Deutschland.
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@facs | 1695 |
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*
] Köln, 12. Mai.
Wir erhalten fortwährend neue Berichte über die Düsseldorfer Ereignisse, aus denen wir noch folgende Schilderung des Kampfes selbst mittheilen:
Als am 10. d., Abends 8 Uhr, sich die Nachricht verbreitete, daß die nach Elberfeld gesendeten Truppen am Nachmittag daselbst ruhig eingezogen, dann aber auf dem Neumarkt plötzlich vom Volk
eingeschlossen worden seien, bemächtigte sich die wüthendste Aufregung der hiesigen (Düsseldorfer) Bevölkerung. Man sprach davon, die Eisenbahn aufzureißen, um alle fernern Militärzuzüge nach
Elberfeld abzuhalten. Einige Ueberspannte aber, ohne an den gänzlichrn Mangel an Waffen in der offenen Stadt zu denken, begannen sofort in den Hauptstraßen Barrikaden zu bauen.
An der Neustraßer-Ecke wurde mit Blitzesschnelle eine riesige, überaus starke Barrikade errichtet, auf welcher sich höchstens 10 Bewaffnete befanden. Die Artillerie rasselte heran und feuerte
zweimal mit Kartätschen. Der erste Schuß that uns keinen sonderlichen Schaden; bei dem zweiten fielen meine beiden Nebenmänner, zwei Arbeiter, welche eben ihre abgeschossenen Gewehre wieder geladen
hatten.
An dieser Barrikade stand der tapfere Pole Mielefsky, welcher mit jedem Schuß seinen Mann traf, und dannn mit dem Rufe: «A bas les Prussiens!» seine kleine polnische Mütze schwang.
Der Kampf hatte hier noch nicht lange gewährt, als von der untern Neustraße eine starke Patrouille mit einem Führer ankam. Man konnte nicht erkennen, ob es Freunde oder Feinde seien, da es einestheils
an Licht gebrach, anderntheils die Preußen ihre Pickelhauben abgenommen hatten. Mielefsky rief sie mit den Worten an: „Seid ihr Bürger oder Feinde!“ Die Truppen antworteten:
„Bürger!“ Mielefsky lud darauf unbesorgt seine Büchse wieder, als plötzlich das Kommandowort: „Feuer!“ erscholl, und die elenden Feiglinge eine volle Salve gaben. Mielefsky
fiel von zwei Kugeln durch bohrt mit dem Rufe: „Es lebe Polen! Es lebe Deutschland!“
Die übrigen Kämpfer zogen sich nach der zweiten Barrikade zurück, welche bei dem Wirth Heinrich Baursch an der Bolckerstraßen-Ecke stand, dessen Haus bereits zu einem wahren Lazareth geworden war,
wo die Verwundeten mit der größten Aufopferung von dem wackern Wirth gepflegt wurden.
Durch das Sturmläuten kamen von Gerresheim, Ratingen und andern Orten Zuzüge an. Die Gerresheimer Bürgerwehr war nur schwach, stellte sich aber augenblicklich auf die Barrikade und eröffnete ein
unermüdliches Feuer, in welchem 19 preußische Croaten fielen. Auf Seite der Gerresheimer wurden der Chef und vier Bürger schwer verwundet. Von Düsseldorfern zählte man 13 Todte und 4 schwer
Verwundete, die bereits am andern Morgen amputirt werden mußten. Nur drei von ihnen sind indeß auf den Barrikaden gefallen, die übrigen nach Aufhören des Kampfes meuchlings gemordet worden. Die Drei
sind der Pole Mielefsky und meine beiden Nachbarn von der ersten Barrikade, welche durch den zweiten Kartätschenschuß fielen.
Die zehn Bürger hat man des Morgens, wie Alles vorüber war, folgendermaßen gemeuchelt. Den Kaufmann Friedrich Hartmann, als er des Morgens aus der Restauration der Wwe. Breidenbach nach seinem
Hause gehen wollte; den Fuhrmann Schwieger, als er sich auf der Ratingerstraße seine Karre wieder holen wollte, die man zum Barrikadenbau benutzt hatte; den Fuhrmann Schwerdts ebenso; einen Bürger,
der mit einer Kaffeekanne zu seinem Nachbar ging; einen Greis von 66 Jahren, als er seine Fensterläden öffnen wollte, u. s. w. u. s. w.; endlich wurde noch um 10 Uhr Morgens ein Mädchen, welches über
den Rathhausplatz ging, von einem Unteroffizier, der mit 4 Mann hier stand, mit der teuflischsten Kaltblütigkeit erschossen.
Ich will das Gerücht nicht unerwähnt lassen, wonach der Unteroffizier standrechtlich erschossen werden sollte; bei dem bekannten Gerechtigkeitssinn militärischer Mordhöfe schenke ich aber dieser
Nachricht eben keinen großen Glauben. Auf Seiten des Militärs sind 89 Todte, 4 Offiziere, 6 Unteroffiziere und 79 Gemeine. In der Residenz-Mühlenstraße hat man 48 der getödteten Soldaten auf einem
Leiterwagen nach der Holzheimer Haide gefahren und dort unter starker Militärbegleitung verscharrt. In derselben Weise sind auf dem Jesuitenhofe ebenfalls 31 Soldaten weggeschafft worden. Ich kann
Ihnen die Augenzeugen für Wahrheit dieser Mittheilung schaffen.
Der Pole Mielefsky liegt in einem mit rothem Sammt ausgeschlagenen Sarg, den die Frauen Düsseldorf's ausgeschmückt haben.“
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@facs | 1695 |
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095
] Düsseldorf, 12. Mai.
Die Hetzjagd der Soldaten auf wehrlose Bürger scheint noch nicht zu Ende; um halb vier Uhr Nachmittags wurde ein Mann von einem berittenen Uhlanen an der
Kaserne niedergestochen und sterbend in's Thor getragen. Die Ursache dieses brutalen Mordes konnte der Augenzeuge nicht ermitteln.
Die Offiziere scheinen eine wahre Lust an der Ausübung solch' nobler Passionen zu finden. Wie Sie wissen, wurde vorgestern ein Dienstmädchen auf der Straße von einer Schildwache erschossen.
Ein Bürger, der es sah, stürzte außer sich über diese Gräuelthat in sein Haus, und schlug entsetzt die Hände über seinem Haupte zusammen. Als der anwesende Lieutenant von Fürth die Ursache seines
Schreckens erfahren, bemerkte er lächelnd: Um so besser, wenigstens setzt diese Dirne keine so abscheuliche Brut in die Welt!
Die hier und in der Umgegend stehenden Infanteristen sind meist ganz junge Leute, und es befremdete mich, daß sie sich zu blinden Mordwerkzeugen gegen ihre Brüder gebrauchen lassen. So eben hatte
ich ein kleines Pröbchen, auf welche infame Weise Offiziere bemüht sind, diesen unnatürlichen Haß hervorzurufen und anzuschüren. Ein Viertel vor 7 Uhr tritt ein Offizier in den Bahnhof, fordert ein
Billet und erzählt den Herumstehenden: die Elberfelder hätten zwei zurückgelassene kranke Soldaten in kleine Stücke zerschnitten. — Der Bemerkung eines Zuhörers, daß die Nachricht
augenscheinlich erdichtet sein müsse, erwidert er in militärischem Tone, daß er die Richtigkeit verbürge, — tritt sofort hinaus auf die Plattform, woselbst ungefähr 15 Soldaten mit geladenen
Gewehren und gespanntem Hahn Wache halten, und erzählt jedem einzelnen dieselbe Lüge, indem er achselzuckend fragte: Na, was sagt ihr dazu, wie eure Kameraden von den Revolutionären zerschnitten
werden?
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@facs | 1695 |
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*
] Elberfeld, 13. Mai.
Die hiesige Zeitung bringt in Folgendem einen Widerruf dessen, was sie gestern fälschlich zum Nachtheil des Elberfelder Aufstandes behauptet hatte. Sie
sagt:
„In einem gestrigen Privatartikel wurde berichtet, daß hie und da gewaltthätige Eingriffe ins Eigenthum stattgefunden haben sollen. Von guter Seite wird uns hingegen versichert, daß dieses
nicht der Fall gewesen. Wir berichten dieses um so lieber, als jede Plünderung, jede Gewaltthat an Personen der Bewegung den Charakter der Ehrlosigkeit aufdrücken würde. Auf Elberfeld sind in diesem
Augenblicke die Augen Deutschlands gerichtet, das Vaterland verlangt von ihm, daß Bürger- und Landwehr gemeinschaftlich ihre Kräfte vereinen, die Sache der deutschen Nation vor dem Schmutze gemeiner
Vergehen und Verbrechen zu bewahren. So weit wir selbst beobachten konnten, müssen wir gestehen, daß eine musterhafte Ordnung und Ruhe in der Stadt geherrscht hat (vergleiche die Infamien der
„Kölnischen Zeitung“); wären die Barrikaden weggeräumt und sähe man nicht die Massen der Bewaffneten, würde Jeder glauben, daß die gewohnte Ruhe nicht aus Elberfeld gewichen sei. Es
kommen noch immer bewaffnete Zuzüge aus der Umgegend herein und diesen Morgen langte noch eine Abtheilung Solinger an, die wohlbewaffnet und nach der Haltung zu urtheilen, größtentheils aus
Landwehrmännern zu bestehen schien. Die Solinger sollen, wie berichtet wird, das Landwehrzeughaus zu Gräfrath gestürmt, und aus demselben außer einer Anzahl Pistolen und Säbel, 1500 Flinten genommen
haben; an den letztern fehlten zwar die Pistons und an mehreren auch die Schlösser, die Solinger Waffenschmiede haben diesem Mangel aber bald abgeholfen und in diesem Augenblicke scheinen alle Waffen
dienstfähig zu sein. Unsere Bürgerwehr zeichnet sich in ihren verschiedenen Korps durch zahlreiche Theilnahme, durch unverdrossene Wachsamkeit und energisches Handeln aus. Die in Essen
zusammengezogenen Landwehrmänner sind auf Urlaub entlassen worden und diese Nacht zogen etwa 80 Mann in Uniform aber ohne Waffen in Elberfeld ein.“
Amtlicher Bericht des Sicherheits-Ausschusses über die Vorfälle zu Elberfeld am 9. und 10. Mai 1849.
