Deutschland.
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@facs | 1645 |
Edition: [Friedrich Engels: Belagerungsgelüste, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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] Köln, 5. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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@facs | 1645 |
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] Köln, 4. Mai.
Wir erhalten aus Wien, 1. Mai, folgende Mittheilungen:
In den letzteren Tagen des verflossenen Monates, besonders aber gestern den 30. April, machte sich ein ungewöhnliches Leben in den Straßen der Hauptstadt bemerkbar. Alles war in Aufregung über die
verbreiteten Nachrichten von den rückgängigen Truppenbewegungen an der ungarischen Gränze. Als Beweis großer Verluste und Niederlagen von östreichischer Seite dienen die fortwährenden Transporte von
Verstümmelten und Verwundeten, welche seit zwei Tagen in hunderten Wägen nach Wien in die Militärspitäler gebracht werden, welche bereits so voll sind, daß sämmtliche Gänge und Passagen zwischen den
Betten zu Krankenlagern verwendet wurden. Das auf diese Art zurückgebrachte Militär ist in dem erbärmlichsten Zustande, es erinnert unwillkürlich an den Rückzug Napoleons aus Rußland ‒ bleiche,
abgehärmte, zerlumpte Gestalten, die Verwundungen nothdürftig mit Fetzen verbunden, liegen sie auf dem harten Holze eines Leiterwagens; man kann dieses Bild des Jammers nicht ohne Thränen des
Mitleides ansehen; die meisten Verwundeten kamen in Folge der ungarischen Kavallerieangriffe zu unheilbaren, tödtlichen Verletzungen, es fehlte ihnen die Nase und das Kinn, kurz, man kann es nicht
beschreiben, wie fürchterlich diese armen Teufel zugerichtet sind. Ferner kamen gestern 10 Wagen mit Kopfbedeckungen aller Waffengattungen, so auch Kavallerie-Sattelzeug hier an, dann ungefähr 500
unberittene Pferde, welche ihre Reiter in der Schlacht verloren hatten.
Jedenfalls steht die Sache Oestreichs in Ungarn sehr schlecht; vor acht Tagen waren die k. k. Truppen noch in Pesth, und jetzt ist das Hauptquartier bereits einige Tage in Oedenburg, die
östreichische Armee ist nicht mehr im Reteriren, sondern auf einer förmlichen Flucht; so eben kommt der Oedenburger Train mit Soldaten aller Gattungen und Militärbagage. Ich begegnete einem bekannten
Feldwebel von einem früher in Wien stationirten oberöstreichischen Regimente; seiner Erzählung nach, ist an dem Siege der Ungarn gar kein Zweifel, da letztern noch die gänzliche Verwirrung der
östreichischen Truppen zu Gute kommt, wo sie ihnen gar nicht Zeit lassen, sich zu fassen, und immer mit neuer und frischer Kraft hervorbrechen und sie zurückwerfen. Die ungarische Armee ist sechs mal
überlegener und fanatisch für ihre Sache entflammt, während die Oestreicher durch ermüdende und zwecklose Märsche, durch entmuthige Verluste und Nachtheile, durch schlechtes Kommando, im Stiche
gelassen in entscheidenden Augenblicken von den Offizieren, natürlich nicht mit dem nöthigen Muthe für die Sache der Dynastie kämpfen. Die Unkenntniß der k. k. Generäle und Offiziere, zu deren
Ausbildung in der vormärzlichen Zeit so unendlich viel verwendet wurde, soll beispiellos sein; sie führen die Truppen geradezu auf die Schlachtbank. Fünf Generale sind bereits in Untersuchung. Das
Regiment Hrabowski (Oberöstreicher), welches erst kürzlich aus Italien kam, ist beinahe gänzlich übergegangen, so auch das niederöstreichische Regiment Heß; überhaupt sollen
die deutschen Truppen nicht so sehr für die dynastischen Zwecke zu gebrauchen sein, wie die slavischen. Im Ganzen sind bereits fünf Regimenter übergegangen, ohne die Anzahl Kroaten.
Eine unerhörte und unglaubliche Demoralisation ist in der Armee eingebrochen. Der Krieg in Ungarn wird von dem polnischen Obergeneral Dembinski geleitet. Die Polen bestehen aus 10 Legionen,
zusammen 36,000 Mann stark, mit ungefähr 25 Generalen; sie allein sollen das Beispielloseste leisten und werden von den k. k. Truppen am meisten gefürchtet.
Sonntag, den 29. April, war eine bedeutende Schlacht bei Wieselburg, wobei die Oestreicher 6000 Todte und Verwundete zählten, daher auch an eine eclatante Niederlage zu glauben ist, und woher die
Transporte kommen.
Das Armeekorps des Banus soll gänzlich zersprengt sein.
Die ungarischen Insurgenten sind mit einer Macht von 15,000 Mann und 30 Geschützen nordwestlich in das Turoczer Komitat eingerückt, und halten vor der Hand die Komitatstadt St. Marton und Mossocz
besetzt. Man sagt, sie haben die Absicht, die Waag zu überschreiten, das Kissucothal zu besetzen, und die Eingänge aus Schlesien und Galizien zu sperren.
In St. Marton, aus welcher Stadt Viele zu dem slovakischen Landsturme als Freiwillige beitraten, soll die Furcht vor der Rache der Insurgenten sehr groß sein. Auch scheint die Slowakei sich den
magyarischen Ei flüssen sehr zu ergeben.
In Preßburg fehlte am 29. die Pesther Post bereits 4 Tage. In der im Weichbilde der Stadt gelegenen Haide werden Schanzen und Redouten errichtet.
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@facs | 1645 |
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X
] Berlin, 3. Mai.
Ungarn und Frankfurt, beide nehmen jetzt hier die ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, und wenn man an dem Siege der Ersteren nicht mehr zweifeln kann, so
erwartet man endlich von der Nationalversammlung kühne, muthige Entschlüsse. (Wirklich? Nun dann muß es noch sehr naive Berliner geben, die solches erwarten!) Die Herren am Main müssen die Brücke
hinter sich abbrechen, wenn das Volk ihnen endlich vertrauen soll, dann werden sie in seiner Kraft Hülfe finden.
Briefe aus Wien bringen heute die Nachricht von einer Proklamation des Kaisers von Oesterreich, worin die Berufung der russischen Hülfe als dringend nothwendig dargelegt wird. Die Siege der Ungarn
über Welden sowohl als über Jelachich werden bestätigt.
Es verbreitet sich heute das Gerücht, daß der König von Preußen mit dem „aimablen“ König von Dänemark einen Separatfrieden abschließen wolle. Das Ministerium denkt damit die
Ostseehäfen zu beruhigen, und ignorirt zugleich die Frankfurter Centralgewalt. Hat der Frieden von Malmö einen 23. September hervorgerufen, was müßte demnach der jetzige Friedensabschluß bringen?
Wir deuteten schon gestern an, daß höchst wahrscheinlich der Prinz Carl in die spanische Auswanderungsgeschichte verwickelt wäre, in der sein vertrauter Freund, der bekannte Wedecke, eine so
unheilvolle Rolle spielt. Wir erfahren heute das Nähere. Der Prinz hatte eine große Masse spanischer Papiere in seinem Besitz, welche bekanntlich ziemlich werthlos sind. Man stellte aber dem
spanischen Gouvernement vor, es solle nur diesen hochgestellten Gläubiger befriedigen, von den andern habe es nicht soviel Unannehmlichkeiten zu erwarten. Man ging darauf ein und verkaufte dem Prinzen
etwa 2 Quadratmeilen Land in Spanien, welche derselbe in spanischen Papieren al pari bezahlte. Da die Ländereien aber mehr kosteten, als er Papiere in Händen hatte, so kaufte er unter der Hand noch
welche zu enorm billigen Coursen auf, und vervollständigte so die Kaufsumme. (Ein recht honnettes Geschäftchen.) Dorthin sollte nun die Auswanderungsgesellschaft gehen, um Sr. Königl. Hoheit Güter in
ähnlicher Weise werthvoll zu machen, wie man es in Amerika durch Negersklaven erreicht. Es sind überhaupt in unserem sittlichen, christlichen, frommen Königshause eine Menge ganz allerliebster
Geschichtchen vorgekommen, welche noch ihren Manteuffel erwarten.
Herr Piersig, wegen gemeinen Betruges bestraft, ist jetzt häufig bei dem Minister von Manteuffel, der ihn zu sehr vielen intimen Geschäften benutzen soll. Kostverachter scheinen Se. Excellenz
gerade nicht zu sein. Der würdige Verfasser der „Enthüllungen“ war bekanntlich auf Grund einiger Injurienklagen verurtheilt worden, hat aber dagegen appellirt.
Die bekannte Enthüllungsrede Manteuffel's, in der sich dieser, um den Belagerungszustand zu rechtfertigen, ganz auf den Standpunkt des gesinnungsvollen Piersig stellte, ist sehr witzig
illustrirt worden, und bei A. Hofmann und Comp. hier erschienen. Die Rede bietet auch wirklich außerordentlich glückliche Momente für Karrikaturen dar, die geschickt benutzt sind.
Es heißt, daß die Herren Milde und Harkort die Spener'sche Zeitung angekauft haben, um doch auch ihrer Partei einigen Einfluß in der deutschen Presse zu sichern.
Merkwürdigerweise werden die Frankfurter Zeitungen auf dem hiesigen Postamt jetzt immer sehr lange zurückgehalten, so daß es fast scheint, man will die Nachrichten von der Nationalversammlung
möglichst spät erst verbreitet haben.
Es ist sämmtlichen Lehrern verboten worden, in den Schulen noch fernerhin die Politik zu berühren, und sollen sie sich aller daran nur streifenden Reden immer auf das Genaueste enthalten.
Wahrscheinlich aber werden nur die wenigen demokratischen Lehrer diesem Befehl strenge Folge leisten müssen. Bei den vielen reaktionären Propagandisten unter unsern Demagogen wird man wohl, wie
gewöhnlich, nichts sehen.
Als ein Einwohner in der Gertraudenstraße am Sonnabend Abend um 11 1/2 Uhr nach Hause kam, fand er den Flur seines Hauses zu seiner großen Verwunderung mit Feuermännern besetzt. Auf sein Befragen
erfuhr er denn, sie seien hierher kommandirt, weil es wieder losgehe und gerade dies Haus von den Demokraten zum Anzünden bestimmt sei, da müßten sie löschen.
Gestern wurden zwei der in den letzten Tagen Gemordeten feierlich bestattet. Dem Einen, der als Buchbindergesell der Arbeiterverbrüderung angehörte, folgten sehr viele Mitglieder dieses
ausgebreiteten Vereines, an dessen Spitze Bisky steht. Der andere war der junge Mien, welcher gerade aus einer Lehrstunde kam, als ihn die tödtliche Kugel traf. Herr Oberconstabler Hinkeldey hatte den
Vater, einen bekannten Conservativen seines Bezirks, bitten lassen, seinen Sohn doch in aller Stille zu beerdigen, um keine Aufregung zu verursachen. Dieser war indeß einem solchen Wunsche nicht
nachgekommen, und so folgte ein großer Theil seiner Bezirksgenossen.
