Deutschland.
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@facs | 1635 |
Edition: [Friedrich Engels: Der rheinische Städtetag, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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*
] Köln, 3. Mai.
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@facs | 1635 |
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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120
] Berlin, 1. Mai.
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@facs | 1635 |
[
*
] Berlin, 1. Mai.
Herr Manteuffel hat seine letzte große Enthüllungsrede sogleich drucken und in 50,000 Exemplaren verbreiten lassen. Er muß dies neueste Erzeugniß seiner
Muse demgemäß für ganz vortrefflich und ausgezeichnet halten. Aber wir fürchten, der Zweck des Verfassers, durch diese Enthüllungen einen heilsamen Schrecken gegen die Revolution und alle ihre
Anhänger über das ganze Volk zu verbreiten, wird ihm nicht gelingen. Ernstere, ältere Menschen werden sich beim Durchlesen der Rede an die Räuber- und Rittergeschichten ihrer Jugend erinnern und von
Herzen bedauern, daß sich Hr. Manteuffel nicht der Schriftstellerei ergeben hat, da er bei seinem Talent wohl die Aussicht hatte, mit Spieß und Cramer der Dritte im Bunde zu sein.
Denselben Stempel der tiefsten Lächerlichkeit trägt auch das Aktenstück, welches noch zuletzt dem schweren Haupt des Ministeriums entsprang, auch gerüstet, wie Pallas Athene, mit Schild und Speer
‒ gegen die arme Paulskirche. Das Schicksal meint es gut mit den erbkaiserlichen Demokraten mit Ludwig Simon etc., es erspart ihnen die schwere Strafe, ihr Werk in Wirklichkeit gesetzt zu
erblicken. Die Frankfurter Puppenkomödie hatte nun schon zwei Akte gespielt, der Vorhang war gefallen. Es geht aber diesem schönen und erbaulichen Spiel vom aufgefundenen und wieder verlornen Kaiser
der Teutschen, wie dem Peter im Frack, trotz der allgemeinen sehr bemerklichen Mißbilligung ‒ er wird fortgegeben.
In die Berliner Standrechtszeitungen sind offizielle Berichtigungen eingeschickt worden, welche die lithographirten Correspondenzen in ihren Berichten über die Berliner Ereignisse der letzten Tage
für Lügen erklären. Außerdem enthalten dieselben noch einige Expektorationen, welche wir übergehen. 1) Es soll Lüge sein, daß Abgeordnete Ausweisungsbefehle erhalten haben. Die Abg.
Zimbal und Matthäni haben dieselben erhalten und werden es bezeugen. ‒ 2) In Betreff der zweiten „Lüge“ haben wir Folgendes beizutragen: Die von uns genannten
Personen werden, wie wir meinen, stets bereit sein, die Wahrheit zu bezeugen. Während die Constabler am Sonnabend-Mittag ohne Ursache auf das wehrlose Volk einhieben, befanden sich unter Andern
Grabow, Merckel und Goertz-Wrisberg im Bureau der zweiten Kammer und sahen diesen Scenen vom Fenster aus zu. Grabow war besonders empört, daß man einen einzelnen Mann, der friedlich über den Platz
ging, niederhieb. Goertz sah, wie ein Constableroffizier die Bestialität seiner eigenen Leute zu zügeln suchte. Merckel endlich eilte selbst auf den Flur des Kammergebäudes, wo sich ebenfalls
Constabler befanden, und machte seinem Unwillen Luft. Kosch befand sich eben daselbst. Beide erhielten aber nach der gewöhnlichen Rohheit dieser Herren nur Grobheiten zur Antwort, obgleich Merckel
noch als Quästor im Amte war.
Das sind unsere Zeugen! Auf wessen Seite ist die Lüge?
Es scheint, die unglückliche November-Illusion: „wir müssen sehen, was die Provinzen thun!“ während diese rufen: „wir müssen auf Berlin warten!“ eine Illusion, die nur
der Deckmantel der Feigheit, spuckt wieder hier herum. Wir sind dagegen fest überzeugt, daß Berlin zuerst dem Unwillen und Zorn, der das ganze Land über eine so schmähliche Herrschaft durchzuckt, Luft
machen muß, soll nicht die ganze Bewegung, wie im November, in einzelnen Cravallen ihr Ende finden.
Auch in Potsdam ist es sehr unruhig. In dieser als monarchisch-conservativ berüchtigten Stadt, welche ihre Erwerbsquellen besonders im Hof und im Militär hat, ist die demokratische Partei die
herrschende geworden. Es besteht dort ein Bürgerwehr-Club von ansehnlicher numerischer Stärke und großem Einfluß, dessen Gesinnung durchaus radikal erscheint. Alle Sonnabend hält er eine große
Sitzung, in welcher auch Berliner Demokraten, in der letzten Zeit selbst Abgeordnete gesprochen haben. Nach der Auflösung der Kammern erhielt der Abg. D'Ester eine Petition aus Potsdam und
Nowaweß um Aufhebung des Belagerungszustandes von mehreren Tausend Bürgern und Einwohnern unterzeichnet.
Es charakterisirt die Zustände der letzten Tage, daß die Offiziere des „herrlichen Kriegsheeres“ ihrer innern Rohheit wieder ohne Rücksicht Luft machen. Alle Augenblicke werden
Civilisten von ihnen insultirt und dadurch dem Soldaten wundervolle Beispiele zur strengen Nachahmung gegeben. So wurden auch die ersten Excesse der Herren Militär's auf dem Dönhofsplatz
mittelbar durch ein Paar Lieutenants veranlaßt. Zwei dieser unserer liebenswürdigen Tyrannen wollten die Canaille belehren, daß die Kammer ganz mit Recht aufgelöst sei und erhielten demnächst einige
reglementsmäßige Prügel als Honorar. Der so gekränkten Ehre mußten Opfer fallen und so kam es zu den bekannten unglücklichen Ereignissen.
Noch immer blicken wir nach den Ufern der Donau, wo, zu unserer Schande müssen wir es gestehen, unsere Sache besser und tapferer, als wir es vielleicht vermöchten, ausgefochten wird. In den
Ministerialkreisen sollen die magyarischen Siege große Sorge erregt haben, so daß man ernstlich daran denkt, dem sieg- und ehrenreichen Oestreich ein Corps von 50,000 Mann zu Hülfe zu schicken.
Jedenfalls würde man in dieser Angelegenheit einem etwaigen Wunsch der Centralgewalt schleunigst nachkommen.
Der gestrige Tag mit seiner trüben regnerischen Stimmung, war der Partei, welche Ruhe und Ordnung à tout prix will, sehr günstig. Der feine Regen ist für sie vortheilhafter, als der Besitz
der Bataillone und Geschütze. Die Constabler sind jetzt angewiesen worden, immer zu Dreien zu patrouilliren, um auf diese Weise jeden Auflauf schon im Entstehen zu unterdrücken. Demungeachtet aber und
trotz des unangenehmen Wetters, sammelten sich auf dem Dönhofsplatz wieder mehrere Gruppen, welche sich besonders über die Nachrichten vom Auslande unterhielten. Die eigentliche Aufregung zog sich
aber mehr in die Königsstadt und es ist daher auch dieser Tag nicht vergangen, ohne daß der Versuch gemacht wurde, Barrikaden zu bauen, und ohne daß in den Straßen Berlins Gewehrfeuer gehört worden
wäre. In der Waßmannsstraße, eine Querstraße zwischen der Frankfurter- und Landsbergerstraße baute man Barrikaden und es ist vom Volk auf die Soldaten geschossen worden, von dieser Seite aber keine
Salve gegeben. Zu einem ernstlichen Zusammenstoß ist es jedenfalls nicht gekommen. Uebrigens ist gerade dieser Theil Berlins der vierte größere Wahlbezirk, bekannt durch seine demokratische und
revolutionäre Gesinnung und hat in der Märznacht am tapfersten gekämpft. Wir erinnern nur an das Gefecht in der großen Frankfurterstraße und an die große bis zuletzt gehaltene Barrikade am
Alexanderplatz. Es ist also erfreulich, daß die Bewegung sich hier zu konzentriren scheint.
Wir müssen übrigens bemerken, daß in dem Benehmen der bewaffneten Macht leider eine sehr kluge Aenderung eingetreten ist. Die Konstabler benehmen sich höflicher, und das Militär soll, wie wir
hören, nicht mehr so rasch, sondern nur im äußersten Fall von der Schußwaffe Gebrauch machen. Freilich hatte sich sogar die „Constitutionelle“ gegen die Anwendung derselben am Freitag
und Sonnabend empört gezeigt.
