[1685]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 297. Köln, Sonntag, den 13. Mai. 1849.
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Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
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Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. — Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. — Nur frankirte Briefe werden angenommen. — Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Die neue preußische Verfassung. — Das Blutgesetz in Düsseldorf. — Der Aufstand im Bergischen: Düsseldorf. (Preußische Heldenthaten. — Standrechtliche Erlasse). Viersen. (Zug nach Düsseldorf und Elberfeld). Elberfeld. (Tagesbericht. — Benehmen des revolutionären Volkes). Siegburg. (Erstürmung des Zeughauses). Koblenz. (Erklärung). Solingen. (Erstürmung des Gräfrather Zeughauses. — Zug nach Elberfeld). Iserlohn. (Die Landwehr). Bielefeld. (Die Landwehr). Hagen. (Die Landwehr). Berlin. (Klatsch. — Der Kampf in Dresden). Breslau. (Verfahren des preußischen Militärs. — Einige Details über den Barrikadenkampf). Wien. (Bedrohung Preßburgs — Die Russen). Dresden. (Erlaß vom Königstein. — Verfolgung der Barrikadenkämpfer). Leipzig. (Die Krämerseelen und das Proletariat. Nürnberg. (Beschluß der Stadt- und Landwehr). Heidelberg. (Erklärung der Bürgerwehr). Mainz. (Zuzug nach der Pfalz. Frankfurt am Main. (National-Versammlung). Neustadt a. d. H. (Revolutionäre Maaßregeln). Ludwigshafen. (Erfolge der Revolution). Frankenthal. (Rheinbairische und altbairische Soldaten.
Ungarn. Preßburg, Wien, von der nordungarischen Gränze. (Vom Kriegsschauplatze).
Italien. Rom. (Der Kampf am 30. April). Mestre. (Die Belagerung von Malghera).
Französische Republik. Paris. (Die römischen Angelegenheiten. — Der Verrath. — Proklamation Seitens der demokratischen Seine-Kandidaten. — Vermischtes. — Nationalversammlung.)
Großbritanien. London. (Englands auswärtige Politik).
Deutschland.
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[ * ] Köln, 12. Mai.
Das Potsdamer Mitglied der gott- wie standrechtlich begnadeten Dreifaltigkeit oktroyirte im November v. J. nach Auseinandersprengung der Volksvertreter eine Verfassung, die von den bald zusammentretenden Kammern revidirt werden sollte. Bekanntlich ereilte die neuen Volksvertreter ein ähnliches Schicksal wie die alten; die Einen verjagte man mit Wrangeln'schen Bajonetten, die Andern hieß ein einfaches Manteufel'sches Auflösungsbilletchen nach Hause gehen. Mit der Revision war's demnach ebenfalls zu Ende.
So hatte nun der christlich-germanische Landesvater und seine Spießgesellen, das ganze Heer der ahnenreichen wie ahnenlosen, besternten und unbesternten Herumlagerer, Umsonstfresser und Volksvampyre freien Boden gewonnen, um eine Frucht nach ihrem Herzen darauf zu pflanzen.
Im November v. J. war das Königs-, Beamten- und Junkerthum noch zu vielfachen, heuchlerischen Redensarten und anscheinend sehr liberalen Verfassungsparagraphen genöthigt. Die Novemberverfassung mußte so gehalten sein, daß der zahlreich vertretene stupide Theil des sogenannten „Preußenvolkes“ sich damit allenfalls ködern ließe.
Jetzt sind solche feine diplomatische Rücksichten überflüssig geworden. Ist nicht Schwager Nikolaus bereits mit 20,000 Mann auf deutschem Boden? Ist nicht Dresden zusammengeschossen? Besteht nicht der intimste Bund mit dem feigen Flüchtlinge auf dem Königstein, mit dem Reichsmax in München, mit dem Bulldog Ernst August von Hannover, mit der ganzen Contrerevolutionsbande in und außerhalb Deutschlands?
Nun wohl, dieser Moment ist von dem Hohenzollern bestens benutzt worden. Er hat für seine „geliebten“ Unterthanen eine neue Konstitution ausarbeiten lassen und sie unterm 10. Mai in Charlottenburg sanktionirt und oktroyirt.
Die neueste, allein ehrlich gemeinte, königlich-preußische Verfassung, die vor der Novemberverfassung auch den Vorzug hat, blos aus 17 Paragraphen zu bestehen, lautet wie folgt:
Neueste preußische Verfassung.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums über den Belagerungszustand was folgt:
§ 1. Für den Fall eines Krieges ist in den vom Feinde bedrohten Provinzen jeder Festungs-Kommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayon-Bezirke, der kommandirende General aber den Bezirk des Armee-Corps oder einzelne Theile desselben zum Zweck der Vertheidigung in Belagerungszustand zu erklären
§ 2. Auch für den Fall eines Aufruhrs kann der Belagerungszustand, sowohl in Kriegs- als in Friedenszeiten, erklärt werden.
Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staats-Ministerium aus, kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Bezirke durch den obersten Militär-Befehlshaber in denselben auf den Antrag des Verwaltungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, oder wenn Gefahr im Verzuge ist, durch den Militär-Befehlshaber erfolgen.
In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes von dem Festungs-Kommandanten aus.
§ 3. Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag oder Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mittheilung an die Gemeinde-Behörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.
Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntniß gebracht.
§ 4. Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes geht die vollziehende Gewalt an die Militär-Befehlshaber über. Die Civil-Verwaltungs- und Kommunal-Behörden haben den Anordnungen und Aufträgen der Militär-Befehlshaber Folge zu leisten.
Fur ihre Anordnungen sind die betreffenden Militär-Befehlshaber persönlich verantwortlich.
§ 5. Erachtet das Staats-Ministerium oder der Militär-Befehlshaber, welcher den Belagerungszustand ausspricht, es für erforderlich, die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde zeit- und distriktsweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu machenden Verordnung verkündet werden.
Erfolgt die zeit- und distriktsweise Suspendirung der angeführten Artikel oder einzelner dieser Artikel, so muß den Kammern sofort nach ihrem Zusammentreten darüber Rechenschaft gegeben werden.
§ 6. Die Militär-Personen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. — Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung.
§ 7. An den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Bezirken hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen.
Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todesurtheile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandirenden Generals der Provinz.
Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften des Militär-Strafgesetzbuchs.
§ 8. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Civil- oder Militär-Behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
§ 9. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke:
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Civil- oder Militär-Behörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher Uebertretung Andere aufreizt, oder
c) zu den Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen oder zu anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert, oder
d) Soldaten zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu Einem Jahr bestraft werden.
§ 10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesverraths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Befreiung von Gefangenen, der Meuterei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen.
Als Hochverrath und Landesverrath sind im Bezirke des rheinischen Appellationshofes zu Koln die Verbrechen und Vergehen wider die innere und äußere Sicherheit des Staats (Art. 75-108 des rheinischen Strafgesetzbuchs) anzusehen.
§ 11. Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von dem Vorstande des Civilgerichts des Orts zu bezeichnende richterliche Civilbeamte und drei von dem Militär-Befehlshaber, welcher am Orte den Befehl führt, zu ernennende Offiziere sein müssen. Die Offiziere sollen mindestens Hauptmannsrang haben; fehlt es an Offizieren dieses höheren Ranges, so ist die Zahl aus Offizieren des nächsten Grades zu ergänzen.
Sofern in einer vom Feinde eingeschlossenen Festung die erforderliche Zahl von richterlichen Civilbeamten nicht vorhanden ist, soll dieselbe von dem kommandirenden Militär-Befehlshaber aus den Mitgliedern der Gemeinde-Vertretung ergänzt werden.
Die Zahl der Kriegsgerichte richtet sich, wenn eine ganze Provinz oder ein Theil derselben in Belagerungszustand erklärt ist, nach dem Bedürfniß, und den Gerichtssprengel eines jeden dieser Gerichte bestimmt in derartigen Fällen der kommandirende General.
§ 12. Den Vorsitz in den Sitzungen der Kriegsgerichte führt ein richterlicher Beamte.
Von dem Vorsitzenden werden, bevor das Gericht seine Geschäfte beginnt, die zu Mitgliedern desselben bestimmten Offiziere und eintretendenfalls diejenigen Civilmitglieder, welche dem Richterstande nicht angehören, dahin vereidigt:
daß sie die Obliegenheiten des ihnen übertragenen Richteramtes mit Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, den Gesetzen gemäß, erfüllen wollen.
Der Militärbefehlshaber, welcher die dem Offizierstande angehörigen Mitglieder des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur oder in dessen Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und Handhabung des Gesetzes zu wachen und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht.
Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protokolls ein von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civilverwaltung zugezogen.
§ 13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen:
1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet.
2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen.
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor.
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären; bestreitet er dieselbe, so wird durch Erhebung der Beweise der Thatbestand ermittelt.
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Vertheidiger das Wort gestattet.
Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt.
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe oder auf Freisprechung oder Verweisung an den ordentlichen Richter.
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung.
5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung enthalten muß, wird von den sämmtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet.
6. Gegen die Urtheile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des Militärbefehlshabers (§ 7).
7. Alle Strafen, mit Ausnahme der Todesstrafe, werden binnen 24 Stunden nach der Verkündigung des Erkenntnisses, Todesstrafen binnen gleicher Frist nach Bekanntmachung der erfolgten Bestätigung an den Angeschuldigten zum Vollzug gebracht.
8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt.
Sind Erkenntnisse, welche auf Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgerichte als erwiesen angenommenen That gewesen sein würde.
§ 14. Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungszustandes auf.
§ 15. Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgerichte erlassenen Urtheile sammt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, so wie die noch schwebenden Untersuchungs-Sachen, an die ordentlichen Gerichte abgegeben, von denen alsdann auf die ordentliche gesetzliche Strafe zu erkennen ist.
§ 16. Auch außer dem Belagerungszustande könnten im Falle des Krieges oder Aufruhrs die Artikel 5, 6, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde vom Staats-Ministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden.
Die Bestimmung im zweiten Absatze des § 5 kommt in einem solchen Falle gleichfalls zur Anwendung.
§ 17. Die vorstehende Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Charlottenburg, den 10. Mai 1849.
(L. S.) Friedrich Wilhelm.
Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons.
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[ * ] Köln, 12. Mai.
Die „neue Constitution“, die Aufhebung der gewöhnlichen Gesetze und Gerichtshöfe mit Verkündigung landesväterlicher Mordprivilegien an „Mein herrliches Kriegsheer“ ist bereits gestern in Düsseldorf in Kraft getreten.
Der Commandeur hatte nach Besiegung und Abschlachtung des Volkes alsbald in Berlin um Instruktionen angefragt. Von den Spießgesellen des Herrn von Hohenzollern, Brandenburg-Manteuffel, kam darauf durch den Telegraphen der Befehl zur Proklamation des Blutgesetzes und Einsetzung militärischer Mordgerichtshöfe.
Nach Art. 1 und 6 der Militärverfügung ist das Vereinsrecht aufgehoben und Art. 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der octroyirten Schnapscharte außer Kraft gesetzt.
Im vorigen Jahre, unter dem Bürger und Communisten Drigalski, wurde die Düsseldorfer Presse bei Verkündigung des Belagerungszustandes unter Censur gestellt, eine Maßregel, welche selbst bei der Majorität der schlappen Vereinbarungsgesellschaft Geschrei und Entrüstung erregte: heute, nach den neuen Hohenzollern'schen Errungenschaften, wo dem Potsdamer Unterknäs kinee Kammern, sondern die stammverwandten Stülpnasen der Kosaken zur Seite stehen, heute begnügt man sich nicht mit der Censur, man schreitet einfach zur Unterdrückung der Presse.