Das Ministerium soll damit umgehen, die Gemeindeordnung, die es den Kammern vorzulegen bezweckte, nächstens im Octroyirungswege als Gesetz zu publiziren.
Von Leipzig ist soeben die, zwar noch unverbürgte, Nachricht angekommen, daß die Aufregung in ganz Sachsen auf den höchsten Punkt gestiegen sei, wodurch sich der König veranlaßt gesehen, sich auf
die Festung Königstein zurückzuziehen, um vor allen Sturmpetitionen gesichert zu sein.
Wie die „Const. Ztg.“ aus guter Quelle erfährt, hat der kommandirende General der preuß. Division in Schleswig-Holstein, Hr. Prittwitz, um seine Entlassung nachgesucht.
Die stenographischen Bureau's beider Kammern sind aufgelöst, und es haben die Stenographen dieses Mal nicht (wie es nach Auflösung der Nationalversammlung der Fall war) eine Zusicherung der
Wiederanstellung erhalten.
Seit dem 1. Mai werden auf sämmtlichen Eisenbahnhöfen Speditionsbureau's eingeführt, welche neben einer richtigeren Spedition auch eine Beschleunigung der Briefe und Güter erzielen.
Dieselben werden nämlich mit Umgehung der Lokalpost ohne Verzug von einer Eisenbahn zur andern befördert. Es tritt dadurch beispielsweise eine Beschleunigung von etwa 12 Stunden für die von
Frankreich, Belgien und dem Rheine über Berlin nach dem Nordosten, wie Schlesien bestimmten Effekten in allen den Fällen ein, wenn der Kölner Zug des Abends etwas später als 10 Uhr anlangt. Ferner
hört aller postalische Nachweis für Briefe, selbst expresse, wegen des hemmenden Geschäftsganges, auf, auch werden an allen Eisenbahnstationen Postexpeditionen eingerichtet. Für die zu befördernden
Postbeamten hat der Staat den Eisenbahndirektionen der Monarchie das Aversionalquantum von 40,000 Thalern verwilligen müssen.
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@facs | 1645 |
Posen, 50. April.
Ein Privatbrief aus Glücksburg meldet, daß die Posener Landwehr bis dahin noch nicht im Feuer war, sie sollte anfänglich die Reserve bilden. Es zeigte sich aber
unter derselben große Unzufriedenheit und Lust nach Hause zu gehen, in Folge dessen der Kommandeur erklärte, daß Jeder, der sich widerspenstig zeigen würde, erschossen werden solle; zugleich wurde
ihre ursprüngliche Bestimmung geändert und die Posener Landwehr in die erste Schlachtlinie beordert. Es verbreitete sich auch das Gerücht, daß sie durch hinter ihr postirte Regimenter gezwungen werden
solle, sich zu schlagen. Vielleicht hören wir nächstens, daß man auf die Widerspenstigen mit Kanonen und Shrapnells geschossen hat ‒ und befremden würde uns das nach den Vorgängen von heute vor
einem Jahre nicht im Geringsten.
[(Zeit. des Osten.)]
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@facs | 1645 |
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] Wien, 1. Mai.
Gestern früh um 7 Uhr brachte uns der Remorqueur „Bela“ in Begleitung von zwei Schleppschiffen 1100 Verwundete und Kranke aus dem Spital in
Preßburg in einem Zustand, welcher das tiefste Mitgefühl jedes menschlichen Herzens anregen mußte. Verstümmelte, Verwundete und schwer Erkrankte aller Waffengattungen bedeckten in wahrem Sinne des
Wortes den Landungsplatz.
Während der nöthigen Zeit zur Vorbereitung des Transportes einer so großen Zahl von Kranken, versuchten es einige der minder schwer Verletzten, den Weg in die Stadt zu Fuß anzutreten. Ein Theil der
Unglücklichen hatte jedoch ihre erschöpften Kräfte überschätzt, und blieben am Wege liegen.
Detaillirten Berichten zufolge war die rückgängige Bewegung der k. k. Truppen so beschleunigt worden, daß man Mehl und andere Vorräthe spottwohlfeil verkaufte, da deren Mitnahme nicht mehr thunlich
gewesen.
Ein russischer Kurier ist hier eingetroffen. Es wird behauptet, daß die russische Hülfe nicht vor den 6. Mai auf dem Kriegsschauplatze eintreffen könne, was nach den heute auf der Börse
cirkulirenden ungünstigen Nachrichten von Ungarn an der Rechtzeitigkeit ihres Einrückens zweifeln ließe.
Das offizielle Blatt, die „Wiener Zeitung“, enthält wiederum eine Verurtheilung, welche wörtlich also lautet:
„Georg Kilian, genannt Stoeger, von Wien gebürtig, 61 Jahre alt, katholisch, Witwer, gewesener Schauspieler, gegenwärtig als Improvisator mit der Harfenistengesellschaft des Joseph Sperl
herumziehend, ist bei gesetzlich hergestelltem Thatbestande, theil
[1646]
durch sein Geständniß, theils durch Zeugen überwiesen, daß er den 15. d. M. Abends in einem Wirthshause vor der Linie sich bei Improvisationen ungebührliche Ausdrücke über Seine Durchlaucht den Herrn
Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz erlaubt, und zur Aufreizung der anwesenden Gäste dem Rebellen Kossuth ein „Eljen“ ausgebracht habe.
Er ward daher von dem über ihm abgehaltenen Kriegsrechte zu achtwochentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, dies Erkenntniß aber aus Rücksicht auf das vorgerückte Alter des Inquisiten auf
sechswochentlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert, und demgemäß heute kundgemacht.
Wien, am 29. April 1847.
Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungskommission.“
Aus Gratz wird mitgetheilt, daß Gretschnigg, früher Redakteur des dasigen Volksblattes, und wegen eines Artikels über die Oktoberereignisse zur Kriminaluntersuchung gezogen, von den
Geschworenen für „Nichtschuldig“ erklärt worden ist.
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@facs | 1646 |
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] Wien, 1. Mai.
Die von den Magyaren niedergeworfene östreichische Monarchie hat bis auf den letzten Rest der Scham verloren. Sie prostituirt ihren welken Leib an den
russischen Czar mit einer Gleichgültigkeit, die Bewunderung verdient. Die Wiener Zeitung enthält in ihrem amtlichen Theil wie folgt:
Der Aufstand in Ungarn hat seit einigen Monaten eine solche Ausdehnung gewonnen, und er zeigt in seiner dermaligen Phase so entschieden den Charakter einer Vereinigung aller Kräfte der europäischen
Umsturzpartei, daß das Interesse sämmtlicher Staaten ein gemeinschaftliches ist, die kaiserliche Regierung in dem Kampfe gegen die sich dort verbreitende Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung zu
unterstützen.
Aus diesen wichtigen Gründen hat sich die Regierung Sr. Maj. des Kaisers bewogen gefunden, die bewaffnete Hülfe Sr. Majestät des Kaisers von Rußland in Anspruch zu nehmen, und selbe ist ihr von dem
Kaiser mit edelster Bereitwilligkeit sofort und in dem ausgiebigsten Maße zugesichert worden. Die Ausführung der beider Seits verabredeten Maßregeln ist in vollem Gange.
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@facs | 1646 |
Wien, im April.
Das Ausland hatte einen viel schärferen Blick, als die österreichischen Banquiers, über die Finanzen des Kaiserstaates. Amsterdam, Berlin und Frankfurt schleuderten
schon vor Monaten ihre 5pCt. herein à tout prix, um sie nur los zu werden. Die Entwerthung der Banknoten und der hohe Silber- und Gold-Cours verleitete die Einheimischen, sich dafür
zinsentragende Staatspapiere zu kaufen und sie erhielten sich daher in ziemlicher Nachfrage. Die Magyaren, welche mit ihren rothen Kossuthzetteln auf dem Börsenplatze erschienen, trugen dadurch bei,
daß die Course nicht tiefer sanken, denn für ihre im größern Theile des Reiches unanbringbaren Papiere nahmen sie, was sie bekamen. Die Ziffern in den Courszetteln sind daher nicht als richtige
Gradmesser des öffentlichen und des Staatskredits zu betrachten, und der neueste Vorgang legt es offen dar, an welchem Abgrunde die Finanzen stehen.
Die kaiserlich österreichische Regierung giebt ungarische Noten zu 5, 10, 100 und 1000 Fl. aus. Es geschieht dies zur Bestreitung der Kriegskosten in Ungarn. Die Einlösung dieser kaiserlichen Noten
ist, so wie die Kossuthnoten, auf die Einkünfte Ungarns angewiesen!
Verständige Finanzmänner schlagen wohl die Hände über dem Kopf zusammen bei solcher Finanzwirthschaft. In dem Momente, wo der Feind mehr als Dreiviertheil des Landes im Besitze hat, wird des
Feindes Land als Hypothek einer Schuld angewiesen, und dem Volke wird die Pistole auf die Brust gesetzt, wie es jede revolutionäre Regierung thut, daß es diese so sondirten Papierstückchen in vollem
Nennwerthe annehmen muß. Der Zwangscours ist angeordnet, denn die hohe kais. Regierung ahnte im Vorhinein, daß Niemand ein Vertrauen zu diesen Noten haben werde. Auf welchen Punkt müssen nun die
Finanzen des Kaiserstaates unter der weisen Verwaltung des Herrn Ministers Kraus gediehen sein, wenn er den vom österreichischen Reichstag bewilligten Kredit von 80 Mill. fl. nicht realisiren kann
und, um nur den Krieg fortsetzen zu können, zu solchen verzweifelten Mitteln greift! Ueber 230 Mill. fl. österreichische Noten sind, nach Angabe in Umlauf, während nur 30 Mill. baar im Bankschatz
liegen; dazu kommen circa 40 Mill. ungarisches Papiergeld und jetzt werden neuerdings, ohne Fond, ohne Garantie, magyarische Noten ausgegeben. Schon einmal hat dieses Ministerium einen frevelvollen
Diebstahl am Vertrauen des Volks begangen. Monatelang ließ es die ungarischen Zettel ohne Widerspruch in voller Geltung; sie wurden sogar bei den Kriegskassen, wie bei den Civilämtern Ungarns statt
voller Zahlung anerkannt. Ueberraschend erklärte es eines Tages, diese bisher giltigen und durch den Plenipotentiar des Monarchen Fürsten Windischgrätz in einer Proklamation anerkannten Kossuthzettel
für null und nichtig, und befahl sogar deren Confiscation und Zerstampfen. Es war das das erste Zerwürfniß des Ministeriums mit dem Marschall, welches auf Kosten des vertrauenden Publikums stattfand.
Ist es nicht offen Diebstahl, wenn die Regierung heute jenes Geld entwerthet, das sie gestern noch für vollgültig erklärte, annahm und selbst verausgabte!
Als Grund, weshalb diese Kossuthzettel für ungültig erklärt wurden, befand sich in der Regierungsverordnung die Stelle, daß nach § 14 der österreichisch privilegirten Nationalbank nur diese
allein im ganzen Kaiserstaate das Recht habe, Noten auszugeben.