Einem zweiten Bericht über die Ereignisse von gestern Abend entnehmen wir folgendes, wodurch dieselben doch bedeutender erscheinen, als wir meinten. Abends um 9 Uhr sammelten sich am Landsberger
Thor zahlreiche Gruppen, welche mehr und mehr anwuchsen und in vielfachen Zusammenstößen mit Konstablern, welche wie gewöhnlich geprügelt wurden, sich Luft machten. Es wurde eine Barrikade in der
Waßmannsstraße gebaut und eine rothe Fahne darauf gesteckt. Der Vorsteher des 4. Wahlbezirks aber, Herr Schildknecht, bewog die Menge, auseinander zu gehen. An 40 Personen aus dem Volke wurden
verhaftet. Manche waren sogar bewaffnet. Ein Webermeister wurde, als das Militär das Volk zurückdrängte, mit einem Bajonett durchstochen und ist in Folge dessen in der Nacht gestorben.
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@facs | 1635 |
Berlin, 1. Mai.
Die unterm 28. April an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt, Wirklichen Geheimrath Camphausen ergangene Eröffnung ist durch die
Königlichen Gesandtschaften mittelst des nachfolgenden
[1636]
Cirkulars zur Kenntniß der deutschen Regierungen gebracht worden:
„In dem Cirkular vom 3. d. M. ist die Hoffnung ausgesprochen, daß die Königliche Regierung binnen vierzehn Tagen im Stande sein werde, eine definitive Erklärung über die deutsche Sache
abzugeben.
Nachdem dieser Zeitraum verstrichen, hat das Königliche Staats-Ministerium, um keinem Zweifel über seine Ansicht und seine Aufrichtigkeit Raum zu lassen, es für seine Pflicht gehalten, schon am 21.
resp. 23. d. M. den preußischen Kammern zu erklären, wie es Sr. Majestät dem Könige nicht zur Annahme der unveränderten, von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Verfassung rathen könne.
Die definitive Entscheidung Sr. Majestät hat aber um einige Tage sich verzögern müssen, weil noch nicht alle deutsche Regierungen sich ausgesprochen hatten. Die Entschließung Sr. Majestät ist nunmehr
erfolgt, und Ew. etc. erhalten anliegend Abschrift der desfallsigen Erklärung, wie sie unterm heutigen Datum an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt ergangen ist, um
durch die letztere der Nationalversammlung mitgetheilt zu werden.
Indem wir dies zur Kenntniß der deutschen Regierungen bringen, glauben wir, daß die Gründe, welche den Entschluß Sr. Majestät bedingten, keiner weiteren Ausführung bedürfen, und wir können nicht
zweifeln, daß jede deutsche Regierung dem erhabenen Sinne Sr. Majestät, Seiner Bundestreue gegen die verbündeten deutschen Staaten und Seiner uneigennützigen Gesinnung werde Gerechtigkeit widerfahren
lassen.
Die Königliche Regierung verkennt dabei keineswegs den Ernst und die Gefahren des Augenblicks, und sie hofft, daß auch die übrigen deutschen Regierungen dieselben mit vollem Bewußtsein ins Auge
fassen. Daß das Bedürfniß der Nation nach größerer Einigung und Kräftigung befriedigt werden muß, auch nachdem die in Frankfurt zunächst von der Versammlung angestrebte Form sich als unmöglich
erwiesen hat, wird jedem Besonnenen als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen; und sie vertraut darauf, daß die anderen deutschen Regierungen ihr dazu die Hand bieten werden. Sie hat in ihrer nach
Frankfurt gerichteten Erklärung noch einmal eine Möglichkeit in Aussicht stellen wollen, daß die Nationalversammlung selbst von dem von ihr betretenen Wege zurückkomme und die Hand zu Abänderungen der
Verfassung bieten möchte, so daß dennoch das Werk der Vereinbarung und Verständigung mit ihr zu Stande käme. Daß dies für die Beruhigung der Nation höchst wünschenswerth und daher im Interesse der
Regierungen wäre, darüber wird nicht leicht ein Zweifel gehegt werden.
Aber sie verhehlt sich nicht, wie wenig Aussicht dazu vorhanden ist, daß diese Hoffnung verwirklicht werde; und alle deutsche Staaten werden mit ihr auf den entgegengesetzten Fall gefaßt sein
müssen ‒ zugleich aber auch darauf, daß durch ein starres Festhalten der Versammlung an ihren bisherigen Beschlüssen in manchen Ländern gefährliche Krisen hervorgerufen werden können. Diesen
gemeinsam, ernst und kräftig entgegenzutreten, womöglich aber sie durch ein entschiedenes Handeln und Vorwärtsgehen zu verhindern, ist die Aufgabe und Pflicht der Regierungen Deutschlands.
Die Königliche Regierung ist dazu in vollem Umfange bereit.
Im festen Vertrauen auf die Zustimmung, die ihr von allen gesunden und redlicher Elementen im eigenen Lande zu Theil werden wird, ist sie darauf gefaßt, den zerstörenden und revolutionären
Bestrebungen nach allen Seiten hin mit Kraft und Energie entgegenzutreten, und wird ihre Maßregeln so treffen, daß sie den verbündeten Regierungen die etwa gewünschte und erforderliche Hülfe
rechtzeitig leisten könne. Die Gefahr ist eine gemeinsame, und Preußen wird seinen Beruf nicht verleugnen, in den Tagen der Gefahr einzutreten, wo und wie es Noth thut.
Wir gehen von der, von allen Besseren getheilten Ueberzeugung der Nothwendigkeit aus, daß der Revolution in Deutschland ein Ziel gesetzt werden müsse. Ihre Kraft kann aber vollständig nur dadurch
gebrochen werden, daß sie keinen Vorwand mehr findet, durch welchen sie die Gemüther der Bessern im Volk über ihre wahren Absichten und Endzwecke täuschen könne. Dieses Ziel kann nicht durch passives
Abwarten und durch partiellen Widerstand erreicht werden, sondern nur durch thätiges Eingreifen und Handeln.
Die Königliche Regierung hatte in ihrer Cirkular-Depesche vom 3. d. M. den Weg angedeutet, auf welchem sie damals, vermittelst gemeinsamer Berathungen in Frankfurt, zu dem erstrebten Ziele glaubte
hinwirken zu können. Dieser Weg hat sich inzwischen als nicht mehr möglich erwiesen, sowohl dadurch, daß mehrere der größten deutschen Staaten es ablehnten, auf diese Berathungen in Frankfurt
überhaupt einzugehen und an denselben Theil zu nehmen, als auch dadurch, daß die Mehrzahl der übrigen Regierungen, unter Beseitigung der von ihnen selbst gehegeten Bedenken, sich beeilen, ihre volle
Adhäsion an die frankfurter Beschlüsse und ihre Annahme der dort beschlossenen Verfassung zu erklären.
Wir müssen nunmehr wünschen, daß diejenigen deutschen Regierungen, welche zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks mit Preußen
geneigt sind, sich direkt hierher nach Berlin wenden mögen, und entweder eigene Bevollmächtigte hierher senden oder ihre Gesandten mit Instruktionen versehen, um sich mit der Königlichen Regierung zu
verständigen, welche letztere in diesem Falle bereit ist, ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegen zu kommen.
Die Haltung und die weiteren Beschlüsse der National-Versammlung, nachdem ihr der Entschluß Sr. Majestät des Königs bekannt geworden, werden in der allernächsten Zeit ergeben, inwieweit noch auf
eine Verständigung mit derselben und ein Mitwirken ihrerseits zu dem angestrebten Ziel zu hoffen ist.
Die Königliche Regierung hat immer an der Ueberzeugung festgehalten, daß die Verfassung Deutschlands, wenn sie die Keime einer günstigen Entwickelung und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen
soll, durch das Zusammenwirken der Regierungen und der Vertreter der deutschen Nation zu Stande kommen müsse. Sie bleibt diesem Grundsatze auch jetzt und für die Zukunft treu. Sollte es sich
herausstellen, daß jede Hoffnung auf die Mitwirkung der National-Versammlung in ihrer jetzigen Gestalt aufgeben werden müsse, so hält sie es nur um so mehr für die Pflicht und die Aufgabe der
deutschen Regierungen, dem Bedürfnisse der deutschen Nation bald eine volle und umfassende Befriedigung zu gewähren, indem sie derselben ihrerseits eine Verfassung darbieten, welche dem Begriff des
Bundesstaates entspräche und durch eine wahrhafte Vertretung des Volkes dem letzteren die Gewißheit einer gesetzlichen Mitwirkung erhalte. Der Entwurf einer solchen Verfassung würde die Arbeit der
National-Versammlung wieder aufnehmen und nur die in dieselbe durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände eingedrungenen zerstörenden Elemente beseitigen; sie wird also jedenfalls auf der Errichtung
einer kräftigen und einheitlichen Exekutiv-Gewalt und einer National-Vertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit legislativen Rechten basirt sein müssen. Indem wir diese Grundzüge festhalten, können
wir das Einzelne der weiteren Berathung überlassen, und zweifeln nicht, daß aus dem einmüthigen Streben nach dem großen Ziel und der allseitigen Erkenntniß dessen, was der Nation noth thut, ein Werk
hervorgehen werde, welchem auch die alsdann in kürzester Frist zur Revision dieser Verfassung zusammenzurufenden beiden Häuser eines deutschen Reichstags ihre Anerkennung und Zustimmung nicht versagen
werden.
