Deutschland.
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@facs | 1691 |
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068
] Köln, 13. Mai.
Wir machen unsere Leser auf die letzten Nummern der „Kölnischen Zeitung“ aufmerksam, namentlich auf das Blatt von heute, Sonntag, 13.
Mai.
Wohl noch nie ging die „ordinärste Natürlichkeit“ mit der erkauften Gemeinheit so sehr Hand in Hand, als in den letzten Leitartikeln und Korrespondenzen unserer
trefflichen Zeitgenossin.
Noch vor wenigen Tagen sahen wir den Eigenthümer der „Kölnischen Zeitung“ Herrn Joseph DuMont, auf dem Kongreß der rheinischen Gemeinderäthe, sich für die gefaßten Beschlüsse
rasch erheben. Heute sehen wir denselben Menschen, durch seinen Knecht Brüggemann, in jeder Zeile die brutalste Freude über die verunglückten Emeuten aussprechen, welche eben jene Beschlüsse der
rheinischen Gemeinderäthe im Gefolge hatten.
Aber dafür ist die Kölnische Zeitung denn auch so glücklich, den rheinischen Städten, zugleich mit dem Belagerungszustand, als einzige Zeitung octroyirt zu werden.
Wahrlich diesen Städten octroyirt man zu gleicher Zeit Blut und — Schmutz!
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@facs | 1691 |
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12
] Düsseldorf, 11. Mai.
Um allen elenden Entstellungen Dumont'scher Zeitungsschmuhl's und pommer'scher Polizeispione zu begegnen, gebe ich Ihnen nachträglich
eine zusammenhängende Darstellung der vorgestrigen Vorfälle. Die Einberufung der Landwehr durch das Potsdamer Unterknäsen-Ministerium steigerte die ohnehin vorherrschende Erbitterung gegen das
wohlbekannte lügnerische Haus der Hohenzollern. Die Einberufenen fragten sich: gegen wen will man uns gebrauchen? Gegen das Volk, oder im Dienste unseres russischen Caren gegen die Ungarn! Die
Elberfelder Landwehr erklärte geradezu, sie würde nicht Folge leisten; diesem Beispiele folgte die hiesige Landwehr wie das ganze bergische und das jülich'sche Land beinahe einstimmig.
Elberfeld, als der Hauptpunkt des eigentlichen bergischen Landes, versammelte alle Einberufenen, und man beschloß, auch der Gewalt nicht zu weichen. Eine Abtheilung Militär, ein Bataillon des 16.
Rgts., wurde hierauf dorthin beordert; die Truppen wurden in die Stadt bis zur katholischen Kirche gelassen, doch bald verbreitete sich in Düsseldorf das Gerücht, das Militär hätte die Stadt wieder
verlassen müssen, das ganze Wupperthal und Bergische habe sich bewaffnet, organisire sich, und hätte einen Sicherheitsausschuß ernannt, der möglicherweise die erste provisorische Regierung der neu zu
bildenden rheinischen Republik werden würde.
Diese Nachrichten brachten hier in Düsseldorf, wie leicht vorauszusehen, eine fieberhafte Bewegung hervor. Schon waren am Abend und die Nacht vorher eine Menge eingeforderter Landwehrleute, welche
hier eine öffentliche Versammlung gehalten, nach Elberfeld zu ihren Kameraden gereist. Nun zirkulirte am Abende des 9. plötzlich das Gerücht, Elberfeld wünsche von Düsseldorf Unterstützung, wenigstens
soweit, daß die Militärkräfte, welche etwa noch kommen könnten, am Rheine zurückgehalten würden. Die Stadt gerieth in Bewegung, einige Gamius benutzten die Gelegenheit, am Rathhaus nach eben
geschlossener Gemeinderaths-Sitzung die Fenster einzuwerfen, worauf der Polizeiinspektor Faldern sofort Militär requirirte und den Markt absperren ließ. Beim Anblicke dieser Gewaltmaßregeln begann das
Volk mit Blitzesschnelle an allen Punkten der Stadt Barrikaden zu errichten; die ganze innere Stadt war in der kürzesten Zeit damit beschäftigt, ohne daß an eine planmäßige Vertheidigung von Seiten
der unvorbereiteten waffenlosen Bürgerschaft zu denken war. Die Volksmenge aber wuchs mit jedem Moment und bei der Erregung vor den eingesehenen Anstalten wurde ein Konflikt unvermeidlich.
Gegen halb 10 Uhr wurde die erste Salve auf das Volk am „Hundrücken“ gegeben, und nun begann auch die Gegenwehr sich durch Feuer geltend zu machen. Außer der Masse schreiender und
unbewaffneter Bürger war die Zahl der wirklich am Kampf theilnehmenden Arbeiter über alle Maßen gering. Die Letzteren aber vertheidigten sich, je mehr sie sich vereinzelt sahen, mit desto größerer
Wuth und Entschlossenheit.
Gegen 11 Uhr donnerten die Kanonen zum erstenmale, und von jetzt ab hielt das Gewehrfeuer bis gegen Morgens an, um welche Zeit abermals die Kanonen ihr Feuer begannen. Die ganze Nacht über wurde
ununterbrochen Sturm geläutet, Zuzüge erschienen von draußen, und nahmen an dem Kampfe Theil.
Gegen 6 Uhr Morgens (am 10.) bemächtigte sich das Militär der ersten ganz vertheidigungslosen Barrikade in der Natingerstraße und nun begann ein infames hinterlistiges Morden von Seiten des
Militärs, wie es selbst die Kroaten in Wien nicht getrieben haben. Die mehrsten Opfer der Bürger fielen erst nach Aufhören des Kampfes! Auf Alles wurde geschossen, was sich am Fenster oder auf
der Straße zeigte; so fiel ein 66jähriger Mann, weil er seine Fensterladen aufmachen wollte. Heute Mittag um 12 Uhr noch wurde in der Allee ein Arbeiter, der ruhig von der Arbeit nach Hause zum
Essen gehen wollte, hinterrücks niedergeschossen. Als gestern Morgen ein Dienstmädchen über den Rathhausplatz ging, legte ein Unteroffizier dieser Räuberbande ganz kaltblütig sein Gewehr auf eine
Karre, zielte 2 Minuten und schoß mit echt preußischer Feigheit das wehrlose Mädchen zusammen. Die Kroaten sind Stümper gegen das „herrliche Kriegsheer“ des im März so feigen, hinter
russischen Bajonetten so „starken“ Potsdamer Unterknäs!
Bis jetzt rechnet man gegen 16 todte Bürger, von denen nur 4 oder 5 in offenem Kampfe gefallen sind, die andern alle von den Hohenzollern'schen Mordhunden gemeuchelt! Der Verlust des
Militärs ist trotzdem bedeutend größer; erst diese Nacht fuhr man zwei Karren Leichen aus dem Residenzgebäude. Es sind außer dem Adjutanten des Generals sicher 50 Soldaten geblieben; doch gibt man
sich die größte Mühe, den Verlust zu verheimlichen; man gibt nur Verwundete an, obgleich wir Augenzeugen sprachen, welche die Todten gezählt. Daß uns das Standrecht proklamirt, die Zeitungen verboten
etc. kann Sie unter dem, nach dem Einmarsch der Russen plötzlich wieder erstarkten feigen Hohenzollern nicht wundern.
Für den Augenblick ist dumpfe Ruhe, man hofft auf Elberfeld. Letzteres soll vortrefflich verbarrikadirt und durch Zuzug bereits zur Bildung einer förmlichen Armee, die außerhalb operiren kann,
erstarkt sein. Das ganze Bergische Land ist in offenem Aufstand und ein spanischer Guerillakrieg durch die Oertlichkeit hier mehr als anderswo zu hoffen. Die Fahrten der Eisenbahn sind
ununterbrochen, die Stationen jedoch überall von den Insurgenten bewacht.
N. S. Welche Erbitterung hier gegen die Hohenzollern'sche Henkerwirthschaft herrscht, mögen Sie aus folgendem entnehmen. Ein neunjähriger Knabe, über die verübten Bestialitäten empört, hatte
sich geschworen, den ersten Soldaten, der ihm auf der Straße begegne, niederzuschießen. Mit einer Pistole versehen ging er aus seinem elterlichen Haus, als eben ein Picket Uhlanen durch die Straße
ritt; das Kind tritt dicht an die Pferde, schießt in der That einen Soldaten vom Pferde, und stürzt auch gleich darauf von Schüssen und Lanzenstichen durchbohrt zur Erde!
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@facs | 1691 |
Düsseldorf, 11. Mai.
Der hiesige Gemeinderath, der sich in Permanenz erklärt hat, hat heute auf das Entschiedenste gegen die Anordnungen der Militärbehörde, die Verhängung des
Belagerungszustandes überhaupt sowie namentlich gegen die Maßregel, daß die Düsseldorfer Zeitung und einige andere Blätter in hiesiger Gemeinde nicht ausgegeben werden sollen, und auch gegen die
Publikation des Standrechts als durchaus ungesetzlich, protestirt. Es wurde dabei beschlossen, daß der vorstehende Beschluß sowohl dem Regierungspräsidium als dem Divisions-Kommando zugestellt und
öffentlich bekannt gemacht werden solle.
[(D. Z.)]
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@facs | 1691 |
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15
] Elberfeld, 12. Mai.
Wenig Neues ist von hieraus zu berichten. Nur so viel kann ich Ihnen mittheilen, daß an unsern Barrikaden eifrig gearbeitet worden ist, und daß man die
ganze Stadt in Brand schießen muß, ehe sich die Einwohner ergeben. Einige bald beseitigte Ruhestörungen abgerechnet, leben wir hier im tiefsten bewaffneten Frieden, der schon anfing, langweilig zu
werden, als heute von Solingen eine Kompagnie junger Mädchen eintraf, die mit Messern und Pistolen ausgerüstet, sich in die Reihen der Barrikadenkämpfer enroliren ließen.
Der Entschluß der Bevölkerung bleibt derselbe. Man wird dem allenfalls herrannahenden Militär die Stirn bieten, und man verläßt sich darauf, daß die übrigen Städte der Rheinprovinz dies energische
Auftreten der Bevölkerung des Wupperthales zu würdigen wissen werden.
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@facs | 1691 |
Paderborn, 9. Mai.
Die Einkleidung hat begonnen. Heute sind vorerst die Landwehrmänner aus Paderborn und der nächsten Umgegend einberufen. Diese traten heute Nachmittag zusammen, um den
Theil ihrer Kleidungsstücke, der nicht schon am Morgen ertheilt, in Empfang zu nehmen. Die Erbitterung, die sich schon am Morgen in vielfacher Weise, jedoch mehr in Privatgesprächen und Lebehochs auf
die Demokratie, kundgegeben, kam am Nachmittage zum Ausbruch. Ein Landwehrmann erging sich in lauten und ziemlich derben Ausdrücken über die Ungesetzlichkeit der Einberufung der Landwehr, —
über die vielen Ungerechtigkeiten, die außerdem vorgekommen, — daß man grundlose Reklamationen berücksichtiget, begründete dagegen unberücksichtigt gelassen habe. Er ließ sich dabei, nachdem er
sich einmal in die Hitze geredet und bei den Umstehenden lauten Beifall geerndtet hatte, einige unhöfliche Erwiderungen gegen einen der Offiziere, der ihn zur Ruhe ermahnen wollte, zu Schulden kommen.
Da trat der Major auf ihn zu, fuhr ihn hart an und gab — als er auf die Aufforderung, still zu schweigen, sich nicht gleich zur Ruhe bringen ließ, — den Befehl zu seiner Arretirung. Das
rief einen tobenden Ausbruch des Unwillens hervor. Sämmtliche Landwehrmänner verließen ihre Reihen, drängten sich um den Major und: „Kein Arrest! Keinen Landwehrmann arretirt!“ erscholl
drohend aus Aller Munde. Der Major nahm mit sauersüßem Lächeln den Befehl zur Abführung zurück. Wahrlich, er mochte sich glücklich preisen, daß er es gethan hat; denn er konnte bei den drohenden
Mienen und Stellungen der Leute das Schlimmste erwarten. Die Disciplin war vernichtet. Ein anderer Landwehrmann trat vor und sprach mit erhobener Stimme: Warum sind wir einberufen, Herr Major, Krieg
haben wir nicht. Die Uebung ist uns geschenkt. Sollen wir vielleicht auf unsere Väter und Brüder schießen? oder gegen das Volk? Hierzu werden wir uns nicht gebrauchen lassen.“
Ein freudiger Jubel begleitete die Rede; der Herr Landwehrmajor wußte nichts Anderes zu erwiedern, als:
er wisse selbst noch nicht, wozu die Landwehr verwendet werden solle — die Herrn Redner schienen ihm sehr kluge Leute zu sein, die aber wahrscheinlich ihre Weisheit anderswoher, als aus
ihrem eigenen Kopfe geholt, was seiner Zeit schon an's Tageslicht kommen werde.