Heute also findet dieses Ministerium es bequem, die Bankstatuten nicht zu beachten, und das Standrecht sorgt weislich dafür, daß die Bankadministratoren keinen großen Lärm machen. Kossuth, der
ungarische Minister, mußte das österreichische Privilegium respektiren; Kraus, der österreichische Minister, hat sich nur um die Einheit der Monarchie, nicht um die Finanzen eines Privatinstitutes zu
besorgen! Wenn der Finanzminister Kraus nur Geld bekömmt, das Uebrige wird vertuscht, und wer sich rührt, verfällt dem Standrecht!
Die Emission dieser Noten, mit der Anweisung auf die Einkünfte des erst wieder zu erbauenden Ungarn, ist nicht blos wegen des Zwangscourses eine so ungeheure Bedrückung, sondern weil die Ausgabe
gar nicht beschränkt ist. Im laufenden Jahrhunderte ist in keinem geregelten Staate ein solches offenes Hazardspiel, ein solcher Raub am Privateigenthum, ein solches Vernichten alles Credits
vorgekommen. Der Kaufmann, der im Geschäftsverkehr einen solchen Schwindel treibt, verfällt dem Zuchthaus. Vielleicht öffnet diese That, welche auch den deutschen, französischen und englischen
Besitzern an den Beutel geht, die Augen über unser Ministerium. Noch bis zur Stunde glaubten Viele, man übertreibe, wenn man die Wirthschaft dieses Kabinets darstellt; sie halten es für Parteifärbung,
was wir mit unserm Blute, mit unserer Freiheit, mit unserem Besitz bezahlen müssen. Die türkischen Paschas früherer Zeit mögen in solcher Weise des Kopfabschneidens und Gelderpressens die Regierung
geführt haben.
Nachdem die zwangsweise Ausgabe solcher Noten, mit einem Fond von Luft und Wolken am magyarischen Horizonte, decretirt ist, findet die Angabe wieder mehr Glauben, daß auch österreichische Noten
nach Bedarf und Belieben fabricirt werden. Die neuen Kassenanweisungen haben, wie man sich auch dafür bemühte, keine Abnahme gefunden, und darauf mußte das Deficit gedeckt werden. Die Bank schmiedet
bereitwillig ihre Banknoten, und so kann es leicht kommen, daß in kurzer Zeit 400 Millionen Gulden Papiergeld, und darüber, sich zwangsweise in Umlauf befindet. Schon werden wieder die Sparkassen
belagert, und die Armen ziehen geschwind ihr Geld heraus, denn sie sind nicht gesichert, daß ihnen morgen ungarisches Papier statt österreichisches gegeben wird. Die paar Silberstücke, die man hat,
vergräbt man, denn man erwartet den Befehl, daß alles Silber abgeliefert werden muß, um den Krieg führen zu können. Solche Extreme sind bereits an der Tagesordnung. Flüchten doch schon die Wiener
tausendweise, obwohl die ministeriellen Blätter die beruhigendsten Nachrichten über die enormen Streitkräfte unserer Armee, über ihre Heldenführer, von denen ein Dutzend als unfähig weggeschickt
wurde, verbreiten. In derselben Art sprach der Minister immer von dem guten Stand der Finanzen, und wie Alles bald sich ausgleichen werde. Zum Nothschrei der dem Standrecht Zugefallenen, der auf die
Schlachtbank Geführten, der unter die Soldaten Gepreßten, der um ihre Freiheit Betrogenen, kömmt nun der Nothschrei der um ihr Eigenthum Bestohlenen in Ungarn.
[(D. Z.)]
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@facs | 1646 |
Dresden, 1. Mai.
Die Staatsminister Dr. Held, v. Ehrenstein und Dr. Weinlig haben gestern ihre Entlassung bei dem König eingereicht. Derselbe hat sie angenommen, die Minister
jedoch mit der interimistischen Fortführung der Departementsgeschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger beauftragt. Die Ursache des ganz unerwarteten Rücktrittsgesuchs soll die deutsche
Verfassungsfrage sein. Heute traf der Reichskommissar v. Watzdorf hier ein. Die Bewegung für die Anerkennung der Reichsverfassung nahm diesen Nachmittag unerwartet einen allgemeinen Charakter an.
Gleich nach 12 Uhr versammelten sich Tausende auf dem Pirnaischen Platz und begaben sich unter Vorantragung der deutschen und anderer Fahnen nach dem Gebäude des Justizministeriums, um dem
Ministerpräsidenten Dr. Held die in der gestrigen Hauptversammlung des Vaterlandsvereins gefaßten Beschlüsse in einer Adresse zu überreichen. Eine Deputation von drei Ausschußmitgliedern verfügte sich
in das Gebäude, und nachdem Dr. Minckwitz an Dr. Held die entsprechende Anrede gehalten hatte, bemerkte Letzterer, daß er bereits seine Entlassung eingereicht habe und daß sich die Deputation daher an
die anwesenden, im Amte verbliebenen Staatsminister Frhrn. v. Beust und Rabenhorst zu wenden hätte. Diese erklärten, die Adresse dem Könige vorlegen zu wollen. Bis gegen 2 Uhr hatte die innere Stadt
ein sehr aufgeregtes Ansehen, namentlich hatten sich auf der Schloßgasse und vor dem k. Schlosse dichte Gruppen gebildet, die in lebhaftem Gespräche waren.
Das Stadtverordnetenkollegium hat heute Abend mit Einhelligkeit beschlossen, eine Adresse, die unverweilte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung betreffend, an den König abgehen zu lassen, und
den Stadtrath sowie die hiesige Bürgerwehr zum Beitritt aufzufordern, und es steht zu erwarten, daß sich unser Stadtrath, der sich sonst nicht leicht bei dergleichen Demonstrationen zu betheiligen
pflegt, der allgemeinen Bewegung, welche seit heute Mittag auf eine auffallende Weise um sich gegriffen hat, kaum wird entziehen können. Als heute eine Deputation eine ähnliche Adresse dem Könige
überreichte, hat dieselbe eine keineswegs Hoffnung erregende Antwort erhalten, und können wir aus guter Quelle hinzusetzen, daß der König kaum sich geneigt finden dürfte, in anderer Weise sich zu
erklären.
Hr. v. Carlowitz soll behufs der Bildung eines neuen Kabinets zum König berufen worden sein. Spät Abends noch verbreitete sich das Gerücht, daß ungarische Husaren, man spricht von 200 Mann, völlig
ausgerüstet auf sächsisches Gebiet übergetreten seien. Ich theile dieses Gerücht blos mit, als bekanntlich zu Theresienstadt in Böhmen ein ungarisches Husarenregiment stationirt ist und somit
wenigstens eine Möglichkeit dieses Vorfalls vorhanden ist.
[(D. A. Z.)]
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@facs | 1646 |
[
*
] Dresden, 2. Mai.
Ein Herr v. Zschinsky ist heute Abend mit Bildung eines Kabinets beauftragt worden. Daß auch er zur Partei der Kamarilla gehört, braucht kaum bemerkt zu
werden. Gestern haben sich 9 ungarische Husaren auf hiesiges Gebiet geflüchtet; sie wurden sofort entwaffnet und festgesetzt ‒ ein Zeichen des herzlichen Einverständnisses zwischen hier und
Olmütz. Die Uebergetretenen meinten, es würden bald noch mehrere ihrer Kameraden eintreffen. Heute sollen auch wirklich noch etwa hundert angelangt sein.
Aus Freiberg ist bereits eine Deputation angekommen, die sich sowie der Ausschuß des Vaterlandsvereins hierselbst für deren Nichtauslieferung beim Kriegsminister verwendet haben. Auch die diesen
Nachmittag stattgehabte Bürgerwehrversammlung hat in derselben Absicht eine Deputation an den Kriegsminister abgesendet. Man wünscht, daß sie als politische Flüchtlinge betrachtet werden möchten.
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@facs | 1646 |
[
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] Schleswig-Holstein, 1. Mai.
Den Soldaten fängt der lange Aufenthalt in dem theilweise schauerlich zerstörten Kolding an, nicht blos langweilig, sondern verdächtig zu
werden. Trotz aller möglichen Reichstruppen kein Vorrücken, sondern unthätiges Festsitzen oder nutzloses Herummarschiren. Die Diplomaten sind wieder einmal mit ihrem diplomatischen Teufelsgebräu
beschäftigt und da ist es nicht erlaubt, sie in dem frommen christlich-germanischen Werke durch ernste Kriegführung zu stören.
Aus Hadersleben wird der „Börsen-Halle“ vom 1. Mai geschrieben:
„Heute Morgen entstand sowohl unter den in Hadersleben zur Zeit stationirten Baiern, als unter den dortigen Bürgern eine höchst bittere Aufregung über das sich wie ein Lauffeuer verbreitende
Gerücht, daß ein Waffenstillstand solle abgeschlossen sein.“
Es ist heute früh in nördlicher Richtung von Hadersleben Kananendonner gehört worden. Wahrscheinlich ein Zwischenspiel in der Kriegskomödie, die zur Erbauung des, sein Gut und Blut für die
Komödianten hergebenden, Michels aufgeführt wird.
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@facs | 1646 |
Braunschweig, 2. Mai.
Unter diesem Datum wird der „Magd. Ztg.“ Folgendes berichtet:
Die Aufregung währt fort. Deputirtenkammer, die politischen Vereine, der Ausschuß der Volkswehr ‒ alle sind in Sitzungen vereinigt. Die permanente Kommission des Volksvereins ist fortwährend
versammelt und hat so eben eine Proklamation an die Bewohner des Brauschweigischen Landes erlassen, sich um das Banner der Deutschen Einheit zu schaaren, für Waffen zu sorgen etc. Heute Vormittag
forderte die Deputirtenkammer das Ministerium auf:
1) die gesammte Bevölkerung zu bewaffnen, so weit der Vorrath der Waffen reiche;
2) auch 8 Kanonen der Volkswehr zur Verfügung zu stellen;
3) der Centralreichsgewalt und der Reichsversammlung anzuzeigen, daß die hiesige Regierung in jeder Hinsicht die Reichsverfassung zu schützen bereit sei, und ihnen die gesammte bewaffnete Macht des
Herzogthums (Militär und Volkswehr) zur Verfügung stelle.
Auf die Erklärung des Ministeriums, es sei, da der Kriegsminister fehle, im Augenblick außer Stande, die obigen Anträge genügend zu beantworten, wurde demselben bis Nachmittag 4 Uhr eine Frist
gestellt, und bis dahin die Deputirtenkammer vertagt. Um 3 Uhr trat der Ausschuß der Volkswehr zusammen, vertagte sich aber wieder bis um 6 Uhr, um die Erklärung des Ministeriums abzuwarten und
alsdann die nöthigen Beschlüsse zu fassen. Gegen 4 Uhr strömten Massen von Menschen nach dem landschaftlichen Hause, doch konnte bei Weitem nur die Minderzahl, des Gedränges wegen, hineingelangen.
Nach einer halben Stunde war Alles abgemacht. Das Ministerium hat sofort alle obigen Anträge bewilligt, und sogar die bisher streng vorenthaltenen Kanonen zur Disposition gestellt. Es hat
entschieden erklärt, daß die Regierung fest bei der Anerkennung der Reichsverfassung beharre, und dieselbe mit aller Aufrichtigkeit stützen werde.