Nach Art. 7. sind die Düsseldorfer Blätter, wie auch die Neue Rheinische Zeitung in dem Düsseldorfer Rayon verboten; nach Art. 8 dürfen keine anderen, als amtliche „Bekanntmachungen“ veröffentlicht werden.
Unter der Säbelherrschaft des Bürgers und Communisten Drigalski wurden die willkührlich Verhafteten wenigstens dem gewöhnlichen Gesetz und ihrem ordentlichen Richter nicht entzogen. Heute sind Gesetz und Gerichte suspendirt und außergewöhnliche Militärmordhöfe eingesetzt.
Art. 9. Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung zum Widerstand gegen die gesetzlichen (!) Anordnungen der Behörden reizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.
Art. 10. Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.
Die Lorbeeren des Mordhundes Windischgrätz haben den wiedererstarkten Hohenzollern nicht schlafen lassen!
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@facs1685
[ * ] Köln, 12. Mai.
Die Aufmerksamkeit der ganzen Rheinprovinz ist in diesem Augenblick auf Elberfeld gerichtet, auf einen Ort, der jetzt „das Panier des Aufruhrs“ höher emporhebt, als alle andern rheinischen Städte. Die Auflösung der Kammer gab das Signal zu der Bewegung des sonst so friedlichen Wupperthals. Die versimpeltsten „Heuler,“ die jammervollsten „Mucker“ gestanden sich, daß die Reaktion das Maaß ihrer Schuld gefüllt habe und fortgerissen von dem Enthusiasmus jener braven Arbeiter, an deren Energie wir nie gezweifelt, griffen sie zu den Waffen und traten in die Reihen jener Barrikadenhelden, welche zu dem Todeskampfe mit der Monarchie entschlossen sind.
Bei den verworrenen Nachrichten, welche uns vom Kampfplatze selbst zugehen, ist's unmöglich, das Wahre vom Unwahren zu trennen. Nur so viel scheint sicher daß die ganze Bevölkerung unter den Waffen steht, daß Straßen und Häuser verbarrikadirt sind, daß aus benachbarten Orten: aus Solingen, Remscheidt, Gräfrath, aus den Ortschaften der Enneper Straße, kurz, aus dem ganzen Bergischen bewaffneter Zuzug heraneilt; daß man sich schon nicht mehr auf die Besetzung der Städte Elberfeld und Barmen beschränkt, sondern die Vertheidigungsmaßregeln bereits auf die bedeutendsten Punkte der Umgegend ausdehnt.
Wie man versichert, soll es auch im Plane der Kämpfer liegen, Düsseldorf zu Hülfe zu eilen, um diese Stadt von preußischen Truppen zu säubern. Die Landwehr, die sich jetzt zum ersten Mal entschieden auf die Seite des Volkes schlägt, spielt bei diesen Unternehmungen die Haupt-Rolle. An Munition und Geld fehlt es den Kämpfern nicht, da mehrere der reichsten Kaufleute bereitwillig ihre Kassen öffneten. So soll ein einziges Handlungshaus dem Elberfelder Sicherheits-Ausschuß 500 Stück Friedrichsd'or überwiesen haben.
Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht zu verwundern, daß sich die Söldner des Königthums zum Angriff rüsten wo möglich auch im Bergischen das Volk niederzuschmettern, und die näm- [1686] lichen Greuelscenen, wie in Breslau, Dresden, Erfurt etc., aufzuführen. Hoffentlich wird's diesmal anders gehen.
Der Artillerie-Park von Wesel wied nach Elberfeld aufbrechen. Zum Angriffstage soll der nächste Montag bestimmt sein.
Wir können diese Nachrichten nicht verbürgen. Wie aber auch die Pläne der Contrerevolution sein mögen, Elberfeld wird einen Kampf zu bestehen haben, in dem es sich um das Vaterland wahrhaft verdient machen kann.
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[ 137 ] Düsseldorf, 11 Mai.
Seit gestern Morgen herrschen alle Kroatenbestialitäten in unserer Stadt. „Mein herrliches Kriegsheer“ schießt in Kasernen und Häusern versteckt friedliche über die Straßen gehende Bürger zusammen. Ich finde keine Sprache, die feigen Meuchelmorde zu schildern, die von diesen elenden Schergen der Manteuffel'schen Blutherrschaft verübt worden sind! Es sind eine Unzahl von Todten und Verwundeten, darunter Greise, Frauen, und die Meisten haben ihre Wunden von den preußischen Buschkleppern in den Rücken erhalten! Aus dem Rathhause, wo über 100 Mann Soldaten postirt waren, sind eine Menge Schüsse auf ruhig vorübergehende Menschen gefallen. Selbst auf jene Männer, welche die Verwundeten und Todten vom Platze schaffen wollten, schossen diese würdigen Knechte des Hohenzoller'schen Raubritterhauses.
So eben erfahre ich noch von sehr ehrenhaften Bürgern, daß ein Herr Lieutenant Bessel, der sich schon bei dem frühern Belagerungszustande mit einer schamlosen Frechheit und Junkernrohheit benahm, eigenhändig aus dem Rathhause vier Menschen erschoß, welche ruhig vorüber gingen. Die Zahl der Todten und Verwundeten schlägt man bis jetzt auf 60 bis 70 an!
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@facs1686
Düsseldorf, 10. Mai.
Nachmittags 6 Uhr. Der Gemeinderath veröffentlicht folgendes Plakat:
Mitbürger!
Ihr selbst seid Zeugen dessen, was sich in der verwichenen Nacht und noch heute am hellen Tage ereignet hat.
Damit die Gräuel des Bürgerkrieges sich nicht erneuern, fordern wir Euch auf, Eure Häuser nur im Nothfalle zu verlassen, Eure Angehörigen bei Euch zu behalten und nach 8 Uhr Abends die Straßen der Stadt nicht mehr zu betreten.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Oberbürgermeister: Gr. v. Villers.
Der Gemeinderath:
Lacomblet. Bloem I. Cremer. Jakob Stapper. Karl Schwarz. O. van Baerle. Cretschmar Hütten. Trinkaus. Kiederich. J. Stehling. Lorenz Esser. Mathis. Keller. Laurentius. Coninx. Franz Lützeler. L. Lupp. Karl Hilgers. Lorenz Clasen. Dr. Reinartz.
7 Uhr. Die Standrechtshunde veröffentlichen noch folgendes Plakat:
„Nachdem gestern Volksaufläufe in der hiesigen Stadt stattgefunden, welche unter aufrührerischem Geschrei nicht nur jeder Aufforderung der gesetzlichen Behörde zum Auseinandergehen Trotz entgegensetzten, sondern die zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militärmacht mit Steinwürfen und Schußwaffen angriffen und Barrikaden im Innern der Stadt errichteten, erklären die Unterzeichneten die Sammt-Gemeinde Düsseldorf hierdurch in Belagerungszustand.
Es hat zur Unterdrückung des Aufruhrs in hiesiger Stadt die Waffengewalt mit allem Ernste angewendet werden müssen. Zur Erhaltung der augenblicklich wieder hergestellten Ordnung werden nöthigenfalls die strengsten Maßregeln ausgeführt werden. Wir warnen daher ernstlich vor allen weiteren ungesetzlichen, verbrecherischen Handlungen.
Die gutgesinnten Einwohner der Stadt mögen Vertrauen fassen, daß die Gewalt der Regierung zu ihrem und der öffentlichen Ordnung Schutz angewendet werden wird, sie mögen aber auch mit Muth und Treue das Gesetz und die öffentliche Ordnung unterstützen und ihrer Bürgerpflicht gemäß einwirken, daß weiteres Unglück vermieden werde.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Divisions-Kommandeur. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus.
[unleserlicher Text]
Der Regierungs-Präsident. In Vertretung: von Spankeren.
Nachdem der Belagerungszustand über die Sammt-Gemeinde Düsseldorf ausgesprochen und damit die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen ist, verordne ich Folgendes:
1) Die gesetzlich bestehenden Behörden bleiben in ihren Funktionen und werden in den von ihnen zu treffenden Maßregeln auf's Kräftigste unterstützt werden.
2) Die Vereine zu politischen und sozialen Zwecken dürfen nicht zusammentreten.
3) Versammlungen von mehr als zehn Personen bei Tage und von fünf Personen des Abends und bei Nacht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sind untersagt.
4) Alle Wirthshäuser sind um 8 Uhr Abends zu schließen.
5) Alle Fremden, die über den Zweck ihres hiesigen Aufenthaltes sich nicht genügend bei der Polizeibehörde zu legitimiren vermögen, können ausgewiesen werden.
6) Die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungsurkunde werden für die Zeit des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt.
7) Die Düsseldorfer Zeitung, das Düsseldorfer Journal und Kreisblatt, die Neue Rheinische Zeitung, die Elberfelder Zeitung dürfen in der Sammt-Gemeinde Düsseldorf nicht ausgegeben werden.
8) Keine gedruckte oder geschriebene öffentliche Bekanntmachungen, mit Ausnahme der von öffentlichen Beamten und Behörden in ihrem Ressort ausgebenden, dürfen ohne Genehmigung der Polizeibehörde erlassen werden.
9) Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellungen zum Widerstande gegen die gesetzlichen Anordnungen der Behörden anreizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.
10) Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird, oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Kommandeur der 14. Division.
In Vertretung:
Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus.“
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@facs1686
Elberfeld, 11. Mai, 7 1/2 Uhr Morgens.
Der gestrige Tag ist ruhig vergangen. Die bewaffneten Zuzüge, welche im Laufe des Tages noch mittelst der Sturmglocken herbeigerufen worden, sind, so gut es ging, untergebracht worden. Auch die Bürgerwehr versah sehr zahlreich den Dienst und hielt sich auf alle Fälle bereit. Gestern hat man fortwährend neue Barrikaden gebaut, deren einige sogar mit Maiblumen und Kränzen verziert sein sollen.
Acht Uhr. So eben verbreitet sich das Gerücht, daß das Militär im Anzuge sei. Die Sturmglocken läuten auf's Neue, die Lärmtrommel schlägt.
Eilf Uhr. Das Gerücht von einer Truppenanziehung hat sich bis jetzt nicht bestätigt.
Es ist nachfolgendes Plakat erschienen:
Mitbürger! Um die gesetzliche Ordnung unter dem Banner der Freiheit zu handhaben, haben die Unterzeichneten, da die Behörden unserer Stadt aus ihren Funktionen getreten sind, auf den Wunsch vieler Bürger sich als Sicherheitsausschuß konstituirt. Den Anordnungen desselben, welcher in der Passagierstube des Posthauses für Verwaltungs- und auf dem Rathhause für Militärangelegenheiten seine permanenten Sitzungen hält, hat Jeder unbedingt Folge zu leisten.
Elberfeld, den 9. Mai 1849.
Dr. Höchster. F. W. Hühnerbein. H. P. Schultze. Riotte. H. Hillmann. Körner. J. Römer. E. Bohnstedt. J. Pothmann. Trost von Louisenthal.