Erneuter höhnischer Jubel folgte diesen Worten.
Heute Abend fraternisirte die Landwehr mit dem Volke. So viel ist sicher, daß sich die Landwehr nicht zu volksfeindlichen Zwecken mißbrauchen läßt. Hierfür sprechen die fortwährenden Lebehochs auf
die Demokratie, auf Kossuth und die Ungarn, — Es heißt, dieselbe würde die Stadt unter keiner Bedingung verlassen.
[(Westph. Z.)]
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@facs | 1691 |
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120
] Berlin, 11. Mai.
Jeden Morgen ist Versammlung auf dem Schlosse beim General Wrangel. Zu den dort ausgegebenen Tagesbefehlen des „Oberbefehlshabers der
Marken“ gehören auch die Aufträge an höhere Stabsoffiziere, einzelne Stadt-Reviere in Civilkleidern! zu beobachten. Jeder Oberst erhält an jedem Tag ein Stadtrevier zugetheilt und
nach dem erstatteten Bericht werden am andern Morgen die Tagesbefehle ausgegeben. — Diese Herren kriechen nun in schlechten Röcken, die Mütze in die Augen gedrückt, einen Knüppel in der Hand,
überall umher, oder gehen verwogen über die Straßen; so daß man sie, wenn man sie nicht kennte, für baronisirende Rehberger halten müßte. Wenn Sie, Hr. Wrangel, sich jedoch wundern sollten, woher wir
wissen, was beim Appell Ihres Stabes vorgeht, so dienen Ihnenzur Nachricht, daß wir noch ganz andere Dinge zur geeigneten Zeit erzählen werden.
Das königliche Palais unter den Linden, das von Wrangel'schen Ordonanzen und anderen Truppen bewohnt ist — (und, beiläufig bemerkt, auch als Wrangel'scher Pferdestall dient,
leider aber nur 1 oder 2 dieser edlen Thiere zu beherbergen hat, da der Herr General die übrigen vor einiger Zeit verkaufen mußte) — gränzt mit seinem Hofe an die Gebäude der Niederlag- und
Rosenstraße, welche zwar hochemporragende Giebel, aber keine Fenster nach dem Hofe des königl. Palais haben. In einem dieser Giebel wurden nun vor einigen Tagen von den Bewohnern Schießlöcher
durchgebrochen, dem Militär aber verrathen, da Nachts um 11 Uhr durch unvorsichtige Arbeit ein Stein herab auf den Hof des Palais fiel und großes Geräusch machte. Wrangel hat dies Loch
vermittelst eines hohen Gerüstes wieder zumauern lassen.
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@facs | 1691 |
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X
] Königsberg, 8. Mai.
Nach unserm letzten Bericht sollte man den Hochverräther Friedrich Grünhagen schon im Kerker glauben, unbegreiflicher Weise aber haben die Gerichte seinen
derben Protest ruhig hingenommen und im krassen Widerspruche mit den standrechtlichen Gesinnungen unserer Büreaukratie, seine Person trotz der angedrohten Abführung durch Gensd'armen,
unangetastet gelassen. Jetzt soll sogar seine Sache von der königl. preußischen Vehme an die Geschworenen abgegeben sein, und der Inkulpat wird nächstens vor den Assisen in Bartenstein Gelegenheit
haben, die Revolution hoch leben zu lassen. Gleichzeitig klärt sich die räthselhafte Nachgiebigkeit der unter dem Schutz der Bajonette sonst so muthigen Gerichte auf. Aus drei verschiedenen Dörfern
des Friedländer Kreises kamen Anfragen über Grünhagen's augenblickliches Schicksal, mit der Zusicherung, daß für den Fall einer persönlichen Verfolgung, ihm ein Ehrenbesuch von diversen Tausend
Landleuten zugedacht wäre. Diese Demonstration hätte Folgen haben können, man unterließ also deren Ursache — die gewaltsame Festnehmung. Der passive Widerstand ermuthigt den Feind, der aktive
macht zittern!
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@facs | 1691 |
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61
] Breslau, 10. Mai.
Als die preußischen Lieutenants gewahrten, daß der Straßenkampf kein allgemeiner würde, weil es dazu an allen Vorbereitungen von Seite der Demokratie
gebrach, da erhielten im schnarrenden Ton der Uckermark die Patrouillen den Befehl: „Schießt in jedes Fenster, worin ihr Licht seht! — Ich selbst habe gehört, wie dieser Befehl an der
Schweidnitzer Brücke von einem durch seine Soldaten gut gedeckten Lieutenant gegeben wurde. In Folge dessen wurden gerade in den Straßen worin weder eine Barrikade gebaut, noch ein Schuß gefallen war
die meisten Menschen in ihren Stuben erschossen. Preußische Kapitän's, selbst ganz außerhalb der Stadt, spielten dort aus Zerstreuung die Wegelagerer. Ich könnte Ihnen Namen solcher nennen, die
zu Pferde sitzend anständige Männer, welche in der Dunkelheit vorüberkamen mit gezogenem Degen anfielen, mißhandeln ließen. Alles ohne weitere Veranlassung. In der Nacht des 8. sind einigen
Lieutenants ihre Blitzarbeiter, alias Helme, verloren gegangen. Drum finden sich im heutigen Stadtanzeiger lohnende Versprechungen für die Wiederbringer dieser gottbegnadeten Kostbarkeiten. Die Herrn
Lieutenants stecken sich jetzt vielfach in das Kostüm der Kanaille, wenn sie ausgehen wollen.
Die hier eingetroffene Landwehr muß antipreußische Gelüste hegen, denn ich sehe sehr oft, daß welche schon darum von Patrouillen auf der Straße arretirt werden, weil sie mit Bürgerkanaille
sprechen.
Der Belagerungszustand hat der Schles. Zeitung ungeheuer unter die Arme gegriffen. Man sollte glauben, sie werde von lauter preuß. Lieutenants redigirt, so spricht sie heute! Wenn jemals ein
günstiger Moment für die Wahlen gekommen ist, so kam er für uns in den neuesten blutigen Erfahrungen.“
Eben höre ich mit Bestimmtheit, daß heute gegen 3000 Russen mit der Eisenbahn von Krakau über Kosel nach Oestreich geschafft worden sind und in den nächsten Tagen ihnen weitere Transporte folgen.
Hiermit, mit der Vernichtung Dresdens und mit der jammervollen Expedition der Franzosen in Italien hat die europäische Ehrlosigkeit nun doch gewiß den Kulminationspunkt erreicht.
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@facs | 1691 |
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232
] Liegnitz, 9. Mai.
Hier finden starke Truppenbewegungen nach Sachsen hin statt. Meines Dafürhaltens dürften binnen Kurzem Revolutionen unter dem Militär selbst ausbrechen. Die
Offiziere zeigten sich in letzter Zeit sehr üppig und dies weckte rachesinnenden Haß: Auch scheint es, als ob das Militär zu begreifen anfängt, um was es geht. Beim Abgange eines der Frühzüge, den der
General von Stößer verabschiedete, fing ein Offizier scheidend an: „Es lebe der König!“ Die Mannschaften aber riefen: „Es lebe Liegnitz“ und „es lebe
Sachsen!“ Hinterher sangen sie Volkslieder.
Bei uns schießt die Regierung einen Bock nach dem andern. Die alten Räthe wissen sich nicht zu benehmen. In Sarchwitz hat sich die Landwehr gegen die Offiziere beim Abmarsch nach Liegnitz
aufgelehnt. Man sagt, die Offiziere hätten sich im trunkenen Zustande auf dem Sammelplatze bewegt und die Leute schikaniren wollen. Leider wurden fünf Landwehrmänner sofort nach
[1692]
der Festung Glogan gebracht. Alle Volksversammlungen sind verboten.
Ganz Schlesien ist faktisch im Belagerungszustand. Eine wahre russische Staatswirtschaft lastet auf dem Volke. Nie hätte ich
jemals geglaubt, eine Partei zu nehmen. Aber die schaudererregensten Thatsachen so wie die leichtsinnigsten Ehrenwortbrechereien der Regierung, welche immer neue Excesse bildeten, machten es mir zur
Pflicht, das Volk in der Wuth zu besänftigen. Der Zahltag scheint gekommen zu sein. Gebe der Himmel Glück zum Siege der Humanität über die preußisch-russisch-östreichische Barbarei.
(Wir bemerken, daß vorstehende Zeilen von einem höhern Verwaltungsbeamten uns zugesandt worden.)
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@facs | 1692 |
[
*
] Posen, 8. Mai.
Die Mordhunde seiner hohenzollerischen Herrlichkeit haben, in Betracht daß eine zur „Anerkennung der deutschen Reichsverfassung“ berufene
Volksversammlung eine „Demonstration“ gegen das Haus Hohenzollern sei, die preußischen Schrapnell- und Höllenstein-Bestien mit Erklärung des allgemeinen Belagerungszustandes
wieder über das Land losgelassen.
Folgendes sind die erfolgten Bekanntmachungen:
1. In der Bekanntmachung vom 3 April v. J., mittelst deren die Festung Posen als im Belagerungs-Zustande befindlich erklärt worden, hatte sich das General-Kommando die näheren Bestimmungen für den
Fall vorbehalten, wenn die Umstände es nöthig machen sollten, von den, dem Kommandanten in dem Publikandum vom 30. September 1809 eingeräumten, Befugnissen in größerer Ausdehnung Gebrauch zu
machen.
Die verschiedenen Kundgebungen der Presse in den Tagesblättern der letzten Tage über die Ereignisse der letzten Zeit, insbesondere über die Beschlüsse der in Frankfurt a. M. tagenden
National-Versammlung, veranlassen mich nun, in Anwendung des Artikels 110 der Verfassungs-Urkunde vom 5. Dezember 1848, bis auf Weiteres zu bestimmen, wie folgt:
1) Die Bestimmung des Artikels 24 der gedachten Verfassungs-Urkunde wird hierdurch außer Kraft gesetzt.
2) Sämmtliche hier in Posen erscheinenden Zeitungen, sie haben Namen und verfolgen eine Tendenz, wie sie wollen, so wie Plakate jeder Art, dürfen bei Vermeidung sofortiger Konfiskation und Schluß der
Druckereien nicht eher ausgegeben, versendet, verkauft, oder durch Anschlag verbreitet werden, als bis das hiesige Polizei-Direktorium die Erlaubniß hierzu ertheilt hat.
Posen, den 6. Mai 1849:
Der interm. kommandirende General von Brünneck.
2. Durch Maueranschläge und die Zeitungen hatten die Vertrauens-Männer der deutschen Verbrüderung auf gestern Nachmittag eine Volksversammlung berufen, um, wie sie in der Bekanntmachung sagen, auch
hier durch eine feierliche Erklärung die von der in Frankfurt a. M. tagenden Nationalversammlung entworfene Verfassung als rechtsgültig anzuerkennen.
So lange Seitens der Regierung Seiner Majestät des Königs ein Anerkenntniß dieser Verfassung nicht erfolgt ist, müssen wir in der Berufung einer Volksversammlung (!) zu dem gedachten Zwecke
eine gegen die Regierung gerichtete Demonstration (!) erblicken, welche bei der gegenwärtig herrschenden allgemeinen Aufregung der Gemüther zu den bedenklichsten Folgen führen könnte.
Mit Rücksicht hierauf und auf die den gleichen Zweck verfolgenden Beschlüsse des demokratisch-konstitutionellen Vereins haben wir zwar bereits gestern die Abhaltung der berufenen Volksversammlung
verhindert, finden uns aber aus den angegebenen Gründen in Anwendung des Artikels 110 der Verfassungs-Urkunde vom 5. Dezember 1848 und unter Berücksichtigung der Bekanntmachung vom 8. April. v. J.,
wodurch die Festung und Stadt Posen in den Belagerungszustand erklärt und die Verschärfung der damals getroffenen Maßregeln je nach den Umständen vorbehalten worden ist, zugleich bis auf Weiteres zu
folgenden Bestimmungen veranlaßt:
1) Die Bestimmung des Artikels 27 der gedachten Verfassungs-Urkunde wird hiermit außer Kraft gesetzt.
2) Die Abhaltung aller und jeder Volksversammlung, sowie die Versammlungen aller und jeder politischen Vereine sind von heute ab in der Stadt und Festung Posen und deren Rayons verboten und werden
solche unter keinen Umständen fernerhin gestattet werden.