Gestern (9.) Nachmittags gegen 3 Uhr rückten ein Bataillon des 16. Infanterie-Regiments, 2 Stück Geschütze und eine Schwadron Ulanen hier ein, obwohl ein Theil des Gemeinderaths, der
Ober-Bürgermeister an der Spitze, dem das Detachement begleitenden Civil-Commissar, Ober-Regierungsrath von Spankern, die dringendsten Gegen-Vorstellungen gemacht hatte. Herr v. Spankern hatte
dieselben in einer nichtssagenden Weise abgewiesen, und trotzdem, daß auf das nachdrücklichste und von allen Seiten versichert worden war, daß die Ordnung der Stadt nicht im Geringsten gefährdet und
eine Störung derselben nur, wenn Militär einrücke, zu besorgen sei, ließ er den Einzug desselben vor sich geben.
Das auf das freundlichste empfangene Militär kehrte nach einigen Hin- und Herzügen nach dem Königsplatze zurück, rückte aber gegen 7 Uhr wieder in das Innere der Stadt, wo sich nun ein Kampf vor
mehreren inzwischen erbauten Barrikaden entspann. In demselben wurden ein Infanterie-Kapitän und ein Arbeiter getödtet, auf beiden Seiten wurden Mehrere verwundet. Die Zahl derselben ist noch nicht
zuverlässig ermittelt. Zwei Bürger sind diesen Morgen an ihren Wunden gestorben, die verwundeten Militärs aber bei dem um 1/2 4 Uhr erfolgten Rückzuge mit weggenommen worden. Auch einige unserer
Mitbürger haben als Gefangene diesen Rückzug mitmachen müssen. Fünf Kanonenschüsse wurden auf die Barrikaden abgefeuert.
Nachdem heute (10.) Morgens der Ober-Bürgermeister so wie das gesammte Personal der Polizei und des Landrath-Amtes aus der Stadt verschwunden war und sich ein vorläufiger Sicherheits-Ausschuß
gebildet hatte, wurde derselbe von dem Gemeinderath genehmigt und aus seiner Mitte und der Bürgerschaft ergänzt. Er hat sich unausgesetzt mit der Sicherheit der Stadt nach innen und außen beschäftigt.
Die Stadt gleicht einer Festung, Barrikaden reihen sich an Barrikaden, und mehrere Lazarethe sind eingerichtet. Zuzug aus der Umgegend von nah und fern haben den ganzen Tag zahlreich Statt
gefunden.
In der ganzen Bewegung spricht sich nur der Gedanke aus, daß man ein einiges freies Deutschland, selbst im Widerspruch mit den Fürsten, haben und die Reichs-Verfassung unbedingt anerkennen will,
daß man mit Vertrauen auf die National-Versammlung in Frankfurt blickt, daß man entschlossen ist, mit allen Mitteln sich vor einem Angriff des Militärs sicher zu stellen, desselben aber auch nicht für
die innere Sicherheit der Stadt bedarf.
So zahlreich und verschiedenartig auch die Bewohnerschaft unserer sonst so friedlichen Stadt ist, Alle sind sich der Größe und des Ernstes der ihnen gestellten Aufgabe, den übereinstimmenden Willen
eines zur Freiheit erwachten Volkes klar auszusprechen und mit männlichem Muthe zu bethätigen, bewußt. Die Tausende, die bewaffnet oder unbewaffnet zu uns gezogen, sind bereitwillig von unseren
Mitbürgern ins Quartier aufgenommen worden; sie haben, von den Anstrengungen des gestrigen und heutigen Tages erschöpft, sich zur Ruhe begeben, mit Ausnahme der in Gemeinschaft mit unserer Bürgerwehr
zu Posten und Patrouillen bestimmten Mannschaft, und hört man jetzt, 10 Uhr, in den Straßen unserer Stadt nur die Schritte und Rufe der Wachtposten zwischen den haushohen Barrikaden schallen. Der
entschlossene Bürgersinn will Freiheit und Ordnung; letztere wird erhalten werden, wenn durch bewaffnete Macht erstere nicht gefährdet wird.
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@facs | 1695 |
Hagen, 11. Mai.
Die Bewegung für die deutsche Reichsverfassung ist auch im Herzen der „treuen“ Grafschaft Mark zur That geworden. Die verkehrte Maßregel der Einberufung der
Landwehr hat dieses zur Thatwerden beschleunigt. Gestern sollte das Iserlohner Bataillon hier zur Einkleidung in Empfang genommen werden; die Leute erklärten jedoch fast einstimmig, daß sie sich nur
der Reichsversammlung in Frankfurt zur Disposition stellten. Der Major mußte sich mit diesem Bescheide entfernen. In dem benachbarten Iserlohn ist man auf einen ernsthaften Kampf gerüstet. Barrikade
über Barrikade ist in der Stadt. Gestern marschirten 2 Kompagnieen vom 17. Inf.-Reg., sowie eine halbe Schwadron Ulanen hierdurch, um gegen Iserlohn verwandt zu werden. Die Iserlohner, die die Waffen
des Zeughauses, so wie mehrere Geschütze in Händen haben, sind darauf vorbereitet. Zuzüge von allen Seiten gehen nach Iserlohn; auch von Hagen und Umgegend zog diesen Morgen eine gut bewaffnete Schaar
von 7-800 Mann den Iserlohnern zu Hülfe. Greift das Militär an, so wird viel Blut fließen; man glaubt aber noch nicht an ein ernsthaftes Einschreiten des Militärs. In Hagen selbst ist ein
Sicherheitscomite zur Aufrechthaltung der Ordnung gegen anarchische Bestrebungen eingerichtet. Die Begeisterung für die deutsche Bewegung ist allgemein und man bestrebt sich, sie von unreinen
Elementen fern zu halten. Vielleicht hat die Grafschaft Mark noch den Triumph, dem Ministerium Brandenburg-Manteuffel die Augen über die Stimmung des Volkes geöffnet und es zum Abtreten genöthigt zu
haben.
[(E. Z.)]
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@facs | 1695 |
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34
] Hagen, 12. Mai.
Hier in Westphalen stehen wir Alle unter Waffen. In Iserlohn wird bei einem etwaigen Bombardement der Kampf in diesen Tagen beginnen. Die 17ner weigern sich
auf das Volk zu schießen. Gestern Abend und diesen Morgen haben wir einen Wagen voll Pulver und Patronen und einen Wagen voll Kartätschen in Beschlag genommen. In allen Büschen und Schluchten steht
das Landvolk bewaffnet und bereit, gegen die zum Bombardement von Iserlohn beorderte Artillerie den Kampf zu versuchen.
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@facs | 1695 |
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078
] Iserlohn, 11. Mai.
Gestern sollte das Einkleiden der Landwehr beginnen. Da wurden auf einmal Barrikaden gebaut, um die im Anrücken begriffene 13er, angeblich 500 Mann,
abzuwehren. Es waren jedoch nur 100 Mann, die auch wieder umkehrten. Jetzt wuchsen die Barrikaden aus der Erde. Es gibt deren jetzt circa 35. Um 11 Uhr wurde das Zeughaus gestürmt und Alles bewaffnete
sich. Dadurch sind außer den 600 Gewehren der Bürgerwehr noch 1000 Landwehrflinten, viele Carabiner, Pistolen, Säbel und Lanzen vertheilt worden. Jeder ist bis zu den Zähnen bewaffnet. Außerdem hat
Iserlohn wenigstens 1000 Privatflinten, worunter circa 300 Büchsen. Gestern Abend sollte ein Kommando von Hagen, 250 Mann 17er Infanterie, und 360 Ulanen einrücken. Diese wurden aber vom
Landwehr-Major zurückbeordert, und liegen in Limburg. Der Stadtrath trat zusammen und sandte eine Deputation nach Münster. Der Landwehr-Major, der die Landwehr bereits auseinander gehen hieß oder für
aufgelöst erklärte, hat seinen Abschied eingereicht und sich vor ein Kriegsgericht gestellt.
Alex Loebecke übernahm gestern das Oberkommando, säuberte die Insurgenten-Reihen von Besoffenen und Kindern und während der Nacht blieb alles ruhig. Heute hat die Stadt ein äußerst kriegerisches
Ansehen. Kein waffenfähiger Mann darf heraus. Jeder muß Theil nehmen, so habe ich auch meine Büchse erhalten. Augenblicklich sind in Iserlohn 2500 bewaffnete Bürger, alle fest entschlossen, kein
feindlich gesinntes Militär in die Stadt zu lassen. Die Schützen halten alle Berge und Pässe besetzt.
So eben kömmt bewaffneter Zuzug aus der ganzen Umgegend von Menden 150, von Hagen 600 von Schwerte, Altena, Lüdenscheid etc. Jetzt sind schon 3500 Bewaffnete hier. Die Kanonen von Limburg und
Nachrodt hatte man gestern schon geholt. Wir können jetzt mit Geschützen antworten. Die Bauern wollten den ermüdeten Soldaten (100 Mann) 13ner nicht einmal was zu essen geben. Die so eben
zurückgekehrte Deputation bringt mit, daß während der nächsten 48 Stunden gegen die Stadt nichts vorgenommen werden soll, bis die Antwort von Berlin zurück sei. Die Barrikaden werden nicht
fortgeräumt.
Es trifft dagegen fortwährend neuer Zuzug ein. Die in Limburg stehenden Soldaten haben bereits mehrfach erklärt, daß sie nicht aufs Volk schießen würden. Alle Postwagen sind zu Barrikaden benutzt.
Beinahe alle Verbindung ist gehemmt. So eben ist Volksversammlung.
[1696]
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@facs | 1696 |
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103
] Soest, 11. Mai.
So eben hat das seit Mittwoch Abend zum Einkleiden hier versammelte Soester Bataillon des 16. Landwehr-Regiments, durch deputirte Unteroffiziere, unter
welchen uns der Sohn des Appellhof-Präsidenten Lent zu Hamm bekannt ist, dem Bataillons-Kommando die Erklärung abgegeben:
„das Bataillon erkenne die Reichsverfassung als Grundgesetz an, und stelle sich, behufs ihrer Ausführung zur Verfügung der Nationalversammlung zu Frankfurt; es werde daher auf Verfügung des
Ministeriums Brandenburg-Manteuffel und überhaupt nicht anders marschiren, als wenn ihm der äußere, Deutschland bedrohende Feind gezeigt werde.“
Da dem Bataillon bisher keine Gewehre anvertraut waren, so forderte es dieselben gestern und erhielt sie nach einigem Parlamentiren auf der Stelle.