Der Gemeinderath genehmigt den Sicherheitsausschuß unter der Bedingung, daß demselben vier Mitglieder aus dem Gemeinderath und ein Mitglied der Bürgerschaft beitrete. Aus dem Gemeinderathe wurden erwählt: die Gemeindeverordneten Karl Hecker, Schlösser, J. F. Blanke und D. Peters; aus der Bürgerschaft Staatsprokurator Heinzmann. Der Gemeinderath weist die Stadtkasse auf die Anweisung ihrer fünf Mitglieder an, die erforderlichen Geldmittel auszuzahlen. Die ganze Bürgerschaft wird dringend ermahnt, sich den Anordnungen des Sicherheitsausschusses unbedingt zu fügen, indem er mit dem mitunterzeichneten Beigeordneten die Stelle des Oberbürgermeisters vertretend, alle ihre Funktionen an den Sicherheitsausschuß überträgt.
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@facs1686
[ 61 ] Elberfeld, 12. Mai.
Gestern wurde der im Kampfe gebliebene Offizier der 16er mit allen militärischen Ehren von der revolutionären Landwehr zu Grabe gebracht. Das Volk ist großmüthig. Es führt Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Todten.
Ein schöner Zug war es auch, daß verschiedene Landwehrmänner, die geladenen Musketen im Arme, hinaus vor die Stadt zogen, um den geschlagenen Soldaten, die seit einem ganzen Tage nichts gegessen hatten, Brod zu bringen. Die Soldaten nahmen das Dargebotene mit dem wärmsten Dank entgegen, und versprachen, nie mehr auf das Volk zielen zu wollen.
Das diese Stimmung allmählig unter den Soldaten um sich greift, beweisen die Kanonen und Musketenkugeln, die mehr auf die Dächer der Häuser als auf die Barrikaden gerichtet wurden.
Gestern Abend verhaftete das Volk einen preußischen Artillerie-Offizier, der in Blouse und Bürgerwehrmütze, durch die Straßen schlich, und die Lage der Straßen und der Barrikaden aufzeichnete. Der Sicherheitsausschuß hat beschlossen, dem heranrückenden Militär zu bedeuten, daß dieser Mensch bei der ersten Kugel von Seiten des Militärs erschossen werden wird.
Unter den Elberfelder Schützen, welche sich Jahre lang mit Pulver und Blei übten, ist außerdem auch das Uebereinkommen getroffen, daß vor allen Andern, die Offiziere aufs Korn genommen werden.
Die in Freiheit gesetzten Arbeiter welche sich seiner Zeit bei dem Demoliren der Fabriken betheiligten, erschossen vor der Thür des Gefängnisses, einen aus ihrer Mitte, von dem erwiesen war, daß er bei den gerichtlichen Verhandlungen den Verräther gespielt hatte.
Der Bruder des Minister von der Heydt, der den Insurgenten 3000 Thaler überwies, wird in seinem Hause bewacht. Der Oberbürgermeister von Carnap ist verschwunden.
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[ 35 ] Viersen, 11. Mai.
So eben ziehen mehrere Hundert Landwehrmänner von hier nach Düsseldorf und Elberfeld, um dort ihren Brüdern im Kampfe gegen die Hohenzoller'schen Räuberbanden zu helfen. Sämmtliche Leute waren bewaffnet und hatten hinreichend Pulver und Blei.
Aus Süchteln, Dahlen und Gladbach sind bereits Landwehrleute zu demselben Zweck abmarschirt.
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[ 34 ] Solingen, 11. Mai.
Nachdem bereits seit einigen Tagen nicht unbedeutende Züge von Seiten der Demokraten (namentlich Arbeiter) von hier und der Umgegend zur Unterstützung der Elberfelder abgegangen, wurde gestern Morgen unser Stadtrath durch eine geeignete Demonstration zu dem Beschlusse veranlaßt, einen Theil unserer Bürgerwehr, der durch das Loos bestimmt werden sollte, zu demselben Zwecke aufzubieten. Die Bürgerwehr erschien gleich auf das gegebene Signal sehr zahlreich gegen 10 Uhr Morgens. Das sonderbare Benehmen des Chefs der Bürgerwehr, der nach Gräfrath eilte, um seine Demission als Landwehr-Lieutenant einzureichen, machte indeß eine zweite Sammlung der Bürgerwehr erst gegen 2 Uhr Nachmittags möglich. Jetzt weiß aber plötzlich weder der Stadtrath noch der Chef der Bürgerwehr, was sie mit der wohlbewaffneten Mannschaft beginnen sollen. Nachdem jedoch noch ein Zug Freiwilliger abgegangen, läßt sich die Bürgerweh endlich nicht mehr halten und bricht auf. Der tapfere Chef bleibt jedoch zurück und mit ihm noch ein paar der reaktionärsten Gardisten. Es wurde nun beschlossen, das Zeughaus in Gräfrath zu stürmen. Der Zug Freiwilliger wurde bald eingeholt, und mit ihm zog man in Gräfrath ein. Dort hatte sich der Major mit Mannschaft jedoch schon entfernt (nur ein Rittmeister war noch da), und mit der größten Ordnung wurde das Zeughaus darauf geräumt. Ein Theil der Gewehre wurde schon gestern Abend unter die Nichtbewaffneten vertheilt und heute soll damit fortgefahren werden. — Unser Stadtrath hat eine Deputation nach Elberfeld gesandt, um zu erfahren, ob Hülfe erforderlich sei. Sobald dieser Fall eintreten wird, soll die Bürgerwehr zu diesem Zwecke offiziell aufgeboten werden. Es ist ungemein ergötzlich, unsere alten Rathsherren endlich so revolutionär auftreten zu sehen.
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Krefeld, 9. Mai.
Aus dem Protokoll der heutigen, außerordentlichen Gemeinderathssitzung theile ich Folgendes mit:
Nach Eröffnung der Sitzung machte der Vorsitzende Mittheilung von einer ihm gewordenen Eingabe, wodurch er ersucht worden, einen einstimmig gefaßten Beschluß der gestern bei Rump versammelt gewesenen Wehrmänner der Gemeinde Krefeld, so wie der Deputationen der Wehrmänner aus den Gemeinden Uerdingen, St. Tönis, Kempen, Mülhausen, Greefrath, St. Hubert, Hüls, Willich, Anrath und Lank dahin lautend:
„Die Landwehr und Reserve tritt nicht auf die geschehene Aufforderung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel ein, weil sie nach dem Gesetze von 1814 und 1815 erst dann einzutreten braucht, wenn eine Gefahr für's Vaterland in der Wirklichkeit vorhanden ist, auch erst wissen will, gegen welchen Feind sie die Waffen ergreifen soll“
dem Gemeinderath zu notifiziren und denselben dringendst zu veranlassen, die k. Regierung von der Stimmung der hiesigen Landwehr in Kenntniß zu setzen und bei der betreffenden Behörde diejenigen Schritte einzuleiten, die zur Verhütung von Unglück nothwendig seien, namentlich zu verhindern, daß etwa Militär in die Stadt rücke, die einberufenen und nicht willigen Wehrmänner gewaltsam zu holen.
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@facs1686
[ 101 ] Siegburg, 11. Mai.
Heute Morgen ist auch hier das Zeughaus von Landwehrmännern genommen und geleert worden, circa 500 Gewehre, Säbel Pistolen etc. waren eben in den Händen des Volkes als Dragoner von Bonn heransprengten. Das Volk zog sich in den nahe liegenden Busch zurück, lud die Gewehre und forderte die Dragoner auf heran zukommen. Hiezu mangelte meinem „herrlichem Kriegsheere“ die Lust und es zog sich alsbald zurück. Ob noch Verstärkung hinzu kömmt wollen wir abwarten. Zum Empfange sind wir bereit.
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@facs1686
Koblenz, 9. Mai.
In einer heute dahier auf Veranlassung des neu gebildeten demokratischen Klubs veranstalteten Volksversammlung, welcher ein sehr bedeutender Theil der hiesigen Bürgerschaft beiwohnte, wurde folgende, die Beschlüsse der zu Köln versammelt gewesenen Mitglieder der Gemeinderäthe der Rheinprovinz ergänzende Erklärung einstimmig angenommen:
Die Bürger von Koblenz,
sich anschließend an die durch die Versammlung der Gemeinderäthe in Köln gefaßten Beschlüsse und in Erwägung:
daß eine Verbindung der Fürsten zur Vernichtung der errungenen Volksfreiheiten täglich klarer hervortritt;
daß das Ministerium Gagern bloß im Interesse der Fürsten gehandelt und die Sache des Volkes verlassen hat, überhaupt seine Zweideutigkeit und Unfähigkeit zur Leitung der Angelegenheiten Deutschlands stets mehr darthut;
daß in Gefolge dessen die Reaktion bereits bewaffnet zur Unterdrückung der einzelnen deutschen Stämme und des ganzen deutschen Volkes vorschreitet,
erklären hiermit Folgendes:
1) Das Vaterland ist in Gefahr, und es ist Pflicht jeden Bürgers, sich auf alle Eventualitäten gefaßt zu machen.
2) Wir nehmen die deutschen Grundrechte und Reichsverfassung, mit Ausschluß des mit der Volksfreiheit unvereinbaren und durch die Weigerung des erwählten Königs von Preußen unmöglich gewordenen Erbkaiserthums, als das geringste Maß der dem deutschen Volke zustehenden Freiheiten an und werden dieselben durch alle in unseren Kräften stehende Mittel vertheidigen.
3) Wir fordern die deutsche Reichsversammlung auf, schleunigst die kräftigsten Maßregeln zu treffen und den Widerstand der Regierungen gegen die Durchführung dieser Volksrechte zu brechen.
4) Wir fordern sie insbesondere auf, die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands direkt zur Erreichung dieses Zweckes anzurufen und zu verwenden.
5) Wir erachten die Landwehr und sonstige bewaffnete Macht berechtigt und verpflichtet, jede Mitwirkung zur Unterdrückung dieser Volksfreiheiten abzuweisen und zur Aufrechthaltung derselben sich überall zu versammeln und einzustehen.
6) Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die Rheinprovinz nur mit einer Regierung, welche diese Grundsätze anerkennt, verbunden bleiben und gegen jede andere als eine ihr aufgedrungene stets ankämpfen wird.
[(Rh.-und M.-Z.)]
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[ 14 ] Hagen, 11. Mai.
Auch hier schlägt sich die Landwehr auf die Seite des Volkes. Von den aus allen benachbarten Distrikten zusammengezogenen Kompagnieen, war nur eine einzige, nämlich die Schwelmer Kompagnie, von dem schönen edlen Geiste „Meines herrlichen Kriegsheeres,“ beseelt und faßte den Entschluß, sich nöthigenfalls für die geliebten Landesväter abschlachten zu lassen. Der betreffende Major soll sich natürlich über diese heroische Gesinnung der 7ten Kompagnie bei den Behörden sehr lobend ausgedrückt haben und es steht nun zu erwarten, daß nächstens jeder Landwehrmann in Schwelm mit einem Adlerorden behängt wird.
Außer dieser Schwelmer Kompagnie wird die Landwehr der ganzen Gegend im entscheidenden Augenblick die Waffen gegen das Königthum erheben.
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[ 15 ] Iserlohn, 11. Mai.
Die hiesige Landwehr ist determinirt, sich nicht einkleiden zu lassen und wird Gewalt mit Gewalt erwidern. Auf einen allenfallsigen Angriff des Militärs ist man gerüstet.
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@facs1686
[ 074 ] Bielefeld, 9. Mai.
„Mein herrliches Kriegsheer“ ist hier wie überall dasselbe lungrige, arrogant-bornirte Geschmeiß, in dessen eingefrornen Dünkel die Stockdressur das Höchste ist, was ein Mensch leisten kann.