Posen, den 7. Mai 1849.
Der interim. Kommandirende General von Brünneck.
Der General-Lieutenant und 1ster Kommandant von Steinäcker.
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@facs | 1692 |
Wien, 9. Mai.
Unter dem Oberbefehle des Fürsten Paskiewicz sind jetzt 106,000 Mann russische Truppen, worunter 23,000 Mann Kavallerie, im Anmarsch begriffen, und theilweise schon auf
unserem Boden. Am 4. Mai zogen 17,000 Mann über Krakau zu uns herüber. Am folgenden Tage 22,000 Mann, mit ihnen 11,450 Pferde. Gestern, als am 8. Mai, überschritten 15,000 Mann zu Tarnogrod, und
26,000 Mann zu Brody die östreichische Gränze, mit ihnen 9800 Pferde. Heute, am 9. Mai, rücken in Wolosczys 17,000 Mann ein, und am 11. Mai werden zu Hussyatyn 9000 Mann nachfolgen. Hierbei sind die
zwei großen Korps nicht mitgerechnet, welche über die Bukowina und die Walachei nach Siebenbürgen marschiren.
Unter Fürst Paskiewicz kommandiren als oberste Heerführer die Generale Rüdiger und Tscheodajeff.
Wenn die ministeriellen Organe nicht genug Worte finden, um die in Pesth herrschende Begeisterung zu schildern, so darf man wohl daran glauben. So vernehmen wir aus dem gestrigen Abend-Lloyd, daß
Pesth einem großen Werbeplatz gleiche. Alle männlichen Individuen, die nur etliche gesunde Glieder haben, treten ohne Handgeld in die Reihen, die Frauen vertauschen das Oberkleid mit dem Attila, die
Schmiede, Schlosser, Gelbgießer, ja selbst Klempner verfertigen Waffen. Gegen Nichtungarn, selbst gegen solche, die nichts weniger als mit der Insurrektion sympathysiren, wird mit auffallender
Freundlichkeit verfahren. Kossuth würde täglich mit seiner Familie aus Debreczin erwartet. Er kauft alle Lebensmittel auf und scheint den Feind durch Hunger bezwingen zu wollen. Allem Anscheine nach
dürfte dieser Kampf ein Verzweiflungskampf werden, wie ihn die Geschichte nicht aufzuweisen hat.
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@facs | 1692 |
Dresden, 10. Mai.
Die Hauptmasse der Insurgenten, berichtet das Brockhaus'sche Heul-Organ unterm 9. d., hat sich heute früh gegen 7 Uhr zum Rückzuge angeschickt und über die Dörfer
Plauen, Räcknitz und Kesselsdorf in die Berge geworfen. Hierbei mußten (?!) sie natürlich (?!) der Kavallerie und nachrückenden Infanterie in die Hände fallen, weshalb denn auch nach dieser Gegend hin
um diese Zeit ein starkes Feuern gehört wurde. Wie viel ihrer davon gekommen sind, läßt sich nicht ermitteln. Die Zahl der Gefangenen ist groß und nach einer ungefähren Schätzung gegen 500; in der
Frauenkirche allein sollen sich gegen 300 befinden. Die Mitglieder der provisorischen Regierung sind glücklich aus Dresden, man sagt als Bergleute verkleidet, entkommen. Tzschirner soll an dem Tage,
wo der Oberkommandant Heinze gefangen wurde, schon in den Händen des Militärs gewesen, aber auf der innern Pirnaischen Gasse entsprungen sein. Zwei Soldaten wollten auf ihn feuern, aber die Gewehre
derselben versagten. Den Bürgermeister Tzschucke in Meißen haben die Burger daselbst verhaftet. Advokat Blöde und Dr. Minckwitz sind heute früh auf dem Rathhause verhaftet worden. Stadtrath Klette,
Prof. Richter und Hirschel sollen ebenfalls gefänglich eingezogen worden sein.
Dresden und seine Umgebung im Kreise von drei Meilen ist nun mit Kriegszustand, Standrecht und den übrigen gottbegnadeten Erfindungen der neuesten Zeit vollständig gesegnet.
Wie es denen, die sich gegen den Verrath des Königs und seiner Satelliten erhoben und schließlich gefangen wurden; ergeht, zeigt folgende kurze Bemerkung des gedachten Leipziger Blattes:
„Die Gefangenen, welche in der Frauenkirche eingesperrt sind, sitzen lautlos in den Kirchständen, es ist ihnen natürlich nicht erlaubt, willkührlich ihre Plätze zu verlassen oder mit
einander zu sprechen; ringsherum stehen Wachen mit geladenen Gewehren und vor dem Eingange hivouakirt ein Kommando Soldaten. Zu Zweien werden sie in das in dem Hotel de Luxembourg eingerichtete
Verhöramt geführt.“
Das nämliche Blatt berichtet weiter:
Viele sollen bereits wider entlassen sein. Zwischen dem Abzuge der Insurgenten und dem Nachrücken der Truppen lagen spannende Momente. Um 8 Uhr Morgens flüchteten die letzten Haufen fen der
Aufrührer durch die Seegasse. Drei Mal drei Schläge der Kreuzthurmglocke gaben das Zeichen dazu. Jetzt blieb der Altmarkt ungefähr eine halbe Stunde ganz leer; die Hausthüren waren geschlossen, die
Anwohner harrten ängstlich der Dinge, die da kommen sollten. Einzelne Soldaten ließen sich blicken, es fiel hier und da noch ein Schuß, und sie zogen sich schnell wieder zurück. Endlich rückten ganze
Abtheilungen vor, bis sich allmälig der Markt mit Pickelhauben und Käppis füllte, und die Besitznahme des Rathhauses erfolgte, wo Advokat Blöde, als Vorstand der Stadtverordneten, und Dr. Minckwitz
als Stadtrath allein zurückgeblieben waren. Vor dem Rathhause fand man auch die drei kleinen Kanonen der Insurgenten, aus welchen sie mit einpfündigen, cylinderförmigen Eisenstücken oder mit
Flintenkugeln gefeuert haben. Heute Morgen erfolgte vor dem Rathhause die Waffenablieferung. In Neustadt marschirten seit fruh 6 Uhr Truppenabtheilungen ab, und andere kamen an. Nach Freiberg und
Chemnitz sind mehre Geschütze der reitenden Artillerie, einige Schwadronen leichter Reiterei, das Leibinfanterieregiment, und mehre Compagnien Preußen abgegangen, ebenso nach Pirna sächsische Schützen
und Infanterie. Dafur sind wider viel Preußen, Landwehrinfanterie, Husaren und Uhlanen, welche letztere auf den Dörfern stationirt sind, eingetroffen.
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@facs | 1692 |
Altenburg, den 10. Mai.
Diesen Vormittag nach 9 Uhr wurden von Penig und Chemnitz mittelst Extrapost und unter Begleitung von 2 Chemnitzer Communalgardisten und 2 Gensd'armen als
Gefangene hier eingebracht: der Kreisamtmann Heubner, der Hofpostsecretär Martin, ein Russe (wie es heißt Bakunin) und ein Sattler, von den letzten Beiden kann ich die Namen nicht angeben. Sie führten
außer Paßkarten etc. auch viele Papiere mit sich, sowie das Siegel der ehemaligen provisorischen Regierung Sachsens. Sie haben im Ganzen nur die Summe von 26 Thlr. und einigen Groschen mit sich
geführt.
[(L. Z.)]
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@facs | 1692 |
Halle, 6. Mai.
Den jetzigen Redakteur der hiesigen „demokratischen Zeitung“, Geometer Günther, hat dasselbe Schicksal, welches seine drei Vorgänger betroffen, erreicht: er ist
seiner Tendenzen wegen arretirt und zur Untersuchung gezogen worden.
[(Aach. Z.)]
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@facs | 1692 |
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*
] Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai.
Die Reichstruppen stehen 1/2 Stunde vor Fridericia; die Dänen ziehen sich unter fortdauerndem Gefecht von Station nach Station zuruck; bei Gudsö
sind sie mit bedeutendem Verlust geschlagen worden.
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@facs | 1692 |
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15
] Schleswig-Holstein, 11. Mai.
Das preußische Kabinet, obgleich im vollen Widerspruch mit seiner anderswo befolgten Politik, hat scheinbar jetzt andere Saiten in Bezug auf die
Kriegführung aufgespannt. Die Armee rückt jetzt weiter in Jütland vor. Nach den letzten Nachrichten standen die schleswig-holsteinischen Truppen eine halbe Stunde vor Fridericia, nachdem sie die Dänen
aus einer starkverschanzten Stellung bei Gudsö durch Umgehung herausgetrieben und geschlagen hatten. Es ist dabei wieder ziemlich viel Blut geflossen. Der Verlust beträgt circa 70 Mann an Todten und
Verwundeten. Unter Ersteren befindet sich auch der Hauptmann Grabener vom 9. Bataillon, einer der bessern Offiziere der Armee. Veile ist von den Preußen besetzt. Gerüchten zufolge, wären mehrere
Bataillone Dänen abgeschnitten oder eingeschlossen. Was aber auf diese Weise Günstiges für die schleswig-holsteinische Sache gewonnen ist, wird wahrscheinlich durch die Diplomatie dem Absolutismus
geopfert werden; tauchen doch schon wieder Gerüchte von einem Waffenstillstand auf, der für mehrere Monate in London abgeschlossen sein soll. Nach Kiel gelangte Privatbriefe aus London bestätigen
dies. Daß Bunsen dieselbe Stellung in diplomatischer, wie Prittwitz in militärischer Beziehung zur Centralgewalt wie zu Preußen einnimmt, unterliegt keinem Zweifel. Hinterher wird man Bunsen auch zu
enschuldigen wissen, wie es mit Prittwitz geschieht. So lassen sich die Hamburger Nachrichten „Aus Schleswig“ berichten, „daß trotz alles seitherigen Zauderns des
Oberbefehlshabers, doch aller Grund für uns vorhanden sei, demselben unser Vertrauen nicht zu entziehen, da nicht politische, sondern strategische Gründe Prittwitz zu seinem früheren Verhalten
veranlaßt hätten. Sie sehen also, es sind ganz dieselben Manöver wie im vorigen Jahr: Wrangel zog auch aus „strategischen“ Gründen aus Jütland zurück und spater erwies es sich, daß es
durch diplomatische Kniffe veranlaßt worden.
Die Agitation für die Reichsverfassung und Aufhebung der Personalunion nimmt nach und nach eine weitere Ausdehnung, vorzüglich im Holsteinischen, sehnen sich doch die guten bisher dänischen
Unterthanen, reichskaiserlich deutsche und herzogl. augustenburgisch-schleswig-holsteinische Unterthanen zu werden. Die Blicke aller wahren Demokraten sind in diesem Augenblick natürlich mehr nach
Sachsen und dem Rhein gerichtet, als nach dem Norden: ist doch auch Schleswig-Holsteins Zukunft durch den Sieg des Volks bedingt.
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068
] Frankfurt, 11. Mai.
217. Sitzung der National-Versammlung:
Reh, Vicepräsident, eröffnet bald nach 12 Uhr die Sitzung. Die Gallerien wimmeln von Menschen
Eine Menge preußischer Reaktionärs erklären ihren Austritt. Simson verzichtet schriftlich wegen leidender Gesundheit auf sein Prasidentenamt. Die Wahl eines neuen Präsidenten wird auf morgen
festgesetzt.
Es kommen jetzt an die Reihe die beiden Berichte des Kaiserausschusses, einer der Mehrheit, einer der Minderheit. Die Unterzeichner des letztern sind aus genanntem Ausschusse ausgetreten.
Die Mehrheit beantragt:
1) Beeidigung der National-Versammlung auf die Verfassung;
2) dito des Reichsverwesers;
3) dito der Soldaten und Beamten;
4) Aufforderung an die anerkennenden Regierungen, ihre bewaffnete Macht der National-Versammlung zur Verfugung zu stellen;
5) Absendung einer neuen Deputation an den Reichsverweser mit der Anfrage: ob ein Ministerium gebildet — bis zum Eingang der Antwort möge sich die Versammlung für permanent erklaren.
Die Minderheit beantragt:
Tagesordnung über sämmtliche Anträge.
Eisenmann gegen die Majoritätsanträge. „Nehmen Sie hin,“ sagt er, „was Sie gesäet haben.“ Trotzdem faselt er ein Langes und Breites vom „gesetzlichen
Boden“ und dergleichen Zeug.