Wir müssen daher den deutschen Regierungen den dringenden Wunsch ausdrücken, daß sie uns durch die Sendung von Bevollmächtigten oder durch Ertheilung von Instruktionen bald in den Stand setzen
mögen, eine weiter eingehende Verhandlung eröffnen zu können.
Berlin, den 28. April 1849.
Der Minister-Präsident Graf von Brandenburg.“
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@facs | 1636 |
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61
] Breslau, 30. April.
Wer sich über Deutsche noch Illusionen hingibt, der hätte denken können, der neue Gewaltstreich des russischen Unterknäs von Potsdam würde hier
schlagend zünden müssen, weil es jetzt selbst die Bourgeois bis zur christlich-germanischen Entrüstung bringen. Doch nein, außer der, meistens den Bierwirthen zu Gute kommenden offiziellen Entrüstung
der Art will sich nichts besonderes zeigen. Breslau behauptet, Berlin müsse den Ton angeben, Berlin erwartet desgleichen von den Provinzen. Der Deutsche entschlägt sich niemals seiner Natur, auch wenn
seine Unterknäse die imfamsten salti mortali über seinen Flachschädel wiederholen: er bleibt ein Deutscher. Gleichwohl darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf die Nachricht von dem abermaligen,
diesmal uckermärkisch-konstitutionellen Voneinanderstäuben des oktroyirten Geschwaders an den Ufern der brandenburgischen Garonne (?!) ein germanisch-logischer Genius vorgestern Abend am Ringe
inmitten einer kleinen Gruppe behauptete, man müsse jetzt den König von Würtemberg, weil er nachgiebig gewesen, zum deutschen Kaiser machen. Mögen die ehrlichen Frankfurter Churfürsten solche
Vorschläge beachten und der Reihe nach durch alle 36 deutsche Vaterlandslappen zur k. k. Ausführung bringen! Auch der, wie ich Ihnen bereits angezeigt, von dem offiziellen Reichsbourgeois-Enthusiasmus
der Herren Rühl, Engelmann, Auerbach, Laßaitz, Peinert, Roland, Weiß und Theodor (ja nicht zu übersehen) Mundt, gestern Sonntag im Schießwerder zusammenberufenen schwarz-roth-goldenen Volksversammlung
will und darf ich nicht uneingedenk bleiben. Ich sah daselbst an 5000 Köpfe von Breslau's demokratischem Kleinbürgerthum, welches sich während einiger Stunden von der sittlich-germanischen
Entrüstung seiner Herren Führer beim Bier, Kaffee, Cigarre und unter dem unausstehlichen Fortknallen der Herren Bourgeois im nahen Schießstande reichsgermanisch er bauen ließ. Von den
Milde-Hansemannisch-kreuzritterlich-konstitutionellen Herren Preußen, Juden und Börsenbourgeois, die sich den Teufel um zersprengte Kammern scheeren, war mit Ausnahme einiger Spione, Gendarmen und
Polizeiknechte natürlich nichts zu sehen. Obwohl viele der Anwesenden Hut und Brust mit der schwarz-roth-goldenen Glorie geschmückt hatten, so wollte mir's doch hier, wie auch schon in der
Versammlung sämmtlicher Bürgerwehrklubs bedünken, als ob ein sehr beträchtlicher Theil mehr die Physiognomie der rothen, als der schwarz-roth-goldenen Befähigung trage. Denn obgleich die Massen des
eigentlichen Proletariats fehlten, so schien der größere Theil der Anwesenden doch aus denselben entschlossenen Leuten zu bestehen, welche das Arbeiterbankett von neulich besucht hatten. Das rechte
Sein oder Nichtsein der hiesigen Demokratie beruht hier wie überall, in der Führung. Die Massen sind de facto hier sozial-demokratisch, aber sie wollen's noch nicht sein, weil sie es noch nicht
zu sein wissen. Die talent-und charaktervolle sozial-demokratische Fuhrung ist noch nicht vorhanden und die Massen lassen sich darum vorzugsweise noch von der radikalen Bourgeoisie leiten.
Nichtsdestoweniger macht sich die sozial-demokratische Führung geltend und bringt die für den f. g. „Humanismus“ schwärmenden blöden Bourgeoisdemokraten gleich der Schlesischen Zeitung
bereits in Harnisch. Das Arbeiterbankett giebt z. B. Hrn. Rühl, dem Redakteur des Straßenblatts „Putsch“ in einer „Sozial. Pfaffen“ überschriebenen geist-und witzlosen
Expektoration Gelegenheit, bourgeoisgeistreich und unfehlbar zu meinen: „Der, wie die allein nur maßgebende „Neue Rheinische Zeitung“ sagen würde, gottbegnadete Verein für Gesetz
und Ordnung hat in seiner Polemik gegen die Breslauer Demokratie und ihre Anhänger einen neuen Bundesgenossen erhalten. Der sozialistisch-demokratische Verein hält die Breslauer Demokratie für einen
bedeutenden Hemmschuh in der politisch-sozialen Bewegung; wir sind aber keineswegs der Ansicht, daß die sozial-demokratischen Führer den Stein der Weisen gefunden haben. Hr. Stilch hat Göthe's
Farbenlehre offenbar mit Nutzen gelesen und wir können ihn mit gutem Gewissen als tauglichen Farbenreiber empfehlen. Vater Nees, die rothe Mütze auf dem ehrwürdigen Haupte, gemahnte an einen
verwitterten Weidenstumpf, auf dem ein riesiger rother Fliegenpilz sitzt “ u. s. w. Der Zustand der hiesigen Demokratie wird Ihnen aus diesen Mitheilungen genügend hervorgehen. Die Herren
Bourgeois mit ihrer kaum über die Nase oder Thürschwelle reichenden politischen Wurfweite und Kleinkrämerlichkeit sind hier ungefähr in das Stadium getreten, in welchem dieselben bei Ihnen vor zehn
Jahren gestanden, in das Stadium der schwarz-roth-goldenen burschikosen Lümmelei des „Sie sollen ihn nicht haben! “ ‒ Doch nun zurück zur Volksversammlung.
Hätten die darin aufgetretenen Herren Bourgeoisredner vor etwa acht Monaten gesprochen, wie sie gestern sprachen, ich würde sie Ihnen sämmtlich vielleicht lobend vorführen, allein da sie für eine
Verfassung schwärmen, die von Menschen gemacht ist, welche sich jemand zum Kaiser ausersehen haben, der am 18. März sein Volk hat zusammenkartätschen, seitdem die Vertreter des Volkes zweimal
auseinanderjagen und die Kaiserfabrikanten selbst mit Füßen treten lassen, so wird mir diese Aufgabe etwas schwer. Nebenbei haben dieselben Herren, d. h. die Bourgeois im Allgemeinen, die richtigen
Voraussichten z. B. Ihres Blattes damals mit Hohn von sich gewiesen und gemeinschaftlich mit der Contrerevolution von Anarchie und s. g. „Schandblättern“ gesprochen; sie werden also
heute auch die Konsequenzen ihres superioren Geistes ertragen müssen und schwerlich ein Volk finden, welches ihnen die kaiserl. Kastanien aus den glühenden Kohlen nimmt. Nachdem ich dies
vorausgeschickt, wird man das Verdienst, welches sich einige der Herren Redner gestern unstreitig erworben haben, zu würdigen wissen. Engelmann, der suspendirte Bürgerwehroberst, elektrisirte die
Versammlung durch die Wahrheit seines Zornes und verdunkelte damit namentlich die ledernen Waschlappen: Auerbach und Mundt mit ihren diplomatischen Kabinetsstücken in schwarzen
Blacéhandschuhen. Engelmann wies auf die Magyaren hin und meinte, die Deutschen müßten vor ihnen erröthen.