Einem dieser Individuen, die „so kerzengerade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, mit dem man sie einst geprügelt“, den Landwehrmajor Gliczynski, zogen heute Morgen 12 Uhr circa 150 Mann Landwehrleute vor das Haus und verlangten sofortige Freilassung eines vor einer halben Stunde eingekerkerten Kameraden.
Das Verbrechen dieses Mannes bestand darin, daß man ihm eine zu lange Hose gegeben hatt, die er im Gehen unter die Füße trat und beschmutzte; der Major stellte ihn darüber zur Rede, der Landwehrmann antwortete und erhielt für diese Respektwidrigkeit drei Tage Arrest. Als aber am Mittag die 150 Mann erschienen, und die Befreiung ihres Kameraden unter Androhung von Gewalt verlangte, fand der edle Major es für passend, von seiner Disziplinar-Courage abzulassen, und den Verhafteten in Freiheit zu setzen. Einige unserer braven Bourgeois sahen dem Zug mit sehr verstörtem Gesichte zu.
Morgen werden die übrigen Landwehrleute eingekleidet; wahrscheinlich wird es hier ebenso gehen, wie in Elberfeld.
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[ 230 ] Berlin, 10. Mai.
Heute früh hat das Ministerium wieder eine Kundmachung mit der Nachricht von der gänzlichen Einnahme Dresdens erscheinen lassen. Sie meint darin höchst naiv: „die provisorische Regierung und die Anführer des Aufstandes sind entlaufen.“ Vielleicht verlangt sie, daß diese Männer sich ruhig sollten erschießen lassen? Oder mit den Bajonetten ihres herrlichen Kriegsheeres nähere Bekanntschaft machen? Erinnert man sich in gewissen Kreisen nicht mehr an die geheime Mission Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen?
In Schlesien soll es unter dem Landvolke über die Auflösung der 2. Kammer sehr unruhig aussehen. Es sind besonders die Laudemien und andere bäuerliche Lasten, deren Aufhebung von der frühern Nationalversammlung und nun von der 2. Kammer man gehofft hatte. Auch in der Lausitz herrscht eine so sichtliche Aufregung, daß die Behörden selbst einen offenen Ausbruch befürchten.
Die Regierung wird sich wahrscheinlich sehr viel zu Gute thun auf die rasche Einkleidung der Landwehr und die Folgsamkeit der Wehrmänner. Es ist das nicht so schlimm. Größtentheils traten sie ein aus Noth und lassen Gesinnungen hören, welche ihren Offizieren nicht sehr angenehm sein werden. So versammelten sich 3-4000 Männer der Garde-Landwehr in der Kürassirkaserne, von denen 2-300 ausgehoben werden sollten. Kein Offizier war zugegen. In der aufgeregten Menge dieser kräftigen Männer ertönten laute Lebehochs auf Bem, Dembinski, Kossuth u. s. w.
Bei ihrem Abzuge auf dem Bahnhofe sang die Garde-Landwehr „Was ist des Deutschen Vaterland,“ und erklärten Jeden, der auf das Volk schieße, für einen Hundsfott.
Dem komischen Reichs-Marinerath und Industrieritter Jordan ist in Kiel bei seiner Inspektion ein altes Badeschiff als ein Kanonenboot präsentirt worden, und er hat dasselbe auch ruhigen Gemüths, im Namen der deutschen Centralgewalt, in Besitz genommen.
Die Börse, welche gestern in Folge der Erklärung des Belagerungszustandes in Breslau sehr fest war, konnte diese Haltung trotz des Sieges ihrer Partei in Dresden nicht behaupten und war heute sehr flau.
Der „liberale“ Herr Harrossewitz, einst Vereinbarer, hat den Beamten des Kriminalgerichts besonders eingeschärft, dem Redakteur [1687] des „Publicisten,“ Herrn Thiele, keine Mittheilungen zu machen, so unbedeutend sie auch sein mögen.
Man ist nun begierig, was aus der unseligen weiland Berliner Bürgerwehr am Ende werden soll. Der 12. Mai ist der Tag, an welchem sie eigentlich reorganisirt werden müßte. Es scheint aber, daß man durchaus noch keine Anstalten für diesen Fall zu machen gedenkt. Früher hatte sich die konservative Partei an das Bürgerwehrgesetz geklammert, jetzt scheint es der letzte Anhaltspunkt der bewaffneten Demokraten werden zu wollen. Vielleicht wird es uns mit der Verfassung vom 5. Dezember nächstens ebenso gehen.
Die Polizei macht sehr lebhaft Jagd auf die in den Bezirken herumgehende Adresse an die deutsche Nationalversammlung für Anerkennung der Verfassung vom 28. März.
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@facs1687
Berlin, 10. Mai.
Es war gestern Nachmittag allgemein das Gerücht verbreitet, die Truppen würden aus Dresden-Altstadt herausgezogen und es solle dieselbe bombardirt werden. Diese erfreuliche Nachricht schien dadurch bestätigt zu sein, daß das Ministerium keine Kundmachung erscheinen ließ. Der Abendzug aber brachte die Nachricht von der Erstürmung (keineswegs Uebergabe) des noch vom Volke vertheidigten Stadttheils und den Adjudanten, der eine desfallsige Depesche dem Könige zu bringen hatte. — Der Kampf wüthete am 8. Mai, dem fünften Kampfestag, ohne Unterbrechung und ohne daß die Truppen irgendwie Fortschritte gemacht hatten Es war im Gegentheil das Militär schon sehr ermüdet. Da kam Mittags das Füsilier-Bataillon des 24. Rgts. an und löste die ermüdeten Soldaten ab, welche Zeit erhielten, sich zu erfrischen. Der Kampf dauerte den ganzen Nachmittag und selbst die Nacht hindurch fort, da sich das Volk mit wahrhaft bewundernswerther Tapferkeit schlug. Gegen Morgen konnten die Soldaten vom Alexander-Regiment, neu gestärkt, wieder eintreten. Es wurde in der Altstadt selbst eingesehen, daß man sich nicht mehr halten könne. Das schwere Geschütz donnerte gegen die Eckhäuser, die Uebermacht wurde immer größer und das Militär bahnte sich einen langsamen, aber sichern Weg durch die Brandmauern der Häuser, da die Barrikaden faktisch nicht zu nehmen waren. Das Volk konnte nur noch den Kampf des ehrenvollen Untergangs führen.
Dezu kam, daß gegen Morgen eine Proklamation des Königs von Sachsen erschien: „An die Altstadt!“ in der dieselbe aufgefordert wurde, sich bis 6 Uhr auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder zu gewärtigen, daß man sie mit glühenden Kugeln beschieße.
Wie bei allen Revolutionen, so traten auch hier durch die Bourgeoisie Verräthereien ein. Während der Kampf noch tapfer geführt wurde, drangen ein großer Theil der Bürger, der Stadtrath an der Spitze, auf die provisorische Regierung ein, zu kapituliren, ja die Angst für ihr Eigenthum machte sie so muthig, daß sie sich denen entgegenstellten, welche entschlossen waren, weiter zu kämpfen. So wurde z. B. die sehr gut befestigte und von Scharfschützen besetzte Kreuzkirche dadurch genommen, daß ein Theil ihrer Vertheidiger zuerst gegen die Bourgeoisie selbst sich richten mußte. Diese zog eine weiße Fahne auf, während die Schützen beim Herandringen der 12. Kompagnie 24er Feuer gaben. Doch trotz der tapfern Vertheidigung wurde die Kirche im Sturm erobert und Alles niedergemacht. Demungeachtet hatte die provisorische Regierung um 7 1/2 Uhr noch so viel Macht, daß sie 3 Meuterer (Dresdner Bourgeois) konnte erschießen lassen.
Der Verrath und die Hindernisse im Innern der Altstadt dauerten aber fort und endlich wurde auch das Posthaus durch die 9. Kompagnie 24er erstürmt und alle Vertheidiger desselben erstochen. Der provisorischen Regierung blieb jetzt nur noch ein fester Punkt, das Rathhaus, sie beschloß daher, nachdem die Post in die Hände der Feinde gefallen war, sich kämpfend gegen den Plauen'schen Grund zurückzuziehen, und sich wo möglich mit dem noch übrigen Theil der Freischaaren nach Freiberg und dem Gebirge durchzuschlagen. Dieser Rückzug wurde durch die noch nicht genommenen Theile der Altstadt und besonders durch das stark verbarrikadirte Rathhaus gedeckt, während die Dresdener Bürger unterhandelten. Endlich rückten wieder 24er gegen das Rathhaus. Die Scharfschützen in demselben ließen sie nahe herankommen und gaben alsdann eine wohlgezielte Salve. Das Militär wich zurück und ließ etwa 15 schwer Verwundete und Todte auf dem Platz. Nun zogen sich die Schützen aus dem Rathhause und die 24er erstürmten es ohne Widerstand. Damit war Dresden gefallen.
Die provisorische Regierung und ein großer Theil der Freischaaren sind nach Freiberg entkommen.
Tzschirner hat den größten Muth bewiesen, im dichtesten Kugelregen begeisterte er die Kämpfer des Volkes.
Die Stadt hat also 8 Tage lang fast ununterbrochen gekämpft.
Das sächsische Revolutionsdrama aber ist noch nicht zu Ende, und wir werden einen Krieg erleben, wie es höchstens der Bauernkrieg im 16. Jahrhundert gewesen ist.
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@facs1687
[ 61 ] Breslau, 9. Mai.
Da die Waffenablieferung bis gestern Abend sehr unvollständig erfolgt war, so setzten sich die preußischen Mordhorden abermals in Bewegung und durchziehen noch bis zu diesem Augenblicke die Straßen der Stadt. Sichtlich schien es gestern Abend darauf abgesehen, neue Schlächtereien zu verüben, und es ist nächst der Friedrichs-Brücke gegen 10 Uhr wirklich wieder geschossen worden. Indessen fühlt das Volk immer mehr, daß es in eine kontrerevolutionäre Falle gegangen ist, und sucht seinen Ingrimm einstweilen zu verbeißen. Obschon von der feigen Bourgeoisie, die im entscheidenden Augenblicke stets auf Seite des Absolutismus steht, die Waffen bereitwillig abgeliefert werden, so wird diese Ablieferung im Allgemeinen doch jedenfalls sehr unvollständig bleiben. Man hört immer neue Details von den Räuberthaten des 23. Regiments. Diese Banditen sollen selbst die Kroaten im Stehlen übertroffen haben. Einem Kaufmanne in der Ahlauerstraße haben sie den ganzen Laden geplündert und die Kasse entwendet, so daß er ein ruinirter Mann geworden ist.
Gestern Abend trafen Landwehrbataillons hier ein und wurden bei den „guten Bürgern“ untergebracht. Ihre Bestimmung ist die östreichische Grenze. Unter der Firma des jugendlichen Tamerlan führt gegenwärtig schon Nikolaus den Oberbefehl über die östreichische Armee in Ungarn. Auch Welden ist bei Seite gedrückt worden. Die Sachsen werden dadurch, daß sie von den preußischen Mördern zusammengehauen werden, diejenige Energie bekommen, die ihnen bisheran gefehlt hat, sie werden ihre Bourgeoisie kennen lernen. Kossuth zeigt uns täglich, daß die Armeen des Despotismus nur durch Armeen der Freiheit geschlagen werden können, und wir wollen wünschen, daß die Süddeutschen und Rheinländer diese Lehre bald durch Revolutionsarmeen in der Pfalz und Westphalen bethätigen.
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@facs1687
[ 12 ] Breslau, 10. Mai.