Welcker ist sehr enchant[unleserlicher Text]t von den Anträgen der Majorität, die dagegen Hr. Walz durchaus nicht goutiren mag. Seine Salbabercien und reaktionär-patriotisches Gewinsel erregt
Heiterkeit, Zischen und hohnische Bemerkungen.
Raveaux bezeichnet die Lage der Versammlung gegen das Ministerium, gegen die zu „ihrem Schutz aufgestellten“ Truppen des Todfeinds der Verfassung. Daß es bei Kreuznach noch
nicht von Soldaten wimmele, liege nur an der Widerspenstigkeit der Landwehren. Je mehr Landwehr sich einkleiden läßt, desto weiter ruckt die Linke vor. Wollen wir erwarten, bis das ermüdete Volk fur
die Octroyirung hinlänglich empfänglich ist? Der Burgerkrieg ist da, blicken Sie auf Dresden — Deutschlands Ehre befleckt. Hat man denn nur kalten Verstand und kein Herz fur die Bewegungen der
Gegenwart! Und selbst der kalte Verstand scheint gelitten zu haben, weil alle seine Berechnungen fehlschlagen. Die Centralgewalt muß mit uns gehen, oder sie muß fallen.
v. Hermann (aus München) wünscht Vervollständigung des berüchtigten „kühnen Griffs“ vom vorigen Jahre, Vollendung des Verraths an Deutschland, insofern da noch etwas zu
vollenden übrig geblieben: er wünscht den Reichsverweser definitiv zum Oberhaupt ernannt!!!
Hagen von Heidelberg als Berichterstatter der Mehrheit fuhrt zur Verstärkung der Grunde fur die Vereidigung ein Schreiben der kurhessischen Regierung an, aus welchem hervorgeht, daß auch in
diesem Staate nur die Anordnung von Seiten der Centralgewalt zur Vereidung erwartet werde
Hollandt nimmt einen schon vorher von Bell gestellten Verschiebungsantrag wieder auf, den die Versammlung ablehnt. Der gleiche Zweck wird indeß durch Annahme des Antrags erreicht, daß in
Berücksichtigung der Mannigfaltigkeit und Verschiedenartigkeit der vorliegenden Anträge die Abstimmung auf morgen verschoben werde!!!
Simon (Trier) interpellirt zuletzt noch:
„ob letzte Nacht östreichische Truppen in Frankfurt eingerückt, und was ihre Aufträge seien?“
v. Gagern: Der Theil eines östreichischen Bataillons, der von Homburg zuruckkehrte, ist durch Frankfurt gegangen, sonst meines Wissens Niemand. Von einem Befehle an sie, das Tragen gewisser
Abzeichen zu verwehren, ist mir nichts bekannt.
Also morgen die Abstimmung!
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*
] Frankfurt, 11. Mai.
Den Schluß der gestrigen Sitzung bildete der Bericht der vom Reichsverweser zurückkehrenden Deputation. Wir theilen hierüber in Nachstehendem Ausführliches mit:
Raveaux, las als Sprecher der Deputation, den Beschluß der Nationalversammlung dem Reichsverweser langsam und deutlich vor. Letzterer antwortete: „daß er nach konstitutionellem
Gebrauche (der eben im Verrathen des Volkes besteht mit der Nationalversammlung in keiner direkten Verbindung stehe, sondern nur durch ein verantwortliches Ministerium. Daß das bisherige
interimistische Ministerium abgetreten ist, ist richtig, aber erst heute Morgen. Deßhalb habe ich noch keines biiden können. Das zu bildende Ministerium wird der Nationalversammlung meine Antwort auf
die mir überreichten Beschlüsse mittheilen.“ Auf die Frage des Sprechers, ob er geneigt sei, ein Ministerium zu bilden, welches die Verfassung und die mitgetheilten Beschlüsse durchzuführen
übernehme, erwiderte der Reichsverweser: „Ich werde ein Ministerium bilden, das nach meiner Ansicht den Bedürfnissen der Zeit gemäß handeln wird.“ Auf die fernere Bemerkung, daß die Zeit
dränge und daß bei längerer Ungewißheit über die Stellung der Centralgewalt zur Reichsverfassung und deren Durchführung die Gefahren immer größer werden, erwiederte der Reichsverweser: er kenne seine
Pflicht und werde Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten. Auf die Entgegnung, man sei überzeugt, daß er die Ordnung und Ruhe nach Unten aufrecht erhalten werde, aber die Ordnung und Ruhe sei jetzt
durch die Fürsten, welche die Verfassung nicht anerkennen wollen, gestört, und gegen diese Störung seien die betreffenden Beschlüsse ebenfalls gerichtet und man wünsche Gewißheit darüber zu erhalten,
ob das zu ernennende Ministerium bereit sei, auch im letztern Sinn zu wirken, erwiderte der Reichsverweser: „Das sind Prinzipien, Sie handeln nach Ihren ich nach meinen, darüber
können wir hier keine Polemik führen.“ Auf die schließlich dringende Anfrage, mit Hinweisung auf die Gefahr des Augenblicks, bis wann das Ministerium spätestens ernannt sein könne, erfolgte
die Antwort: „Es kann in 3 Minuten, auch in 3 Stunden, vielleicht auch in 3 Tagen geschehen. Verlassen sie sich darauf, daß ich meine Pflicht thun werde als ein ehelicher Mann.“
Abgeordneter Raveaux fügt dem Bericht bei: Sogleich nach dem ersten Passus seiner Antwort machte der Reichsverweser eine Verbeugung, als wollte er uns entlassen. Wir kamen aber immer auf unsere Fragen
zurück und so entspann sich dieses Zwiegespräch, aber bei jeder Antwort war auch immer die Verbeugung des Reichsverwesers wider da. (Heiterkeit.) In Bezug auf diese Antwort reichen die Abgeordneten
Goltz, Spatz, Wesendonck, Wedekind Dringlichkeitsanträge ein, alle dahin gehend, daß die Versammlung die Exekutive zur Durchführung der Verfassung selbst in die Hand nehme. So trägt Abgeordnete
Wedekind darauf an, daß die Versammlung in Beziehung auf den am 28. v. M. ausgesprochenen Wunsch zu resigniren, dem Reichsverweser den Dank des Vaterlandes votirt und daß die Wahl eines neuen auf
morgen anberaumt werde. Alle diese Anträge werden auf Antrag Soiron's zur Berichterstattung an den Dreißigerausschuß überwiesen, so zwar, daß derselbe morgen um 12 Uhr berichte.
Abg. Schlöffel stellt schließlich noch den Antrag, daß man den Reichsverweser als Feind des Vaterlandes erkläre, ihn entsetzte und einen prov. verantwortlichen Vollziehungsausschuß
von 5 Gliedern bilde.
Dieser Antrag wird nicht unterstützt.
Schluß der Sitzung 5 1/2 Uhr.
Nachschrift. In Mannheim soll ein förmlicher Aufstand ausgebrochen sein, weil das Volk den Durchzug von Truppen nach der Pfalz nicht gestatten wollte.
Eisenstuck soll, weil er vielleicht nicht ganz in den Reichsverrath hineinpaßt, aus der Pfalz zurückberufen sein.
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24
] Frankfurt, 11. Mai.
Wir stellen hier die neuesten Beschlüsse der Volksvertreter dreier Vaterländer zusammen. Beschlossen haben die Vertreter deutscher Vaterländer schon sehr
viel, aber praktisch durchgesetzt sehr wenig. Ob es mit den fraglichen Beschlüssen anders sein wird, werden uns die nächsten Tage zeigen. Die Abgeordnetenkammer von Würtemberg hat am 9. fast
einstimmig beschlossen:
„1) Die Staatsregierung möge, mit Bezugnahme auf die von der Krone Preußen in ihrer letzten Circularnote ausgesprochene und zum Theil bereits in Ausführung gebrachte Drohung die
Centralgewalt auffordern, nicht zu dulden, daß ein deutscher Staat wegen einer Volkserhebung zu Gunsten der Reichsverfassung in einem andern deutschen Staate ohne ausdrücklichen Befehl der
Centralgewalt einschreite und zur Wahrung des Reichsfriedens, wie zum Schutze der gesetzlichen Volksbewegungen für Anerkennung der Verfassung ein Reichsheer aufzustellen; 2) sie möge der Centralgewalt
zu diesem Zwecke unverzüglich die gesammten würtembergischen Streitkräfte zur Verfügung stellen; 3) sie möge, in Verbindung mit der Centralgewalt, Schritte thun, um zu verhindern, daß andere als
Reichstruppen unter den Befehlen der Centralgewalt in Folge der Erhebung in der Rheinpfalz durch Würtemberg marschiren.“
Die badische 2te Kammer beschloß am 10. Mai, die Regierung zu ersuchen:
1) Unverzüglich die Beeidigung auf die Reichsverfassung wenigstens der im Inlande befindlichen badischen Truppen, ferner der Bürgerwehr und der badischen Staatsbürger überhaupt zu verfügen; 2) die
Einleitung zur Vornahme der Wahlen zum künftigen Reichstage anzuordnen; 3) jeden Angriff auf die Anerkennung und Wirksamkeit der Reichsverfassung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln abzuwehren;
4) auf keinen Fall zu dem von der preußischen Regierung eingeleiteten Kongresse über Berathung der Revision der bereits verkündeten Reichsverfassung einen Bevollmächtigten zu senden, oder überhaupt an
einer solchen Berathung sich zu betheiligen und im Einverständnisse mit den Regierungen, welche bereits die Verfassung anerkannten, jeder Aufforderung zu einer octroyirten Reichsverfassung mit Kraft
entgegenzutreten.“ — Diesen Beschlüssen wurde noch der weitere beigefügt, daß beim Beginne der morgigen Kammersitzung die Mitglieder der zweiten Kammer den Eid auf die Reichsverfassung,
allen übrigen Staatsbürgern mit gutem Beispiel vorangehend, leisten werden.
Die nassauische Kammer beschloß, das Ministerium wiederholt aufzufordern:
„die Beeidigung der Truppen, Beamten und Bürgerwehr auf die Reichsverfassung sofort vorzunehmen.“
Am 13. d. wird in Offenbach eine große Versammlung eine Versammlung von Offizieren der Volks- und Bürgerwehr, wie der Freikorps aus der Umgegend stattfinden.
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München, 7. Mai.
Waren durch den gestrigen Anschlag der Studenten die Ultrareaktionäre schon ziemlich verblüfft, so kamen sie erst gänzlich außer sich, als Nachmittags gegen 2000 Arbeiter
mit der deutschen, französischen, polnischen und ungarischen Fahne an der Spitze, nach der Menterschweige zogen, um dort zu Ehren der ungarischen Freiheitskämpfer ein großes Fest zu begehen. Es war
eine schöne erhabene Feier; die Zwischenpausen wurden mit den vortrefflichsten Reden ausgefüllt. Das Militär war gestern konsignirt; diese Verfügung verbleibt auch für heute, da Abends um 7 Uhr die
Studentenversammlung im Prater stattfindet. — Fortwährend höre ich, daß Geld an excessive Bursche vertheilt
[1693]
wird, um Krawall herbeizuführen; man will sogar schon Soldaten n Civilkleidern entdeckt haben, die nur allein darauf ausgehen, wie sich immer Gelegenheit darbietet, Streitigkeiten anzuzetteln.
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@facs | 1693 |
München, 8, Mai
Dem „Fr. J.“ wird geschrieben: Die königliche Familie berathschlagte gestern in einem abgehaltenen Familienrathe die zu treffenden Maßregeln, im Falle in
Baiern dieselben Ereignisse eintreten sollten, wie in Sachsen. In Folge dessen sollen heute in aller früh zwei mit Kostbarkeiten und andern Effekten beladene Wagen nach der Festung Ingolstadt
abgegangen sein. Die dortigen Kasematten enthalten eigene Gemächer zur Aufbewahrung dieser Schätz.e
Der Befehl zur Einberufung sämmtlicher beurlaubten Soldaten ist wegen der besonders unter dem Landvolk entstandenen Aufregung einstweilen zurückgenommen.
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Freiburg, 9. Mai.
Nachdem gestern der Fickler-Bornstedtsche Prozeß beendet war, begann bereits heute schon das gerichtliche Verfahren gegen fünf andere der Theilnahme an dem
Septemberaufstand Angeklagte, nämlich: Baumann aus Lahr, Landgut und Schnepf aus Efrigen, Lefebre aus Berlin und Meyer, Professor aus Rom. Nach Konstituirung des Gerichtshofes begann das Zeugenverhör,
das kein großes Interesse darbot und mit welchem in morgiger Sitzung fortgefahren wird.