Die schwarzweißen Kokarden sind, bis Preußen die Reichsverfassung anerkannt hat, abgelegt. Uebrigens sind wir hier auf Alles gefaßt. Heute holen sich die Landwehrmänner auch die ihnen anfänglich
verweigerte Munition.
Im benachbarten Arnsberger Walde haben sich tüchtige Guerillakorps, zum Succurs der Iserlohner, welche die gegen sie marschirenden Soldaten vorläufig zurückgewiesen haben, organisirt; sie fangen
Militärtransporte auf, beunruhigen einzelne Abtheilungen des Iserlohner Cernirungskorps und hätten gestern beinahe den General Niesewandt gefangen genommen.
Brausend zieht so eben ein großer Haufe Landwehrmänner unter meinem Fenster vorüber und singt das Heckerlied. Sie wollen dem bedrohten Iserlohn zu Hülfe eilen.
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@facs | 1696 |
[
X
] Berlin, 11. Mai.
Trotz der vielen und theueren Versicherungen des ehrenwerthen Reichsministeriums, keiner der 29 anerkennenden Fürsten werde sein Wort zurücknehmen, findet
demungeachtet hier in Berlin ein Kongreß von Bevollmächtigten deutscher Regierungen statt. Es sind in demselben natürlich vor allen Dingen Preußen, Baiern, Sachsen und Hannover, aber merkwürdigerweise
auch Würtemberg. Braunschweig, Mecklenburg vertreten. Man hat eine engere Kommission erwählt und arbeitet rüstig an der bald zu octroyirenden Verfassung für ganz Deutschland, in der man auch ein
„vernunftgemäßes“ Wahlgesetz anzubringen hofft. Braunschweig ist durch den bekannten Dr. Liebe, Hannover durch Wangenheim vertreten. In Würtemberg und Braunschweig nun haben Regierung
und Kammern die Reichsverfassung anzuerkennen und durchzuführen beschlossen. König und Herzog spielen also hinter dem Rücken ihrer leichtdüpirten Minister ein sehr betrügliches Spiel.
Die gestern octroyirte Belagerungs-Konstitution hat denn doch endlich einige Erbitterung erregt. An allen öffentlichen Orten wurde sie vorgelesen, und Herr Simons hätte sich über die
eigenthümlichen Kommentare und Nutzanwendungen freuen können. Ueberall sah man bald ein, daß es auf den Rhein und die renitente Landwehr vorzüglich gemünzt ist. Es ist möglich, daß die Stimmung hier,
wie im ganzen Lande gerade durch dieses Gesetz eine sehr einmüthige wird. Bisher hatte noch ein großer Theil der Demokratie geglaubt, es könne ein erfolgreiches Ziel noch durch eine friedliche
Agitation erreicht werden. Diesem Legalisiren des Mordes gegenüber muß sich diese Partei den Entschiedeneren anschließen, welche allein im Schwerte Heil sehen.
Das erste Bataillon des 24. Regiments ist heute Vormittag aus Stettin hier angekommen und ging um 1 1/2 Uhr Mittags mit der Eisenbahn nach Westphalen. Das zweite Bataillon soll sofort
nachfolgen.
Während die demokratischen Versammlungen verboten, die freilich jetzt sehr unnöthigen oppositionellen Wahlbewegungen verhindert werden, fährt die konservative Partei rüstig fort, alle Mittel zu
gebrauchen um Seelen für sich zu gewinnen. Sie wird natürlich durch das Ministerium trefflich unterstützt. Ihre Vereine sind ungehindert, für die Aussendung ihrer Plakate und Traktätlein etc. erhalten
sie Portofreiheit etc. Dagegen ist erst gestern Abend eine demokratische Bezirksversammlung gestört worden, welche alle 14 Tage im Odeum zusammenkam, wo von Dilettanten gesungen, deklamirt, gespielt
und von Anderen, wie den Professoren Michelet und Jacoby, Vorträge gehalten wurden. Die Polizei trat den Ankommenden entgegen und erklärte ihnen, musiciren könnten sie soviel sie wollten, aber Reden
dürften nicht gehalten werden.
Am nächsten Sonntag wird im Oderbruch, bei Arnsdorf, vom frühern Abgeordneten Görtz-Wrisberg aus Frankfurt a. O. eine große Volksversammlung gehalten werden, zu der 82 Gemeinden theils hinziehen,
theils Deputirte schicken werden. Jung und vielleicht auch Waldeck wollen dort sprechen.
An die Nationalversammlung nach Frankfurt sind jetzt schon vier Bände mit anerkennenden Adressen von hier geschickt worden, trotzdem daß die Polizei sich außerordentlich bemühete, ihrer habhaft zu
werden.
Unsere Regierung ist noch sehr unruhig und besorgt über den endlichen Ausgang der sächsischen Angelegenheiten, obwohl sie nach dem Fall des tapfern Dresden sogleich Muth bekam, und uns mit dem
liebenswürdigen Martialgesetz beschenkte. Die provisorische Regierung von Sachsen, in einem leicht zu vertheidigenden Gebirge, Tausende von kräftigen Leuten zum stärksten Widerstande bewaffnet und
gerüstet, ganz Sachsen in Aufstand, Böhmen ebenfalls unruhig, das sind gerade keine sehr angenehmen Momente. Köstlich ist die Wuth der Regierung und der reaktionären Blätter, daß die provisorische
Regierung entkommen ist, und man wird nicht müde, diese mit den gemeinsten Schmähungen zu überhäufen. Am größten ist darin natürlich wieder das liebenswürdige Kleeblatt Hansemann-Weill-Bardeleben.
Vor einigen Tagen hat der Prinz von Preußen seinen liebenswürdigen ältesten Sprößling als Rekruten bei der Garde eingeführt und dabei eine empörend absolutistische Rede gehalten. Königl. Hoheit
lieben es sehr auf die fatale geheime Mission zurückzukommen, um die vielen Beweise von Treue erwähnen zu können, welche Höchstdieselben damals erhalten haben. Warum erzählt der edle Prinz denn nicht
die interessanten Details dieser Mission? Es kommen dabei allerlei Geschichten von Abrasiren des Schnurrbarts, von Verkleidung als Postillon etc. vor.
Wir geben eine neue Geschichte aus der ehrenwerthen v. d. Heidt'schen Familie, da es interessant ist zu sehen, wie sich die Elberfelder Mucker für solche kleine, sehr unchristliche
Schmuggeleien gar leicht Absolution ertheilen. Frau v. d. Heidt schmuggelte vor einigen Jahren Spitzen über die preußische Gränze, indem sie dieselben so geschickt in ihre Kleider eingenähet hatte,
daß es schien, sie sei in denjenigen interessanten Umständen, welche die Engländer jährlich das Vergnügen haben, bei ihrer Königin zu bewundern. Die Schmuggelei ging glücklich und unbemerkt von
Statten. Leider war aber Frau v. d. Heidt unvorsichtig genug, sich dieser Heldenthat in der Diligence gegen einen jungen, ihr unbekannten Reisegefährten zu rühmen, denn o Schrecken, dieser junge Mann
war ein Douanier, der sie aufforderte, auf der nächsten Station auszusteigen, wo sie auf dem Steueramte die Spitzen auszuliefern hatte, und der arme v. d. Heidt mußte wieder sehr, sehr viel Strafe
bezahlen.
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@facs | 1696 |
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61
] Breslau, 11. Mai.
Heute sind wieder 4000 Russen über Kosel nach Oestreich geschleppt worden. Es waren vier Züge; sie bestanden aus Infanterie, Artillerie und Kavallerie. Die
sämmtlichen Kerntruppen sahen ungeheuer zerlumpt und abgemergelt aus (siehe unter „Ratibor“). Die Zufuhren der russischen Mordmaschinen sollen 14 Tage dauern. Der Wiener Zug ist deshalb
ausgeblieben und wird, damit wenig und späte Nachrichten ins Ausland kommen, jetzt wohl mehre Male ausbleiben. Die Inquisition gegen ankommende Fremde ist auf den hiesigen Bahnhöfen ganz
russisch-impertinent und preußisch-brutal. Die Lieutenants spielen dabei seller die Polizeibüttel.
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@facs | 1696 |
[
X
] Ratibor, 11. März
Nicht umsonst wurde der lange beschlossene Durchlaß russischer Truppen durch preußisches Gebiet in der letzten Zeit auf's Angelegentlichste widerrufen.
Breslau mußte zuerst in Belagerungszustand versetzt werden, ehe der Unterknäs von Potsdam es wagen mochte, den Knutenbegnadeten die Gränzen zu öffnen. Breslau ist nun in Belagerungszustand in Folge
eines mit sehr großer Geschicklichkeit hervorgerufenen Kampfes, und kaum hat dort die Entwaffnung begonnen, so sind die Russen auch schon auf der Oberschlesischen- und Wilhelmsbahn nach Oestreich
befördert. Gestern, von 6 Uhr Nachmittags ab, langten auf 4 Extrazügen, zu denen alle schlesischen Eisenbahnen ihr Wagenkontingent hatten stellen müssen, 1500 „Söhne“ des Czaren Nikolai,
Infanterie, Schützen und (1 Batterie) Artillerie, verwildertes, verlaufenes, bestialisches Gesindel, als Vortrab der ir diesen Tagen über Mislowitz, Gleiwitz, Cosel, Ratibor und Oderberg bis zur Höhe
von 15,000 Mann fortzusetzenden Truppensendungen, bei uns an und begaben sich nach kurzem Aufenthalt auf der Eisenbahn nach Oderberg resp. Oestreich weiter, „um, wie sie selber sagen, dem
zukünftigen Schwiegersohne ihres lieben Kaisers in dem Kampfe gegen die Ungarn beizustehen und sich seiner gnädigen Aufforderung gemäß wacker zu schlagen.“ Der rothe Grimm bemächtigte sich der
Anwesenden, als ihnen der Truppendurchlaß über die Standrechtsabsichten ihres „konstitutionellen Königs“ die Augen öffnete. Auf jedem Gesicht las man die Wuth über einen König, der heute
die Russen nach Oestreich befördert, um sie morgen, wenn er sie braucht, im eigenen Lande aufräumen zu lassen. Alle Bahnhöfe, welche die Russen passirten, und eine Strecke an den Eisenbahnschienen
entlang, waren mit preußischen Soldaten angefüllt, die das sogenannte Observationskorps massenweise in Oberschlesien zusammengetrieben hat. Die adligen Krippenreiter, der krückenreitende Landrath und
die noblen Bourgeois konnten ihre Freude über die Annäherung der ersehnten „Befreier“ nicht verbergen; ja sie gaben sie absichtlich zu erkennen, um die Massen auf's Aeußerste zu
reizen. Die „deutschen Demokraten“ wurden laut für „feige Bestien“ erklärt, aller Hohn über sie gehäuft, und den angekommenen Russen wurde mit wollüstiger Niedertracht
Schnaps, Wein u. s. w. verabreicht. Man scandalirte, man wollte den Perron räumen lassen, hetzte die Soldaten und Gensd'armen auf, die Masse zurückzudrängen, man wollte auch hier den
Belagerungszustand herbeiführen, aber das Volk erkannte das und verhielt sich danach. Wir sind durch die Tausende von Soldaten geknebelt, die das Observationskorps um uns aufgestellt hat, unsere
Hoffnung setzen wir auf die Magyaren und die Rheinprovinz.
