwen zerrissen hatte/ klemmete auff einen Baum; Als nun die Alten vernahmen was geschehen war/ verfügete sich die Leuwinn unter den Baum / darauff der Bär geflüchtet; Inzwischen durchlief der Leuw das Gebüsche/ und fand endlich einen Holtzhawer/ welchen er bey den Kleydern fassete und nach seinen Lager führete/ zeigete seine zerrissene Jungen/ und weisete ihm durch Geberden/ daß er den Baum/ darauff der Bär sich enthielt/ umbhauen solte. Als dieses geschehen/ würde der Bär alsobald in stücken gerissen/ und der Holtzhauer von dem Leuen wieder auff seinen vorigen Platz gebracht. Der Leuw fürchtet sich sehr vor das Feur/ aber das er durch das Hauen-Geschrey solle verjagt werden/ ist eine Fabel.

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Zitationshilfe: Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/47>, abgerufen am 23.11.2024.