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Neustadt, a. d. H, 9. Mai, Mittags 2 Uhr.
So eben langt eine Estaffette von Landau an, welche die Kunde von einem großen Aufstande in Landau brachte, wobei 6 baierische Offiziere gefallen
sind. Gestern Abend rückte das Bataillon badischer Infanterie und die Eskadron badischer Dragoner ein, welche sogleich mit den gastfreundlichen Bürgern gemeinschaftliche Sache machten. Dieses mißfiel
den baierischen Offizieren. Aber statt auf die Bürger zu feuern, kehrte sich das baierische Militär gegen seine Führer. Der Gehorsam ist verweigert Eine Kaserne ist demolirt. Die Ordnung ist jedoch
dadurch wieder hergestellt worden, daß die baierischen und badischen Soldaten sich mit der Volkswehr vereinigten.
Stündlich langen baierische Soldaten an, die entweder nach Hause gehen oder sich zu der Volkswehr begeben.
Mittags 5 Uhr. Der Generalmarsch hat sämmtliche Mannschaft dahier zusammenberufen. Der neue Kommandant, welcher sogleich in Aktivität treten soll, ist der Oberlieutenant Strasser aus Wien. Auf der
betreffenden Zuschrift ist Fenner von Fenneberg als Generalissimus des Hauptquartiers und als Schriftführer Dr. Hepp von hier unterschrieben. Alle Befehle gehen von Kaiserslautern aus. Die aus 5
Mitgliedern bestehende Kommission nennt sich nun auf Antrag des Reichskommissärs: „Landesausschuß zur Vertheidigung der deutschen Verfassung.“
Abends 6 Uhr. Vierhundert Mann Bürgerwehr, Scharfschützen und Sensenmänner, als Freischaaren, sind beordert worden das Thal zu besetzen. Soeben ziehen sie gegen Kaiserslautern ab.
[(Fr.
J)]
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Kaiserslautern, 8. Mai.
Ich theile Ihnen sogleich nachfolgendes wichtiges Aktenstück mit:
„Bekanntmachung.
Zur Sicherung der öffentlichen Zustände und zur Vermittelung der Verfassungsfrage in der Pfalz, im Namen der provisorischen Centralgewalt des deutschen Reichs und in Gemäßheit der Beschlüsse der
deutschen Nationalversammlung vom 11. April und 4. Mai d. J. ist Folgendes festgesetzt: 1) Der am 2. Mai d. J. in den Personen der Parlamentsmitglieder Schüler, Reichard, Culmann und Schmitt, den
Landtagsabgeordneten Dr. Greiner, Dr. Hepp, Dr. Hannitz, Notar Schmidt aus Kirchheimbolanden, Oekonom Didier von Landstuhl und Rechtskandidat Fries aus Frankenthal für die Pfalz gebildete
Landesvertheidigungsausschuß wird als ein Landesausschuß für Vertheidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt; 2) der Landesausschuß ist berechtigt: a) alle ihm
erforderlich scheinenden Maßregeln zur Vertheidigung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz einzuleiten, insoweit sie nicht in die Befugnisse der zu Recht bestehenden Landesbehörden eingreifen,
demnach insbesondere die Organisation der Volkswehr zu leiten und zu überwachen, b) denjenigen Volkswehren und Truppenabtheilungen, sowie denjenigen Landesbeamten in der Pfalz, welche auf Grund der
§§. 14 und 193 der deutschen Reichsverfassung die Vereidigung auf die Verfassung verlangen sollten, den Eid abzunehmen, c) gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichsverfassung in der Pfalz äußersten
Falls selbstständig einzuschreiten; 6) der Landesausschuß hat seinen Sitz in Kaiserslautern; fünf anwesende Mitglieder desselben sind beschlußfähig; 4) der Landesausschuß besteht bis zu vollständiger
Durchführung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz; 5) durch die in §. 2 dem Landesausschusse ertheilten Befugnisse sind alle bis heute von dem Landesvertheidigungsausschuß gefaßten
Beschlüsse, soweit sie diesen Befugnissen zuwiderlaufen, hiermit aufgehoben.
Kaiserslautern, den 7. Mai 1849.
Eisenstuck.
Bevollmächtigter der prov. Centralgewalt für die Pfalz.“
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317
] Wiesbaden, 11. Mai.
In unserm Lande herrscht eine entschieden demokratische Gesinnung, die sich gewiß durch die That bewähren würde, fehlte es nicht an Männern, die im
Stande wären, einer Bewegung Plan und Ziel zu geben. So entschieden die Gesinnung im Volke ist, so unentschieden ist die Gesinnung derjenigen, welche an der Spitze der Vereine und (besonders in
letzter Zeit) der zahlreichen Volksversammlungen stehen. In den Aemtern Jostein und Uüngen stehen Hunderte von rüstigen jungen Männern da, welche nur den ersten Ruf abwarten, um dreinzuschlagen. In
Wiesbaden selbst, wo sich der Vorort der demokratischen Vereine befindet, besteht die Mehrzahl der Demokraten in rath- und thatlosen Spießbürgern und Schreiern. Die Wiesbadener Demokratie ist aus der
Verlegung der Residenz Sr. kleinrussischen Hoheit von hier nach Bieberich entstanden und wird verschwinden, wenn Se. Hoheit aus dem verrathenen Schleswig-Holstein zurückkehren werden, um von seinen
Siegen auszuruhen.
Französische Republik.
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Paris, 11. Mai.
Die Aufregung der Stadt ist unbeschreiblich. In den Straßen hört man nur der Ruf: Anklage gegen den Präsidenten! Anklage gegen die Minister! Anklage gegen Changarnier!
während die Tausend rothe, grüne, gelbe und graue Plakate, alle Fußgänger unwillkührlich zu Gruppen anhalten. Die Bewegung gleicht dem unterirdischen Getöse eines bald losbrechenden Vulkans.
— Um die Nationalversammlung sind große militärische Vorsichtsmaßregeln von Marrast, nicht von Changarnier getroffen.
— Der Moniteur erschien heute mit dem Gesetz vom 11. Mai 1848 (Artikel 6 und 7 als Verweis gegen Changarnier) an der Spitze.
— Peuple, Revolution und Demokratie wurden schon wieder auf gerichtlichen Befehl wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik weggenommen.
— Aus Versailles sind neue Truppen verschrieben, die uns die Eisenbahn bringt.
— Die Marseiller Blätter vom 8. Mai füllen sich mit römischen Details alle mehr oder weniger übertrieben.
Zum Verständniß der heutigen Kammerstürme genügt folgende Depesche, die gestern Abend der Minister des Auswärtigen in der Nationalversammlung vorlas:
Bericht des Obergenerals an den Minister des Auswärtigen in Paris.
Hauptquartier Palo, 4. Mai 1849.
Herr Minister. Wie ich Ihnen bereits anzuzeigen die Ehre hatte, setzte ich mich am 28. April in Marsch gegen Rom. Zwei Beweggründe bestimmten mich zu diesem Entschlusse. 1) Civita-Vecchia ist ein
Punkt ohne Bedeutung; der freundliche Empfang, der mir und unseren Truppen dort zu Theil wurde, comprimirte sich sozusagen unter den Mauern Rom's und dann setzte ich mich der Gefahr aus, die
römische Frage ohne die Frankreich gebührende Theilnahme gelöst zu sehen. 2) Kamen mir aus den sichersten Quellen Nachrichten zu die mich voraussetzen ließen, daß wir mit offnen Armen empfangen
würden.
Die Dinge haben sich aber ganz anders zugetragen; unsre Truppen, die am 30. April unter den Mauern Roms eintrafen, wurden mit Kartätschen empfangen und ich habe nach einer starken Rekognoscirung
und in Ermangelung regulären Belagerungsmaterials, unsere braven Truppen nicht länger einem hinter starken Mauern verschanzten Feinde entgegensetzen zu müssen geglaubt. Ich habe mein Hauptquartier in
Palo errichtet; die Vorposten ziehen sich noch näher an Rom. Die 3. Brigade ist in Civita-Vecchia gelandet. Wir werden die Offensive wieder ergreifen und, seien Sie dessen sicher, in wenigen Tagen
werden die Anarchisten, welche Rom in Schrecken halten (diese Stelle rief heftigen Widerspruch in der Nationalversammlung hervor) energische Züchtigung erhalten. Unsern Soldaten ist nichts vorzuwerfen
als ein Exceß an Bravour. Ich bin aber fest entschlossen, ihren Eifer nicht in einem Barrikadenkriege zu compromettiren. Hegen Sie also keine Besorgniß über das definitive Resultat. Monsignore
Balentini, den der Pabst als Gouverneur von Civita-Vecchia bezeichnete, ist hier eingetroffen und hat mir einen Brief vom Pabst eingehändigt, in dem ein anderer vom Kardinal Antonelli lag. Ich barg
diesen Prälaten den Vorbehalt nicht, den ich mir selbst aufgelegt, wie nützlich, ja wie wesentlich es für das Interesse des heiligen Vaters sei, daß man mich als alleinigen Beurtheiler dessen, was
möglich, lasse Monsignor Valentini schien die Considerationen die ich ihm auseinandersetzte, anzuerkennen und kehrt heute nach Gaëta zurück. Ich habe an Hrn. v. Roqueval geschrieben und ihn
ersucht, Alles in Gaëta dafür aufzubieten, daß man mir Handlungsfreiheit lasse. Dieses ist um so nöthiger als man sich in Gaëta den größten Täuschungen über den Geist der Bevölkerungen
hingiebt (Sensation.) Ich behaupte nicht daß dieser Geist dem gegenwärtigen Zustand der Dinge günstig sei, der nur dem Despotismus unter dem Schatten der rothen Fahnen gleicht, den eine aus
Anarchisten aller Länder bestehende Faktion ausübt (Lärm) aber ich sage daß die Sympathieen für die gestürzte Regierung bei weitem weniger heiß sind als man dieß voraussetzt (Ah, Ah) man liebt Pius
IX. persönlich, aber man scheut im Allgemeinen jede klerikale Regierung. Die neapolitanischen Truppen, die der König in Person befehligt, haben das römische Gebiet betreten. Man sagt, ihre Bestimmung
sei, die Provinz Velletri zu besetzen Die Oestreicher sind noch in Massa, wenigstens versichert man mir das. Die Stadt Ancona ist von den Triumvirn in Kriegszustand erklärt worden. Diese Herren
erheben für 60,000 Mann Kriegstruppen Steuern; ich weiß aber daß sie deren nicht mehr als 20,000 haben und darunter höchstens 6 bis 8000 Genueser und Lombarden, die allein als Kampfgeübte Soldaten
gelten können. Ich bin u. s. w.
(gez.) General Oudinot de Reggio.
Nachschrift. Pater Ventura, durch die Lage Roms erschreckt (!) hat diese Stadt so eben verlassen. In Palo angekommen, wünschte er mich im Namen der Triumvirn zu sprechen. Die H. H. Mazzini,
Armellini und Saffi hatten ihn beauftragt, mir zu sagen: daß der Kampf vom 30. April nur ein Mißverständniß sein könne; daß es noch möglich sein könnte, die Dinge auszusöhnen, wenn ich einwilligte,
eine neue Deklaration zu erlassen, die sich in klarer und bestimmter Weise dahin ausspreche, daß Frankreich den römischen Staaten keine Regierung aufdränge (Lärm). Ich habe dem Pater Ventura erwidert,
daß ich die Absicht meines Gouvernements genügend enthüllt hätte; Absicht, die ganz liberal sei; und daß ich sicherlich nach dem was vorgefallen das Recht hätte; mich streng zu zeigen (Oh! Oh!), daß
ich aber so wenig davon Gebrauch mache, daß ich jetzt noch bereit bin, in Rom als Freund einzuziehen, als Vermittler zwischen Anarchie und Despotismus, der auf der Bevölkerung lastet (heftige
Unterbrechung zur Linken). Ich fügte hinzu, daß ich also handelnd im wahrhaften Interesse des römischen Volkes zu handeln glaubte.“
Drouyn de Lhuys, Minister, fuhr nach Verlesung dieser Depeschen fort: „Dieser Depesche lag noch ein Privatbrief bei, der indessen wenig Neues bietet. Die Stellen, die Sie interessiren
können, lauten: „Ich habe nichts privatim der Depesche beizufügen. Die Lage ist ohne Zweifal komplicirt; aber ich bin überzeugt, daß sie sich nur unter der Fahne Frankreichs aufhellen wird. Es
war unmöglich, sie nicht unter den obwaltenden Umständen hier zu entfalten, denn der Kampf, an dem wir Theil nehmen, ist ein Kampf der Civilisation gegen die Barbarei.“ (Lärm zur Linken).