N. S. Bei den russischen Truppen, die gestern mit dem 4ten Zuge um 9 Uhr Abends hier anlangten, soll Paskiewitsch sich befinden.
10 Uhr Nachmittags (vom Bahnhofe). Das Ausfallssignal ist so eben gegeben worden; der östreichische Zug ist mithin irgendwo aufgehalten worden, entweder durch die Russentransporte oder
— durch die Magyaren.
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@facs | 1696 |
Prag, 10. Mai, Morgens 10 1/2 Uhr.
So eben wird der Belagerungszustand für Prag und Umgegend proklamirt!! Schon seit vorgestern durchkreuzten die unheimlichsten Gerüchte die Stadt;
man sprach von der Anwesenheit polnischer und ungarischer Emissäre; deutscher Landsturm sollte im Verein mit den Führern der czechischen Partei nach Prag ziehen, und wie die Gerüchte noch immer lauten
mögen. Heute früh wurden die Spaziergänger durch die allerseits getroffenen militärischen Maßregeln überrascht. Auf den Hauptplätzen der Kleinseite stehen Kanonen aufgefahren; die Basteien sind
abgesperrt; Bahnhof und viele Plätze militärisch besetzt, die Thorbesatzungen verstärkt; das Wissehrader Thor sogar verbarrikadirt. Während man noch über die möglichen Gründe dieser außerordentlichen
Maßregeln in Zweifel ist, erscheint an den Straßenecken ein Plakat, gezeichnet vom Kommandirenden: Khevenhüller. Aufrufe aus dem aufrührerischen Nachbarlande, heißt es darin, seien verbreitet worden;
eine verbrecherische Fraktion wolle Revolution machen, darum werde Prag und 15 Ortschaften in Belagerungszustand erklärt. Die Nationalgarde bleibt fortbestehen, aus strategischen Rücksichten jedoch
wird die Garde und Bürgerwehr der Kleinseite entwaffnet; die Kanonen aber überall der Garde abgenommen. Die Presse ist suspendirt, ohne Bewilligung der Militärbehörde darf nichts gedruckt werden, die
politischen Behörden haben nur unter Aufsicht der Militärbehörde weiter zu fungiren. Die Stimmung ist sehr überrascht, jedoch nicht bedeutend aufgeregt. (12 Uhr Mittags.) Die Mitglieder der Slowanska
Lipa: Sladkowski, (bereits früher aus den Junitagen bekannt), Gantsch, Rott sind verhaftet worden. (12 1/2 Uhr.) Eine telegraphische Depesche verkündet, daß der Wiener Bahnzug und Post nicht
eintreffen werden. Die Ursache ist unbekannt.
[(D. A. Z.)]
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@facs | 1696 |
Prag, 9. Mai.
Aus Ungarn fehlen uns Nachrichten von Belang. Es kamen uns wohl Preßburger Briefe zu, jedoch enthalten dieselben durchaus nichts Neues und Interessantes. Ueberhaupt scheint
Ungarn für uns immer mehr eine terra incognita werden zu wollen, indem die Berichte von da immer spärlicher und seltener einlaufen, und das eigentliche Herz des Landes, die Hauptstadt, für uns ganz
abgesperrt erscheint.
[(C. Bl. a. B.)]
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@facs | 1696 |
Darmstadt, 11. Mai.
Vier Compagnien Infanterie und eine kleine Abtheilung Reiterei ging heute früh nach Heppenheim ab, wie man hört, theils zum Schutze der Eisenbahn, theils wegen
Steuerverweigerung in einem benachbarten Dorfe des Odenwaldes, vielleicht auch, wie Manche behaupten, zum Schutze der Gewehrsammlung eines aus jener Gegend abziehenden Forstbeamten.
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@facs | 1696 |
Dresden, 11. Mai.
Diesen Morgen fand eine Dislocirung der in der Neustadt gefangen gehaltenen Personen statt. Gegen 60 derselben wurden aus den Militärgefängnissen hierselbst nach der
Altstadt abgeführt, dagegen unter Andern der im neustädter Rathhaus in Gewahrsam gehaltene Bürgermeister Tzschucke aus Meißen und der hiesige Advocat Krause in die Strafkaserne gebracht. Der heute
früh hier gefänglich eingebrachte Justizamtmann Heubner aus Freiberg ist in die Gefängnisse der Cavaleriekaserne abgeliefert worden; hier nämlich scheinen die am schwersten Gravirten gefangen gehalten
zu werden. In der Gemäldegalerie sind ungefähr 80 Gemälde beschädigt worden. Unter dem Rathhause fand das Militär einen Pulvervorrath von einigen und dreißig Centnern. Den ganzen Vormittag fanden
Truppenbewegungen statt, und unter Andern zog auch das rothe Husarenregiment hier durch und über Tharand nach Freiberg. Ein Bataillon des 24. Landwehrregiments ist heute Nachmittag auf der Eisenbahn
über Leipzig nach Halle abgegangen. Neustadt und Antonstadt waren in der anbefohlenen Entwaffnung. Bis jetzt sind nach und nach 12,000 Preußen in Dresden mit der Eisenbahn eingetroffen.
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@facs | 1696 |
Leipzig, 11. Mai.
Heute Mittag soll zwei Stunden von hier, und, wie es heißt, bei Liebertwolkwitz zwischen von hier ausgerücktem Militär und einem Trupp, wahrscheinlich von Dresden
flüchtiger Freischärler ein Zusammentreffen stattgefunden haben, wobei das Militär gegen 20 Gefangene machte.
[(D. A. Z.)]
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@facs | 1696 |
[
*
] Leipzig, 12. Mai.
In der Leipziger Zeitung werden der Rechtscandidat Leo v. Zychlinski von Dresden und der Advokat und Gerichtsdirektor Hermann Marschall v. Biberstein
ebendaher, Ersterer wegen staatsgefährlicher Handlungen, Letzterer wegen Theilnahme am Aufruhr und der Verleitung der Truppen zu verbrecherischen Handlungen, steckbrieflich verfolgt.
Die aus Dresden nach Freiberg abgezogenen Kämpfer haben sich in Freiburg nur kurze Zeit aufgehalten und haben sich nach Chemnitz begeben.
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@facs | 1696 |
Braunschweig, 11. Mai.
Große Unruhe erregt hier die Nachricht, die Preußische Regierung habe die Ansicht ausgesprochen, daß sie aus der in Braunschweig und Hannover herrschenden Aufregung
die Veranlassung hernehmen müsse, ihre durch diese Länder führende Etappenstraße zu sichern. Diese diplomatische Ausdrucksweise wird hier in allen Kreisen nichts anders gedeutet, als daß sie ein
Euphemismus sei und nichts Anderes sagen wolle, als eine Besetzung des Herzogthums durch preußische Truppen und eine Einmischung in die Angelegenheiten Hannovers. Daß dergleichen aber nicht geeignet
ist, die, nach den Vorgängen in Dresden, herrschenden Besorgnisse zu zerstreuen, ist wohl erklärlich.
[(M. Z.)]
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@facs | 1696 |
[
*
] Frankfurt, 12. Mai.
Aus Heidelberg erfahren wir, daß gestern ein Theil des dasigen Arbeiter- wie des Turner-Vereins bewaffnet nach Speyer abmarschirt ist. In
Aschaffenburg hat das Militär am 8. d. arge Exzesse begangen. Das Volk ist darüber in ungemeiner Aufregung.
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@facs | 1696 |
Frankfurt, 12. Mai.
Einem Mannheimer Briefe vom gestrigen Datum an ein Mitglied der Reichsversammlung entlehnen wir folgende zuverlässige Mittheilungen: „Bei uns in Mannheim ist es
ruhig, aber in der baierischen Pfalz sieht es kriegerisch aus und die Bewegung scheint die ganze Bevölkerung bis ins tiefste ergriffen zu haben. Heute Morgen haben das ganze sechste baierische
Regiment und einige Kompagnieen des neunten erklärt, daß sie, so lange das Volk auf der Reichsverfassung besteht, nicht nur nicht gegen dasselbe kämpfen, sondern mit ihm treu gegen jeden Angriff auf
die Verfassung stehen und fallen wollen. Sie haben ihre Offiziere, welche sich nicht für die Verfassung erklärten, eingesperrt und ihnen bemerkt, sie würden andere Offiziere wählen, wenn sie ihnen
nicht beitreten sollten.“
[(D. Z.)]
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@facs | 1696 |
Frankfurt, 12. Mai.
218. Sitzung der National-Versammlung.
Eröffnung der Sitzung um 9 1/2 Uhr.
In Folge einer aus Nürnberg eingegangenen Adresse wird folgender von Reden gestellte Antrag:
„In Erwägung der Nothwendigkeit, die Bewegung in den gesetzlichen Schranken zu halten, wolle die National-Versammlung beschließen, unter sofortiger Mittheilung dieses Beschlusses, das
Reichsministerium aufzufordern, Reichscommissäre nach Franken zu senden und dieselben im Sinne des Beschlusses vom 10. d. M. zu instruiren,“
für dringlich erkannt und ohne Berathung angenommen.
Die Beschlüsse der rheinischen Gemeindevertreter sind eingegangen und werden verlesen.
Es treten wieder 17 (reactionäre) Mitglieder aus.