Von den Vorgängen der letzten Tage sind Sie jedenfalls unterrichtet. Doch dürften Ihnen einige Einzelnheiten nicht uninteressant sein. Die Stimmung der letzten Woche war eine äußerst erregte. Daß etwas geschehen werde und müsse, davon waren alle überzeugt, obgleich das Wie Keinem klar war. Dieses Schwanken, diese Unentschlossenheit, waren auch Ursache, daß, als es wirklich zum Ausbruch kam, keiner wußte, wo er sich betheiligen, wo er am besten helfen konnte. Keiner wollte zu früh anfangen und auf diese Weise kamen Alle zu spät. Ein kleiner Theil hat Breslau's Ehre würdig vertheidigt und gezeigt, daß, wenn es nur Allen Ernst gewesen, daß Volk sich leicht zu Herren der Stadt gemacht hätte. Die Barrikaden, die man vertheidigte, wurden mit einem Muthe und einer Umsicht vertheidigt, denen ein besserer Erfolg zu wünschen gewesen. Denn nur wenige waren mit Feuergewehren bewaffnet; der größte Theil hatte nur seine Hände, um sich zu vertheidigen. Gleichwohl haben sie sich stundenlang gegen das heranstürmende Militär gehalten. So auf der Nikolaistraße, wo die Maurer verbarrikadirt, wenigstens zehnmal das Militär zurückschlugen und endlich doch nur durch Verrath unterlagen. Dort hatte auch bei dem Bau einer andern Barrikade, die zum Schutze der ersten dienen sollte, der Kretschmer Thomas, Reuschestraße Nro. 7 grüne Eiche, mit Vitriolöl auf die Bauenden gespritzt und mehrere davon bedeutend verwundet. Seinen Namen übergebe ich hiermit, um diese gemeine Hundeseele für immer zu brandmarken, der Oeffentlichkeit. Auch auf der Mäntlergasse wurden Barrikaden gegen eine ungeheure Uebermacht des Militärs, das Salve auf Salve gab, bis nach 12 Uhr in der Nacht vertheidigt. Dort sind sehr viele Soldaten geblieben. Der Verlust der Soldaten ist überhaupt ziemlich bedeutend. Man spricht im Ganzen von 100 Todten.
Das Militär hat sich durch Stehlen und hinterlistiges Morden ausgezeichnet. Gestohlen wurden von den 22ern auf der Ahlauerstraße bei dem Kaufmann Bringen, dessen Gewölbe sie unter dem Vorgehen, daß ein Schuß daraus gefallen, erbrochen, 70 Thlr. Geld, Cigarren, Wurst, Tabak, Zucker und der Wein aus dem Keller. „Die Anführer dieser Räuberbande waren Soldaten, die vor kurzer Zeit dort mehrere Monate im Quartier gelegen, also mit der Lokalität ganz bekannt waren!!“ Der eine Commis ist durch Bajonettstiche gefährlich am Kopf verletzt, der Kutscher des Hausbesitzers durch den Arm gestochen. Dem Kretschmer Klassen wurden geladene Gewehre auf die Brust gesetzt, um von ihm den Namen desjenigen, der geschossen haben sollte, zu erpressen. Der Herr Major, der alles mit ansah, ließ die Mord- und Raublust seiner Soldaten ungehindert fortwüthen. Auch auf der Schweidtnitzerstraße Nr. 10, bei dem Bäckermeister Tümmler drangen Soldaten ein, durchsuchten das ganze Haus, ohne auch nur das geringste Verdächtige zu finden, und als sie sich entfernt, fehlten: 1 Uhr, 1 paar Beinkleider und 1 Thlr. 20 Sgr. Geld.
Die Wahrheit des oben Geschriebenen kann ich verbürgen und wäre die Zeit nicht so kurz, da ich mich beeile, Ihnen dieses Schreiben so bald als möglich zu übersenden, ich würde Ihnen noch viele ähnliche Heldenthaten der Soldaten, deren Brutalität alles übertroffen was man für möglich gehalten, schreiben können.
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@facs1687
Dresden, 9. Mai.
In öffentlichen Blättern liest man folgende Kundmachung:
„Da die Kommunikation zwischen Dresden und der Festung Königstein, wo Ich dermalen in Folge der im Lande ausgebrochenen Unruhen weile, jetzt erschwert ist, ja sogar auf kurze Zeit unmöglich werden kann: so beauftrage Ich hierdurch das Gesammtministerium, alle diejenigen inzwischen vorkommenden Regierungshandlungen für Mich vorzunehmen, welche keinen Aufschub gestatten, bei denen aber Meine Entschließung aus dem obigen Grunde zuvor nicht eingeholt werden kann.
Festung Königstein, den 8 Mai 1849.
Friedrich August.
Dr. Ferdinand Zschinsky.“
Heute begann in den Richtungen nach dem Plauenschen Grunde, nach Dippoldiswalde, Pirna, Freiberg die Flucht der Aufständischen aus der Altstadt. Eine reitende Batterie, das zweite Reiterregiment und Infanterie sind dem Vernehmen nach zur Verfolgung aufgebrochen. Gefangene werden von allen Seiten eingebracht. Die Frauenkirche, die Neustädter Strafkaserne und das Neustädter Stadtgefängniß sind voll davon. Die drei Mitglieder der provisorischen Regierung haben sich nach Freiberg geworfen. Es treffen mehr und mehr preußische Truppen ein, wodurch sächsische verfügbar werden.
[(D. A. Z.)]
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@facs1687
[ * ] Leipzig, 9. Mai.
Einem Privatbriefe von diesem Datum entnehmen wir folgende Stellen: „Die Haltung der Leipziger Bourgeois gegenüber der Dresdener Bewegung ist scheußlich. Ich hörte gestern die Aeußerung thun: „Leipzig ist Ein großer Spucknapf“ und wahrlich: besser könnte man diese Stadt voll Krämerseelen nicht charakterisiren. Brachten doch gestern die Bourgeois-Wänste der sächsischen Regierung, welche zum Abschlachten ihrer geliebten Unterthanen das Schwarzweißthum eingeladen, auf dem Rathhause ein dreimaliges Hoch!! — In Betreff der hier stattgehabten Unruhen bemerke ich nachträglich, daß die große Barrikade bei Felschens aus lauter Kisten mit Meßwaaren erbaut war, daß aber auch nicht ein Stück Waare entwendet worden, obgleich die Proletarier die ganze Nacht hindurch freie Verfügung darüber hatten. Davon schweigen die Zeitungen, während sie die Thaten der Kommunalgarde ausposaunen, die erst am Morgen den Muth bekam, die noch von etwa 20-30 Mann vertheidigte Barrikade anzugreifen.
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@facs1687
Nürnberg, 9. Mai.
Gestern Abend hat eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Stadt- und Landwehr einmüthig den Beschluß gefaßt, heute früh eine Deputation zum Stadt- und Kreislandwehr-Kommandanten zu entsenden und diesem anzuzeigen, daß die Stadt- und Landwehr künftigen Donnerstag ausrücken und die deutsche Reichsverfassung feierlich und öffentlich beschwören werde. Auf heute Mittag 1 Uhr ist wieder eine Versammlung im Katharinensaal angesagt, in welcher die Deputation das Resultat ihrer Sendung verkünden und Stunde und Ort näher bezeichnen wird, wo der Akt, selbst wenn sich auch einige Führer ausschließen sollten, nächsten Donnerstag vor sich gehen soll. —
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@facs1687
Heidelberg, 9. Mai.
Gestern Nachmittag versammelten sich hier die Bürgerwehrmänner auf dem Universitätsplatze und erklärten „aus eigenem Antriebe und freiem Willen, öffentlich und feierlich ernst, daß sie die, von der deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung in Frankfurt a. M. geschaffene und bekannt gemachte deutsche Reichsverfassung sammt den Grundrechten und dem Wahlgesetze nicht nur für ganz Deutschland verbindlich anerkennen, sondern denselben auch allgemeine Geltung zu verschaffen jeder Zeit bereit seien und sie mit allen Kräften gegen alle hochverrätherische Pläne und Umtriebe, sie verfassungswidrig irgendwie abzuändern oder gar zu verdrängen, möge ein solches Beginnen kommen von wem oder von welcher Seite es wolle, mit Leib und Leben, Gut und Blut zu schützen und zu vertheidigen.“
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@facs1687
[ 27 ] Mainz, 10. Mai.
So eben ziehen 1000 Arbeiter vereint mit Komptoiristen von hier aus nach der Pfalz um an dem Kampfe Theil zu nehmen. Morgen früh gehen weitere 800 M. Turner von hier dorthin ab. Dadurch ist die Stadt von jungen Leuten entblößt und die Werkstätten leer. Selbst verheirathete Männer verlassen Weib und Kinder um in den heiligen Kampf der Freiheit zu ziehen. Waffen sind auf alle mögliche Weise aus der Stadt herausgeschafft worden.
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@facs1687
[ * ] Frankfurt, 10. Mai.
National-Versammlung.
Viceprasident Bauer eröffnet die Sitzung um 9 3/4 Uhr.
Neuausgetreten sind die Abgeordneten Schrott aus Wien, Stieber aus Sachsen und Heinbrodt aus Schlesien.
Die Adresse des rheinischen Gemeinderathkongresses wird verlesen und von der Linken mit Beifall begrüßt.
Der Präsident verliest folgende Mittheilung des „edlen“ Gagern:
Der interimistische Präsident des Reichsministerrathes an den Herrn Präsidenten der verfassunggebenden Reichsversammlung dahier.
Wie bereits gestern der hohen National-Versammlung mitgetheilt wurde, hat das Reichsministerium Sr. kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Reichsverweser ein Programm dargelegt, welches die Regel des Verhaltens des Reichsministeriums zu den Bewegungen bestimmen sollte, die zum Zwecke der Durchführung der Reichsverfassung in einigen Theilen Deutschlands entstanden sind und zu Bürgerkrieg und Zerstörung leider geführt haben. Der Reichsverweser hat diesem Programme seine Genehmigung nicht ertheilt. Das Ministerium hat sich dadurch genöthigt gesehen, um seine definitive Entlassung Se. kaiserl. Hoheit zu ersuchen, und es ist diesem Gesuche heute stattgegeben worden. Der Reichsverweser hat dabei erklärt, daß er ein anderes Ministerium nach seiner Pflicht und Gerechtsame zu bilden sofort versuchen werde. Das Reichsministerium hat nichts versäumt, Sr. kais. Hoheit die unmittelbar dringende Nothwendigkeit, ein anderes Ministerium zu bilden, vorzustellen.
Frankfurt, 10. Mai 1849.
Der Präsident, beantragt, diese Zuschrift dem Dreißiger-Ausschuß zu überweisen.
Raveaux glaubt nicht, daß es in diesem Augenblicke der Gefahr angemessen sei, über diese Mittheilung einen Ausschuß berathen zu lassen. Er schlägt vor, augenblicklich eine Deputation von 12 Mitgliedern an den Reichsverweser zu senden, um ihn zu bitten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er unter den gegebenen Umständen gesonnen sei, das Verfassungswerk durchzuführen, wie es vorliegt.