Hierauf machten die Abgeordneten Metze, Bensch, Elsner ihrer Entrüstung über die Kammerauflösung Luft und beschrieben die dabei verübten Schandthaten des Ministeriums. Ersterer sagte, Verachtung,
nicht Muthlosigkeit habe sich dabei ihrer bemächtigt; die Schüsse des Militärs seien auf die Kammer gerichtet gewesen, wovon die Thüren des Hauses noch Spuren trugen; Behrends habe zwei Bajonettstiche
erhalten und die Dragoner des 18. März hatten sich auch jetzt wieder in der damaligen Weise hervorgethan. Als Metze voll Grimm ausruft: „Ich weiß, daß dies Volk von selbst das Schwert nicht in
die Hand nimmt, sondern daß es ihm in die Hand gepreßt wird,“ ertönt ein rauschendes Bravo. (Die germanische Stupidität fühlt also nicht einmal mehr die infame Ehrlosigkeit eines solchen
Bravo.) Bensch sprach mancherlei von den Sybillischen Büchern und den deutschen Thränen der Rechten, die nun unter Thränen eingesehen, daß sie die getäuschte gewesen. Er beschrieb dann einige von den
k. preuß. Volksmördern und Henkersknechten, ohne Aufforderung zum Auseinandergehen, gegen arglose Spaziergänger verübte Schandthaten. Lasker, Mitdirektor und Regisseur beim hiesigen Theater sprach mit
theatralischem Kanonendonner und Glockengeläute von einer an das Ministerium zu erlassenden Adresse. Die Worte: „Gräber ‒ Friedrichshain ‒ Schmach! Schmach! Schmach! ‒
Rothe Liebe“ bildeten zu diesem Benefiz ein ziemlich klangreiches und darum wohlapplaudirtes Paukengetöse. Auch protestirte er dawider, daß man die Russen über eine preußische Eisenbahn nach
Oestreich und gegen die Magyaren fahren lasse. „Es wird nicht besser, wenn wir's nicht besser machen und handeln“ rief Lasker zum Schluß und hätte nichts weiter sagen und
vorschlagen sollen. Pelz: „Ja, Adressen möchte ich schicken! (mit erhabener Faust und schäumend vor Zorn). Bewahren sie die That! ‒ Ich mache keine Worte mehr, ich erwarte, daß ihr ein
Herz zu Thaten habt!“ Elsner: „Das Ministerium hat auf unseren Ruf: „Es lebe die Freiheit!“ geantwortet: Es lebe der Säbel!“ Zeigen Sie ihm, was das bedeutet! Man
hat uns für Narren gehalten, mit uns gespielt. Ihr werdet wissen, was Europa von uns erwartet. Es ist ein unwürdiges Schauspiel, daß wir fremde Völker bewundern, ohne selbst zu handeln. Die Zeit der
Adressen ist vorüber, die Adressen haben uns vor Europa lächerlich gemacht. Die Zeit des Vertrauens ist vorüber, Mißtrauen und abermals Mißtrauen müssen wir haben. (Hättet ihr vor 34 Jahren schon
übermäßig haben sollen). Diesen Zuständen müssen wir mit einem einzigen kräftigen Schlage ein Ende machen. (Jetzt, wo der durch Eure Dummheit wieder erstarkte Absolutismus die eine Hälfte des Volks in
Uniform steckt, um die andere wehrlos gemachte zu ermorden, sehr schwer, Herr Elsner.) Nees blieb nur unverständlich.
Zum Schluß wird statt der Adresse folgende Erklärung angenommen: „Oeffentlich und feierlich erklären wir: die deutsche Reichsverfassung, wie sie berathen (!), beschlossen (!!) und vollzogen
(!!!!!) wurde, ist jetzt für uns in ihrem ganzen Umfange (!!!) ein rechtsgültiges und unantastbares Gesetz.“ (Die Versammlung erhebt die Hände, und belustigt sich dabei, wahrscheinlich im
Gefühle der Wichtigkeit des Augenblicks über die vielen Hände. Das ist der Ernst der deutschen Begeisterung!) ‒ „Tastet das Ministerium, “ ruft Engelmann darauf noch, „nun
(!!) die Versammlung n Frankfurt an, so sagen wir: Nein! Wir wählen nicht mehr, schicken keine Abgeordneten mehr! (Wird famosen Eindruck machen.)
Einige Bataillone sollen während der Volksversammlung in den Kasernen konsignirt gewesen, und mit schwarz-weißem preußischen Schnapsenthusiasmus eingeheizt worden sein.
Nachschrift: Als Metze und Bänsch die von den schnapsbegeisterten Volksmördern in Berlin verübten Gräuel schilderten, rief die Versammlung wiederholt: „Pfui! (äußerst fein) Schmach!
Rache! Rache!“ Der Politik der Knute gegenüber kanns niemals etwas anderes geben, als eine milliardenfache Rache.
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@facs | 1636 |
Neisse, 28. April.
So eben trifft der Befehl zum Abmarsch von zwei Kompagnien des 23. Infanterie-Regiments und einer reitenden Batterie hier ein. Die zwei Kompagnien, die diesen
schleunigen Befehl auf dem Exerzierplatz erhielten, marschiren bereits jetzt Nachmittags 2 Uhr hier aus und sind vorläufig nach Oderberg bestimmt. Die reitende Batterie geht morgen früh zeitig ab, und
wird in Myslowitz stationirt. Gleichzeitig sind von der 12. Division eine Schwadron vom 2. Ulauen- und zwei Schwadronen vom 6. Husaren-Regiment, die aus Ober-Glogau und Leobschütz, ebenfalls zur
Besetzung der Gränze, auf dem Marsch. Auch die übrigen Schwadronen vom 2. Ulanen-Regiment haben Befehl erhalten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Das ganze Observationskorps wird eine Stärke von
circa 6000 Mann haben.
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@facs | 1636 |
Wien, 28. April.
Briefe aus Krakau bestätigen den bereits erfolgten Einmarsch russischer Truppen, die auf dem kürzesten Wege auf der Nordbahn und zwar bis Gänserndorf (der zweiten
Nordbahn-Station von Wien aus) befördert werden sollen. Auf dem Marchfelde werden bereits Anstalten zur Verproviantirung dieser Truppen getroffen.
In den italienischen Angelegenheiten erfährt man, daß Eilboten nach Mailand abgegangen seien, um den Friedensabschluß zu beschleunigen. Hierin soll das Ministerium in Konflikt mit dem Eigenwillen
Radetzkys gerathen sein, der auf einer höheren Contribution bestehe.
Der Austritt des Gr. Stadion aus dem Ministerium gewinnt immer mehr Gewißheit, weniger bestimmt ist es aber, wer ihn ersetzen soll. Einestheils wird behauptet, daß Bach das Portefeuille des Innern
übernehme und Schmerling oder Fischer Minister des Justizdepartements werde, andererseits sagt man wieder, daß Schmerling Minister des Innern würde, so viel ist aber gewiß, daß Fischer von Linz nach
Wien berufen worden ist.
Blumberg sen., Redakteur der während kurzer Zeit erschienen „Ohnehosen“ ist heute wiederholt verhaftet worden, nachdem er, schon früher eingezogen, entlassen worden war, sich nach
Pest und von dort hierher zurückbegeben hatte.
Zwischen Olmütz und München findet ein lebhafter Courierwechsel statt. Es soll endlich festgesetzt sein, daß von Seite Oesterreichs zur Schlichtung der deutschen Angelegenheiten ebenfalls ein
Fürstenkongreß zusammen berufen werde, welcher dem von Preußen eingeleiteten das Gegengewicht zu halten im Stande wäre. Bayern, Hannover und Sachsen haben sich geweigert, über die Beschickung des von
Preußen beantragten Kongresses eine Erklärung abzugeben.
Wie das offizielle Henkerblatt von den zur Hülfe anrückenden Russen enthusiasmirt wird, möge man aus folgender Stelle jenes Blattes entnehmen:
„Ist Oesterreich von der gegenwärtigen Insurrektion und ihren verschiedenartigen Elementen allein bedroht? Jedermann wird diese Frage mit „Nein“ beantworten, Jedermann weiß daß
Oesterreich mit jenem Theile der Insurrektion, welcher direkte gegen unser Land gerichtet ist, ganz allein fertig werden kann. Diese Insurrektion ist jedoch nicht mehr allein gegen Oesterreich
gerichtet, sie ist ein Wechsel, der nicht nur auf Rußland, sondern auf die edelsten und vernünftigsten Grundlagen der europäischen Gesellschaft girirt ist. Rußland ist dabei stark betheiligt, und daß
der Schauplatz des Kampfes eben Oesterreich ist, dies ist blos der Strategie der destruktiven Elemente zuzuschreiben, welche morgen in Rußland, Deutschland oder zum dritten Male, in Frankreich ihren
Schauplatz suchen können.“ (Aha! Ja wohl, alte Bestie!)