— National-Versammlung. Sitzung vom 11. Mai. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.
Große Agitation. Die Wache ist um zwei Bataillone verstärkt. Auf allen Gesichtern viel Spannung. Wir horen, daß sich ein Stimmführer der Linken (alte Nationalpartei) mit dem Berge dahin geeinigt:
1. den Changarnier vor die Schranken der Versammlung zu fordern; 2. die Wahlschlacht hinauszuschieben; 3. die romische Republik anzuerkennen.
Alle Posten in der Stadt sind verdoppelt; neue Regimenter langen an. Die ganze Nacht waren die Säle des Prasidialhauses erleuchtet.
Im Augenblicke der Sitzungseröffnung vertheilt man die Anträge auf Anklage gegen den Präsidenten und die Minister.
An der Tagesordnung befindet sich zunachst ein Gesetzentwurf, der die Zölle unterdrückt, welche die Schiffe beim Einfahren in die Bassins von Havre und Larochelle zahlen mussen.
Lerembourre bekämpft den Entwurf. (Links ungeduldig: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)
Der Gesetzentwurf wird angenommen.
Ledru-Rollin: Die Sitzung ist seit zwanzig Minuten eröffnet und die Minister sind noch nicht auf ihren Plätzen. Die Versammlung kann nicht warten. Ich trage darauf an, die Minister holen zu
lassen und inzwischen die Debatte über Italien zu beginnen.
Marrast: Man benachrichtigt mich, daß die Minister Rath halten, Sie werden binnen wenigen Minuten kommen. Ich schlage vor, die Sitzung auf so lange zu suspendiren.
Die Sitzung wird suspendirt.
Die Minister erscheinen und setzen sich auf ihre Bänke.
Die Sitzung wird wieder eröffnet.
Ledru-Rollin beginnt die Reihe. Seit gestern, sagt er, hat die italienisch Frage durch Mittheilung der Depeschen neue Umrisse gewonnen. Diese Depeschen enthüllen endlich die Fäden, welche
die Expedition leiten; sie legen den Unterschied des Benehmens dar, das man auf römischen Boden und uns gegenüber beobachtet; sie verrathen den Plan einer vollständig organisirten Contrerevolution.
Als Sie den Kredit votirten, versprach man Ihnen ausdrücklich, daß sich die Expeditionsarmee nur in der Entfernung von Rom halte, daß sie nur im Interesse der römischen Freiheit und im Gegensatze zur
östreichisch-neapolitanischen Restauration angewandt werden solle. In diesem Glauben votirten Sie die Kriegsgelder. Was geschieht aber statt dessen? Kaum in Civita-Vecchia angelangx, erläßt der
Obergeneral eine Proklamation, deren Inhalt uns Alle mit Entrüstung erfüllte. Dann marschirt er ohne Verzug nach Rom. Hatte ihn Rom gerufen? Sie wissen das Gegentheil. Man möchte uns glauben machen,
daß ihn zwei Triumvirn herbeiriefen. Aber auch die ist falsch; denn die größte Einigkeit herrscht unter den Triumvirn Man schützt ferner vor, daß man noch ausführlichere Berichte abwarten müsse Dies
kann nicht zugeben werden, denn so gut Privatberichte den Weg von Rom nach Paris finden, können ihn die amtlichen auch finden. Ich besitze hier zwei Briefe von Offizieren des Expeditionscorps
(Bewegung), die mir beweisen, daß unsere Verluste bedeutender, als dies die amtlichen Depeschen errathen lassen; sie beweisen, daß der Obergeneral die Truppen belog, um sie zum Kampfe zu treiben.
(Sensation.) Jawohl, er ließ ihnen melden, daß die Neapolitaner Rom besetzt hielten und darin hausten, daß sie also die Neapolitaner schlagen sollten (Allgemeines Erstaunen) Auf diese Weise gelang es,
Republikaner gegen Republikaner zu hetzen. (Agitation.) Ich sprach Ihnen von geheimen Fäden, welche die Männer untereinander verknüpften, die die Expedition leiten. Wohlan, ich lege Ihnen hiermit ein
Dokument vor, an dessen Echtheit ich kaum glauben wollte. Es ist dies ein Tagesbefehl der Armee mit dem beruchtigten Briefe Bonaparte's, worin das Verfahren Oudinots zum Hohne der
National-Versammlung gelobt und ihm die Verstärkungen versprochen werden. (Der Redner liest den vorgestrigen Tagesbefehl Changarniers an die erste Militärdivision vor.) Bürger! wenn Ihr Männer seid,
wenn Ihr das französische Volk diese große Nation, wirklich vertretet, dann werdet Ihr diesen Schimpf nicht hinnehmen! Die Republik ist verrathen.… Es besteht nach Innen und Außen, ich weiß
nicht alles mit welchen arristokratischen Mächten, ein geheimer Pakt, der den Sturz der Republik und die Aufwärmung, ich weiß nicht welch kaiserl. Systems zum Zweck hat. Ich rufe Ihnen zu: Die
Verfassung ist verletzt; die Minister sind im Verrath solidarisch, sonst hätten sie ihre Aemter niedergelegt. (Stürmischer Beifall vom Berge.) Die National-Versammlung muß sofort zur Anerkennung der
Republik in Rom schreiten, (Lärm zur Rechten), so wie zur Berathung über Bestrafung der Verfassungsbrecher. (Gährung):
Barrot. Der Augenblick ist zu ernst, um die Zeit in hohlen Worten zu verlieren. In Folge eines Unfalls unter den Mauern Roms verlangen Sie die Anerkennung der römischen Republik. Das wäre
eine Feigheit. (Stimmen links: Zur Ordnung den Minister! Man beschimpft uns zu arg! Wie? In so wichtigen Augenblicken wollen Sie der Vertheidigung das Wort nehmen? Es scheint, er sucht Vorwände zur
Gewalt. (Clement Thomas: Das sollen Sie erfahren!) Man ruft: on verra, nun gut, auch wir rufen on verra! (Clement Thomas: Ich sagte, Ihre contrerevolutionäre Politik führt zum Bürgerkriege, und dann
sollen Sie sehen!) Zum Bürgerkriege am Vorabend der Generalwahlen. Bürgerkrieg beim allgemeinen Stimmrecht. Bürgerkrieg, und wer soll und will darin gewinnen? Bürgerkrieg, den können nur diejenigen
wünschen, welche die Gewalt dem Rechte vorziehen. Der Minister entwirft ein düsteres Bild vom Bürgerkriege.) Was den Brief betrifft, so habe ich ja schon erklärt daß es kein Kabinetsakt ist. (Vom
Berge: Warum, aber ein dynastischer Akt!) Man verlangt, daß wir unsere Politik in Bezug auf Italien ändern. Unsere Politik ist noch dieselbe, die sie war als unser Corps nach Civita-Vecchia fuhr. Ich
will und kann die römische Republik nicht anerkennen, mich nicht mit ihr solidarisiren; aber ich will nicht, daß der Fremde, der Neapolitaner und Oesterreicher, in Rom einziehe. (Ah! Ah!) Wie können
wir mit einer Regierung in Unterhandlung treten, die uns mit Kanonenschüssen empfing. (Lärm!) Wir bleiben bei unserem Entschlusse und wünschen, daß es auch die Versammlung bleiben möge.
Clement Thomas widerlegt den Minister und weis't die contrerevolutionäre Stellung des Kabinets und aller Restauration seit 40 Jahren nach. Was ihn befremde sei, daß Barrot die
Contrerevolution seit 40 Jahren selbst bekämpft habe, und nun selbst contrerevolutionär geworden.
Jules Favre nimmt das Wort und hält eine lange Rede. Die Rechte, namentlich Taschereau unterbricht ihn mit solcher Heftigkeit und so häufig, daß er sie unzähligemale wiederholen muß. Der
Tumult wächst außerordentlich. Favre will Briefe und Aktenstücke aus Rom verlesen, was die Rechte nicht zugeben will. Sie weint und schreit, daß sie mit Weibergeschwätz (Fürstin Belgiojoto) nichts zu
schaffen haben will. Der Lärm wird immer wüthender.
Manuel verlangt das Wort über das Reglement Ihm zufolge dürften nur Privatpapiere mit Genehmigung des Hauses gelesen werden. Die Papiere, die der Redner lesen wolle, rühren von einem fremden
Minister her. Es verräth falsche verleumderische Darstellung. Ich protestire dagegen.
Jules Favre gelingt es, trotz der Protestation Manuels seine römischen Berichte vorzulesen. Aus ihm geht hervor, daß die oberen Theile der Peterskirche starke Kugelspuren tragen. Mehrere
Kugeln seien gesammelt worden, und man habe darauf geschrieben: „Huldigung der Französischen Papisten an die Römische Republik am 30. April 1849.“ Diese Kugeln seien ausgestellt
‥… Favre trägt schließlich auf exemplarische Bestrafung Changarniers an, und daß die Versammlung erkläre, die Minister hätten ihr Vertrauen verloren. (Agitation.)
Tracy, Marineminister, protestirt gegen diese Beschimpfung der französischen Armee. Uebrigens unterwirft er sich dem Votum des Hauses.
Leflot, General, protestirt ebenfalls gegen diese Schmach eines französischen Armee-Corps.
Dupont (Bässac). Frankreichs Rolle sei eine vermittelnde gewesen, keine angreifende. So habe sie die Versammlung verstanden. Er greift das Ministerium darum wegen seiner Gegenhandlungsweise
scharf an. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)
Rechts mit Sturm: Einfache Tagesordnung!
Die einfache Tagesordnung wird mit 329 gegen 292 Stimmen ausgesprochen. (Napoleon Bonaparte stimmte dagegen.
So wäre denn die Debatte vorläufig eingestellt. Rom ist noch nicht anerkannt.
Marrast liest die Anklage gegen General Forest vor und läßt zur Abstimmung schreiten: ob sie an den Ausschuß zur Begutachtung zu überreichen?
Wird an die Abtheilung verwiesen.
Marrast liest die Anklage gegen Präsident und die Minister vor, um zu wissen, ob auch diese Klage in Betracht gezogen wird? (Tumult)
Wird verworfen und die Sitzung um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Changarniers-Anklage kömmt morgen an die Reihe.
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@facs | 1693 |
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] Paris, 11. Mai.
Also immer noch keine Revolution in Paris? Die Franzosen wollen also immer noch nicht losbrechen, ungeachtet dieses unendlichen Brennstoffes, der in Paris
angehäuft ist? Sind denn die Franzosen Deutsche geworden, daß sie sich alle diese Schmach, den Verrath Napoleon's, den Verrath des Ministeriums, die Verhaftungen der besten Demokraten und die
Verfolgungen der demokratischen Presse gefallen lassen? Und wann werden dann endlich die Franzosen zur Revolution schreiten? — Zur Revolution schreiten! Eine Revolution machen! der Revolution
die Zeit des Ausbruches festsetzen! Als wenn das nicht Alles schon vorbei wäre! Und als wenn die Revolution nicht schon in vollem Zuge wäre! Was gerade den jetzigen Augenblick, den jetzigen Kampf, die
jetzige Revolution von allen frühern unterscheidet, ist eben, daß sie schon ausgebrochen ist, ohne daß die Leute, die sie hervorrufen, die geringste Ahnung davon haben.
Während man, der alten Tradition gemäß, daran hält, die Revolution proklamiren zu wollen, hat die Revolution selbst schon sich Bahn gebrochen in alle Kreise, in alle Classen. Denkt man etwa, daß
der Sturz Napoleon's und des Ministeriums die Aera der neuen Revolution beginnen soll, wie der Sturz Louis Philipp's die Revolution des vorigen Jahres inaugurirt habe? Wenn dem so wäre
so könnte man sagen: die Revolution ist da: Napoleon und Barrot sitzen nur noch als Leichen an der Regierung. Aber nein: dieses Mal handelt es sich um ganz andere Dinge, es handelt sich um den Sturz
der ganzen Bourgeoisie, um den Sturz der Geldherrschaft, des Capitals, und wer bekümmert sich da um bloße Säcke, wie Napoleon und Barrot?
Wie gesagt: die Revolution hat begonnen; der geringste Stoß, und Napoleon fällt um. Während die Bourgeoisie sich noch über die Kandidatenliste streitet, während Bonapartisten Orleanisten und
Orleanisten sich gegenseitig in List übertreffen, um diesen oder jenen Kandidaten aus der Liste auszumerzen, während die größte Zwietracht im Lager der Poitieristen herrscht, gruppirt sich das Volk
immer stärker, immer mächtiger um ihre Führer herum, die es von der
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ersten Stunde an als seine Kandidaten aufgestellt hat. Was den Sturz Napoleons anbetrifft, so überläßt es diese Sorge der Bourgeoisie selbst! Und wie weislich sie diesen Sturze herbeizuführen weiß!