Simon von Trier verlangt, daß vor Allem sein und Vogt's Antrag berathen werde. Nach Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni — sagt er — sei die Errichtung des Verfassungswerks von der Wirksamkeit der provisorischen Centralgewalt ausgeschlossen. Das Verfassungswerk muß also von uns rechtlich errichtet und vollendet werden und dann fragt es sich, wer es auszuführen hat. Wenn es der Reichsverweser nicht ausführt, so muß es gleichwohl ausgeführt werden in der Art, wie wir es beschlossen haben, und worüber dem Reichsverweser keine Kritik zusteht. Wundern aber muß ich mich, daß die Männer, die ihre Person an diese Bewegung geknüpft haben, sich in diesem Augenblicke zurückziehen. Hr. Heinrich v. Gagern sprach am 18. Mai v. J. die Worte: „Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über Alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, so lange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen: Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesammte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränetät der Nation.“ Daß dieser Mann heute nicht auf der Tribüne erscheint, ist eine Thatsache, die ich dem Urtheil der deutschen Geschichte übergebe.
Wigard beantragt die Vorlage des ministeriellen Programms Die Abstimmung über diesen Antrag bleibt zweifelhaft; derselbe wird hierauf zurückgezogen.
v. Gagern: Ich begreife nicht, wie man sich wundern kann, daß ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf der Tribüne erscheine. Ich glaube, daß ich in jedem entscheidenden Moment (des Verraths) bei der Hand gewesen bin. Dem Verlangen nach Vorlage des Programms kann ich nicht entsprechen; aber wenn Herr Simon zweifelt, ob ich noch denselben Standpunkt behaupte, den ich von Anfang an behauptete, so ist er im Irrthum. Ich erkenne es heute, wie am ersten Tag, als eine Nothwendigkeit an, daß die Reichsverfassung, über welche unmöglich alle Staaten Deutschlands sich in gleicher Richtung verstandigen können, von der Nationalversammlung, wie es bereits geschehen, endgültig abgeschlossen werde, und ich werde fur die Durchfuhrung der Verfassung, so weit in meinen Kräften, einstehen.
Die Versammlung beschließt hierauf die Tagesordnung (Präsidenten-Wahl und Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags vom 8. d) zu erledigen. — Zum ersten Prasidenten wurde E. Simson mit 330 unter 338 Stimmen gewählt. (Edel 6, Reh 1 St.; 1 Stimmzettel wegen unpassender Bezeichnung zurückgelegt); zum ersten Vicepräsidenten mit 177 unter 314 St. Reh (Eisenstuck 123.) Zum zweiten Vicepräsidenten Eisenstuck mit 155 unter 308 St.
Vicepräsident Reh übernimmt, statt des abwesenden Präsidenten Simson, das Präsidium.
Sodann beginnt die Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags. Derselbe lautet:
„In Erwägung, daß die Volkserhebung in der bayerischen Pfalz wie in Sachsen die Durchführung der verkündeten Reichsverfassung zum Gegenstande haben; daß daher der Reichsfriede durch Unterstützung dieser Erhebungen gegen die renitenten Regierungen, nicht aber durch Bekämpfung derselben zu bewirken ist, aus diesen Gründen beschließt die Nationalversammlung: Die Volkserhebungen in der bayerischen Pfalz und in Sachsen sind zur Durchführung der Reichsverfassung thatkräftig zu stützen und zu schützen.“
Die Antragsteller nehmen ihren Antrag zurück (!) und vereinigen sich mit dem des Abg. v. Reden, also lautend:
„In Erwägung, daß die Reichsversammlung durch ihre Beschlüsse vom 28. April und 4. Mai d J. die gesetzliche Mitwirkung des Volkes zur Durchführung der Reichsverfassung in Anspruch genommen hat, indem sie die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk aufgefordert hat, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März d. J. zur Anerkennung und Geltung zu bringen;
„In Erwägung, daß der Widerstand einzelner Regierungen gegen die zu Recht bestehende Reichsverfassung und die sehr allgemein für dieselbe ausgesprochenen Sympathieen des deutschen Volks in einigen Theilen Deutschlands zu Versuchen gewaltsamer Unterdrückung geführt hat oder vorzuschreiten droht;
„In Erwägung, daß derartige Maßregeln, welche ebenso verwerflich sind, als anarchische Bestrebungen von unten, den Reichsfrieden gestört haben, oder bedrohen, dessen Bewahrung nach oben wie nach unten, durch Gesetz vom 28. Juni 1848, alleinige Berechtigung und Verpflichtung der provisorischen Centralgewalt ist;
„In Erwägung, daß die gesetzliche Berechtigung der provisorischen Centralgewalt, sowohl — „als vollziehende Gewalt in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen, als zur Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht“ — die Anwendung jedes innerhalb dieser Gränzen liegenden Mittels zur Herstellung des Reichsfriedens gestattet.“
Aus diesen Gründen beschließt die Reichsversammlung:
1) dem schweren Bruche des Reichsfriedens, welchen die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreich Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegen zu treten.
2) Neben Aufrechterhaltung der öffentlicher Ruhe und Sicherheit sind diejenigen Bestrebungen des Volks und seiner Vertreter, welche zur Durchführung der endgültig beschlossenen Reichsverfassung geschehen, gegen jeden Zwang und Unterdrückung in Schutz zu nehmen.
Die provisorische Centralgewalt ist zur Ausführung dieser Beschlüsse aufzufordern.“
Zimmermann von Stuttgart: Das Ministerium Gagern ist abgetreten. Wir müssen jetzt wissen, in wie weit wir auf den Reichsverweser und die rechte Seite uns verlassen können, damit wir uns nicht in „unsichere« (! Wie naiv!) Unternehmungen einlassen. Darum bin ich für eine Deputation an den Reichsverweser, um ihn zu fragen, ob er die Verfassung durchführen wolle oder nicht. Will er nicht, so wird die Versammlung wissen, was sie zu thun hat. Bei der Wahl des Reichsverwesers erklärte Hr. von Gagern, man wähle einen Fürsten, nicht weil, sondern obgleich er Fürst sei. Wo nicht, so möchte ich wissen, ob dann Hr. v. Gagern und seine Freunde bereit sind, in anderem Sinne als damals zu sagen: nicht weil, sondern obgleich. Der Redner erklärt sich dann für rasche und kräftige Entschließung zur Unterstützung Sachsens und der Pfalz.
Grävell macht blödsinnige Bemerkungen.
Vogt: Sie sind jetzt an dem von uns seit Wochen vorhergesagten Punkte angelangt, wo die Centralgewalt den Vollzug Ihrer Beschlüsse weigert, und selbst gemäßigte Programme zurückweist, so daß die Minister abdanken müssen. Es muß jetzt brechen, denn biegen kann es nicht mehr. Sie werden es jetzt einsehen, daß die Taktik des Zögerns zu Ende ist und die Nationalversammlung energisch handeln muß. Ein neues Ministerium, das noch energischer als das bisherige handelt, wird vom Träger der Centralgewalt nicht angenommen. Es ist nur ein solches möglich, das mit dem Träger der Centralgewalt Hand in Hand gegen die Nationalversammlung geht. Wollen Sie in diesem Sumpf versinken oder (!!) vor demselben stehen bleiben? Sie müssen den Reichsverweser auffordern, ein Ministerium zu bilden, das die Beschlüsse der Nationalversammlung vollzieht oder Sie erklären, daß Sie diese Centralgewalt als Ihre Schöpfung zerbrechen und eine andere einsetzen. Als Ban Jellachich gegen Ungarn vorrückte, da hielt der Palatinus, ein Erzherzog, den Reichstag mit Zögerungen und Ausflüchten hin, und nachdem er endlich erklärt hatte, sich zur Armee begeben zu wollen, ging er an den Truppen vorbei und nach Wien. Lassen Sie sich dieses Beispiel stündlich und minutlich vor Augen stehen. Der Reichskommissär in Berlin hätte gegen den Bruch des Reichsfriedens von Seite Preußens so laut und kräftig vor allem Volk protestiren sollen, daß man ihn gefangen gesetzt und ausgewiesen hätte, dann hätte er mit [1688] Ehren in diese Versammlung zurückkehren können. Aber das ist das Resultat, wenn man sich mit unfähigen Subjekten umgibt, die im Moment der Gefahr nichts zu thun wissen als den Rücken zu beugen. Wollen Sie warten bis die preußische Landwehr eingekleidet ist und gegen das Volk kämpfen muß? (die preußische Landwehr, Hr. Vogt, besteht nicht aus Bierpolterern!) das sächsische Militär hätte so viel Ehrgefühl haben sollen, erst die Preußen herauszuschlagen.
Das Ministerium Brandenburg-Manteuffel ist der verkörperte Absolutismus in Deutschland, und es ist gleichgültig, ob man mit russischer Knute oder mit preußischem Säbel geprügelt wird. Wenn wir uns jetzt nicht ermahnen, dann werden wir erliegen und werden nicht mehr mit Ehren zum Himmel blicken und sagen können: wir haben wenigstens unsere Pflicht gethan. Es ist jetzt die letzte Stunde, die an Ihre Thüre klopft: es ist der letzte Augenblick, wo Sie zeigen können, daß Sie Männer sind; wohlan so zeigen Sie es.
Die Berathung wurde hierauf geschlossen, und bei namentlicher Abstimmung der v. Reden'sche Antrag mit 188 gegen 147 Stimmen angenommen. (Stürmischer Beifall)
Ein Zusatz-Antrag von M. Mohl (Aufstellung eines Parlamentsheeres u. s. w.) wird abgelehnt, ein Antrag von Nagel (Unterstützung von Reichswegen für die im Kampfe für die Reichsverfassung Verstümmelten und für die Familien der Gebliebenen) wird zurückgenommen. Ein Antrag von Umbscheiden, daß sofort eine Deputation von 12 Mitgliedern ernannt werde, um den Erzherzog Reichsverweser zum Vollzuge obiger Beschlüsse aufzufordern, und die Versammlung bis nach Empfang der Antwort permanent bleibe, wird mit 169 gegen 162 Stimmen als dringlich anerkannt.
Biedermann: die an den Erzherzog zu stellende Forderung kann nur lauten, daß er sich mit einem Ministerium umgebe Dies letztere wird dann zur Vollziehung obiger Beschlüsse anzuhalten sein.
Umscheiden vereinigt sich nach einer kurzen Verhandlung mit dem Verbesserungsantrage von Gravenhorst, wonach dem Erzherzoge eine Abschrift der gefaßten Beschlüsse zu überbringen und derselbe um Antwort auf die Frage zu ersuchen ist, ob er geneigt sei, in Anbetracht der dringlichen Sachlage sobald als irgend möglich ein Ministerium zu bilden, welches sich der Ausführung der Maßregeln unterzieht.
Der Antrag wird angenommen und die Ernennung der Deputationsmitglieder dem Bureau übertragen.
Nachdem sich das Bureau auf kurze Zeit zurückgezogen hat, verkündet es die folgende Zusammensetzung der Deputation: Löwe aus Kalbe, Raveaux Ludwig Simon, Zell, Kirchgeßner, von Reden, Hollandt, Claussen, Halbauer aus Meißen, Rösler von Wien, Eckert aus Bromberg, Jucho.
Verhandlungen finden natürlich während sich die Deputation anschickt, ihrem Auftrage zu genügen, nicht Statt, und das Haus wird von dem größten Theile der Mitglieder verlassen.
Die Deputation kehrt so eben, 3 1/2 Uhr, vom Reichsverweser zurück Sie ist, was die Durchführung der Verfassung anlangt, ausweichend beschieden worden. Die Bildung eines Ministeriums hingegen hat der Erzherzog zugesagt und daneben geäußert, daß er die Ordnung zu handhaben wissen werde.
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@facs1688
Neustadt a. d. Haardt, 8. Mai. Morgens 5 Uhr.