Und am Ende des Artikels heult dieses vortreffliche Blättchen in folgender Weise:
„Wenn der Gegner nichts anderes als eine aufrührerische Provinz wäre, so hätte Oesterreich gewiß keine andere Allianz nöthig, als den Patriotismus (!) seiner Bewohner, mögen sie auch durch
schwere Drangsale in der letzten Zeit ohnedies schon hart mitgenommen sein; denn wenn auch eine gewisse Partei in Oesterreich dergestalt gewühlt, daß es nicht an österreichischen Bürgern mangelt,
welche der politischen und socialen Zertrümmerungs-Armee Kossuth's den Sieg wünschen, so hat doch die Mehrzahl (!) ihre redliche Gesinnung und patriotische Hingebung (!) rein und unversehrt
bewahrt. Allein warum sollten eben die edelsten Kräfte, ohne die Gewißheit zu haben, auszureichen, sich gänzlich zum Schaden des Staates erschöpfen, und im Namen Europa's ganz allein gegen
dessen gemeinsame Feinde einstehen?“
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@facs | 1636 |
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14
] Hamburg, 30. April.
Welchen Blödsinn die hamburger Polizeibehörde und der Senat besitzt, davon mag folgendes Beispiel zeugen. Einen jungen Menschen, Namens Hirsch,
hatte man wegen Hochverraths eingesperrt. Man ließ ihn 4 Wochen im Gefängniß. Dem hamburger Senat geht es aber gerade wie dem Barometer, er steigt und fällt in seinen Anmaßungen und Brutalitäten. So
auch jetzt: weil die Ungarn dicht vor Wien, und die österreichischen Metalliques im Cours gesunken sind, läßt man H., der beiläufig bemerkt, nur erst 19 Jahre, also noch gar nicht mündig und eidfähig
ist, frei, aber nur ‒ gegen einen Eid, daß er sich nicht vom Hamburger Gebiet entfernen und zu jeder Zeit wieder stellen wolle.
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@facs | 1636 |
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15
] Schleswig-Holstein, 30. April.
Ein offizieller ausführlicher Bericht über die Schlacht bei Kolding ist noch immer nicht erschienen; vielleicht mag es Bonin schwer
fallen, einen solchen zu liefern, da er so ruhig während der Schlacht, oder eigentlich nur Gefechts, in dem Hause eines Koldinger Kaufmannes auf einem Stuhl saß, versteht sich als Kolding von den
Unsrigen wieder genommen war. Von nichtoffiziellen Händen gelangen indeß nach und nach immer mehr Details an. Aus diesen geht offenbar nur die Bestätigung der von uns aufgestellten Behauptung hervor,
daß Verrath im Spiel sei. So sagt ein Schreiben: „Alle möglichen Hindernisse militärischer und politischer Art fesselten den General Bonin; er ging fast täglich nur eine Meile vor, oder hielt
in weitläufigen Kantonnements gänzlich still. Der Feind im Besitz aller Nachrichten, mußte wissen, daß er es mit Reichstruppen nicht zu thun haben würde (Schleswig-Holstein gehört also nicht zu
Deutschland), unternahm aber dennoch keinen Angriff. Endlich stand man in Wonsild. Nicht ein Befehl war es, der die Truppen nach Jütland führte, sondern der ihnen innewohnende Geist. Eine
Rekognoscirung führte der Jugendmuth unserer Armee in die vertheidigte feindliche Stadt Kolding. Nichts hielt die schleswig-holsteinische Avantgarde in Kolding zurück, als der Ausdruck jedes einzelnen
Gesichtes der Soldaten, die sich danach sehnten, ihr Vaterland auf dem feindlichen, nicht auf dem eignen Boden zu schützen. Nichts konnte dieser Physiognomie des Heeres widerstehen; wir blieben fast
wider den Willen der Gewalthaber in Kolding, sie gaben nach.“
Die politischen Hindernisse sind hinlänglich bekannt, die militärischen bestanden wohl größtentheils in dem Geist der Truppen,
[1637]
da diese ein sehr wachsames Auge auf Bonin haben, leider aber die Schurkerei noch nicht so durchschauen, wie es der Fall ist. Weiter heißt es: „er hielt in weitläufigen Kantonnements gänzlich
still, versteht sich zu dem Zweck, die einzelnen Truppentheile nach und nach von den Dänen aufreiben, zusammenhauen, oder aufheheben zu lassen.
Der Feind im Besitz aller Nachrichten, …… unternahm aber dennoch keinen Angriff. Daß der Däne alle Nachrichten aus dem diesseitigen Hauptquartier empfängt, vermutheten wir schon
neulich, jetzt wird uns als authentisch mitgetheilt, daß der Herzog von Gotha Briefe von Prittwitz aufgefangen haben soll, die an den König von Dänemark gerichtet gewesen und diesem ganz genaue
Nachrichten über unsere Bewegungen, Stellungen und Stärke der Armee mitgetheilt haben. Wie bekannt, hackt aber keine Krähe der andern die Augen aus: der Herzog von Gotha statt, wie es seine Pflicht
war, die Briefe der Oeffentlichkeit zu übergeben, schickte sie an den König von Preußen, dem natürlich die Geschichte schon bekannt war. Ueber Prittwitz's Schicksal zirkuliren verschiedene
Gerüchte; von einer Seite wird behauptet, er sei als Staatsgefangener verhaftet, von anderer Seite er sei von 6 preußischen Soldaten erschossen. Wir geben dieses als Gerüchte.
Unsere Truppen blieben endlich wider den Willen der Gewalthaber in Kolding. Daß es der Wille Bonin's nicht war, die Dänen auf jüt'schem Boden zu bekämpfen, haben wir schon gesagt; daß
es der Wille des preußischen Kabinets nicht war, daran ist, selbst nach den Aeußerungen des verkappten Dänen und Verräthers Franke, nicht mehr zu zweifeln. So wird das preußische Kabinet jetzt
möglicherweise wider den Willen der Schleswig-Holsteiner, unter knutischer Vermittelung einen Frieden schließen, und die Schleswig-Holsteiner werden wider den Willen des preußischen Kabinets
edenselben nicht annehmen.
Unser Zweiköpfige hat eine Aufforderung an die Zeitungs-Redaktionen der freien (?) Stadt Hamburg und Schleswig-Holsteins erlassen, in der sie auffordert, sich der Aufnahme von Mittheilungen über
Märsche, Dislokationen der Truppen, Aufenthalt und Stärke von Kriegsfahrzeugen, Errichtungen von Schanzen und Batterien zu enthalten. Man sieht daraus, daß die ehrenwerthe Beselei, sich oder auch den
preußischen Feldherrn nicht um das Verdienst bringen will, den Dänen pflichtschuldigst zuerst Anzeige gemacht zu haben.
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@facs | 1637 |
Schleswig-Holstein, 29. April.
Wie die „B.-H.“ mittheilt, hat der Oberkommandirende der deutschen Reichstruppen, General Prittwitz, sein Hauptquartier aus dem
Sundewitt nach Hadersleben verlegt. Man scheint sich also, hinlänglich geschützt und gedeckt, vorläufig nicht weiter um Alsen kümmern zu wollen. Unsere Schleswig-Holsteiner stehen noch immer unter
Bonin in Kolding; nur einige Kompagnien sind vorgeschoben. Die Hauptmacht der Dänen hat sich nach Friedericia begeben, welches sie sehr stark befestigt haben.
Ferner:
Von der jütschen Gränze verlautet nichts weiter, als daß gestern und vorgestern kein Kampf stattgefunden hat, und daß die preußischen und überhaupt die Reichstruppen weiter der Nordgränze zu
ziehen. Die Nachrichten oder Angaben über den Umstand, ob sie in den ersten Tagen die Gränze Jütlands überschreiten werden, variiren und widersprechen sich.
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@facs | 1637 |
Bayreuth, 22. April.
Seit zehn Monaten schmachteten zwei hiesige Einwohner, Schlossermeister Sammet und Redakteur Nietsche im Gefängniß, weil sie einen im Juni vorigen Jahres aus
Amerika angelangten Brief, worin zur Gründung einer deutschen Republik aufgefordert ward, in Abdrücken verbreiteten. Deshalb lautete die Anklage auf Versuch zum Hochverrath. Nach Verneh- von 37
Zeugen, vierstündiger Vertheidigung, und einstimmigem Ausspruch der Geschworenen war das „Nichtschuldig“ über die beiden Angeklagten das mit allgemeinem Jubel aufgenommene Resultat der
dreitägigen Sitzungen in dem ersten politischen Prozeß im diesseitigen Bayern bei Oeffentlichkeit und Mündlichkeit.