Es folgt die Präsidentenwahl. Reh wird mit 165 von 313 Stimmen Präsident.
Weiter steht auf der Tagesordnung Abstimmung über die Anträge des Kaiser-Ausschusses Sie werden zurückgezogen und der Ausschuß schließt sich den von Backhaus und Genossen ausgegangenen
Anträgen an, die also lauten:
Die National-Versammlung beschließt:
1) die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands einschließlich der Landwehr und der Bürgerwehr ist zur Aufrechthaltung der endgültig beschlossenen Verfassung feierlich zu verpflichten;
2) die provisorische Centralgewalt wird aufgefordert, das demgemäß Erforderliche unverzüglich zu veranlassen, so weit in den einzelnen Staaten nicht sofort aus eigener Bewegung danach vorgeschritten
wird.
Diese Anträge werden mit 163 gegen 142 Stimmen angenommen, nachdem der Antrag der Minorität auf „Tagesordnung“ mit 172 gegen 143 Stimmen abgelehnt worden.
v. Gagern: Es ist heute von der hohen Versammlung der Antrag des Hrn. v. Reden zum Beschluß erhoben worden, das Ministerium zur ungesäumten Absendung von Reichskommissarien nach Franken
aufzufordern. Meine Herren, ich gebe es Ihrer Ueberlegung anheim, ob Sie künftig solche in die Exekutive eingreifende Anträge für dringlich erachten und sofort zum Beschlusse erheben wollen. Besonders
in gegenwärtiger Krisis des Ministeriums. Allein blicken wir auf § 54 der deutschen Reichsverfassung selbst, auf die dort gegebenen Vorschriften, so hat eine Störung des Friedens in Franken noch
nicht stattgefunden und ebenso ist keine Anrufung von Seiten der baierischen Regierung erfolgt. Mithin sind die Bedingungen zur Absendung eines Reichscommissars nach Franken nicht vorhanden. Ich
vertraue der gesunden Vernunft des deutschen Volks, daß es die ausgedehnten ihm verliehenen Freiheiten in den gehörigen gesetzlichen Schranken zu gebrauchen und Zusammenstöße, wie die in Franken
befürchteten, zu vermeiden wissen werde. Nimmermehr hat aber die Mehrheit bei Fassung ihrer Beschlüsse vom 28. April und vom 4. Mai irgend welche gewaltsame Mittel zur Durchführung der Verfassung im
Auge gehabt. Sie aber verlangen in dem betreffenden Beschlusse von dem abgetretenen Ministerium einen Schritt, der selbst über die Beschlüsse vom 10. Mai hinaus gehen würde. Wir sind nicht im Stande,
ihn auszuführen. Ich bitte deshalb die Sache noch einmal in Erwägung zu ziehen und sogleich, denn die fränkischen Abgeordneten, die sich hier befinden, haben erklärt, daß der Reichskommissar morgen um
2 Uhr in Nürnberg eingetroffen sein müsse, wenn seine Sendung irgend von Wirksamkeit sein solle. Noch auf einen Punkt muß ich Sie aufmerksam machen. Das sind die drei Personen, welche von Nürnberg aus
im Voraus für dies Reichskommissariat bezeichnet werden. Ich achte die Lauterkeit der Bestrebungen dieser Herren. Aber ich kann, und auch nach der Erfahrung an Hrn. Eisenstuck in der Pfalz, nicht
annehmen, daß sich ihre Handlungsweise ganz und überall im Sinne des Ministeriums bewegen werde.
Da auf diese Erklärung des Hrn. v. Gagern kein Antrag gestellt wird, so bleibt die Sache auf sich beruhen.
Wigard stellt folgenden dringlichen Antrag:
Die National-Versammlung möge beschließen, daß die sächsischen Minister als verantwortlich für das in Dresden vergossene Blut zu erklären seien, daß das preußische Militär Sachsen sofort zu
verlassen habe. Daß, so lange die sächsische Regierung die Reichsverfassung nicht anerkannt habe, die ganzen sächsischen Truppen den Befehlen des Reichskommissärs unterzuordnen seien.
Die Dringlichkeit wird nicht anerkannt und der Antrag dem Dreißiger-Ausschuß überwiesen.
v. Gagern beantwortet für den abwesenden Kriegsminister v. Peucker die gestrige Interpellation Simons aus Trier: daß von den aus Homburg zurückkehrenden Exekutionstruppen allerdings eine
halbe Schwadron östreichischer Dragoner in Frankfurt zurückbehalten worden sei, um der durch die Züge nach Schleswig-Holstein geschwächten Garnison den Dienst zu erleichtern. Die Wachen seien ferner
angewiesen, bewaffnet auftretenden Nichtmilitärs die Waffen abzunehmen. Auch ist das Tragen rother Abzeichen verboten.
In Folge dieser Antwort stellt L. Simon (Trier) zwei Dringlichkeits-Anträge:
1. daß das Ministerium aufgefordert werde, keine Truppen von Staaten hierher zu ziehen, die der Reichsversammlung den Krieg erklärt haben;
2. die National-Versammlung möge erklären, daß das gegen die Bürger einseitig erlassene Verbot von Tragen von Waffen und Abzeichen für nicht gesetzlich, nicht begründet und nur geeignet um Konflikte
herbeizuführen.
Beide Anträge werden für nicht dringlich erklärt.
Schluß der heutigen Sitzung bald nach 12 Uhr; die nächste: Montag, 13. Mai
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@facs | 1696 |
Mannheim, 10. Mai.
Auf den 12. d. ist ein allgemeiner Landeskongreß der Abgeordneten der Volksvereine in Offenburg und eben daselbst für den 13. d. eine Landes-Volksversammlung
ausgeschrieben.
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@facs | 1696 |
[
233
] Ludwigshafen, 11. Mai.
In Eile theile ich Ihnen mit, daß 80 Rekruten sammt der Eskorte-Mannschaft zu uns (den Pfälzern) übergegangen. Von allen Seiten eilen sowohl Soldaten
wie andere Mannschaften herbei. Wir haben nicht Raum genug, sie hier unterzubringen und senden sie deshalb nach einem
[1697]
andern Ort der Pfalz, wo es weniger an Raum gebricht. Es thut uns leid, daß wir nicht mehr Leute hier behalten können, da Ludwigshafen unstreitig ein wichtiger Punkt ist.
So eben sind auf drei Dampfschiffen baierische und preußische Truppen als im Anmarsche befindlich avisirt. Nächstens mehr.
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@facs | 1697 |
[
*
] Kempten, 7. Mai.
Auch Altbaiern rührt sich. Die gestrige Volksversammlung, von circa 12,000 Menschen besucht und von 35 politischen Vereinen beschickt, sprach sich energisch
für die Reichsverfassung aus.
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@facs | 1697 |
[
*
] Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai.
Ein gestern erschienener Armeebefehl lautet:
Wenn es möglich ist, soll die Armee aus den Magazinen, die Jütland zu füllen hat, verpflegt werden. Wo dies nicht gut angeht, haben die Quartierwirthe, wenn es ohne zu große Hartherzigkeit
geschehen kann, die Einquartirung zu verpflegen. Da dies aber nicht lange ausreichen wird, so haben die verschiedenen Abtheilungen, sobald es nothwendig ist, kleine bewaffnete Requisitionstrupps unter
einem Offizier und in Begleitung eines Dollmetschers und des betreffenden Bauernvogts zu entsenden. Das Erlangte wird in die verschiedenen belegten Gemeinden oder Gehöfte vertheilt. Jedenfalls hat das
Quartier aber Frühstück und Wein für die Offiziere, sowie wenigstens Grog für die Mannschaft herzugeben.
Es laufen zwar Gerüchte um, daß die Reichstruppen in Fridericia eingerückt seien, allein es fehlt bis jetzt an jeder Bestätigung.
Italien.
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@facs | 1697 |
[
*
]
Aus Sizilien hat der „Sully“ Briefe vom 30. überbracht, wonach in Palermo trotz der verrätherischen Bourgeoiskapitulation die größte Entschlossenheit zu neuem
Widerstand herrscht. Der Bourgeoismagistrat, welcher die Leitung der Geschäfte übernommen hat, soll in rathloser Bestürzung sein, da sowohl die am 24. an den General Filangieri abgesendeten 5
Capitulationscommissarien nicht zurückgekommen sind, als auf der andern Seite die Revolutionäre gedroht haben, bei Anrücken der (von der Landseite erwarteten) neapolitanischen Armee die Stadt in Brand
zu stecken.
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@facs | 1697 |
[
*
] Rom, 3. Mai.
Die Neapolitaner, welche in die Provinz Velletri eingefallen, marschiren gegen Rom. Garibaldi mit 9000 Mann eilt ihnen entgegen. Die französische Pabstarmee hat
ihr Hauptquartier in Palo errichtet. Zu gleicher Zeit hat der Minister des Innern an alle Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er ihnen erkärt, daß die römische Armee bald die Offensive
ergreifen würde, falls die Franzosen nicht nach Civita Vecchia zurückmarschiren.
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@facs | 1697 |
[
*
]
Das römische Volk hat folgende Adresse an die „Wähler von Paris“ gerichtet:
„Die Schmach euerer Regierung ist erfüllt. — Sie ist am 30. April durch ein den heiligsten Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit abtrünniges und verrätherisches Ministerium
erfüllt worden. Man hat die französischen Soldaten zu Schlächtern Italiens, zu Mördern eines hochherzigen Volkes gemacht, welches vor Schmerz und vor Wuth weinte, daß es durch die Annäherung der
Franzosen zum Brudermord verurtheilt ward; man hat sie gegen ein Volk geführt, welches geschworen hatte, eher aus den Reihen der lebenden Nationen verschwinden, als die mit dem Blute ganz Italiens
errungenen Freiheiten gutwillig opfern zu wollen.
„Der 30. April 1849 wird einer der glorreichsten und unauslöschlichsten Tage der italienischen Geschichte sein. Seit Jahrhunderten haben allein die Tage von Mailand, von Brescia, von Bologna
der Welt gesagt, was dieses Volk, dieser Paria der Freiheit war, dessen Kleider wie die des Christengottes von den Fürsten zerrissen und mit Gewalt oder schmachvollem Schacher vertheilt wurden.
„Der 30. April sagt es Europa und vor Allem Frankreich, was dies italienische Volk ist, gegen das sich jetzt die Verläumdungen des ganzen Erdkreises richten, vielleicht weil es einst den
Erdkreis zu seinen Füßen sah.