Bald ist's der Deputirte Favre, der in einem Klub von 2-3000 Wählern, lauter honorable Bourgeois aus dem 2. Arrondissement, offen erklärt, daß, wenn die eingebrachten Anklagen gegen Napoleon
und sein Ministerium nicht genügten, er es für seine heilige Pflicht halte, in die Straße hnabzusteigen. Und die Bourgeois, auf die so kecke Herausforderung zur Rebellion, schrieen begeistert: es lebe
die demokratische Republik. Die vier oder fünf Blousenmänner, die im Saale waren, zuckten die Achsel: „Der Teufel, die Bourgeois sind ja ganz im Zorne!“
Heute war es der verschmitzte Marrast, der dem Napoleon ein Bein zu brechen versuchte. Die zwei Bataillone, die er zum Schutze der Kammer bestellt hatte, gerade am Tage, wo der fremde Brief
Napoleon's in der Kammer zur Diskussion kam, hatten keinen andern Zweck, als dem Napoleon die Absicht eines 18. Brumaires unterzuschieben!
Marrast hat mit einem Schlage zwei Mücken getroffen. Changarnier, indem er sich dem Gesetze vom 11. Mai widersetzt, das dem Präsidenten der Kammer freie Hand läßt, über die zum Schutze der
Nationalkammer geeigneten Mittel, hat sich offenbar als Beschützer Napoleon's und als Feind der Kammer bewiesen.
Napoleon ist nicht gefallen, Barrot ist nicht gefallen, auch Changarnier nicht; die Revolution ist nicht proklamirt, und doch hat die Revolution die größten Fortschritte gemacht. Changarnier, der
General, hat in dem Unteroffiziere Brichot den gefährlichsten Konkurrenten erhalten. Brichot, verhaftet auf die ungesetzmäßigste Weise, gewinnt täglich Tausende von Soldaten; ganze Bataillone erklären
sich für Brichot, und wer für Brichot ist, ist für alle 28 Candidaten der demokratisch-sozialen Partei.
Um Napoleon zu stürzen, braucht man keine Revolution zu proklamiren. Aber die Revolution, die in vollem Zuge ist, das ist die Revolution die sich fortwälzt nach Außen, und die im Augenblick wo sie
proklamirt worden, auch schon den Rhein und die Alpen überschritten hat.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1694 |
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 12. Mai 1849.
Angekommen.
Capt. Coesen von Rotterdum mit 4386 Ctr.; Wb. H. Dunk von Mannheim; Geerling vom Niedermain.
In Ladung.
Nach Ruhrort bis Emmerich A. J. Orts. Nach Düsseldorf bis Mülheim a. d. Ruhr Chr. Königsfeld. Nach Andernach und Neuwied B. Schilowski. Nach Koblenz, der Mosel und Saar D. Schlaegel. Nach der Mosel
u. Saar M. J. Deiß. Nach Bingen H. Leineweber. Nach Mainz Ph. Kimpel. Nach dem Niedermain Fr. Schulz. Nach dem Obermain Th. Messerschmidt. Nach Heilbronn S. C. Schmitz. Nach Kannstadt und Stuttgart
Peter Kühnle. Nach Worms und Mannheim S. Stehling; und (im Sicherheitshafen) A. Adams.
Ferner: Nach Rotterdam Capt. Hollenberg, Köln Nr. 27.
Nach Amsterdam Capt. Singendonk, Köln Nr. 10.
Rheinhöhe: 10′ 8″. Köln. Pegel.
Civilstand der Stadt Köln.
Den 7. Mai 1849.
Heirathen.
Joh. Wilh. vom Rath, Kaufmann, v. Duisburg, u. Kath. Henr. vom Rath, v. Würzburg.
Den 9. Mai.
Heirathen.
Wilh. Kerp, Gastw, Wwr., v. Gladbach, u. Elisab. Scheidel, v. Kradenpohl. — Wilh. Hering, Unteroffizier im 16. Regt., v. Huchen, u. Eleon. Joseph. Jager, v. Leuth. — Bern. Hermans,
Metzger, u. Marg. Thelen b v. hier. — Franz Peter Winter, Kutscher, v. Züllig. hoven, u. Elis. Egeri, v. Münstermaifeld. — Franz Jos. Burbon, Schrein., u. Anna Maria Schmand, b. v. hier,
— Mart. Heinr. Schillings, Tagl, u. Barb. Roland, b, v. hier. — Franz Stein, Tagl., Wwr., v. Coisdorf, u. Ther. Marinsky v. Venedig: — Nik. Bensberg, Schuster, Wwr., u. Elisab.
Mathon, b. v. hier. — Gottfr. Ferd-Pallas, Schuster, v. Halle, u. Gertr. Muschler, v. Neuwied. — Johann Heinr. Schieffer, Zuckerarb., Wwr., u. Kath Schmitz, Ww. Zangeler, b. v. hier.
— Theodor Rodenkirchen, Tagl., Wwr., v. Wesseling., u. Mechtilde Schlosmacher, v. Ahn. — Ferd. Lacoy, Bäcker, v. Brühl, u. Anna Maria Minzenbach, v. hier. — Joh. Wilhelm Fluß,
Gärtn., v. hier, u. Maria Eva Müsseler, v. Lüftelberg. — Christ. Karl Wilh. von Eichmann, Uhrm., v. Düsseldorf, u. Elis. Schmaltz, v. hier. — Gottfr. Thiebes, Karrenb., u. Adelh.
Blümeling, b. v. hier. — Joh. Uhlaß, Maurerges., u. Josepha Schloesser, b. v. hier. — Georg Alb. Jos. Hub. Apollin. Heimann, Kaufmann, u. Maria Sab. Joseph. Walh. Plasmann, b. v. hier.
— Karl Jos. Gymnich, Eisenbahnfactor, v. Kripp, u. Elis. Cremer, v. Aldenhoven.
Geburten.
Bern., S. v. Abradam Kaufmann, Metzger, Mariengarteng. — Gertr., T. v. Aug. Ferd. Marquardt, Schuhm, Comödienstr. — Gertr., T. v. Jakob Hellwig, Schmidt, Weideng. — Karl Peter
Eduard, S. v. Johann Jakob Landmann, Maurerm., Waisenhausg. — Martin, S. a. v. Theod. Koch, Tagl., Hahnenstr. — Cäcilia Kath., T. v. Joh. Anton Busch, Schuhm., Weißbütteng
Sterbefälle.
Jakob. Hub. Ludw. Wagner, 5 J 11 M. alt, Hochpf — Elise Aretz, 4 J. 5 M. alt, Straßburgerg. — Jakob Balth. Krug, Geldwechsler, 36 J. alt, Wwr., Thurnm. — Heinr. Unkel, 2 J. 2
M. alt, Severinstr. — Joseph Winkelmann, 5 J. 5 M. alt, Mariengarteng. — Jakob Postberg, Tagl., 20 J. alt, unverh., Cäciliensp. — Pet. Eiser, 1 J. 9 M. alt, Pantaleonstr.
Wem es mit der Einheit Deutschlands Ernst ist, wer in der Reichsverfassung einen Anhaltspunkt zur Herbeiführung der Einheit sieht, der gebe schleunigst Geld!
Die Gaben können abgegeben werden bei Hamspohn im Freischütz, Hochstraße.
Bürger-Artillerie.
Sonntag den 13. Mai. Abends 8 Uhr. Versammlung bei Lölgen auf der Hochpforte.
Das provis. Commando.
14. Bürgerwehr-Compagnie.
Sonntag den 13. Mai, Morgens 10 Uhr, Versammlung bei Veith, Ecke von Unter Goldschmidt und Hof.
Diejenigen, welche sich in die Listen der Compagnie einzeichnen wollen, können an der Versammlung Theil nehmen.
Köln, den 12. Mai 1849.
H. Korff, provisorischer Kommandeur.
16. Compagnie Bürgerwehr.
Heute Sonntag Morgens 11 Uhr, Versammlung im Stammlokale bei Opladen Streitzeuggasse.
Diejenigen, welche sich obiger Compagnie anschließen wollen, sind gebeten ebenfalls daselbst zu erscheinen.
Für den Hauptmann:
Der Feldwebel.
Eine Bibliothek guter beliebter Bücher zu sehr geringen Preisen in Commission von G. Tonger, Pauluswache:
Die Kaiser-Chronik v. J. Spohrschil 2 Bde. m. viel. Bildern 25 Sgr. Geschichte der Girondisten v. Lamartine übers. v. Fink. 8 Bde. (Ldpr. 8 Thlr.) 2 2/3 Thlr. Louis Blank, Gesch d. letzten zehn
Jahre, übers. v. Fink, schone große Ausg. in 5 Bdn. (Ldpr. 5 Thlr.) 2 Thlr. Dulon, vom Kampf um Völkerfreiheit. 1 r. u. einziger Bd. 7 1/2 Sgr. Bünger, Monarchie oder Republik. 3 Sgr. Grävell, die
Volkssouverainität. 9 Sgr. Frankr. Revolution von 1848. Heft 1 3 Sgr. Neumann, die Aufhebung des Proletariats. 4 Sgr. Püttmann, Jahrb. z. gesellschaftl. Reform. 1r. Bd. 10 Sgr. id. Bürgerbuch. 10 Sgr.
Stollberg, Gesch. d. Religion Jesu. 15 Hfrzdde. 9 Thlr. Feuerbach, Erläuterungen u Ergänzungen z. Wesen des Christenthums. 25 Sgr. Spindler, Vergismeinnicht, Erzählungen u. Novellen mit viel. Bildern.
5 Bde. 1 2/3 Thlr. Das Buch für Winterabende, Erzählungen, Geschichten etc. m. Bldrn. 2 Bde. 7 1/2 Sgr. Handbuch f. d. Reise von v. Rotterdam bis Straßburg, m. einer schönen kol. Karte d. Rheinlaufs,
Karten d. Nahe u. d. Mosel. 219 Seiten starker Bd. (Ldpr. 20 Sgr.) nur 7 1/2 Sgr. Briefsteller f. Liebende 1 1/2 Sgr. 26 Friedensjahre 9 Sgr. Würtemberg im Jahre 1844. 8 Sgr. Polit. Bilder v. Arn.
Ruge. 1r. Bd. 15 Sgr. Edgar Bauer, Denkwürdigkeiten d. neuern Zeit. 3 Bde. 12 1/2 Sgr. Dezamy, der Sieg d. Sozialismus. 10 Sgr. Der Krieg d. Zukunft. 6 Sgr Der Prozeß geg. E. Dronke. 6 Sgr.
Gesellschaftsspiegel, Organ z. Vertret. d. besitzlosen Klassen. 2 Bde. 15 Sgr. Die Akademie, philos. Taschenb. 1r. Bd. 15 Sgr. O'Connell, über Irland u. d. Irländer. 1r. u. 2r. Theil. 9 Sgr.
Karl Heinzen, mehr als 20 Bogen. 15 Sgr. id. Gedichte. 5 Sgr. Aus dem Tagebuche, des Generals Wachholz, zur Gesch. früherer Zustände d. pr. Armee. 15 Sgr. Gedichte v. Fr. Dingelstädt. 15 Sgr. Joh.
Prince-Smith, über polit. Fortschritt. 6 Sgr. Molé, neues Wörterbuch d. franz. u. deutsch. Sprache, großer dicker Oktavband, neueste Aufl. neu (Ldpr. 2 Thlr.) 1 1/3 Thlr. Eugen Sue, Martin der
Findeling. 10 Bde. 25 Sgr. id. Geheimnisse v. Paris mit Anhang 25 Sgr. Neuestes Adreßbuch v. Köln. 25 Sgr. Der gemüthliche Festleiter Spiele, Pfänderauslösungen, Prophetenbuch. Kunststücke, Lieder,
Anekdoten etc. 9 Sgr. Humoristische Schwänke in 6 Abth. Anekdoten, Räthsel etc. 9 Sgr. Kunststücke, Toaste, buntes Allerlei u. s. w. (Ldpr. 10 Sgr.) nur 2 1/2 Sgr. Schwarz, Roth, Gold. Lieederbuch,
vaterländ. Gesänge nebst Melodien, enthält unt. A.: Was ist des deutschen Vaterland, Schleswig etc. etc. nur 2 1/2 Sgr. Van der Velde's sämmtl. Werke. 8 Bde. 1 2/3 Thlr. Benedix, Volksbücher. 6
Bde. m. 24 Bildern. 12 1/2 Sgr. Einzeln jed. Bd. 2 1/2 Sgr. Alex. Dumas, die 3 Musketiere und 20 Jahre nachher. 7 Bde. 1 Thlr. id. die Dame von Monsoron. 4 Bde. 25 Sgr. id. 10 Jahre nachher. 4 Bde. 20
Sgr. id. Tochter d. Regenten. 2 Bde. 10 Sgr. id. das Brautkleid. 5 Sgr. id. die fünf und vierzig. 3 Bde. 22 1/2 Sgr. id. der Bastart v. Maulon. 3 Bde. 15 Sgr. Album, neueste Beschreibung v. Bremen m.