Um 6 Uhr versammelt sich abermals der Ausschuß der Bürgerwehr, wird sich aber für jetzt, da die Umstände sich geändert haben, nicht für permanent erklären. Um dieselbe Zeit findet auch wieder eine
Generalsitzung des Volksvereins-Ausschusses statt, und heute Abend eine Vereinigung des gesammten Volksvereins, zu welcher allem Anschein nach, Tausende von Menschen strömen werden.
Am vorigen Abend zogen große Menschenhaufen durch die Straßen und brachten, insbesondere vor dem herzoglichen Schlosse, der Republik stürmische Hochs!
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@facs | 1646 |
D. C. Frankfurt, 3. Mai.
Die oktroyirte Verfassung für Deutschland ist von Berlin angelangt. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erklärte Gagern, daß er am heutigen
Tage wichtige Mittheilungen der preußischen Regierung erhalten werde, deren Inhalt der Berliner Reichskommissar Bassermann ihm bereits vertraulicher Weise angedeutet habe. Die Mittheilungen bestehen,
wie wir aus guter Quelle wissen, in der Uebersendung einer mit den widerspenstigen Königen vereinbarten Verfassung. Falls dieselbe von der Nationalversammlung nicht angenommen werden sollte, so will
man diese Versammlung auflösen und eine neue einberufen, welche, nach der erprobten Heiligkeit aller fürstlichen Versprechungen, eben nie berufen werden wird. Der abweichende Inhalt der oktroyirten
Verfassung soll, wie wir hören, darin bestehen, daß statt des Kaiserthums eine dem Könige von Preußen übertragene Reichsstatthalterschaft eingesetzt, daß das Zoll- und Mauthwesen der Reichsgewalt
entnommen und dem Gutdünken der Einzelregierungen übertragen, (also der Grundschaden unserer gewerblichen Zustände beibehalten!) und daß neben der Umwandlung des suspensiven Vetos in ein absolutes,
das Wahlgesetz auf undemokratische Weise abgeändert werde.
Was wird die Nationalversammlung auf solche Zumuthungen antworten? ‒ Sie wird sich der königlichen Anmaßung fügen. Ihr seitheriges, ihr heutiges Verhalten geben dazu sicheren Fingerzeig. Am
26. April beschließt sie, die widerstrebenden Regierungen aufzufordern, von dem Rechte, ihre Kammern zu vertagen oder aufzulösen, keinen Gebrauch zu machen. Am 28. April kommt die Nachricht von diesem
Beschlusse nach Dresden, und am nämlichen Tage noch wird das Dekret der Kammerauflösung ausgefertigt, am 30. dasselbe dem sächsischen Landtage bekannt gemacht. So erwidert man das Schonen, das Zögern,
das Leisetreten dieser engelsgeduldigen Versammlung. Aber die wollige Engelsgeduld läßt sich deßhalb nicht aus der Fassung bringen; darum beschließt heute die Nationalversammlung, über die Anträge,
welche gegen das rebellische Verfahren der sächsischen Regierung gerichtet sind, zur motivirten Tagesordnung überzugehen.
„Motivirte Tagesordnung!“ großes Wort in dieser großen Zeit. Von allen Seiten will man der Versammlung bewaffnet zu Hülfe ziehen; das Militär selbst ist in den umliegenden Ländern zu
ihrem Schutze bereit; der Zorn über die Unverschämtheit der Willkührherren steigt selbst dem behäbigen Bourgeois in die Wangen, aber die Nationalversammlung begnügt sich mit motivirten Tagesordnungen,
statt energischer Beschlüsse; vertagt sich, statt zu handeln; stirbt, statt wieder aufzuleben!
Im 30er Ausschusse hat Wydenbrugk beantragt, die neuen Wahlen auszuschreiben und sodann bis zum 23. August sich zu vertagen. Die erbkaiserliche Weidenbuschpartei hat diesen Antrag zu ihrem Beschluß
erhoben. So soll also das Spiel aus den Händen und den Fürsten übergeben werden.
Von den vielen hier umlaufenden Gerüchten erwähnen wir folgende, der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende: Die Russen sollen zwei Bahnmeilen von Wien stehen. Der berlin-frankfurter Telegraph soll
bei Kassel zerstört sein.
Gewiß ist, daß heute die berliner Post ausgeblieben, und daß bei Kreuznach ein preußisches Armeekorps von 40,000 Mann zusammengezogen wird. Den Bürgermeistern der dortigen Umgegend ist bereits dies
amtlich eröffnet worden. Der Reichskriegsminister hat die Thatsache dieser Zusammenziehung zwar vor einigen Tagen in einer Sitzung der Nationalversammlung abgeleugnet; leugnen und lügen sind zwei
stammverwandte Worte.
Deutsches Volk, Du siehst nunmehr klar, wohin man Dich bringen will!
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@facs | 1646 |
Frankfurt, 3. Mai.
National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai.
Die Sitzung wird 9 1/2 Uhr Vormittags durch den Präsidenten Herrn Ed. Simson Eröffnet.
Der Präsident verkündet den Eingang der bereits bekannten von Herrn von Kamptz überreichten preußischen Note. Dem Dreißigerausschusse überwiesen.
Herr Sepp aus München hat den folgenden dringlichen Antrag gestellt, dessen Mittheilung theils das Lachen, theils den Unwillen des Hauses erregt:
„Die hohe Reichsversammlung wolle endgiltig beschließen:
1) die sämmtlichen neun und zwanzig deutschen Fürsten, welche durch ihre eingereichte Unterwerfung unter den nominellen Erbkaiser ihre Ohnmacht und Entbehrlichkeit zur Genüge eingestanden und
bereits faktisch zu regieren aufgehört haben, sofort zu mediatisiren, ihre Länder an die Königreiche Sachsen, Hannover und Baiern gleichmäßig zu vertheilen, so daß den beiden vorhandenen Großmächten
keine neue Gebietserweiterung zukomme,
2) das Direktorium als die zur Zeit einzig mögliche Form der Centralgewalt unter den übrig bleibenden Regenten aufzurichten, damit nicht die Direktorial-Regierung durch die deutschen Fürsten
oktroyirt und die Reichsversammlung darüber in ihrem Fortbestehen gefährdet werde oder
3) unverrichteter Dinge auseinander zu gehen und die Verantwortung der jetzigen Lage von der Majorität auf die Häupter derjenigen zu wälzen, welche durch die Verhetzung zur Kaiserwahl, ohne
zuvörderst von der Annahme der Reichskrone sich versichert zu haben, die Reichsversammlung so furchtbar komprimittirten und der rothen Republik Thür und Thor öffnen.« (Pfui! Zischen und
Gelächter).
Da dem Antrage die Dringlichkeit abgesprochen wird ‒ es erhebt sich natürlich kein einziges Mitglied dafür ‒ so fällt auch der Zusatz hinweg, den Herr Eisenmann angemeldet hat:
„Herr Sepp möge mit der Ausführung seines Antrags beauftragt werden.“ (Allgemeine, anhaltende Heiterkeit.)
Präsident des Reichsministeriums Gagern: Die verfassunggebende Reichsversammlung hat am 26. v. M. in 207. Sitzung die folgenden Beschlüsse gefaßt, wonach die Regierungen, welche die
Anerkennung der verkündeten Reichsverfassung, noch nicht erklärt haben, aufzufordern sind, die Anerkennung der Reichsverfassung, der Wahl des Oberhauptes und des Wahlgesetzes nunmehr auszusprechen;
ferner daß dieselben Regierungen zu veranlassen sind, sich aller Anordnungen zu enthalten; durch welche dem Volke die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Mittel, seinen Willen kund zu geben, in diesem
entscheidenden Augenblicke geschmälert oder entzogen würden etc. (Vergleiche unsern Bericht über die Sitzung vom 27. v. M.)
Die provisorische Centralgewalt ‒ fährt der Redner fort ‒ hat zur Vollziehung dieser Beschlüsse Bevollmächtigte an die königlichen Regierungen zu Berlin, München, Dresden und Hannover
abgeordnet. Der Auftrag derselben geht dahin, den betreffenden Regierungen den Beschluß der Reichsversammlung offiziell mitzutheilen, auf Erklärungen zu dringen, die Gründe geltend zu machen, welche
den Widerstand gegen die Anerkennung und Durchführung der Reichsverfassung zu besiegen geeignet sind, die Centralgewalt von dem Stande der Dinge und den Meinungen in den betreffenden Landen in
Kenntniß zu setzen. Die Bevollmächtigten nach Berlin, München und Hannover sind am 29. v. M. abgereist, der Bevollmächtigte nach Dresden zwei Tage vorher, um vorerst noch in seiner Heimath dringende
Geschäfte zu besorgen.
Gagern weist auf die Kürze der seitdem verlaufenen Zeit hin, indem er hinzufügt: Ich habe heut morgen nur einen vorläufigen kurzen Bericht des Bevollmächtigten nach München und ein
vertrauliches Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin erhalten. Diese beiden Schreiben enthalten bis
[1647]
jetzt noch keinen Stoff, der mich veranlassen könnte, einen definitiven Bericht über die Aufgabe der Centralgewalt vorzulegen. Es ist jedoch in dem Schreiben des Bevollmächtigten nach Berlin
angedeutet, daß am heutigen Tage wichtige Entschließungen der königlich preußischen Regierung bekannt werden würden.
Der Inhalt ist uns nur im Allgemeinen angedeutet, aber er ist der Art, daß das Ministerium Sie ersuchen muß, ihm Zeit zu geben, den Gegenstand in reife Erwägung zu nehmen, um darüber der hohen
Versammlung weitere Vorlage machen zu können Ich bitte Sie daher, meine Herren, im Namen des Ministeriums die heutige Sitzung sobald als möglich zu schließen und auf einen der nächsten Tage eine neue
anzuberaumen.
Der Präsid nt bemerkt hierauf, daß er dann jedenfalls noch die dringlichen Anträge zu erledigen habe, deren die sächsische Kammerauflösung betreffend drei vorliegen, einen von Eisenstuck und
Konsorten, den zweiten von Roßmäßler und Compagnie, den dritten von der Gesellschaft Kierulff. Alle drei sprechen einen Tadel gegen die sächsische Regierung, wegen Auflösung der Kammer aus.
Die Dringlichkeit des Gegenstandes wird anerkannt. Als Redner hat sich Niemand gemeldet. Dagegen stellt jedoch Herr Zell aus Trier den Antrag:
In Erwägung, daß die Reichsversammlung bereits in ihrem Beschlusse vom 26. v M. die sämmtlichen Regierungen, welche die Anerkennung der Reichsverfassung noch nicht ausgesprochen haben, aufgefordert
hat, ihre Ständeversammlungen weder aufzulösen noch zu vertagen, daß die Versammlung auch bereits über die seitdem erfolgten Kammerauflösungen ihre Mißbilligung ausgesprochen hat und daher ein
abermaliger besonderer Beschluß wegen Auflösung der k. sächsischen Kammer nicht zweckmäßig erscheint, daß vielmehr die Reichsversammlung dahin trachten muß, bei den bevorstehenden Verhandlungen solche
allgemeine Maßregeln zu ergreifen, welche geeignet sind den Widerstand der renitenten Regierungen zu beseitigen:
geht die Reichsversammlung zur motivirten Tagesordnung über.
Die Abstimmung entscheidet sich für den Antrag des Herrn Zell, also für die motivirte Tagesordnung, was Aeußerungen heftigen Unwillens auf Seiten der Linken hervorruft.