[(Augsb. Abdztg.)]
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@facs | 1637 |
Frankfurt, 1. Mai.
National-Versammlung.
Vizepräsident Bauer führt den Vorsitz.
Heisterbergk interpellirt:
„ob das Reichsministerium Kunde erhalten, daß preußische Truppen zu Gunsten der Olmützer Regierung im ungarischen Kriege verwandt werden sollen und was es zur Verhinderung dieser Hülfe zu
thun gedenke?“
Wird nächstens (!!) beantwortet werden.
Es ist eine Tagesordnung vorhanden, die ganz den Umständen und dem im Froschteiche vorherrschenden Geist angemessen ist. Zuerst erstattet Degenkolb im Namen des volkswirthschaftlichen Ausschusses
Bericht über eine Menge von Petitionen und beantragt: 1. auf diejenigen, welche Beschränkungen der Gewerbethätigkeit enthalten, nicht einzugehen; 2. In Erwägung aber, daß die Arbeits- und
Lohnverhältnisse der Leinenweberei und Spinnerei eine Verbesserung dringend erheischen; in fernerer Erwägung, daß die Leinenindustrie als eine durchaus nationale von der größten Bedeutung für die
Wohlfahrt des ganzen Landes ist und ihre Vervollkommnung und Ausdehnung mit allen zweckentsprechenden Mitteln gefördert werden muß, und in endlicher Erwägung des Entwicklungsganges, welchen dieser
Industriezweig in England genommen hat, folgende in den Petitionen enthaltenen Forderungen: 1. Schutzzoll auf Garne, damit Spinnereien angelegt werden können; 2. Bezeichnung der gemischten Leinen
durch Stempel; 3. Handelsverträge mit dem Auslande, um den Absatz der Fabrikate dahin zu vermehren; 4 Anlegung von Spinnschulen; 5 Anlegung und Beförderung der Flachsspinnmaschine; 6. Beförderung des
Flachsbaues und der Flachskultur; 7. Einrichtung von Schau- und Gewerbegerichten.
Es kommen nun weiter noch 5 Berichte, die über verschiedene Gegenstände im Namen des oben gedachten Ausschusses erstattet werden, nacheinander zur Erledigung. Näher darauf einzugehen, verlohnt sich
nicht der Mühe.
Auf Fröbel's Ersuchen, Namens der Majorität des Dreißigerausschusses, wird der achte Gegenstand der Tagesordnung: „Berathung des vom Abg. Fröbel Namens des Ausschusses zur
Vorberathung von Maßregeln, welche zur Durchführung der Reichsverfassung nöthig erscheinen, erstatteten Bericht über einen die Abberufung von Deputirten zur deutschen Reichsversammlung Seitens der
Regierungen der Einzelstaaten betreffenden Antrag der Abg. Goltz und Genossen, so wie über eine vom k. k. östreichischen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt unter dem 15. April durch das
Reichsministerium des Innern an die Reichsversammlung gelangte Depesche, auf eine der nächsten Sitzungen vertagt.
Würth von Sigmaringen spricht seine Verwunderung dem östreichischen Ausschusse gegenüber aus, daß der Bericht über die Blum'sche Angelegenheit noch nicht erfolgt sei.
Franke aus Schleswig erklärt im Namen dieses Ausschusses, daß einmal die Weitläufigkeit der Aktenstücke diese Berichterstattung verzögert habe und daß sie zum andern auch den
Zeitverhältnissen gemäß nicht geeignet erschienen sei.
Clemens aus Bonn zeigt seinen Austritt an. Die Courage langt nicht mehr weiter.
Schluß der Sitzung.
Nächste Sitzung: Donnerstag, 3. Mai.
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@facs | 1637 |
[
*
] Frankfurt, 1. Mai.
Es finden jetzt fast täglich bald da, bald dort größere oder kleinere Volksversammlungen wegen der neuesten Ereignisse Statt. Zwei derselben wollen
wir hier erwähnen. Die eine wurde zu Fürth (im Odenwalde) abgehalten. Das „Fr. J.“ berichtet darüber:
Fürth (im Odenwalde), 29. April. Die heute dahier abgehaltene Volksversammlung war ungemein zahlreich besucht; wohl an 4-5000 Menschen aus allen benachbarten Thälern mögen anwesend gewesen
sein. Alle Häuser waren mit Fahnen und Laubkränzen geziert, an jedem Ende des Städtchens harrte ein Triumphbogen der einziehenden Gäste. Von Frankfurt waren anwesend und sprachen vor der versammelten
Volksmenge: Dietsch, Rühl, Würth, Löwenthal, Bogen, ferner Weidig aus Worms (ein Bruder des Märtyrers) u. s. w. Alle Redner ergossen sich in kräftigen Worten über die große Gefahr, die unserem
Vaterlande aus der wieder mächtig emporstrebenden Willkürherrschaft der Fürsten drohe, und über die nahe Stunde der Entscheidung, wo sich zeigen werde, ob Deutschland „republikanisch oder
kosackisch“ werden solle. Die Stimmung ist hier zu Lande entschieden freisinnig, und so dürfte der Odenwald, wenn es zum Bruche zwischen Volk und Dynastie kommen sollte, abermals eine wichtige
Rolle spielen. Das heutige Fest verlief, trotz der großen politischen Aufregung, in der wir uns befinden, in bester Ordnung.
Die andere, größere Volksversammlung, fand in Bingen Statt, über welche das nämliche Blatt mittheilt, daß ihr zwischen 8-10,000 Menschen beiwohnten, und daß die Reichsverfassung den
Hauptpunkt bildete, um den sich die Verhandlungen drehten. Man beschloß, die Anerkennung derselben von Seiten der Regierungen zu fordern, und, wenn es nöthig sein sollte, selbst zu den Waffen zu
greifen. Das Volk müsse sich jetzt selbst helfen, nach dem Spruche: „Hilf dir selber, dann wird dir Gott helfen.“ Auch der hiesige Bürgerverein war auf der Versammlung vertreten, und ein
Mitglied desselben erklärte sich einverstanden mit dem Beschlusse der Demokraten und versicherte, der Bürgerverein werde in dieser Angelegenheit mit den Demokraten Hand in Hand gehen. Von
demokratischer Seite wurde diese Erklärung beifällig aufgenommen, jedoch auch zugleich bemerkt, daß der Bürgerverein, falls es ihm ernst mit der Sache wäre, dies am besten dadurch bekunden könne, wenn
er seinen Geldsackel aufthue, denn zur Ausführung des gefaßten Beschlusses gehöre Geld, wieder Geld und nochmals Geld! Wir wollen nun sehen, ob die Gesinnungen des Bürgervereins in der ihm gestellten
Probe bestehen wird.
Französische Republik.
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@facs | 1637 |
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43
] Paris, 1. Mai.
Der Moniteur enthielt vor drei Tagen den Rapport über die Ausgaben der provisorischen Regierung, aus welchem wir belehrende Aufschlüsse über die
„honette“ Clique des National, diesen Anfang der Contrerevolution vom ersten Tage der Republik, erfahren.
Herr Marrast war bekanntlich Maire von Paris. Seine Thätigkeit vom 9. März bis 18. Juli bestand hauptsächlich in schmutzigen Intriguen gegen Louis Blanc, Albert, Ledru-Rollin, und Ehren Marrast
taxirte ihren Werth auf die bescheidene Summe von 51,498 Fr. Unter der Monarchie betrug der Gehalt des Seinepräfekten jährlich 117,000 Fr., also auf die viermonatliche Thätigkeit eines Marrast
reduzirt, bloß 29,250 Franken per Trimester. Der „honette“ Rittmeister mit gelben Handschuhen zahlte sich in dieser Chiffre erstens seinen vollen Gehalt aus, während er durch sein
eigenes Dekret die Gehalte aller Beamten reduzirt hatte; ferner vereinigte er den Gehalt als Maire von Paris mit dem als Mitglied der provisorischen Regierung (später als Repräsentant), und überdies
mit 6000 Fr. Tafelgeldern und 15,000 Fr. geheimen Fonds der Ministerien des Innern und Auswärtigen, ‒ Alles ungerechnet einer Equipage der alten Civilliste: der königlichen Carossen, und
ungerechnet einer kleinen Subvention, welche Herr Marrast wahrscheinlich aus alter Gewohnheit vom „National“ bezog. Der Marquis der honetten Republik in den königlichen Wagen, der Mann
der provisorischen Regierung subventionirt von einem Journal! Ehren-Marrast, der I'homme serieux des bons bourgeois, konnte nicht schöner dem Ridicule verfallen.