Ansicht und Grundriß in feinstem Stahlstich. 3 Sgr. id. Paris 5 Sgr. id. Leipzig 4 Sgr. id. Berlin 4 Sgr. id. Dresden 5 Sgr. München 4 Sgr. id. Weimar 3 Sgr. Thiers, über das Eigenthum 7 1/2 Sgr.
Münch, Erinnerungen, Reisebilder, Phantasiegemälde etc. 2 Bde. (Ldpr. 2 Thlr.) 12 1/2 Sgr. Cours de Geometrie descriptive p. Th. Olivier. Qrtbd. m. 1 Bd. Atlas 2 Thlr. Developpements de Geometrie
descript. Qrtb. mit Atlas 2 Thlr. Traité de la Mécanique des Corps ides et du Calcul de l'effet des Machines p. Coriolis. Qrt. 1 Thlr. Langsdorf, Strassen- und Brückenbau mit
Atlas 25 Sgr. Oeuvres de Corneille. 6 Vol. 22 1/2 Sgr. Oeuvres de Racine 4. Vol. 15 Sgr. Oeuvres de Moliére 10 Vol. 1 1/6 Thlr Oeuvres de Bolleau 2 Vol 10 Sgr Le sage Gilblas. 6 Vol. 25 Sgr id.
Diahle Boiteux. 2 Vol. 9 Sgr. Rottecks Weltgeschichte. 5 Bde. 1 1/3 Thlr. Schillers sämmtliche Werke, neueste Ausg., nebst den Supplementen in 16 sehr schönen Halbfranzbden, geb. 5 2/3 Thlr. Jöchers
Handelsschule, 4 schöne Hbfrzbde. 3 1/2 Thlr. Martin Huzzlewit v. Boz Dickens in 3 Bdn., hübsch geb. 1 Thlr. Der letzte Küster v. Altenberg, erzählt v. Karl 2 1/2 Sgr. Andreas Hofer v. Stehling. 2 1/2
Sgr. Ein Ausflug nach Holland 2 1/2 Sgr. Kotzebues Verzweiflung 1 1/2 Sgr.
Deutschland!!! hat an guter Gesinnung viel verloren; denn allenthalben, suchen die Leute welche Geld besitzen, den geringen Stand, mehr und mehr, zu unterdrücken, namentlich gehört hier zu!!!
Hört!!! Bürger, Hört!!! Die Verminderung des Haus-Personals — sei es Comptoristen, sei es Knechte oder Mägde, kurz man macht die harte Zeit um so fühlbarer. Der sichere reiche Herr in der
Benesisstraße, ließ den zu 90 Thlr. akkordirdirte Brunnen nicht machen, und ließ die Leute nach Haus gehen um das Geld anhalten zu können, der drohenden Zeit wegen Ein Gutsbesitzer G. — bot mir
8 Pf auf Nr. 8 weiße Pfeifenköpfe, wofür mir der Tagelöhner 1 Sgr. zahlt, und so habe ich tausende Erfahrungen, und bedaure die Lage, worin wir durch solche Leute gerathen sind! und noch tiefer
gerathen werden!
Der Bürger Schlechter am Vater Rhein.
Ich höre ein Glöcklein von ferne läuten, ich weis nicht was es soll uns bedeuten, es spricht für die deutsche Einheit und Recht. O! Brüder laßt ab! — denn vor der Hand geht's Euch
schlecht.
Der Pfeiferöhrchesmacher Schlechter!
Geschäfts-Anzeige.
Mit dem 1. Juni d. J. geht die „Neue Rheinische Zeitung“ nicht mehr aus meiner Druckerei hervor. — Indem ich hiervon meine geehrten Geschäftsfreunde in Kenntniß setze, bitte
ich, die mir bisheran bewiesene Theilnahme auch ferner bewahren zu wollen. Ich bin nun wieder im Stande, allen Anforderungen im typographischen Fache in kürzester Frist entsprechen zu können, indem
das sämmtliche für den Druck der Zeitung bis jetzt verwendete Material zur anderweitigen Benutzung frei und durch neue Anschaffungen vervollständigt worden.
Mit Bezug hierauf erlaube ich mir, meine BUCHDRUCKEREI zur Ausführung von Aufträgen, als: Werke jeden Umfangs, Tabellen, Rechnungs-, Quittungs- und andere Formulare, Etiquetten, Frachtbriefe,
Karten, Todtenbriefe etc. etc. angelegentlichst zu empfehlen. — Pünktliche und billige Belieferung wird zugesichert.
Köln, den 3. Mai 1849. J. W. Dietz.
Thüringer Volkstribun.
Einladung zur Subscription
Als es im Herbste des vorigen Jahres der Reaktion gelang, die demokratische Bewegung in den sächsischen Herzogthümern durch Waffengewalt zu unterdrücken, erlag auch das Organ des Kreis-Ausschusses
der Thüringer Demokratie, der „Thüringer Volkstribun“, der Gewalt der Umstände Die Gründer und Redakteure desselben wurden plötzlich in den Kerker geschleppt, und der Tribun mußte
verstummen. Seitdem ist ein neuer Frühling in das Land gekommen und mit ihm neue Hoffnungen für die geschlagene, aber nimmer besiegte Demokratie
Einer der frühern Redakteure G. Rothe, ist der Freiheit wiedergegeben, und es ergingen sogleich nach seinem Austritt aus dem Kerker zahlreiche Aufforderungen an ihn, den Volkstribun wieder ins
Leben zu rufen. Diesen Aufforderungen zu genügen und zugleich ein Werkzeug zur kräftigen Reorganisation der Thüringer Demokratie zu schaffen, haben sich mehrere bewährte Volksmänner zur
Wiederherausgabe des „Volkstribuns“ vereinigt.
Die Tendenz des Blattes wird dieselbe sein, wie sie in den ersten 12 Nummern sich kundgegeben hat. Wir glauben, daß die reine Demokratie nur in einer solchen Staatsform sich verwirklichen lasse, in
der die Würde des Menschen in Allem auf's Höchste geachtet wird, in der demokratischen Republik. Unser Wahlspruch ist der der europäischen Social-Demokratie:
„Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle,“
Der Volkstribun erscheint vom 1. Mai an vorläufig zweimal wöchentlich unter der verantwortlichen Redaktion von G. Rothe und unter Mitwirkung von Dr. Lafaurie, H. Jäde, Dr. Otto, Dr. Rollet, Carl
Brau, Haus, Deinhardt und anderer Volksmänner im In- und Auslande.
Der Abonnementspreis beträgt auf allen Thurn- und Taxischen Postämtern vierteljährlich 20 Sgr.
In der Expedition 15 Sgr.
Alle Gleichgesinnte, sowohl Einzelne als Vereine, fordern wir auf, zur Verbreitung des Blattes im Interesse der Demokratie mitzuwirken und durch Correspondenzen uns zu unterstützen.
Jena, im April 1849.
Das Redaktions-Comite.
Büreau zur Beförderung von Auswanderern nach Amerika.
Von VAN EETEN & Cmp. in Antwerpen.
Nachfolger des Herrn JULES VAN EETEN.
Regelmässige Schifffahrt zwischen Antwerpen und New-York für Passagiere und Güter, durch schöne, gekupferte und kupferfeste gut seegelnde Dreimast-Schiffe, deren Namen zur Zeit werden angezeigt
werden.
Die Abfahrten sind auf den 1., 10. und 20. jeden Monats bestimmt.
Die Gesellschaft übernimmt den Transport der Auswanderer mit oder ohne Beköstigung für jede oben erwähnte Abfahrt während 1849, liefert Contrakte für alle Plätze im Inneren der Vereinigten Staaten
per Eisenbahn und Dampfschiffe, und expedirt ebenfalls Schiffe nach Baltimore, New-Orleans, Galveston, Rio-Grande, Rio-Janeiro etc und zwar unter den vortheilhaftesten Bedingungen und zu den möglichst
billigen Preisen.
Die Beförderung der Auswanderer und ihres Gepäcks, sowie die Assekuranz des letztern, wird von Cöln ab übernommen und nähere Auskunft auf frankirte Anfragen bereitwilligst ertheilt, durch die
Haupt-Agentur des Herrn VAN EETEN et Comp. von H. J. Maassen & Comp. Thurnmarkt Nr. 27.
Gartenwirthschaft.
Die Eröffnung meiner Gartenwirthschaft beehre ich mich hiermit meinen geehrten Freunden und Gönnern ergebenst anzuzeigen. Durch die Verschönerung meines Lokals so wie durch vorzüglich bairisches
Lagerbier und prompte Bedienung hoffe ich, mich eines zahlreichen Besuchs erfreuen zu dürfen Besonders mache ich auf das Scheiben und Vogelschießen bei ganz neuer Einrichtung aufmerksam.
J. Obladen, Streitzeuggasse Nr. 19 B
Inserat.
Unsere tapferen Kameraden — welche voriges Jahr im v. der Tann'schen Freikorps den Feldzug in Schleswig-Holstein mitmachten — werden hiermit gerufen sich heute Sonntag
Nachmittag um 2 Uhr in dem Lokal des Herrn Scheben auf Rom zu versammeln.
„Brüder — die Ihr unsere Gefahren siegreich theiltet — kommt — das Vaterland ruft!
Eure Kameraden.
Grammatik, Conversation und Correspondenz der engl. und franz. Sprache lehrt:
J Lehweß, Lehrer Hochstraße 104.
Das vom Staat errichtete und von den Landesständen garantirte badische Staats-Eisenbahn-Anlehen von 14,000,000 Gulden ist rückzahlbar durch Gewinne von 14mal 50,000, 54mal 40,000, 12mal 35,000,
23mal 15,000, 2mal 12,000, 55mal 10,000. — Die geringste Prämie ist fl. 42. Die nächste Verloosung findet am 31. Mai 1849 statt, und sind hierzu beim unterzeichneten Handlungshaus Originalloose
für alle Ziehungen gültig à 18 1/2 Thlr. und für die bevorstehende allein à 1 Thlr. zu erhalten. Dieses solide Anlehen kann Jedem empfohlen werden, der Fortuna auf billige Art versuchen
will.
Julius Stiebel, jun. Banquier.
Bureau: WOLLGRABEN in FRANKFURT A. M.
Solide Männer, die eine Agentur zu übernehmen gesonnen sind, erhalten einen annehmbaren Rabatt.
Ein routinirter Apotheker-Gehülfe, der sich stets die Liebe und das Vertrauen seiner Vorgesetzten mit guten Zeugnissen erworben hat, und wegen Krankheit seine letzte Stellung hat aufgeben müssen,
sucht sofort eine Stelle. Darauf bezügliche Briefe werden unter Adresse G. S. post restante Saalfeld an der Saale in Thüringen erbeten.
Die Landwehrmänner der Umgegend von Frechen, sind eingeladen sich Sonntag den 14. Mai in Frechen bei Johann Kann einzufinden. (Nachmittags 2 Uhr.)
Das provisorische Comite.
Ein Mädchen zur Erlernung des Kleidermachens wird gesucht, bei Geschw. Stockhausen, Burgmauer Nr. 2
Vereinigter 1. und 2. gesell. Dombau-Verein.
Heute Abend 7 Uhr Versammlung. Breitstraße bei Menzen, im Palast.
Deklamatorische Abend-Unterhaltung.
Bürgerlicher Dombau-Verein.
Heute Abend, punkt 8 Uhr, Versammlung im Vereinslokale, Löwengasse Nro. 11, wozu sämmtliche Mitglieder des Vereins zu erscheinen ersucht werden.
der Vorstand.
Brodpreis der Stadt Köln.
Vom 13. bis zum 19. Mai 1849.
Ein Schwarzbrod von 8 Pfd. soll kosten 4 Sgr. 3 Pf.
Köln, 13 Mai 1849.
Der Polizei-Direktor, Geiger.