Mit dem Bemerken, daß es in Rücksicht auf den vom Reichsministerium ausgesprochenen Wunsch auf Abkürzung der heutigen Sitzung geschähe, zieht hierauf Hr. Hartmann einen von ihm und Genossen in
Bezug auf das Verbot des rheinischen Städtetags gestellten Antrag (derselbe will diese Maßregel als eine den Grundrechten widersprech de und ungesetzliche erklärt sehen u. s. w.) zurück.
Der Präsident, nachdem er sich der Zustimmung des Hauses dazu versichert hat, schließt sodann die Sitzung, indem er die Gegenstände der heutigen Tagesordnung auf die Tagesordnung für morgen
überträgt.
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@facs | 1647 |
[
*
] Gießen, 1. Mai.
Die sämmtliche Bürgergarde hiesiger Stadt war gestern außerordentlich versammelt worden und hat auf die Reichsverfassung den Fahneneid
geschworen.
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@facs | 1647 |
Wiesbaden, 2. Mai.
So eben hat unsere Kammer einstimmig auf Antrag der Abg. Lang, Müller II. und Hehner von der einen, und Keim, Fresenius und Heydenreich von der andern Seite
folgende Beschlüsse gefaßt: „1) Die Regierung aufzufordern, nach Maßgabe der §§ 14 und 193 der Reichsverfassung schleunigst die Beeidigung des Militärs und der Beamten zu
veranlassen; 2) die Regierung aufzufordern, der deutschen Centralgewalt die Mittheilung zu machen, daß ihr die bewaffnete Macht Nassau's zur Durchführung der Verfassung zur Disposition
stehe.“ Regierungs-Commissär Bertram erklärte Namens der Regierung, daß dieselbe alle ihre Kräfte aufbieten würde, um die Reichsverfassung aller Orts zur Anerkennung zu bringen, und daß sie
diese Beschlüsse der Kammer sofort vollziehen werde. ‒ Die Kammer hat ferner folgenden Beschluß gefaßt: „eine Commission sofort zu ernennen, welche alsbald Vorschläge zu machen habe, wie
das gesammte nassauische Volk durch die Bürgerwehren zu bewaffnen sei.“ Die gewählte Commission besteht aus den Abg. Justi, Fresenius und von Gödecke (Oberlieutenant).
[(Frankf. J.)]
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@facs | 1647 |
[
131
] Kaiserslautern, 2. Mai.
Massen über Massen strömen zur heutigen Volksversammlung herbei und es wogt und wimmelt in den Straßen, wie bei einer kleinen Völkerwanderung.
Ueberwiegend sind die rothen Fahnen, die den einzeln heranziehenden Haufen voranwehen. Ich schätze die Zahl der Versammelten auf mindestens 10,000 Menschen. Ein Aufruf ans Land ist verlesen und zur
Erörterung gestellt worden, der die baierische Regierung als eine rebellische erklärt. Sodann soll ein Landesvertheidigungsausschuß aus 5 Mitgliedern niedergesetzt werden und sich so lange in
Permanenz erklären, bis von der äußersten Linken zu Frankfurt das Zeichen zum Losbruch gegeben wird. Ferner sollen die Landeskassen mit Beschlag belegt und das Militär durch einen besondern Aufruf
aufgefordert werden, endlich zum Volke zu stehen, und sich nicht mehr als Werkzeuge einer gottverfluchten volksverderbenden Mordbande gebrauchen zu lassen. Ein Theil der Versammlung war für
augenblickliches Handeln, da jener Ausschuß, wenn er keine Gewalt zur Vertheidigung des Landes zur Verfügung habe, eine leere Spielerei sei.
Das aber wurde von allen Rednern, unter donnerndem Beifall aller Anwesenden, erklärt, daß die Reichsverfassung lediglich als Provisorium und als eine wahrscheinlich nur ganze kurze Brücke zur
deutschen Republik zu betrachten sei. Die Verhandlungen sind noch nicht zu Ende. Das schließliche Resultat werde ich Ihnen mit nächster Post berichten können.
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@facs | 1647 |
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43
] Freiburg, 2. Mai.
Die erste Assisensitzung in dem Hochverrathsprozesse Fickler-Bornstedt hat heute stattgefunden. Brentano hat bekanntlich die
Vertheidigung Fickler's, Thoma die Bornstedt's übernommen. Die Vertheidiger legten gegen einige Geschworne Nichtigkeitsbeschwerden ein, auf die jedoch der Gerichtshof nicht
einging. Auch diejenigen Geschwornen, welche zugleich als Zeugen vorgeladen worden, bleiben nach Aufforderung des Gerichtshofes, der durch dies Alles bereits hinreichend charakterisirt ist, Mitglieder
der Jury. Es wird die Anklageakte verlesen. Bornstedt ist angeklagt, im März 1848 bei Gründung der deutschen Legion in Paris mitgewirkt, die Stelle eines Vicepräsidenten angenommen, mit
Verbindungen und Personen in Deutschland und Frankreich zu jenem Zweck Absprache getroffen zu haben und mit der deutschen Legion in Baden eingefallen zu sein, worauf er sich bei gewaltsamer Wegnahme
von Waffen und an dem Gefechte bei Dossenbach gegen die würtemberg'schen Truppen als einer der Kommandoführer betheiligt habe. Fickler habe von den Plänen der deutschen Legion in Paris
Kenntniß gehabt, und sie unterstützt, er habe nebstdem auf einer Volksversammlung zu Achern zur Einführung der Republik aufgefordert und als Redakteur der „Seeblätter“ den gewaltsamen
Umsturz der deutschen Verfassungen und die Verjagung des badischen Großherzogs gepredigt. Steinmetz und Krebs sind angeklagt, bei verschiedenen Gelegenheiten zur Einführung der Republik
aufgefordert und Krebs außerdem, als Adjudant Bornstedt's an dem Gefechte bei Dossenbach Theil genommen zu haben.
Die nächste Sitzung wird auf Morgen anberaumt. Bei der Masse der vorgeladenen Zeugen wird der Prozeß ziemlich lange währen.
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@facs | 1647 |
Freiburg, 28. April.
Im Hauptquartier des Herrn Generallieutenant v. Miller, Chef des ganzen 8. Reichsarmee-Corps, ist gestern hier die Nachricht eingelaufen, daß von Frankfurt aus
Befehl angelangt sei, den General, Prinzen Friedrich von Würtemberg, vor ein Militärgericht zu stellen, weil er ohne Erlaubniß des Reichsministeriums in Frankfurt auf seine Faust und die des Königs
Wilhelm sich erlaubt, die würtembergischen Truppen aus Baden marschiren zu lassen, welcher Befehl nur vom Reichskriegsminister gegeben werde. Die ganze hiesige militärische Welt ist sehr gespannt, ob
man wirklich das Kriegsgericht installiren wird.
[(Mannh. Ab.-Z.)]
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[
*
] München, 30. April.
Wir freuen uns, Ihnen eine neue Stylprobe des exangestammelten Baiernkönigs Ludwig, Lola'schen Angedenkens, zu Nutz und Frommen für Jedermann
mittheilen zu können. Das exkönigliche „Handschreiben“ betrifft die Gaunerei, welche unter dem Herrn Exkönig auf sein Andringen und mit seiner Genehmigung an den Steuern der geliebten
baierischen Unterthanen getrieben worden. Man erräth, daß es sich eben wiederum von der sogenannten griechischen Anleihe handelt. Das Scriptum des „Ex-Teutschesten der Teutschen“
lautet:
„Herr Staatsminister der Finanzen! Von dem Gesammtministerium habe ich gestern ein Schreiben, das Darlehen an Griechenland betreffend, bekommen, worauf ich ‒ an Sie gerichtet, in
dessen Bereich dieser Gegenstand vorzüglich gehört ‒ die Erwiederung abgebe, daß ich bereits vorgehabt hätte, diese Darleihensfrage auf eine dem bayerischen Staatshaushalte genügende Weise zu
bereinigen, jedoch die weitere Erklärung bis zum Eintreffen einer bald zu erfolgen habenden Rückantwort meines Sohnes, des Königs von Griechenland, dem ich geschrieben, mir vorbehalten müßte. Wünsche,
daß von dieser meiner Erwiederung dem Gesammtstaatsministerium Kenntniß ertheilt und überhaupt der geeignete Gebrauch davon gemacht werde. Mit bekannter Gesinnung Ihr Ihnen wohlgewogener
Ludwig. München, den 25. April 1849.“
Französische Republik.
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@facs | 1647 |
[
12
] Paris, 3. Mai.
Alles muß in Ordnung kommen; es handelt sich nur darum, die Revolution zu heilen. Und wie soll die Revolution geheilt werden? Durch die Transportation!
So das Journal des Debats. Das ist seine Antwort auf die beantragte Amnestie der Juni-Insurgenten.“ Die Transportation, heißt es, ist ohne Zweifel eine Maßregel außerordentlicher Art für die
öffentliche Wohlfahrt; man muß seufzen über die Revolutionen, welche solche Angriffe auf das Recht und den regelmäßigen Gang der Gerechtigkeit nothwendig machen; man muß die Anarchie verfluchen,
welche durch einen unfehlbaren Abhang zu solchen enormen Repressionsmaßregeln führen. Es ist nur zu wahr, daß die Transportirten weder Verurtheilte noch Angeklagte sind, weil man ihnen sozusagen gar
keinen Prozeß gemacht hat, weil sie in ihrer Vertheidigung weder gehört noch mit den Zeugen konfrontirt worden sind … Aber die Transportirten sind Kriegsgefangene, und zwar Kriegsgefangene von
der schlimmsten Art, Kriegsgefangene vom Bürgerkriege“. Also das Journal des Debats, unter dem Vorwande, die Gerechtigkeit in Schutz zu nehmen, wirft es den ganzen Fluch dieser Maßregel auf die
Revolution. Und Faucher und Barrot, welche ohne die Revolution nie Minister geworden, und die als Minister die Mission zu haben glauben, den aus der Revolution hervorgegangenen Zustand auf die
vor-revolutionären Zustände zurückzuführen, stellen die Transportation als das einzige Gegenmittel gegen die „künftige Revolution“ dar. Die 2000 bis 3000 Menschen in jetziger Zeit, im
Augenblicke der Wahlen in Paris zu werfen, das hieße gerade „die Revolution auf's Pariser Pflaster schleudern!“ Und wirklich, wer sind diese 3000 Menschen? Die entschlossensten,
energischsten Männer, die in der einen Hand ihr Leben, und in der andern die demokratische Republik tragen, und indem Faucher und Barrot diese Männer transportiren, welche am meisten dazu beigetragen,
die Revolution von Februar zu begründen, und Odilon-Barrot und Faucher zum Ministerium zu verhelfen, gestehen diese beiden Männer ein, daß sie durch diese Transportation die künftige Revolution und
die jetzige Republik zu transportiren hoffen.
Die Transportirten sind „Kriegsgefangene.“ Das Volk nach dem Februarsiege hatte verschmäht, Kriegsgefangene zu machen; am andern Tage wurde allgemeine Amnestie, Abschaffung der
Todesstrafe u. s. w. proklamirt, und diese Kriegsgefangenen, die schon ihrer Schandthaten wegen vor dem Februar die Guillotine, und nach dem Februar durch ihre Pläne und Vorschläge als Schurken
wenigstens die Galeeren verdient haben, eskamotiren abermals die Revolution, und transportiren ihre „Kriegsgefangenen,“ und weigern sich am Stiftungstage der Republik Amnestie zu geben.