Seit gestern Abend bis zum Augenblick sind wir in vollständiger Revolution. Gestern um 6 Uhr kam plötzlich durch Estaffette von Kaiserslautern die Nachricht, daß gegen den Willen des Reichsministeriums ein Corps preußischer Truppen die Gränze überschritten habe, und daß sämmtliche Volkswehr sich zum Angriffe bereit halten soll. Sogleich ertönte der Generalmarsch und es zeigte sich, daß Niemand zurückbleibt, wenn es gilt, das Vaterland zu vertheidigen. Nicht blos die Volkswehr, sondern auch alle waffenfähige Männer, welchen Gewehr und Sensen fehlten, und die sich deshalb mit Aexten, Heu- und Mistgabeln u. dgl. versahen, erschienen in größter Schnelligkeit und Vollständigkeit. Zuzüge von den ringsum liegenden Ortschaften langten an, so daß Abends um 10 Uhr der ganze Bahnhof mit wenigstens 1500 Bewaffneten besetzt war, um die Preußen mit Gebühr zu empfangen. Um Mitternacht sollte der Zug ankommen, doch wurde in der Nähe Mutterstadt's die Bahn schon vorher zerstört, so daß die Fahrt unmöglich wurde. Indessen sind alle Vorbereitungen getroffen, um mißliebigen Zuzug abzuhalten; Wache steht überall und jeder Fremde und Verdächtige wird angehalten. So wurde während der Nacht eine Depesche des k. Regierungspräsidenten aufgefangen, worin alle Gewalten gewarnt werden, Truppen beizuziehen, um jeden blutigen Zusammenstoß zu vermeiden. Eben so wurde der Bediente unseres Landkommissärs aufgegriffen, welcher ein Schreiben an Beamte zu besorgen hatte, worin dieselben zur Annahme und Beeidigung der deutschen Verfassung aufgefordert wurden.
Morgens 8 Uhr. Es wurden heute Morgen die Wachen organisirt und eine permanente Kommission zur Regelung des Betriebes eingesetzt. So eben geht die Nachricht ein, daß die Preußen Ludwigshafen passirt und durch das Sturmläuten der umliegenden Orte geängstigt, sich statt gegen Neustadt nach Speyer gewendet hätten. In Speyer soll unter dem baierischen Militär Unruhe ausgebrochen sein, so daß sich die Offiziere flüchten mußten und die Soldaten nun zu den Bürgern halten. Näheres müssen wir abwarten. Gestern Abend sind schon baierische Soldaten mit Sack und Pack hier angelangt, welche von der Wache desertirt sind, um mit den Bürgern zu kämpfen. Der regelmäßige Bahnzug um 7 Uhr fand nicht statt; aber ein Zug bewaffneter Turner und Sensenmänner wird so eben per Eisenbahn gegen Speyer zu expedirt, so weit es eben geht, um Näheres zu erfahren. Hunderte der kräftigsten Männer, mit Mistgabeln, Aexten u. dgl. bewaffnet, langen von auswärts an. Die ganze Bahn und günstige Punkte sind trefflich besetzt.
Mittags 12 Uhr. Der Zug kommt so eben an mit einer Ladung Schienen, welche 2 Stunden von hier aufgebrochen wurden, um jeden Zuzug zurückzuhalten. Wir sind nun durch dieses Demoliren der Bahn von jenseits ganz abgeschnitten. Werden die Darmstädter, Hanauer und andere Turner ihr am Sonntag gegebenes Wort halten? Rufen können wir sie nicht mehr!!!
Mittags 2 Uhr. Eisenstuck ist nach Landau geeilt. Eine Proklamation für die Bewohner Speyers, von dem königl. Regierungsdirektor Oettinger und dem Bürgermeister Kolb unterschrieben, sagt: „Die Reichsgewalt habe Reichstruppen, namentlich ein Bataillon preußische und ein Bataillon badische Infanterie und eine Escadron badische Cavallerie beordert, um die Reichsfestung Landau zu besetzen. Da in der Pfalz der Glaube herrsche, diese Truppen wären feindlich gesinnt, so werde hiermit veröffentlicht, daß dieselben Speyer nur der Erfrischung wegen berühren und dann sogleich nach Landau abgingen.“ Dieser bekannt gewordenen Erklärung folgte der Ruf: „Verrath! Verrath!“ Ueberall hört man, man will uns belagern, betrügen, Preußen erkenne die Verfassung nicht an, mithin könnten diese Soldaten auch keine Freunde sein; sie müssen aus der Pfalz etc. Der Reichskommissär soll übrigens die Versicherung gegeben haben, nur schwarz-roth-goldene Truppen zu beordeen. Wir haben aber schwarz-weiße erhalten! Wird er dieselben wieder entfernen können? Bald wird zur Wahrheit werden, was am Sonntage in der großen Volksversammlung dahier behauptet wurde: „Wo Reichskommissäre hinkommen, fließt Blut!“
Mittags 3 Uhr. Die Kreiskasse in Speyer ist schon vor einigen Tagen um Mitternacht in die Festung in Gewahrsam gebracht worden. In Speyer sollen Barrikaden erbaut werden. Die baierischen Truppen sollen die betreffenden Punkte, vereinigt mit den Bürgern, besetzt haben. Es regnet sehr stark und beständig. Die Preußen werden heute schon gewaschen. Die Nußdorfer, bekannt aus dem Bauernkriege, lassen keine Preußen in die Festung Landau, so wird allgemein versichert. Tausende sind heute in der Pfalz kampfbereit. Ueberall Wache und Patrouille. Ein solcher Muth, eine solche Begeisterung und Ausdauer hat man nicht erwartet. Wenn ganz Wien in dieser Stimmung gewesen wäre, wie sie soeben in der Pfalz ist, wäre Wien nie gefallen und wenn der Teufel selbst mit seinem Heere gekommen ware.
Mittags 4 Uhr. Mannheims Stadt-Collegium soll sich energisch ausgesprochen haben, keine preußische oder baierische Truppen durchmarschiren zu lassen. Wie kommt es aber, daß das an der Spitze der Bewegung stehende, die Verfassung vertheidigende Reichsministerium Preußen sendet? Will man hier auch Comödie spielen? Badenser Truppen mit den Pfälzern sollen die Verfassung vertheidigen und Preußen sollen dieselbe zu gleicher Zeit mit dem Bajonette verwerfen helfen! Der Verrath liegt offen zu Tage!
Mittags 5 Uhr. Die Preußen haben sich nach Geinsheim, 2 Stunden von hier, gezogen, weil sie gesehen, daß sie in Speyer keinen Eingang erkämpfen können. Die baier. Besatzung Landau's soll sich auch bestimmt weigern, diese Truppen in ihre Mauern aufzunehmen.
[(Fr. J.)]
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@facs1688
[ * ]
Wir erhalten auf außerordentlichem Wege folgenden gedruckten offiziellen Bericht:
Ludwigshafen, 10. Mai 1849.
Das Kommando der Bürgerwehr zu Worms an die permanente Kommandantur daselbst.
Ich beeile mich in gedrängter Kürze Ihnen hiermit über die heutigen Vorgänge zu berichten. Durch Zuzüge von Frankenthal und der Wormser Umgegend, Westhofen, Osthofen etc. verstärkt erreichten wir um 8 Uhr den Ort Ludwigshafen, nach bewirkter Aufstellung und Absendung von Parlamentären an den Kommandanten des Brückenkopfes wo bereits die 2 Barrikaden im Bau begriffen waren, wurde der Kommandant aufgefordert, sich unbedingt zu unterwerfen. — Derselbe bat um eine Stunde Bedenkzeit, welche ich ihm nicht bewilligte, sondern augenblicklich zum Sturm schritt, den Brückenkopf nahm, woselbst der Kommandant bereits Reißaus genommen hatte. Die Hälfte der Mannschaft ging zu uns über, die übrigen mit dem Kommandanten flüchteten sich nach Mannheim. Die Haltung der Truppen während des Sturms, wie auch während des Marsches, war gewiß die lobenswertheste. Hierauf nahm ich Besitz vom Brückenkopf und Ludwigshafen. Gleich hierauf wurden mir baierische Truppen, bei 400 Mann im Anmarsch gemeldet. Ich sendete einen Reiter entgegen, um sie zu erfragen in welcher Absicht sie herbeikämen.
Die Antwort war: sie kämen als Freunde. Ich ließ gleich die Verfassung beschwören, was sie mit Ausnahme der Offiziere trotz allen Vorstellungen, bereitwillig thaten. Letztere sind aber von ihnen entfernt worden. Morgen sende ich die übergegangenen Truppen nach Neustadt. Der Militärkommandant von Mannheim hat die Brücke ausheben lassen, und nachdem ich ihm über den Zweck meiner Handlungen Aufschlüsse gegeben hatte, versprach er keine feindlichen Schritte vorzunehmen, auch keinen baierischen Truppen den Durchmarsch zu gestatten, übrigens von dem Vorgefallenen seinem Ministerium Bericht zu erstatten. Ich habe alle möglichen Vorkehrungen getroffen. Ich erhalte Zuzüge von allen Seiten angetragen. Eine permanente Kommission ist bereits erwählt, im Verein mit den hiesigen Bürgern, um alles Nöthige anzuwenden und in Vollzug zu setzen.
Mit aller Hochachtung
Der Oberst der Bürgerwehr und Kommandant sämmtlicher Truppenabtheilungen, Blenker.
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@facs1688
[ 225 ] Ludwigshafen, 10. Mai.
Abends 9 Uhr.
Hurrah!
Wir haben heute Abend 8 Uhr, den hiesigen Brückenkopf so wie ganz Ludwigshafen, und zwei vom Oberlieutenant Ball errichtete und mit Büchsenschützen besetzte Barrikaden im Sturm, aber ohne einen Schuß genommen. Alle hiesigen Baiern, welche nicht durch ihre Zwangsstellung in der Barrikade daran gehindert waren, fraternisirten mit uns — Ungeheurer Jubel! So eben kommt ein Bataillon Baiern vom 8. Regiment von Landau. Ich ging sofort als Parlamentär dem Kommandeur entgegen und erklärte ihm im Namen des Obersten Blenker, daß wenn er etwa feindlich komme, wir ihn auch feindlich und würdig empfangen und unsere Position nur auf Tod und Leben verlassen würden. Worauf er erklärte, daß er als Freund komme, und mit uns brüderlich zusammenbleibe. — Dies Wenige in größter Eile — Ein Joch der Brücke ist gleich von uns abgeführt worden. Darauf erschien der Kommandant von Mannheim zu Pferde an der jenseitigen Brücke und hielt eine längere Unterredung mit dem Oberst Blenker in freundlicher Weise, indem er unser Recht, den hiesigen Platz besetzt zu halten, anerkennt.
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@facs1688
[ 15 ]
In Kaiserslautern haben die Freunde des Volkes 50 Kanonen. Es werden 6000 Mann bei Lautern zusammengezogen. Die Hofheimer und Lorscher liegen in Frankenthal. Zuzüge sind zu wünschen. Man bittet um Munition. Der baierische Offizier hatte 6 Büchsen, um die Soldaten zusammenzuschießen, wenn sie nicht gehorchten. Diese aber gingen doch über. In Landau hat das Militär auf die Verfassung geschworen. Kommandeur aller Truppen ist Fenner von Fenneberg und ein ungarischer Offizier.
Bürger von Rheinhessen und Starkenberg, eilt den Rheinbaiern zu Hülfe!
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@facs1688
Frankenthal, 7. Mai.