Der Rapport erzählt, daß Herr Marrast vor die Commission der Assemblée berufen, wohl oder übel die Geschichte mit den Carossen und den Tafelgeldern zugegeben habe. In Bezug auf alle übrigen
Gelder, sowohl geheime Fonds wie Indemnitätsgelder, die er als Mitglied der provisorischen Regierung empfangen, versichere Hr. Marrast, dieselben ausschließlich in einem „öffentlichen Interesse
ersten Ranges“, entfernt von irgend persönlichen Vortheilen verwendet zu haben. Der Commissionsbericht spricht darauf von den verschiedenartigen Bestrebungen der beiden Parteien in der
Regierung, deren gegenseitigem Mißtrauen, und schließt daraus, daß man von ausnahmsweisen Mitteln absehen könne, welche „zur Unterstützung der gemäßigten und damals als reaktionär und
aristokratisch verschrieenen Regierungsmitglieder“ und zur „möglichen Rettung der so schwer bedrohten sozialen Ordnung“ bestimmt gewesen seien.
Ueber die Marrast'schen Polizeigeschichten giebt der Rapport alsdann folgende erbauliche Schilderungen.
„Hr. Armand Marrast, welcher der gemäßigten Partei der provisorischen Regierung angehörte, wurde in seiner Eigenschaft als Maire von Paris aufgefordert, eine besondere Polizei zu bilden.
Nach der Erklärung des Herrn Marrast und nach der Aussage der zahlreichen Zeugen, welche wir vernommen haben, hatte diese Polizei durchaus keinen offiziellen Charakter, sie war auch nicht
einmal das Ergebniß eines ordentlichen und formellen Beschlusses (!), zeigte sich aber nichtsdestoweniger sehr thätig und nützlich. (Man braucht bloß an den 15. Mai und die Auskunft Raspails über
diese Polizeischwindeleien des Père Marrast zu denken.) Man kann sagen, daß die Errichtung dieser Polizei halb und halb (à demimots) durch gegenseitige Zustimmung der gemäßigten
Mitglieder verabredet wurde, da, wie eins dieser Regierungsglieder sich ausdrückte, alle Welt zu dieser Zeit die Nothwendigkeit einer persönlichen Polizei fühlte!“
Das heißt mit andern Worten, die „honette und gemäßigte Partei“ der Regierung conspirirte, schuf ohne Willen der Uebrigen, durch einfache einseitige Verabredung, eine Privatpolizei
aus Staatsmitteln, und die Commission findet dies ganz in Ordnung, da es sich um die Existenz und die anerkannten Polizeibedürfnisse der „Honetten“ handelte. Und das ist dieselbe
Sippschaft, welche gegen die Ledru-Rollin'schen Departementscommissarien als den höchsten Mißbrauch der Gewalt heulte!
„Allein zu dieser Polizei brauchte man Geld. Man konnte dasselbe nicht vom Staate verlangen, da dies ein offenes Geständniß gewesen wäre, daß man sich gegenseitig überwachen wollte und
ernste Motive dabei im Schilde führe“.
Alles natürlich, Alles zu rechtfertigen, denn es galt die demokratische Partei der Regierung, das Volk um die Revolution zu betrügen.
„Das Journal, der National, gab einige ersten Mittel her, welche gleichwohl unzureichend waren; später wurde auch der Gehalt des Maire von Paris vollständig absorbirt und Hr. v. Lamartine
gab 10,000 Fr. aus den geheimen Fonds seines Ministeriums. Man unterhielt wichtige Rapporte über Alles, was in den Klubs, geheimen Gesellschaften, auf der Polizeipräfektur und im Ministerium des
Innern (Ledru-Rollin) vorging. Diese Rapporte, welche von achtungswerthen über allen Verdacht erhabenen Männern kamen, waren natürlich von großem Werth und mußten sehr theuer bezahlt
werden. Wir können einige darunter anführen, die man nur durch Zusage einer indirekten Subvention von 2000 Fr. zu erhalten vermochte.
„Eine Menge Summen von verschiedener Größe wurden unter dem Namen von Unterstützungsgeldern vertheilt, und riefen einen Eifer hervor, auf den man nicht hätte rechnen können, wenn man
bloß offizielle Renumerationen mit Polizeigeldern zur Verfügung gestellt hätte. Oft erlangte man durch diese Summen die unerwartetsten Resultate zu einem Spottpreis. Es existirte sogar eine gewisse
Regelmäßigkeit in der Zahlung dieser indirekten und geheimen Polizei; aber am 15. Mai, als in Folge der Ereignisse in der Assemblée auch das Hotel-de-Ville überfallen und der Maire von
Paris bis in sein Kabinet von den Faktiosen bedroht wurde, glaubte derselbe alle Dokumente und alle empfangenen Mittheilungen auf der Stelle vernichten zu müssen.
Durch diesen glücklichen Zufall ist die geheime Geschichte der Klique Marrast-Marie-Garnier-Pagès der Kontrolle der Assemblée und der Bewunderung der Nachwelt entzogen worden.
Noch erhalten wir aus dem Rapport eine kurze Mittheilung über die Thätigkeit der eitlen, geckenhaften «putain politique», des edlen Lamartine.
„Hr. v. Lamartine, welcher Hrn. Marrast die 10,000 Fr. aus den geheimen Fonds seines Ministeriums gab, machte zwar ebenfalls in Polizei (faisait de la police), indeß bot nach der Aussage des
Hrn. Garnier-Pagès diese Polizei eben keine große Sicherheit. Herr von Lamartine wollte durchaus selbst handeln und sich direkt mit den großen Agitatoren dieser Epoche in persönliche
Verbindung setzen. In diesem Sinne sah er sich denn auch später zu der Erklärung genöthigt, daß er mit gewissen Leuten konspirirt habe, wie der Blitzableiter mit der Wetterwolke.“
C'est-à-dire comme un agent provocateur, wie ein gemeiner Polizeispion.
Die nächste Revolution wird diesen elenden Schurken für ihre Verräthereien Rechnung tragen, und der Galgen, an dem der Name Louis Blanc's jetzt angeschlagen wurde, wird die Herren Marrast
und Lamartine nicht bloß «in effigie» in Empfang nehmen.
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@type | jArticle |
@facs | 1637 |
Paris, 1. Mai.
Eben erhalten wir eine Marseiller Post vom 29. April. Die Dampffregatte Le Sané und das Postschiff Eurotas liefen daselbst mit Nachrichten aus Civita-Vecchia
bis zum 27. April ein.
Das wichigste Dokument des Eurotas ist folgende, offenbar im Elisée längst im Voraus verfaßte:
Proklamation Oudinot's an die Römer.
„Bewohner der römischen Staaten! Im Angesicht der Ereignisse, welche Italien bewegen, beschloß die französische Republik, ein Armee-Corps auf Euer Gebiet zu schicken, nicht um Eure
gegenwärtige Regierung zu vertheidigen, welche sie nicht anerkannte(!), sondern um von Eurem Vaterlande großes Unglück abzuwenden. Frankreich gedenkt nicht, sich das Recht zuzuschreiben, Interessen zu
reguliren, die vor Allem diejenigen der römischen Bevölkerung sind und die, insoweit sie allgemeiner Natur, sich über ganz Europa und über das christliche Universum erstrecken. Es glaubt nur, daß es
besonders durch seine geographische Lage dazu berufen sei, zu interveniren: um die Etablirung eines Regime's zu erleichtern (faciliter), das von den Mißbräuchen, die der Edelmuth des erlauchten
Pius IX. auf immer abschaffte, ebenso entfernt sei als von der Anarchie der letzten Zeit.(!!) Die Fahne, die ich auf Euren Gestaden aufpflanze, ist die des Friedens, der Ordnung, der Versöhnung, der
wahren Freiheit. Um sie herum werden sich alle diejenigen sammeln, welche zur Erfüllung des patriotischen und heiligen Werkes beitragen wollen.“
Civita-Vecchia, 26. April 1849.
(gez.) Oudinot de Reggio, General en chef.
‒ Es scheint, daß obige Proklamation große Entrüstung in Rom hervorgerufen.
‒ Die Gruppen an der Porte St. Denis sind doch noch nicht ganz verschwunden. Gestern Abend 10 Uhr machte die Polizei wieder eine starke Razzia unter Denen, die sich an das Eisengeländer des
Boulevards vor den Eingängen der Straßen Bourbon-Villeneuve, Clery u. s. w. lehnten. Am Sonnabend und Sonntag wurden 500 Personen verhaftet, von denen 365 Personen der Prozeß gemacht werden soll.