Als am Vorabende der Februarrevolution der feige Odilon-Barrot, nachdem er sich von den Bankett's zurückgezogen, über das Boulevard daherritt, mit Kußhänden um sich werfend, und vom Volke
allenthalben verhöhnt wurde, da merkte Odilon-Barrot, daß seine Zeit vorbei war, und verkroch sich in den Keller mit Thiers und den andern Ministern vom 22. Februar. Wie still, wie gedemüthigt
verhielten sie sich in den Tagen nach der Februarrevolution! Und wie gebehrdet sich jetzt dieser elende Barrot? Zu Moulins war ein Bankett; Ledru-Rollin mit zwei andern Repräsentanten präsidirten.
Ueber 5000 Bauern kamen mit ihrer Fahne dahin. Der Präfekt in seinem Schrecken ließ den Rappell schlagen. Ledru-Rollin lachte über den Schrecken des Präfekten, ließ seine Bauern auseinandergehn, und
fuhr selbst mit seinen 2 Gefährten zurück nach dem Hotel. Als er über den Markt kam, wurde sein Wagen plötzlich angehalten von einigen orleanistischen Nationalgardisten; andere schossen auch und
stießen mit ihren Bajonetten durch den Wagen. Ledru-Rollin entkam wirklich durch ein Wunder. Die Pferde wurden scheu, und entflohen im Galopp, nachdem der Wagen von allen Seiten schossen und
durchbohrt, und Ledru-Rollin, um sein Leben zu retten, genöthigt worden war, sich platt auf den Boden des Wagens zu legen. Ledru-Rollin setzt in der heutigen Sitzung die Sache mit allen empörenden
Details auseinander. Er, der vor einigen Minuten noch die Gewalt hatte, die ganze Stadt Moulins mit ihren monarchischen Präfekten und Gardisten in die Luft zu sprengen, wird hinterlistiger Weise,
nachdem er die Bauern auseinandergeschickt, angefallen und mit Todesgefahr bedroht! Und als er seine ganze Indignation in der Bourgeoiskammer darüber ausgesprochen hatte, da erhebt sich der biedere
Barrot und antwortet ihm: „Ungeachtet der politischen Meinungsverschiedenheit, die mich und Ledru-Rollin gewöhnlich trennen, wird er mir hoffentlich doch nicht die Beleidigung anthun, zu
glauben, daß ich der Anstifter dieser Gewaltthätigkeiten gewesen bin?“ Politische Meinungsverschiedenheit! Man sollte fast glauben, es handelte sich um irgend einen Gelehrtenstreit, um irgend
eine Variante, um irgend eine Konjektur, worüber Ledru-Rollin und Barrot uneinig sind! In dieser kleinlichen Form erscheint dem biedern Barrot der ganze Klassenkampf. Nein, Barrot ist nicht Anstifter
dieser Gewaltthätigkeiten, aber diese Gewaltthätigkeiten konnten nur unter einem Ministerium Barrot vorfallen, und nur ein Barrot konnte feiger Weise die elende Entschuldigung vorbringen: „Ich
kann ja nichts dafür; das gehört nicht zu unserer politischen Meinungsverschiedenheit!“ Und Ledru-Rollin, in dieser Bourgeoiskammer, die eben die Amnestie verworfen hatte, konnte ihm nicht
antworten: „Aber diese Gewaltthätigkeiten wären nicht vorgefallen, wenn ich damals, als ich Mitglied der provisorischen Regierung war, freien Lauf gelassen hätte den gerechten
Gewalithätigkeiten des siegreichen Volkes! Wenn ich ihm gestattet hätte, die Wanze, die sich Barrot nennt, zu zertreten! Aber wer hätte auch denken können, daß Wanzen, wie Barrot und Faucher, jemals
hätten aufkommen können!“ Aber Ledru-Rollin konnte nichts erwidern; die Wanze Barrot hatte den offiziellen Bericht noch nicht darüber erhalten, und sie wartet auf den offiziellen Bericht, den
sie erhalten wird von dem Präfekten, der den Rappel hat schlagen lassen. Mit welchem Schmerze mußte Ledru-Rollin sich erinnern, daß er auch im April den Rappel hat schlagen lassen, und gegen
wen? Gegen seine eigenen Freunde! Aber er hat seinen Irrthum erkannt, und zu Moulins hat er bitter dafür gebüßt, als es hieß: „Nieder mit der rothen Kanaille!“ Juni, die Kasematten, die
Pontons, die Galeeren, das Hochgericht von Bourges und der Schandpfahl von Paris mit Caussidière und Blanc, so verfährt die blasse Kanaille, die sich Barrot-Faucher nennt! Die blasse Kanaille,
im Schulstaube genährt, durch den Journalismus zu 5 Sous die Ligne groß geworden und doch immer nur von dem lebend, was ihr die Bourgeoisie zufallen lassen will, hat nie ihren Ursprung verleugnen
können. Kleinliche Rancune, kleinlicher Haß und Pedantengalle.
„Wenn ich die Größe des Verbrechens vom Juni betrachte, sagt der bleichsüchtige Faucher, so glaube ich noch immer nicht, daß die Buße dem Verbrechen angemessen sei.“ Die Franzosen
sind von Natur aus großmüthig; ein Theil der Bourgeois-Franzosen war sogar zur „Vrrzeihung“ geneigt, die Amnestie wäre vielleicht mit einer schwachen Majorität durchgegangen, wenn nicht
der gallsüchtige Faucher mit den „Verbrechen,“ und der biedere „Barrot“ mit seinen „Rechtsbegriffen“ hervorgerückt wäre. Die Amnestie für den vierten Mai ist
verworfen worden. Der vierte Mai, der Festtag der Revolution, wird von den Legitimisten als der Tag der „Verschwörung“ ausgeschrieen. Sie werben von allen Seiten an, sie wollen einen
künstlichen 24. Februar provoziren. Die Legitimisten haben Geld, und sie können eine Verschwörung provoziren. Die Demokraten haben kein Geld und sie antworten allen den Arbeitern, welche ihnen von
Verschwörung sprechen, mit den einfachen Worten: „Seid überzeugt, daß wenn man Euch Geld für Anschaffung von Pulver und Blei anbietet, es nur von unsern Feinden herkommen kann. Wir haben kein
Geld, wir haben nur unser Recht. Und was brauchen wir eine Verschwörung.“ Allerdings! die demokratisch-sozialistische Partei ist so stark, daß sie keiner Verschwörung bedarf. Aber die
Barrot's und Faucher's, aber die Legitimisten und Orleanisten brauchen eine Verschwörung und deshalb haben sie Carlier zum Polizeichef der inneren Sicherheit angestellt.
„Die provozirenden Agenten, sagte Carlier bereits 1831, sind eine Nothwendigkeit, ein Mittel, wie jedes andere, um die Polizei zu handhaben und auszuführen. Damit ist es ein Leichtes,
Mouchards oder Spione für Parteimänner gelten, und sie durch ihre eigenen Leute schlagen zu lassen“. Carlier ist der Mann der blassen Kanaille; er ist der Mann Barrot's geworden, wie er
der Mann Guizot's war: er ist der rothgefärbte in der Partei. Wenigstens hat er den Muth, seine Farbe einzugestehen. Barrot und Faucher verkriechen sich hinter Carlier und nehmen die von ihm
entdeckten Papiere der rothen Republik zum Vorwande, um die Amnestie zu verweigern. Der enttäuschte National, der die Juni-Insurgentenopfer gemacht hat, ist genöthigt, für seine eigene Opfer
aufzutreten: Cavaignac selbst muß die Juni-Insurgenten in Schutz nehmen, und er, der so erbarmungslos sie aufgeopfert, Erbarmen erflehen für sein eigenes Machwerk. Vergebens! Die Juni-Insurgenten
selbst sind erbarmungslos geworden. Sie stoßen das Mitleid der Cavaignac's zurück; sie weisen den National, trotz seiner täglich erneuerten Konzessionen, ab, und fühlen sich stark genug, um dem
National sowohl als der „Patrie“ die Spitze zu bieten.
Eine neue Revolution steht bevor; ob sie aus den Wahlen selbst hervorgeht, oder vor den Wahlen provozirt wird, ist gleichgültig. Die Revolution, die vor der Thüre steht, ist keine französische
mehr.
Die ausländischen Bewegungen geben an Frankreich den Anstoß zurück, den sie von ihm im Februar des vorigen Jahres erhalten. Die Siege der Magyaren, die Bewegung in Preußen, in Süddeutschland.
‒ Alles drängt die Franzosen, der Februarrevolution ihre wahre Bedeutung zu geben: die Bedeutung einer sozialen Revolution durch ganz Europa.
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@facs | 1647 |
[
43
] Paris, 3. Mai.
Die Subvention, welche Ehren-Marrast als Mitglied der provisorischen Regierung von dem „National“ erhielt, verursacht den Honetten größeren
Scandal. Herr Charles Thomas, ehemaliger Kassenführer des „National,“ sieht sich deshalb zu folgender Erwiderung auf den Ducosschen Kommissionsbericht genöthigt.
Am 9. März 1848 kam Hr. Marrast (damaliger Maire von Paris und Mitglied der provisorischen Regierung) auf die Redaktion des „National“ und verlangte für seine Privatbedürfnisse
die Summe von 1000 Fr., die ich ihm auch auszahlte. Acht Tage darauf, am 16. März, theilte mir Hr. Marrast mit, daß er noch keinen Gehalt von der Regierung erhalten habe (!) und um seine Familie nicht
unter seiner augenblicklichen Verlegenheit mitleiden zu lassen, mich abermals um Uebersendung einer Summe von 1000 Fr. bitten müsse. Ich schickte am folgenden Tage diese Summe in die Rue Notre-Dame de
Lorette zu Madame Marrast.
„Die sämmtlichen, nach dem 24. Februar an oder für Herrn Marrast geleisteten Zahlungen des „National“ belaufen sich auf folgende Posten:
28. | Febr. | an | Hrn. | Marrast | 50 | Fr. |
2. | März | an | Mad. | Marrast | 100 | Fr. |
9. | März | an | Hrn. | Marrast | 1000 | Fr. |
17. | März | an | Mad. | Marrast | 1000 | Fr. |
In Summa 2150 Fr.“
Herr Thomas meint danach, daß diese Unterstützungen eher die Menage als die Politik des honetten Marquis angingen.
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@facs | 1647 |
Paris, 3. Mai.
Im Moniteur nichts als die offizielle Anzeige, daß General Fagel im Elysée die Papiere überreichte die ihn als Vertreter des neuen Königs von Holland
akkreditiren.
Ferner hört man, daß Delacour, der die französ. Republik bisher in Wien nur interimistisch vertrat, zum definitiven Titular jenes Postens ernannt ist. Talleyrand, früher zweiter Legationssekretär
in Madrid, ist ihm als Erster Sekretär beigegeben. Gabriac, ehemals zweiter Sekretär in Wien, ist nach Constantinopel abgereis't, um den beurlaubten Reculot zu ersetzen.