„In Rom hatten sich die Männer aller Parteien Italiens vereinigt.
„Ein französischer General, der den guten Glauben seiner Soldaten täuschte, indem er schwur, daß Rom in den Händen einer Bande Meuchelmörder sei, daß eine neapolitanische oder östreichische
Invasion den römischen Staat bedrohe, und daß die französischen Truppen die Rolle des, in den Patriarchen-Vätern verheißenen Erlösers zu spielen berufen seien: dieser General, der selbst nur ein
elendes Werkzeug der gegen das hochherzige französische Volk verschworenen Verräther war, rückte gegen Rom, um sich nach seiner Meinung der Stadt durch einen Handstreich zu bemächtigen.
„Aber Rom, diese Mutter der Herrlichkeit und des Verderbnisses der Welt, Rom erhob sich in heiligem Zorn, wie in jenen Zeitaltern, wo sein Zorn gleich einem Blitz auf das unterjochte Weltall
fiel. Einstimmig war der Schrei der Gelästerten, einstimmig der Schwur der Unterdrückten, einstimmig die Begeisterung der in Rom, dem letzten Asyl des Heils und der Ehre versammelten Italiener. Alle,
Alle bis auf die Greise und Frauen, liefen hin zu den Waffen und auf die Barrikaden.
„Am Abend betraten 500 Franzosen als Gefangene die Stadt. Das siegreiche Rom hat sie als Freunde und Brüder behandelt und über die wahre Lage des verläumdeten Landes aufzuklären gesucht. Und
an diesem Abend hatte die römische Republik 500 neue Freunde gewonnen und die französische Reaktion 500 Sklaven verloren.
„In diesem Augenblick, Brüder von Paris, zieht sich eure Armee plötzlich gegen Civita-Vecchia zurück, wo sie bereits den ersten Streich auf unsere Republik, auf die italienischen Patrioten
geführt hat. In diesem Augenblick hat die römische Republik ihre Kriegsgefangenen gegen 400, unter den verächtlichsten Vorwänden und durch eine Uebermacht von 12,000 Mann in Civita Vecchia entwaffnete
Soldaten ausgetauscht.
„Die Reaktion, welche Euch alle drückt, Franzosen! diese durch das Ministerium Barrot so frech vertretene Reaktion, wird, da jetzt ihr Schlag gegen die Republikaner von Rom mißglückt ist,
ein Schlag der den Ruhmesglanz der französischen Waffen durch seine Schande verdunkelt, vielleicht ihre vor Rom grschlagenen Generäle dazu aussenden, um die Republikaner und die Ehre von Venedig in
die Falle zu locken. Damit nicht genug, Franzosen schicken sich auch, Eure Generäle, diese galonnirten Maschinen, die Ihr mit Eurem Blute, mit Eurer Ehre bezahlt, dazu an: dem neapolitanischen Henker
die Hand zu drücken, der auf Rom losrückt, um jene Tapfern daraus zu verjagen, die geschworen haben, auf dem Kapitol zu sterben, so lange noch ein Hügel, ein Haus in Rom zu vertheidigen ist.
„Wähler von Paris! denkt darüber nach, welch ein, in Euren Annalen unerhörtes Schauspiel der Infamie Euer Ministerium der Welt giebt, blos um eine Wahl-Majorität zu erhalten, die stolz über
einen Sieg in Rom, die Regentschaft und die Kosacken in die Tuillerien einzuführen denkt.
„Wähler von Paris! Eure Waffen wurden in doppelter Weise durch Euer Ministerium entehrt: durch die Infamie eines Angriffs und durch die Schmach einer Niederlage!
„Wir Republikaner von Rom, indem wir den, der französischen Demokratie von uns wiedergegebenen Gefangenen ein brüderliches Lebewohl sagen, sandten Euch dieses kurze Bild Eurer Mission in
Italien! Eurer Mission, Brüder Republikaner von Paris, die Gott sei Dank, nicht Eure wahre Mission ist, die man aber nichts destoweniger in Euerm Namen erfüllt.
„So sind denn jetzt die Soldaten von Austerlitz, von Jena von Marengo: Die Soldaten des Pabstes!
„Wähler von Paris, legt die Hand aufs Herz und wenn ihr an Gott glaubt und an die Zukunft, so rettet, wenn es kein anderes Mittel gibt, durch das Mittel der Wahl Eure junge Republik und
unser unglückliches Italien!
Gruß und Brüderschaft!
Das römische Volk.
(Folgen 3000 Unterschriften.)
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@type | jArticle |
@facs | 1697 |
[
*
] Turin, 7. Mai.
Das neue Ministerium ist gebildet. Azeglio ersetzt den De Launay als Premierminister.
Romarino, der heute früh 7 Uhr rücklings erschossen werden sollte, hat auf Cassation des Todesurtheils angetragen. Durch die Verurtheilung Romarino's ist der Verrath, durch welchen
Radetzky allein gesiegt hat und den die schmutzigen DuMont'schen Zeitungsschmuhle und bezahlten Polizeiklakeure als einen respektwidrigen Zweifel an den östreichischen Verdiensten ausheulten,
vollends bestätigt worden.
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@type | jArticle |
@facs | 1697 |
Hauptquartier Mestre, 4. Mai.
Um 12 Uhr hat das Bombardement auf Malghera aus allen angelegten Batterien zu gleicher Zeit begonnen und ist von dem Fort mit einem fürchterlichen ungleich
starkeren Feuer erwiedert worden. Sie haben dort auf allen nur möglichen Punkten Geschütze des größten Kalibers aufgefahren. Auch werfen sie nutzloserweise Raketen und schießen aus den entlegensten
Werken auf unsere Batterien. Sie unterhalten ein wildes ungestümes Feuer, wogegen unsere Artilleristen ruhig und in bestimmten Pausen schießen; wir wollen erwarten wie es morgen aussieht.
[(A.
Z.)]
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@type | jArticle |
@facs | 1697 |
[
*
] Mestre, 4. Mai.
Gleich nach seiner Ankunft hat Radetzki eine Aufforderung an die Bewohner Venedig's erlassen, sich binnen 48 Stunden, d. h. bis den 6. Mai, 8 Uhr
Morgens, auf folgende „unabänderliche“ (!) Bedingungen zu ergeben:
„Art. 1. Unbedingte, volle und gänzliche Unterwerfung.
Art. 2. Unmittelbare Uebergabe der ganzen Stadt und sämmtlicher Forts und Arsenale, die von meinen Truppen besetzt werden sollen, denen gleichfalls alle Kriegsfahrzeuge, zu welcher Zeit sie auch
gebaut worden sein mögen, alle öffentlichen Anstalten, alles Kriegsmaterial und alle Gegenstände irgend einer Art, die Eigenthum des Staates sind, zu übergeben sind.
Art. 3. Auslieferung aller Waffen, sie mögen dem Staate oder Privaten gehören.
Dagegen bewillige ich folgende Punkte:
Art. 4. Es wird allen Personen ohne Unterschied, welche die Stadt verlassen wollen, gestattet, binnen 48 Stunden nach der Uebergabe zu Lande oder zu See aus Venedig abzureisen.
Art. 5. Es soll ein General-Pardon für alle Unteroffiziere und Gemeinen der Land- und Seetruppen erlassen werden.
Von meiner Seite werden die Feindseligkeiten den ganzen morgenden Tag hindurch bis zur obenerwähnten Stunde, nämlich 8 Uhr Morgens am 6 Mai eingesteht werden.
Aus meinem Hauptquartier Casa Papadopoli den 4. Mai 1849.
Der Oberbefehlshaber der k. k. Truppen in Italien, Radetzky, Feldmarschall.
Französische Republik.
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@facs | 1697 |
[
12
] Paris, 12. Mai.
Der Veitstanz: das ist die wahre Stellung der Pariser Bourgeoisie.
Paris tanzt den Veitstanz: es tanzt ihn in der Kammer, außerhalb der Kammer, allenthalben. Die Pariser Arbeiter stehn ruhig im Kreise herum, und sehen und lachen wie die Bourgeoisie so krampfhaft
zuckend Hände und Beine zusammenschlägt. Alles verwickelt sich täglich mehr und mehr. Täglich treffen von Rom neue Nachrichten ein, welche die Sache noch mehr compliciren. Die Soldaten der Expedition
erklären jetzt öffentlich: Wir dürfen nicht gegen Rom kämpfen, wir wollen nicht die römische Republik vernichten. Die Italiener sind brav und tapfer: sie haben uns geschlagen und sie haben recht
gethan. Warum hat man uns nach Rom geschickt? Und doch, was bleibt uns jetzt anders zu thun übrig, als uns in Rom tödten zu lassen. Briefe der Art werden öffentlich in der Kammer verlesen. Und die
Kammer tobt vor Wuth; sie beschließt: die Expedition von Rom soll ihrem wahren Zwecke zugelenkt werden.
Nun schreibt Napoleon einen Brief an Oudinot, worin er ihn auffordert, abermals gegen Rom zu rücken, und ihm in seinem persönlichen Namen Verstärkung verspricht. Nun geht der General Changarnier
hin und schickt den Brief Napoleon's an alle Generäle, an alle Regimenter, und denunzirt die Kammer und die Männer, welche dem Briefe Napoleon's zum Trotz, statt Verstärkung dem Oudinot
zu schicken, beschlossen haben, seine Handlungsweise in Rom zu desavouiren! Also die Bourgeoiskammer, die schon so bourgeoismäßig aufgetreten, wird von den Bourgeoisgenerälen verhöhnt und denunzirt!
Der Bourgeoisgeneral der Börse, Changarnier, der von der Börse 50,000 Fr. jährlich erhält, erklärt sich für Oudinot, für Napoleon, für jeden Monarchen.
Und die Kammer schäumt abermals vor Wuth! Sie weiß nicht mehr, woran sie hält! Soll sie das Ministerium oder Napoleon, oder Changarnier aufgeben und die römische Republik anerkennen?
In dieser Verlegenheit thut sie gar nichts: sie adoptirt mit sechs Stimmen Majorität die Tagesordnung: neuer Anfall von Wuth; die Kammer erkennt ihre Hülfslosigkeit, und ist mit sich selbst
zerfallen.