Gestern war in Ludwigshafen ein Kampf zwischen rheinbaierischen Soldaten und Altbaiern; die ersteren, von Frankfurt kommend, ließen die Freiheit und die Pfalz hochleben; die Altbaiern verwiesen ihnen dieß aus dem Grunde, weil sie des Königs Brod essen und des Königs Gold beziehen; darüber kam es zum Streit, in welchem die Altbaiern jämmerlich zugerichtet wurden. — In Mannheim ist an den Straßenecken angeschlagen, man solle die Pfälzer unterstützen, und keine altbaierische Soldaten durchlassen.
[(Fr. J.)]
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@facs1688
Beuthen, 8. Mai.
So eben bringt ein östreichischer Courier an den hiesigen Landrath die Depesche, daß von Morgen ab über Myslowitz etc. 15,000 Mann russischer Truppen, 48 Geschütze und 1200 Pferde nach Oestreich durch preußisch Schlesien gehen werden.
[(Br. Ztg.)]
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@facs1688
Frankenthal, 8. Mai.
Auf die Nachricht, daß Preußen und Badenser hier einrücken, stellte sich klar heraus, was in der Volksversammlung zu Neustadt befürchtet worden war: daß die Reichsminister den Kommissär Eisenstuck mißbraucht haben, um einen Handstreich gegen Rheinbaiern auszuführen. Eisenstuck erklärte zu Neustadt auf sein Ehrenwort, daß kein Mann nach Rheinbaiern dürfe ohne seine Genehmigung. Allein in der folgenden Nacht schon rückten die „Reichstruppen“ ein. Eisenstuck ist über ein so unerhörtes Spiel natürlich außer sich. Er hat jetzt den Landesvertheidigungs-Ausschuß von Kaiserslautern aufgefordert, ganz selbstständig zu handeln, beim ersten Schuß der Reichstruppen sie anzugreifen und sich als provisorische Regierung zu konstituiren. Man sieht einem Zusammenstoß entgegen.
[(M. Z.)]
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@facs1688
Wien, 8. Mai.
Aus Ungarn fehlen alle zuverlässigen Nachrichten, nur Eines ist gewiß, daß Preßburg, die alte Krönungsstadt, Gefahr läuft, eine Schickschalsschwester von Pesth zu werden. Offizielle Daten vom Kriegsschauplatze werden keine veröffentlicht — Beweis genug, daß wir seit acht Tagen auch nicht den geringsten Vortheil errangen. Und immer näher heran wälzt sich die Masse des Feindes, immer bedenklicher werden die Gerüchte von der Gränze. In Oedenburg drang bereits ein Streifkorps ein, und in Wienerneustadt packt Jedermann zusammen zur eiligen Flucht. Die kaiserlichen Aemter gehen mit gutem Beispiele voran! — Oedenburg ist 2 Stunden von Wienerneustadt entfernt, dies letztere erreicht man mit der Eisenbahn in 1 1/2 Stunde, wie nahe steht uns also der Feind! Der Kampf wird blutig werden, denn jetzt steht Alles auf einem einzigen Wurfe! Die Russen scheinen mir keine Hülfstruppen, sonst zögen sie schneller heran.
Ich meine mit Grund, Czar will sich aus diesem Wirrwarr Galizien holen — weiter ist es nichts! Nach Galizien bricht er ein an 6 Punkten — das ist seine Beute, was jenseits der Karpathen geschieht, kümmert ihn wenig. Diese Annahme ist keine Ausgeburt meiner Phantasie, sie ist die Befürchtung vieler denkenden Oesterreicher. Die Moldau und Wallachei kommt bei diesem Anlasse gut weg, sie behält wenigstens einige Zeit einen Schein von Freiheit — Galizien aber ist verloren, wie die Unabhängigkeit Ungarns fait accompli wird. Die erste Frucht des russischen Bündnisses reift bereits — die Einfuhrszölle für Getreide und Schlachtvieh werden aufgelassen werden, angeblich um einer Hungersnoth abzuhelfen, in Wahrheit aber als Interessen für das Kapital, welches der Czar der Dynastie insgeheim vorgestreckt, um die eigene Entthronung rascher zu bewerkstelligen.
[(N. O. Z.)]
Französische Republik.
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@facs1688
[ 12 ] Paris, 9. Mai.
Frankreich rührt sich wieder, die alten Franzosen werden wieder lebendig; sie haben sich in Napoleon die Dummheit an's Ruder gesetzt, weil es leichter ist, mit der Dummheit als mit der Schuftigkeit fertig zu werden. Die Dummheit hat über die Schuftigkeit gesiegt. Der Ochse Napoleon hat sein schuftiges Ministerium, das schuftige Ministerium hat die schuftige Bourgeoisie Bourgeoisie — Rothschild — Fould in den Grund geboxt! Die Franzosen rühren sich — zittere Oestreich, zittere Preußen! —
Die Oestreicher und Neapolitaner rücken gegen die Romagna, rücken gegen Ancona vor, sie folgen dem französischen General auf dem Fuße und Oudinot, der den Römern zu Hülfe gegen Oestreich und Neapel eilen sollte, rückte als Feind in Rom ein! Und die Franzosen in Paris brechen das Ministerium, das das römische Blut vergossen, verfluchen Oudinot, der den Oestreichern vorgearbeitet — und an demselben Tage wo die Kammer das Ministerium gebrochen, wo die Oestreicher in die römische Republik eingebrochen, schreibt der Ochse Napoleon an Oudinot einen Brief, um ihn aufzumuntern, abermals einzudringen in Rom! Und die Patrie veröffentlicht den Brief, und Barrot desavouirt ihn. Und als wenn die Dummheit auf die Spitze getrieben werden mußte, um die Schuftigkeit zu stürzen, reicht das Ministerium seine Entlassung ein, und Napoleon verweigert sie!
Eine Handvoll ministerieller Atheisten, jüdischer Spekulanten und Jesuiten haben es zu Stande gebracht, daß eine Expedition gerüstet wird gegen die römische Republik, zum Interesse des Pabstes. Juden, Atheisten und Jesuiten haben den Pabst nothwendig, um ihre Metalliques und ihre 3-Prozentige zu halten; und um den Pabst zu halten, vergießen sie französisches Blut und opfern die römische Republik! Diese Juden, Atheisten und Jesuiten zählen auf den geheimen Beistand der Oestreicher, der Preußen und der Russen: da beginnt Oudinot eine Voreiligkeit, eine Dummheit, ganz wie Napoleon! Die Dummheit Oudinot's war, daß er, vertrauend auf die Berichte seiner jüdischen und östreichischen Agenten, in Rom mit offenen Armen aufgenommen zu werden glaubte — da zeigen sich auf einmal 800 Franzosen, die dem Oudinot entgegentreten — und machen die ganze Expedition zu Schanden!
In ganz Paris, in ganz Frankreich ertönte der Ruf: die französische Ehre ist befleckt, die Constitution ist verletzt, und wir dürfen nicht einmal eine Thräne vergießen über die Niederlage unserer Armee! Wir müssen uns freuen über den Tod unserer Brüder und in diese Lage hat uns Barrot-Faucher-Napoleon gesetzt. Nieder mit den dummen Schuften! Tod den Prinzen, tod den Tyrannen!
„Unsere militärische Ehre, schreibt der Stierochse, steht auf dem Spiele! Ich (der Held von Straßburg) werde nicht dulden, daß sie einen Schlag erhalte! Die Verstärkung soll Ihnen nicht fehlen!“‥… Napoleon sieht noch immer die Oestreicher und Neapolitaner nicht! Er weiß noch immer nicht, wo der eigentliche Feind steht, wer die Ehre der französischen Soldaten eigentlich gebrandmarkt hat! Aber wie sollte er es auch wissen? Er empfängt ja nur die reaktionären Blätter, die keinen andern Rechtsboden kennen, als den der Oestreicher und der Metalliques, unter der Firma des Pabstes, der ihn heiligen muß. Hat die rothe Republik nicht recht, wenn sie auf ihre Proscriptionsliste die Liste der verkauften Redakteurs setzt? Der Rechtsboden! die Franzosen haben ihn jetzt durch die Preußen kennen gelernt. Der Rechtsboden, das sind die Feuerschlünde, welche das Recht in Form von Granaten, Bomben und Kartätschen auf das entwaffnete Volk schleudern, um ihr eigenes Recht, ihre Krone und ihr Budget zu retten.
Die Dummheit Napoleon's hat die Franzosen frei gemacht! „Louis Napoleon, sagt die Reform, ist entschlossen, den Weg zu wandern, den vor ihm Carl X. und Louis Philipp betreten hat.“ Und wer die Hartnäckigkeit des Maulesels kennt, findet dieses nur zu sehr begreiflich.
Der National trauet seinen eigenen Augen nicht. „Schon die direkte Intervention des Präsidenten in einer Debatte zwischen seinen Ministern und der Kammer, wäre bereits ein sehr schlimmes Ding: nun aber eine Intervention, die direkt dem Votum der Kammer entgegen ist!“
Weiter fehlte nichts, als daß Napoleon zugleich sich komprometiren muß, mit den andern gekrönten Stierochsen! Der Brief Napoleon's wird bereits seine Wirkung in Rom gethan haben, noch ehe das Votum der französischen Kammer dem General Oudinot zugekommen sein kann. Oudinot wird sogar weit früher schon einen Angriff auf Rom gemacht haben. Desto besser! Die Rache wird um so fürchterlicher ausfallen gegen die Schuften, die den Zug veranstaltet haben. Oestreich und Neapel rücken heran! Was werden die Franzosen in Rom machen? Gegen wen wird Oudinot sie führen? Dieser Gedanke allein macht die Franzosen in Paris rasend; sie verfluchen Barrot und Napoleon und wehe ihnen, wenn Oudinot abermals gegen Rom gezogen!
Verrath! Verrath! Das ist das Losungswort aller Franzosen. Verrath! Verrath! Das ist das Schlachtgeschrei, mit denen die Wahlen beginnen.
Verrath! der Napoleon, den wir gewählt haben, ist der rechte Napoleon nicht; sein Name hat uns irre geführt. Wir wollten einen Napoleon, dem wir den Cavaignac entgegensetzen konnten; wir wollten einen Napoleon, der den Krieg, statt gegen unsere Brüder in Paris zu führen, hinausschleudere in's Ausland, gegen die fremde Fürstenbrut; wir wollten einen Napoleon, einen Präsidenten der Republik, der, wie sein Oheim, allen gekrönten Häuptern, mit der Krone, das Haupt abschlagen sollte, und wir haben einen Pseudo-Napoleon, einen untergeschobenen Napoleon bekommen, der außerhalb Frankreich verfährt, wie Cavaignac in Frankreich, der unsere Brüder in Rom schlachtet, wie Cavaignac unsere Brüder in Paris geschlachtet! Verrath! Verrath!
Der Wahltag — das ist der Schlachttag!
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@facs1688
[ 068 ] Paris, 10. Mai.
Der Moniteur hat sein langes Schweigen, nach Mittheilung der diplomatischen Depeschen, mit folgenden Mittheilungen unterbrochen:
1) Am 4. Mai war der General Oudinot mit dem Hauptquartier und der zweiten Brigade zu Palo. Die erste stand in Polidoro (6 Meilen von Rom), die dritte wurde eben in Civita-Vecchia ausgeschifft;
2) Radetzky hat beim Aufbruch von Mailand gegen Malghera Ordre zum Einmarsch von 27,000 Mann in die Romagna und Toskana gegeben; drei Bataillone von Triest abgeschickt, um Ankona zu okkupiren;
Hierzu eine Beilage.