‒ Gestern Vormittag begab sich ein Kurier der türkischen Gesandtschaft nach London, um angeblich dem Lord Palmerston eine Note überweisen zu lassen, in welcher die Pforte gegen die fernere
Besetzung der Donaufürstenthümer durch die Russen energisch protestirt und die Unterstützung Englands anspricht.
‒ Der National fällt ob der zweiten russischen Intervention in schreckliche Krämpfe. „Die Henker von Praga, ruft er aus, verbinden sich noch einmal mit den Kartätschern von Wien,
nicht um, wie es früher hieß, die Sache der Menschheit gegen die Magyaren zu retten, sondern um die Ollmützer Muster-Charte, welche die östreichischen Völker selbst zurückstoßen, zu schützen.…
Oh jetzt ernten wir die Früchte unserer hirnverrückten Politik. Rußland
Siehe den Verfolg in der Beilage.
[1648]
@type | jAnnouncements |
@facs | 1648 |
Sämmtliche politisch- socialen Vereine der Rheinprovinz, welche sich auf Grund der Beschlüsse der demokratischen Centralcongresse zu Frankfurt und Berlin zur demokratischen Partei
bekennen, werden ersucht, mit Vollmacht versehene Abgeordnete zu dem am 6. Mai d. J., Morgens 10 Uhr, in Köln beginnenden demokratischen Kreistage zu senden.
Auch Vereine, welche nicht in den Gränzen der Rheinprovinz liegen, sich aber dem rheinischen Kreisverbande anschließen wollen, können sich vertreten lassen. Demokraten aus solchen Orten, wo keine
demokratischen Vereine bestehen, können, wenn sie durch bekannte Demokraten vorgestellt werden, den Verhandlungen beiwohnen.
Am 5. Mai, Abends 8 Uhr, findet bei Hackhausen, Herzogstraße 4, eine Vorversammlung statt. Es wird Sorge getragen werden, daß bei den Wirthen Hackhausen, Hamspohn im Freischütz, Hochstraße, und
Knipper, Appellhofsplatz 17, am Abend und Morgen vor dem Congresse, jede nöthige Erkundigung eingezogen werden kann.
Die demokratische Gesellschaft in Köln als provisorischer Vorort.
Briefe werden unter der Adresse Dr. Weyll, Sandkanl 7, erbeten.
Jahres-Kongreß der demokratisch-konstitutionellen Vereine Rheinlands- Westphalens, Sonntag den 6. Mai dieses Jahres, Vormittags zehn Uhr im Prinzen Karl zu Deutz.
Tagesordnung
1. Stellung der Vereine zur deutschen Reichsverfassung.
2. Praktische Wirksamkeit der Vereine zur Lösung ihrer Aufgabe, Bildung und Wohlfahrt Aller zu begründen.
Die verbündeten Vereine werden ersucht Gegenstände, die sie auf die Tagesordnung wünschen, zeitig einzusenden.
Vereine gleicher Tendenz, die sich anschließen wollen, werden ersucht den Kongreß zu beschicken und ihre Statuten vorzulegen.
Samstag den 5. Mai Abends 7 Uhr, Vorbesprechung im Prinzen Karl zu Deutz
Der politische Klubb zu Elberfeld als Vorort.
Das vom Staat errichtete und von den Landesständen garantirte badische Staats-Eisenbahn-Anlehen von 14,000,000 Gulden ist rückzahlbar durch Gewinne von 14 mal 50 000, 54mal 40,000, 12 mal
35,000, 23 mal 15,000, 2 mal 12,000, 55 mal 10,000. ‒ Die geringste Prämie ist fl. 42. Die nächste Verloosung findet am 31. Mai 1849 statt, und sind hierzu beim unterzeichneten Handlungshaus
Originalloose für alle Ziehungen gültig à 18 1/2 Thlr. und für die bevorstehende allein à 1 Thlr. zu erhalten. Dieses solide Anlehen kann Jedem empfohlen werden. der Fortuna auf billige
Art versuchen will.
Julius Stiebel, jun. Banquier.
Bureau: WOLLGRABEN in FRANKFURT A M.
Solide Männer, die eine Agentur zu übernehmen gesonnen sind, erhalten einen annehmbaren Rabatt.
Vakanter Prayon'scher Nachlaß.
Nachdem durch Urtheil hiesigen Königl. Landgerichts vom 5 Dezember 1848, mehrere hier in Köln wohnende Erbprätendenten als Intestaterben, der am 20. Februar 1800 dahier verstorbenen Lehrerin
Cäcilia Prayon (auch Prion) anerkannt, und der Unterzeichnete zur Ausantwortung dieses nicht ganz unbedeutenden Nachlasses an dieselben, schuldig erklärt worden ist; so ergeht an alle diejenigen,
welche als Erben, oder aus jedem andern Grunde auf diesen Nachlaß noch Ansprüche zu haben glauben, hiermit die wiederholte Aufforderung, nunmehr ungesäumt und längstens bis zum 21. d. M., gegen den
Unterzeichneten ihre Ansprüche auf diesen Nachlaß geltend zu machen, resp. bei demselben anzumelden, als widrigenfalls nach diesem Tage, wo jenes Urtheil die Rechtskraft beschreitet, den in demselben
anerkannten Erben dieser Nachlaß überantwortet wird.
Köln, den 3. Mai 1849.
Der Curator des vakanten Prayon'schen Nachlasses.
Flosbach, Advokat.
Geschäfts-Eröffnung.
Ich beehre mich anzuzeigen, daß ich mit meiner Engros-Handlung in Material- und Farbwaaren ein Detail-Geschäft verbunden, u. mit dem heutigen Tage eröffnet habe. Wein auf's Vollständigste
assortirtes Lager aller in dies Fach einschlagenden Artikel empfehle ich angelegentlichst zur geneigten Abnahme unter der Versicherung einer allzeitigen billigen und aufmerksamen Bedienung.
Köln, den 1 Mai 1849.
Franz Coblenzer, Material- und Farbwaaren-Handlung en gros & en detail Höhle Nr. 22 nahe an St. Alban.
Geschäfts-Verlegung.
Ich beehre mich meinen Freunden und Gönnern hiermit die Verlegung meiner Restauration und baierischen Bierwirthschaft vom Appelhof, nach der Breitstraße Nr. 19, gegenüber der Masson'schen
Weinwirthschaft, ergebenst anzuzeigen, und bitte um geneigten Besuch, unter Versprechung reeller und prompter Bedienung.
Köln, den 3. Mai 1849.
J. L. Horn, aus Baiern
Gartenwirthschaft Scheiber und Vogelschießen nebst vorzüglichem Lagerbier, empfiehlt Joseph Frings, „im Bart“ Brand Nro. 1.
Wein-Verkauf außer dem Hause.
Reingehaltener Moselwein per Quart 2, 2 1/2, 3 und 3 1/2 Sgr.
Johannisstraße Nr. 48.
Drei durcheinandergehende schöne möblirte Zimmer sind zu vermiethen. Kreuzgasse 15.
Geruchlose Abtrittsreinigung.
Der Unterzeichnete ist im Stande die geruchsfreie Abtritt- Reinigung zu dem äußerst billigen Preise von 3 Thlr. 15 Sgr. pro Schachruthe (seitheriger Preis 4 Thlr. 3 Sgr. 4 Pf.) zu besorgen und
empfiehlt sich einem geehrten Publikum auf das Beste, mit dem Versprechen, daß er für die größtmögliche Reinlichkeit bei Handhabung der Arbeit sorgen wird, wovon er bis jetzt hinlängliche Beweise
gegeben hat, worüber die besten Zeugnisse in seinen Händen. Die Arbeit geschieht unter meiner Mitwirkung selbst. Anmeldungen mündlich oder schriftlich können gemacht werden, am Heumarkt, unter
Seidmacher Nr. 5 ‒. Gereonsmühlengasse Nr. 4 bei Joh. Denz.
In Amsterdam liegen in Ladung nach New-York: Jacob Cats, Cpt. Keemann, bis 20. April.
Triest: Vereeniging, Cpt. Ouweband, holl. Fl.
Livorno: jonge Walrave, Cpt. de Vries, holl. Fl.
Genua: Amicitia, Cpt. Wijgers, holl. Fl.
Marseille: Monnikendam, Cpt. Ollmans, holl. Fl.
Lissabon: Cornelia, Cpt. Beekmann, holl. Fl.
Bilbao: Isabel, Cpt. Hormaechea, span. Fl.
Bayonne: Margina, Cpt. Boer, holl. Fl.
Bordeaux: Vrouw Geertje, Cpt. Bakker, holl. Fl.
Petersburg: Elisabeth Johanna, Cpt. Ekens, holl. Fl.
Riga: Riga, Cpt. Kerter, holl. Fl.
Stockholm: Carl Gustav, Cpt. Wulff, schwed. Fl.
Konigsberg: Catharina, Cpt. Bekkering, holl. Fl.
Danzig: goede Verwachting, Cpt. Riensema, holl. Fl.
Stettin: Dieverdina, Cpt. P. Neints, holl. Fl.
Rostock: Tweeling, Cpt. Schoemaker, holl. Fl.
Kopenhagen: Margina, Cpt. Huising, holl. Fl.
Bergen: Soeblomsten, Cpt. Holm, norw. Fl.
Drammen, Christiania: Apollo, Cpt. Nickelsen.
Hamburg: viele Segelschiffe und 3 Dampfboote.
Bremen u. a. M. viele Segelschiffe.
Zur Beförderung von Waaren empfehlen sich THOLEN & Comp. in Amsterdam.
Zu billigen Preisen werden abgegeben: Feinstes Tuch und Buckskin, die vollkommene Hose 1 Thlr. 25 Sgr. bis 4 Thlr., Sommerhosenzeug und Sommerbuckskin, die ganze Hose 20 Sgr. bis 2 Thlr.,
echt ostindische Foulards per Stück 18 Sgr. bis 1 1/2 Thlr., große Reisesäcke per Stück 25 Sgr. bis 3 Thlr., alle Arten Herrenbinden in Seide und Wolle von 10 Sgr. bis 2 Thlr., Crawatten in Lasting u.
Wolle per Stück 9 Sgr. bis 1 Thlr., Handschuhe von 2 Sgr. bis 15 Sgr. bei Jos. Sachs, Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatz.
VAN EETEN & Cmp. in Antwerpen.
Nachfolger des Herrn JULES VAN EETEN.
Bureau zur Beförderung Auswanderer nach Amerika.
Regelmässige Schifffahrt zwischen Antwerpen und New-York für Passagiere und Güter, durch schöne, gekupferte und kupferfeste gut seegelnde Dreimast-Schiffe, deren Namen zur Zeit werden angezeigt
werden.
Die Abfahrten von Antwerpen sind auf den 1., 10. und 20. jeden Monats bestimmt, und nehmen vom 1 März 1849 Anfang
Diese Gesellschaft übernimmt den Transport der Auswanderer nach Amerika mit oder ohne Beköstigung für jede oben erwähnte Abfahrt während 1849, liefert Contrakte für alle Plätze im Inneren der
Vereinigten Staaten per Eisenbahn und Dampfschiffe, und expedirt ebenfalls Schiffe nach Baltimore, New-Orleans, Galveston, Rio-Grande, Rio-Janeiro etc und zwar unter den vortheilhaftesten Bedingungen
u zu den billigst möglichsten Preisen.