Die Bourgeoisie tanzt den Veitstanz, und um sie herum steht die große Proletariermasse und lacht und schaut zu, wie die Bourgeois revolutioniren. Der Augenblick ist gekommen, wo die
Juni-Insurgenten gerächt werden. Dieses Mal sind's die Bourgeois, die den Kampf beginnen gegen ihr eigenes Machwerk, gegen die Contrerevolution. Bei dem ersten Signal des Kampfes wirft sich die
Proletariermasse hinein, und schreitet über Marrast, Faucher und Napoleon hinweg, nach Italien und nach dem Rhein, gegen alle mit Rußland verbündete Staaten!
Von Rom ging in vorigem Jahre die erste revolutionäre Bewegung aus: sie hat über Paris den Weg durch ganz Europa gemacht. Ihr folgte die Contrerevolution, die gleichzeitig von Rom und Paris
ausgehend, sich über ganz Europa verbreitet. Mit Rom beginnt jetzt wiederum die neue Revolution. Was zwischen Rom und San Paolo (Oudinot) vorgeht, das ist's was die revolutionäre Spannung, den
revolutionären Kampf unterhält. Die beider Lager von Rom und San Paolo verlängern sich und ziehen sich hinaus bis nach Frankreich, bis nach Paris. Die kontrerevolutionäre Parte- stürzt sich nach Paolo
mit ihren Bourgeois-Generälen. Die revolutionäre Partei ist von Ungeduld entbrannt, ihr zuvorzukommen, und will in Paris die Schlacht zwischen Rom und San Paolo auskämpfen.
Die Bourgeoisminister von Paris stehen mit einem Fuße in Rom, mit dem andern in Paolo; sie möchten Rom und San Paolo ausgleichen, versöhnen, und stoßen auf einen Ochsen von Napoleon, der seinerseis
den kaiserlichen Tanz tanzen will; in dieser halsbrechenden Stellung verliert der olympische Barrot den Kopf; auch er, der sonst so ruhig, bekommt konvulsivische Zuckungen in den Armen und Beinen und
mit ihm das ganze Ministerium, und tanzt den Veitstanz und das Alles hat Napoleon gethan. O, wir haben es von Anfang an gesagt: Napoleon ist nicht so dumm, wie er aussieht: Dummer! dummer!
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@facs | 1697 |
Paris, 12. Mai.
Im Moniteur keine neuen Depeschen aus Rom. Die gestrigen Depeschen brachen mit dem 4. Mai ab; unsere heutigen Fahrpostberichte reichen nur bis zum 3. Mai.
Dagegen sagt die „Tribune des Peuples“:
„Man versichert uns, die Regierung habe durch den Telegraphen Nachrichten aus Rom vom 5. Mai erhalten. Ihnen zufolge habe Oudinot eine neue Niederlage erlitten und die Neapolitaner mit ihrem
spanischen Vortrabe seien unter dem Pabstgeneral Zuchi ebenfalls von den Römern geschlagen worden.“
— Die „Estaffette“ will wissen, der Telegraph habe gestern dem Marschall Bugeand befohlen, mit seiner Division die Alpen zu überschreiten.
— Dem „National“ zufolge habe unser Admiral Rigodit Befehl erhalten, die Gewässer von Venedig zu verlassen und sich an die römischen Gestade zu begeben, wahrscheinlich vor
Ancona.
— Seit gestern haben wir fünf neue Regimenter in Paris.
— „Peuple“ steht heute wieder vor den Assisen. In den letzten vier Tagen wurde er jeden Morgen confiszirt. Trotz alledem und alledem setzt er regelmäßig über fünfzigtausend
Exemplare ab. Das Pariser Civil und Militär liebt die verbotenen Früchte über Alles. Die Abbaye ist mit Tourlourois angefüllt, die ihren ersten demokratischen Wahleifer mit 50 bis 60 Tagen strengem
Arrest büßen. Sechszig Tage Arrest für jeden Soldaten, der den „Peuple“ lies't!
— Der hiesige deutsche Arbeiterverein ist so gut wie aufgelös't. Dieser Verein, der im vorigen Jahre unter Marx und Schapper mehrere Tausend Mitglieder zählte, war in letzter Zeit
unter tiefsinnigen wasserpolackischen „Calvinisten des Communismus“ bis auf höchstens 80 aus Proudhoniaren und Weitlingianern bestehenden Gliedern zusammengeschmolzen. Was der
Schwabe Herwegh treibt, darüber schweigen die hiesigen Salons gänzlich. Heine liegt fortwährend sehr krank darnieder.
— Aus Toulon reichen unsere Postberichte bis zum 9. Mai. Am Tage vorher hatte man dort den Befehl erhalten, noch 5000 Mann als Verstärkung eiligst nach Civita Vecchia einzuschiffen. Das sind
wahrscheinlich die Renforts, die der Präsident Bonaparte in seinem berüchtigten Briefe seinem lieben General Oudinot verheißt.
— Der Moniteur zeigt an, daß die Leihämter von nun an kein Geld auf Waffen mehr borgen und daß alle verpfändeten Waffen nach Vincennes geschafft sind, wo sie von den Eigenthümern
eingelös't werden können.
— Die Theilnahme an der morgigen Wahlschlacht scheint ziemlich stark zu sein. Man erblickt lange Reihen, sogar viele Equipagen vor den Mairie-Zugängen, deren Eigenthümer sich die
Wählerkarten holen. Nur gegen Vorzeigung dieser Karte darf man morgen stimmen. Für den Arbeiter bedingt dieses Kartenholen, doppelte Einschreibungen in die Listen u. s. w. einen sehr fühlbaren
Verlust; daher viele ihr Stimmrecht wegen Nichterfüllung aller dieser Förmlichkeiten einbüßen dürften. Der demokratische Ausschuß warnt dieserhalb vor solcher Versäumniß.
— Paris lies't heute die gestrigen Kammerverhandlungen zum Theil an den Straßenmauern. Ueberall starren den Vorübergehenden kolosse rothe Plakate entgegen: Die Franzosen in Rom!
Protestation der Römer gegen die Franzosen! Proklamation Roms an die Franzosen u. s. w. u. s. w.
— Flocon brachte in heutiger Sitzung die ungarisch-deutschen Verhältnisse und die russische Intervention zur Sprache. Zur Debatte kam es nicht. Flocon verlangte, daß der diesfällige
diplomatische Notenwechsel auf den Tisch des Hauses gelegt werde. Der Minister hat dies versprochen.
— Marrast ist krank; er hat Kopfschmerz, den ihm wahrscheinlich die gestrige Niederlage zuzog. Der alte Fuchs, im treuen Bunde mit Cavaignac, hatte wirklich Alles auf einen Wechsel
vorbereitet und sicher auf den Sturz des Ministeriums und Changarnier's gerechnet. Ledru-Rollin hatte er, wie gewöhnlich, den Vortrab anvertraut, der auch tüchtig auf das Ministerium
losdonnerte. Aber es scheint, daß sich Barrot und Marrast gegen 4 Uhr in einem Nebengange während einer Pause sprachen, und daß Barrot dem Marrast gelobte, einen tadelnden Artikel rücksichtlich des
berüchtigten Tagesbefehls in den Moniteur einrücken zu lassen. Daher soll es kommen, daß die Marrastiner gestern beim Abstimmen etwas flauer wurden und das Ministerium fast 40 Stimmen erschlich. Heute
früh ist aber der Moniteur ohne den verabredeten Artikel erschienen und Marrast, sich überlistet fühlend, schäumt heute vor Wuth. Er hat seinen Generalstab von Neuem zusammengetrommelt und wir
hören, daß Goudchaux, Baulabelle, Clement Thomas, Dégoussée und Comp. in Permanenz bei ihm sitzen. Welchen neuen Feldzug sie dort ausspinnen werden, ist natürlich noch Geheimniß.
Jedenfalls ist es aber sehr komisch, zu sehen, wie sich diese sterbende Partei der „Honetten“ gebehrdet.
Am späten Abend begab sich Napoleon Bonaparte in den Chabrol-Club und schimpfte dort gegen seinen erlauchten Vetter Louis. Jedenfalls führen diese Herren etwas Großes im Schilde. Aber Changarnier
überwacht dieses Treiben mit Geierblicken und läßt jede Nacht die Wachtposten am Elysium, an den Ministerhotels, an der Bank u. s. w. nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen.
— Courtais wohnte heute der Sitzung zum ersten Male bei.
— National-Versammlung. Sitzung vom 12. Mai. Anfang 1 1/4 Uhr. Corbon präsidirt.
Corbon bringt einen alten Nachkredit zur Debatte, die kein Interesse bietet.
Der Kredit geht mit 498 gegen 5 Stimmen durch. Das Haus ist also kaum beschlußfähig.
Flocon: Ich unterbreche die Tagesordnung durch die Interpellation an den Minister des Aeußern in Bezug auf die Ereignisse, die sich an der Donau in Ungarn zutragen. Ich frage hiermit an,
welchen Antheil nimmt die französische Regierung an den Ereignissen in Deutschland. Die ungarisch-deutschen Ereignisse sind für die europäische Entwickelung und namentlich für die französische
Republik außerordentlich wichtig. Rußland schreitet ein, 30,000 Russen eilen dem bedrängten östreichischen Kaiser über Preßburg, 40,000 Mann über Ducla und 100,000 Mann durch Siebenbürgen zu Hülfe.
Nicolaus selbst werde in Olmütz oder gar in Wien erwartet. Was thut hierbei das Ministerium?
Drouyn de Lhuys: Sobald die Regierung von der russischen Intervention Kenntniß erhielt, schrieb sie nach Petersburg, London, Berlin und Wien. Die Thatsache der Intervention erscheint ihr
bedauerlich. Wir werden uns beeilen, ihr auf diplomatischem Wege entgegenzutreten. Genügen diese Wege nicht, dann werden wir die Versammlung um ihre Meinung befragen. (Beifall rechts).
Flocon erwidert, daß ihm der diplomatische Protest auf dem Papier wenig Vertrauen einflöße. Das Ministerium habe das Vertrauen des Landes längst verloren. (Lärm) Ich stelle daher den Antrag,
daß der Minister alle diplomatischen Papiere auf den Tisch des Hauses lege.
Corbon: Das ehrenwerthe Glied möge dies schriftlich thun.
Die Versammlung nimmt demnächst das Budget wieder auf.
Die Kriegsbudgetdebatte war bis Kapitel 24 gerückt.
Kapitel 25, 26 und 27 gehen ohne erheblichen Widerspruch durch.
Bei Kapitel 28 rief die telegraphische Linie einigen Kampf hervor.
Nach Beseitigung desselben wird auch Kapitel 28 angenommen.
Hier wird die Debatte abgebrochen.
Corbon ermahnt die Versammlung, sich morgen im 14. Bureausaale einzufinden, um an der Landeswahl Theil zu nehmen. Der Modus bleibt wie am 10. Dezember.
Corbon: Mehrere Glieder haben darauf angetragen, am nächsten Montage keine Sitzung zu halten. (Oh! Oh!)
Es wird beschlossen, am Montag zu sitzen und die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1698 |
Bekanntmachung.
Die zweite tägliche Personenpost zwischen Mühlheim am Rhein und Berg. Gladbach fährt jetzt aus Berg. Gladbach um 4 Uhr Nachmittags, aus Mühlheim am Rhein um 7 Uhr Abends ab.
Köln, den 12. Mai 1849.
Ober-Post-Amt.
Rehfeld.
Auszug
Durch Act des Gerichtsvollziehers Kaesbach vom 12. Mai 1849 hat die Ehefrau des früher zu Geistingen, jetzt zu Stieldorf, Kanton Hennef, wohnenden Blaufärbers Karl Wilhelm Lichius, Anna Margaretha
geb. Kurscheid, ohne besonderes Geschäft, ebendaselbst wohnhaft, die Klage auf Gütertrennung gegen ihren genannten Ehemann zum K. Landgerichte in Köln angehoben, unter Bestellung des unterzeichneten,
zu Köln wohnenden Advokaten Heinrich Pheifer zu ihrem Anwalte.
Köln, 12. Mai 1849.
Pheifer, Adv.-Anwalt.
Gerichtlicher Verkauf.
Am 18. Mai 1849, Vormittags 10 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Altenmarkte zu Köln, Tische, Stühle, Bänke, Oefen etc. gegen baare Zahlung öffentlich meistbietend verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Simons.
Inserat.
Unsere tapferen Kameraden — welche voriges Jahr im v. der Tann'schen Freikorps den Feldzug in Schleswig-Holstein mitmachten — werden hiermit gerufen, sich heute Mittwoch
Nachmittag um 4 Uhr in dem Lokal des Herrn Scheben auf Rom zu versammeln.
„Brüder — die Ihr unsere Gefahren siegreich theiltet — kommt — das Vaterland ruft!
Eure Kameraden.
Bürgerwehr I. Comp. den 15. Appell, 7 1/2 Uhr Abends, bei Lugt, Löwengasse.
Turnverein zu Köln.
Dienstag den 15. allgemeine außerordentliche Versammlung, Abends 8 Uhr, bei Wanscheidt, Augustinerbogen.
Der Turnrath.
Freiheit!
Gestern Nachmittag fuhren mit dem Dampfboot der K. M. Eisenbahn-Gesellschaft mehrere Kölner Bürger über den Rhein, um in der an der Mühlheimer Landstraße gelegenen Volk'schen Gastwirthschaft
sich mit Scheiben- und Stern-Vogelschießen zu amüsiren. Auf dem Rückmarsch wurden die, welche ihre eigenen Büchsen mitgenommen hatten, durch „mein herrliches Kriegsheer“ genöthigt, auf
der Wachstube am Mühlheimer Thor ihre Namen im Buch einzutragen. Zwei Anderen, die denselben staatsgefährlichen Plan hatten und durch Deutz dahin gehen wollten, sollen die Büchsen daselbst sogar
abgenommen worden sein.
Steht davon auch etwas in der oktroyirten Verfassung, daß man nicht Scheibenschießen darf?
Ich erkläre hiermit, daß die Annonce der N. R. Ztg., so wie die Anschlagzettel ohne mein Wissen und Willen geschehen ist.
Johann Hamspohn.
Vivat der Christian B‥n in der Rheingasse sall levve,
Et Finche dernevve,
Der Maitrank [unleserlicher Text]m Nümat derbei,
Hoch leben sie alle Drei.
Och e nä.
Vivat Christian in der Rheingasse.
Du Ritter kühn, bist ohne Furcht und Adel,
Ein tapfrer Degen, liebst auch schöne Madel,
Fühlst Dich glücklich hinter einer Bowle,
Drohst den Kroaten mit der Pistole!
Dreifach hoch Dir, der für die Freiheit ficht,
Und den Tyrannen die Hälse bricht.
Kleeblatt.
Agentur-Gesuch für ein lucratives Geschäft, welches in allen deutschen Ländern ohne Fonds betrieben werden kann. Die Provision ist 33 1/3 pCt., und wird nur ausgebreitete Bekanntschaft und Realität
verlangt, besonders Bewohnern kleiner Orte anzuempfehlen. — Anmeldungen unter B. L. Nr. 4, Post restant franco, Frankfurt a. M. werden erbeten.
Schneidergesellen finden Arbeit. Unter Goldschmidt 54.
Rhein- und Yssel-Dampfschifffahrt.
Von Köln nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim, Doesborgh, Zütphen, Deventer, Zwolle, Kampen u. Amsterdam, in Verbindung nach Hull, London und Hamburg, jeden Sonntag, Dienstag und Freitag,
Abends 8 Uhr.
Ankunft der Passagiere in Amsterdam am nächsten Tage um 2 Uhr Mittags.
Näheres über die ermässigten Frachten für Passagiere und Güter ettheilt:
Die Agentur, Friedrich-Wilhelm-Strasse Nro. 6-8.
Köln, den 30. März 1849.
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Vom 17. April ab fahren die Schiffe von Köln:
Morgens um 4 Uhr täglich, außer Donnerstag und Samstag.
In einem Tage über Nymegen nach Rotterdam.
In einem Tage über Arnheim nach Amsterdam.
(resp. im Anschluß an den vorletzten 4 3/4 Uhr Eisenbahnzug von Arnheim nach Amsterdam).
Nachts um 1 Uhr täglich, außer Sonntag und Dienstag direkt nach Mannheim und Ludwigshafen.
Der „Batavier“ fährt jeden Dienstag von Rotterdam nach London; fährt jeden Sonntag von London nach Rotterdam.
Bei direkten Einschreibungen betragen die ermäßigten Preise von Köln bis London:
Große Cajütte (Chief Cabin) Thlr. 8 17 Sgr.
Vorkajütte (Fore Cabin) Thlr. 5 4 Sgr.
Nähere Auskunft wegen Passagiere und Güter ertheilt der Agent Albert Heimann, Friedrich-Wilhelmstraße Nro. 4.
Bonn-Kölner Eisenbahn.
Vom 16. April bis 30. September d. J. fahren die Züge täglich:
Von Köln.
6 1/2 *), 10 **), 11 1/2 ***) Uhr Vormittags.
2 Uhr 50 Minuten, 5, 8 Uhr Nachmittags.
Von Bonn.
6, 8, 12 Uhr Vormittags.
2 Uhr 20 Minuten, 5 Uhr 10 Minuten, 8 1/2 Uhr Nachmittags.
*) Anschluß in Bonn an die Dampfschiffe der Kölnischen und Düsseldorfer Gesellschaft an demselben Tage bis Mainz.
**) Anschluß in Bonn an das Dampfschiff der Düsseldorfer Gesellschaft bis Koblenz.
***) Anschluß in Bonn an das Dampfschiff der Kölnischen Gesellschaft bis Koblenz.
Die Direktion.
Das Haus Breitestraße Nr. 5 ist zu vermiethen und gleich zu beziehen. Bescheid Hochstraße 20-24.
Steindrucker.
2 Steindrucker finden Arbeit. Obenmarspforten 10.
Englischer Hof empfiehlt einem reisenden Publikum bestens Köln im Mai 1849.
H. J. Thibus.
Drei durcheinandergehende schöne möblirte Zimmer sind
Güter-Verkauf in einem Termine.
Die Erben Knipscheer auf der Horst, lassen theilungshalber das Gut Horst zu Altcalcar gelegen, nebst allen übrigen Gütern, Kathstellen und sonstigen Ländereien, Mittwoch am 6. Juni d. J., Morgens 9
Uhr, zu Calcar in der Stadtwage, durch den unterzeichneten Notar öffentlich auf Credit verkaufen.
Das Haus Horst besteht aus einer herrschaftlichen Wohnung und Oekonomie-Gebäuden mit großen Gärten und folgenden Aecker, Wiesen und Holzung umgeben, wie solches zum Hause Horst gehört. —
Langenbergs-Hof und die Kathstellen so wie auch die Parzellen in den Gemeinden Calcar, Hauselaer und Wissel werden parzellenweise verkauft.
gap: insignificant
Calcar, den 11. Mai 1849.
Lenz.
Bekanntmachung.
Von vielen Correspondenten geschieht es, und besonders ist das seit einiger Zeit von mehreren der bedeutendsten Banquier- und Handlungshäuser beobachtet worden, daß die Gelder, rekommandirte Briefe
und Fahrpostgegenstände überhaupt in der letzten halben oder viertel Stunde vor der Schlußzeit in großer Anzahl zur Post geliefert werden.
Da die Schlußzeit für Fahrpost-Gegenstände schon sehr bemessen ist, so ist es einleuchtend, daß in dem letzten Augenblicke nicht so viel Kräfte beschafft werden können, um dieselben — da
jeder Gegenstand gewogen und eingeschrieben, über Gelder, Werthstücke und rekommandirte Briefe Einlieferungsscheine ausgestellt werden müssen — zur rechten Zeit an die Abfertigungs-Expeditionen
abgeben zu können, wodurch bei der Eile Versendungen und Zurücklassungen fast unvermeidlich bleiben, vorzugs- und präzise auf den vom Postlokale entfernt gelegenen Eisenbahnhöfen eintreffen müssen,
wenn der Anschluß nicht verfehlt werden soll.
Im eigenen Interesse der Correspondenten ersuche ich dieselben, die Auslieferung bezeichneter Gegenstände, deren von einem Handlungs- oder Banquierhause oft 30-40 und noch mehr zugleich
eingeliefert werden, in der Folge nicht bis zum letzten Augenblicke zu verschieben, sondern solche früher, und wenn es möglich ist, successive zu bewirken, weil sonst die unvermeidliche Nothwendigkeit
eintreten dürfte, dieselben bis zur nächsten Post zurücklassen zu müssen.
Köln, den 25. April 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.