Nähere Nachricht ertheilen auf frankirte Anfragen die Herren VAN EETEN et Comp. in Antwerpen, und alle Agenten dieser Gesellschaft in Deutschland.
Antwerpen, den 27. December 1848.
VAN EETEN et Comp.
Verkauf einer Besitzung.
In Folge einer Arquisition eines Etablissements am hiesigen Markte werde ich meine auf dem Westenhellwege, an drei Straßen und dem Gerichtsgebäude gegenüberliegende Besitzung, bestehend in einem
Wohnhause, einer Scheune und einem dazwischen liegenden Garten, am 2. Juni d. J, Nachmittags 2 Uhr, an den Meistbietenden freiwillig zum Verkaufe aussetzen
Gleichzeitig soll dann auch der unmittelbar dabei liegende Bauplatz in einer Breite von 37 Fuß, der mit dem vorgedachten Hause eine Fronte von 74 Fuß bildet, verkauft werden und haben beide
Besitzungen einen Flächeninhalt von circa 172 Ruthen.
An der Hauptstraße unserer Stadt liegend, mit bequemer Abfahrt versehen und in gutem baulichen Zustande, eignet sich das Haus sowohl als die Scheune, zu denen auch zwei Gemeinheitstheile, circa 4
Morgen groß, gehören, zu jedem Geschäftsbetriebe, namentlich würden kaufmännische Geschäfte und Wirthschaft, welche seit vielen Jahren mit Vortheil darin betrieben sind, auch ferner darin fortgesetzt
werden können.
Indem ich noch ausdrücklich darauf aufmerksam mache, daß ein Theil des Kaufschillings auf die Besitzung stehen bleiben kann, bemerke ich, daß der Verkauf in dem in Rede stehenden Wohnhause
stattfinden wird.
Dortmund, 28. April 1849.
Friedrich Wurm.
Schnell- und Schönschreiben in nur 20 Lektionen zu erlernen.
Einem geehrten Publikum die ergebenste Anzeige, daß ich vom 3. Mai an, einen Cursus im Schnell- und Schönschreiben eröffne, worin sich Erwachsene in nur 20, und Kinder über 7 Jahre, in nur 30
Lektionen, eine schöne, feste und geläufige Handschrift aneignen werden.
Zugleich erlaube ich mir hiermit anzuzeigen, daß ich außer gründlichem Elementar-Unterricht, auch Unterricht in der Buchhaltung und im kaufmännischen Rechnen ertheile.
Bezügliche Anmeldungen wolle man gefälligst bald an den Unterzeichneten gelangen lassen.
Schlemmer, Olivengasse Nr. 1.
Neue Berliner Hagel-Versicherungs- Gesellschaft.
Beim Beginn der Versicherungs-Periode beehrt sich diese Gesellschaft, das landwirthschaftliche Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß sie gegen feste Prämien, wobei durchaus keine Nachzahlung
Statt finden kann, die Versicherung der Feldfrüchte gegen Hagelschaden übernimmt und den Verlust durch Hagelschlag, der den bei ihr Versicherten trifft, nach erfolgter Feststellung gleich baar
vergütet.
Für das laufende Jahr sind die Prämien für die Rheinprovinz, mit Ausnahme der Kreise Düsseldorf und Elberfeld (die für Halm- und Hülsenfrüchte 1 pCt. zahlen), wie folgt erniedrigt:
Für | Halm- und Hülsenfrüchte | 5/6 | pCt. |
Für | Kartoffeln | 1/2 | pCt. |
Für | Oelgewächse | 1 1/4 | pCt. |
Für | Handelsgewächse | 2 1/2 | pCt. |
Im Regierungsbezirk Köln wird beim Unterzeichneten, so wie bei den bereits genannten Agenten jede nähere Auskunft über das Geschäft bereitwilligst ertheilt und sind daselbst die erforderlichen
Antrags-Formulare u. s. w. zu haben:
Köln, im April 1849.
C. Blanckarts, Hauptagent, Hochstraße, unter Pfannenschläger Nr. 26.
Central-Verein für Auswanderung in Cöln und Düsseldorf.
Konstituirt unter dem Schutze und mit Genehmigung der hohen Staats-Regierung.
Wir benachrichtigen hierdurch alle Diejenigen, welche gesonnen sind nach Amerika auszuwandern und unsere Ueberfahrts-Gelegenheiten benutzen wollen, daß unsere Bedingungen, sowohl hier in unserem
Central-Büreau, Friedrich-Wilhelmstraße Nro. 6-8. als bei unseren sämmtlichen Agenten zu erfragen und letztere zum Abschluß von Ueberfahrts-Verträgen ermächtigt sind.
Die Preise sind fest normirt und begreifen sämmtliche Kosten, Eisenbahn- und Dampfschifffahrts-Frachten von dem bestimmten Sammelplatze bis zum überseeischen Hafen, sowie die Versicherung der
Effecten in sich.
Sowohl über Bremen und Hamburg als über Havre, Antwerpen und Rotterdam haben wir uns für diesen und den folgenden Monat ausgezeichnete Dreimaster-Schiffe nach New-York, Baltimore, Philadelphia,
New-Orleans und Galveston auf bestimmte Abfahrtstage gesichert und sehen uns dadurch in den Stand gesetzt, jedem Bedürfnisse zu genügen.
Bei eintretender Blocade erfolgt die Beförderung über Bremen und Hamburg durch, Schiffe unter neutraler Flagge.
Für die westlichen Provinzen beliebe man sich an unsere unten verzeichnete Haupt- Agenten zu wenden:
an Herrn B. Wilhelmi in Düsseldorf | an Herrn Gust. Kehr in Creuznach. |
an Herrn Wirth u. Frank in Coblenz. | an Herrn C. F. W Henn in Elberfeld. |
an Herrn R. Scheuer in Simmern. | an Herrn Wm. Tourneau in Münster. |
an Herrn C. T. Stirn j in Hamm. | an Herrn J. B. Becker in Berleburg. |
an Herrn F. W. Hausmann in Gummersbach. | an Herrn F. W. Franke in Minden. |
Köln, im April 1849.
Der Central-Verein für Auswanderung:
Chr. Fremery. Joh. Ad. Roeder. L. Spiegelthal.
Regelmäßige Post- und Paket-Schifffahrt zwischen Havre u. Nord-Amerika.
Die Schiffe der General-Agentur Washington Finlay fahren regelmäßig:
von Havre nach New-York den 9., 19. und 29. eines jeden Monats,
von Havre nach New-Orleans den 9 und 19. Mai.
Damit in Verbindung gehen die Transporte unter Führung von Condukteuren:
von Köln den 2., 11. und 22. via Rotterdam, und
den 2., 11. und 22. via Paris nach Havre ab.
Die Ueberfahrt von Havre, welche bei der Blokade der nördlichen Häfen besonders zu empfehlen ist, geschieht durch tüchtige Dreimasterschiffe, deren zweckmäßige innere Einrichtung und pünktliche
Abfahrt rühmlichst bekannt sind.
Die Beförderung der Auswanderer und ihres Gepäcks, so wie die Assekuranz des letzteren wird von Köln ab (sowohl nach New-York und New-Orleans, als Havre) übernommen, und jede nähere Auskunft
bereitwilligst ertheilt durch die Agentur des Herrn Washington Finlay von Albert Heimann, Friedrich-Wilhelmstraße Nr. 3 und 4.
Köln, den 1. Mai 1849.
Schwere seidene Regenschirme per Stück 2 Thlr. 5 Sgr. und höher, in seinem Zeuge per Stück 20 Sgr. und höher höchst elegante Sonnenschirme, per Stück 1 Thlr. und höher, bei Joseph Sachs
Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatze.
GASTHOF zum Frankfurter Hof in Köln.
Am Appellhof gelegen empfiehlt höflichst Edm. Leonhard.
Logis mit Frühstück 15 Sgr. Dinée und 1/2 Flasche Wein 16 Sgr
Englischer Hof empfiehlt einem reisenden Publikum bestens
Köln im Mai 1849 H J. Thibus.
Bei Eröffnung seiner Garten-Wirthschaft, verbunden mit baierischem Bolzenschießen empfiehlt sich bestens J. P. Perrin in Deutz.
Börse bei Halin.
Heute Mittags und Abends große Harmonie. Täglich frischer Maitrank.
Täglich frischer Maitrank bei Schmitz-Bilstein, zum „goldenen Kreuz“, Gereonsstraße Nr. 38.
Bürger- u. Handwerker-Gesang-Verein.
Versammlung heute Nachmittags 2 Uhr, Mühlengasse Nr. 1.
pr. Direktion:
W. Herz, Lehrer.
Missions-Verein Sternengasse Nr. 30.
Heute Sonntag Abend, 7 Uhr, Versammlung, wozn alle Mitglieder und Freunde höflichst eingeladen werden.
Der Vorstand.
Herrenkleider werden gewaschen und reparirt. Herzogstraße Nr. 11.
Bürgerlicher Dombau-Verein.
Heute Abend, punkt 8 Uhr, Versammlung im Vereinslokale, Löwengasse Nro. 11, wozu sämmtliche Mitglieder des Vereins zu erscheinen ersucht werden, indem eine wichtige Berathung, die den Verein
interessirt, nöthig ist. Auch werden neue Mitglieder aufgenommen.
Um zahlreiches Erscheinen bittet der Vorstand.
Vereinigter 1. und 2. gesell. Dombau-Verein.
Heute Abend 7 Uhr Versammlung. Breitstraße bei Menzen, im Palast.
Deklamatorische Abend-Unterhaltung.
Mit Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Central-Dombau-Vereins vom 26. April, erlauben wir uns die Mitglieder von heute bis zum 20 Mai dringend einzuladen zur Besprechung der vor der Wahl
nöthigen Maßregeln, so wie besonders wichtigen Mittheilungen wegen.
Der Vorstand.
Minoriten Reparatur Bau-Verein.
Bei Jüsgen, jeden Dienstag Abend Versammlung.
Geselliger Cuniberts Bau- Verein.
Morgen Abend 7 Uhr bei Herrn Ra[unleserlicher Text]atenus Eigelstein
Fröhlicher St. Cuniberts-Bau-Verein.
Heute Sonntag den 6. Mai, Abends 8 Uhr, Versammlung bei Herrn Kleefisch, Eigelstein Nr. 51 in der Eisenbahn
Der Vorstand.
Täglich großer Maifischfang von Gebr. Wattler am Thürmchen.
Theater-Anzeige.
Sonntag den 6. Mai 1849:
Erste Gastdarstellung der Familie Kobler, auf ihrer Durchreise nach Paris.
- 1) Pas de deux, ausgeführt von Louise Kobler, und Herrn Kobler.
- 2) Pas de trois, ausgeführt von Rani Kobler, Louise Kobler und Herr Kobler jun.
- 3) Styrien, ausgeführt von Rani Kobler, Louise Kobler und Herrn Kobler jun.
Vorher:
Ouvertüre in drei Akten:
Ernani.
Oper von Verdi, und Ouvertüre in zwei Akten aus:
Martha, oder der Markt zu Richmond.
Oper von Flotow.