Unter den Eingesperrten befinden sich auch zwei Saalwärter der Nationalversammlung, in deren Behausung man Pulver und Blei und geladene Gewehre gefunden. Die Sache ist zum Todtlachen, wenn uns die
Gazette des Tribunaux nicht foppt, sondern Wahrheit spricht Die „Revolution“ sagt, wir waren gestern Abend Zeugen von dem System, in welchem die Polizei die Gruppen bildet. Es stellen
sich von zehn zu zehn Schritten einzelne Männer auf und gaffen nach dem Gesims des Triumphbogens, wo bekanntlich einige Fetzen einer Februarfahne hängen. Tiens, sagt der Eine, man hat die Fahne
gewechselt; so? frägt ein Anderer; Ersterer: Jawohl, die Fahne ist weiß Ah! ruft ein Dritter, und so beginnen die Gruppen!!
‒ Der Ausschuß der Nationalversammlung, welcher sich mit Prüfung des Kredits für das Revolutionsfest am 4. dieses beschäftigt, wird wohl heute seinen Bericht abstatten. Wie wir hören ist mit
8 gegen 5 Stimmen Amnestie der „Juniräuber“ darin bevorwortet.
‒ Die demokratische Wahlliste ist jetzt vollständig. Boichet und Rattier vom 7ten leichten und 48. Linien-Regimente, ein Paar hochrothe Unteroffiziere, sind die Kandidaten der Pariser
Armee.
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 1. Mai. Anfang 11 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Das Protokoll wird verlesen und der Marcel-Barthe'iche Bericht über die Civilpensionen
(Präfekturscandäler) vertheilt.
Drouyn de Lhuys, Minister des Aeußern, beantragt 480,000 Fr. Couriergelder.
Mit Murren des Berges bewilligt.
Bedeutenden Zeitraum erfordert die Ernennung der monatlichen Abtheilungen. Gegen 2 Uhr ist sie beendigt und das Haus nimmt die Debatte über die Reform des Heerwesens auf. Man war bis Artikel 32
gerückt, sah sich jedoch genöthigt, zu Artikel 19 zurückzukehren, da derselbe wegen einiger Nachsätze an den Ausschuß zu nochmaliger Begutachtung zurückgewiesen worden war.
Zwischen mehreren Ausschußgliedern und den Antragstellern entspinnt sich eine lange Debatte.
Adelsward, Lamoriciere, Desjobert, Deludre, Raudot, Brunet nehmen daran Theil.
Goudchaux bekämpft lang und ziemlich eindringlich die Bestimmungen des Artikels 32 der von der Ersatzbefugniß durch Geld handelt. Er fürchtet, daß es eine Prätorianer-Armee gebe und führt
aus, daß das Lamoriciere'sche Ablösungssystem eher den Armen als den Reichen treffen werde etc.
Lamoriciere erwidert in einstündiger Rede, daß ja heute gar keine Gleichheit vorhanden. Alte, gediente Soldaten seien klüger und verständiger als junge, die blindlings in den Kampf stürzten.
Er wolle Staatsstreiche lieber mit jungen als mit alten Soldaten abwehren. Diese Befurchtung sei also unnütz Hauptsache sei, wo möglich Jedermann zum Militärdienst heranzuziehen. Das Ersatzwesen müsse
möglichst vertilgt und der arme Soldat entschädigt werden. Dies sei zunächst nur durch Anlage von Sammelkassen möglich. Es beschwört die Versammlung den Artikel 32 anzunehmen. Er enthalte den Hauptzug
des ganzen Gesetzes.
Der Artikel wird mit 399 gegen 179 Stimmen angenommen.
Die Sitzung ist um 6 3/4 Uhr geschlossen.
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@facs | 1638 |
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@type | jArticle |
@facs | 1638 |
Stehende Brücke.
In einer am 30. p. Statt gehabten zahlreichen Versammlung ist nachstehende, an das königl. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten gerichtete
Adresse festgestellt worden. Dieselbe wird zur Unterzeichnung sowohl bei den hiesigen Einwohnern circuliren, als auch an näher zu bezeichnenden Orten offen gelegt werden.
„In einer Zeit wie die gegenwärtige, wo die althergebrachten Zustände nicht selten schon ihres Alters wegen dem herrschenden Streben nach Neuerung zum Opfer gebracht werden und anderen noch
erst zu erprobenden Verhältnissen weichen müssen, erscheint der Wunsch durchaus gerechtfertigt, daß Einrichtungen, welche sich durch die Erfahrung als gut bewährt haben, nicht ohne Noth und ohne
Ersatz durch bessere beseitigt werden. Wiederum ist eine dieser alten, bewährten Einrichtungen in Frage gestellt und schon das bloße Gerücht davon hat lebhafte Aufregung erzeugt.
Seit Jahrhunderten ist der Rheinübergang von dem linken zum rechten Rheinufer zwischen der Friedrich-Wilhelmstraße in Köln und der Freiheitsstraße in Deutz bewerkstelligt und im Jahre 1822 aus
fortificatorischen Gründen die stehende Schiffbrücke dort errichtet worden. Es war eine natürliche Folge, daß im Laufe der Zeit Handel und Gewerbe sich zu dieser Pulsader hindrängte, daß sich die
Bevölkerung dort dichter als irgendwo anders ansiedelte, daß der ganze mittlere und südliche Stadttheil in öffentlichen und Privat-Bauten mit Rücksicht auf ihr Verhältniß zu dieser Verbidungslinie der
beiden Rheinseiten eingerichtet, daß endlich die Stadt Deutz an diese Linie fast nur als eine Verlängerung angebaut wurde.
Ein gewerbreicher, blühender Stadttheil, die bei Weitem größere Hälfte der Bevölkerung von Köln, hat sich um diesen Brennpunkt angesetzt, Handel und Gewerbe bewegen sich dort vorzugsweise, ja, fast
ausschließlich, und das in allen übrigen Theilen der Stadt entwerthete Grundeigenthum hat dort bis jetzt jeder Erschütterung Trotz zu bieten vermocht.
Indeß sind auch diese Stadtviertel in der neuesten Zeit nicht unberührt geblieben, indem die Anfangs unbestimmten, jetzt durch Abgeordnete in Berlin entschieden mitgetheilten Nachrichten, es solle
zur Verbindung der Rheinischen und Köln-Mindener Eisenbahn an dem Trankgassen-Thore oder etwas mehr südlich eine stehende Brücke erbaut werden, ihre nachtheilige Einwirkung nicht verfehlen
konnten.
Wenn die Verbindung der beiden Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Verkehrs gewünscht wird, so sei uns die Bemerkung erlaubt, daß der letztere etwas durchaus Relatives ist, welchem die
Existenz ganzer Städte und Orte nur im Falle unabweislicher Nothwendigkeit geopfert werden darf. Köln war seither ein Knotenpunkt für die Eisenbahnen, es war ein solcher durch seine Lage, seine
Zoll-Verhältnisse, durch den Rhein selbst. In dem Augenblicke, wo die Verbindung der beiden Eisenbahnen vollendet sein, der Verkehr nur durch seine Räume durchgeführt wird, muß es diese Eigenschaft
verlieren und kann nur dem Schicksale derjenigen Orte und Städte, welche von den Eisenbahnen blos berührt, einem langsamen Verfalle zugeführt werden, entgegen gehen.
Sollten militärische Rücksichten bei der Anlage der Brücke an anderen als den gegenwärtigen Endpunkten einwirken, so erlauben wir uns die Erwähnung, daß der Bau der gegenwärtigen Schiffbrücke zur
Verbindung der großen Heerstraße nach Berlin erfolgt ist.
Wenn der Staat gleichwohl die Errichtung einer stehenden Brücke als Nothwendigkeit erkennt, wenn sie unerachtet der die Stadt bedrohenden Nachtheile zugleich zur Verbindung der beiden Eisenbahnen
dienen soll, dann tritt die Frage, an welchen Punkten die beiden Rheinufer verbunden werden sollen, in den Vordergrund.
Im Eingange haben wir uns die Bemerkung erlaubt, daß es wünschenswerth erscheine, die vorhandenen guten Zustände nicht ohne Noth zu verändern; wir beehren uns, darauf zurückzukommen.
Die Bewohner des mittleren und südlichen Stadttheiles mögen allerdings kein strenges Recht auf die Beibehaltung der dermalen vorhandenen Einrichtung in Anspruch nehmen können; gleichwohl ist es
aber auch Thatsache, daß sie diese Einrichtungen in gutem Glauben und im Vertrauen auf die Fortdauer der bestehenden Verhältnisse getroffen haben, und die Billigkeit erheischt es, daß diese
historischen Zustände in Fällen wie der vorliegende, wo die Veränderungen so folgenreich werden müssen, nicht unberücksichtigt bleiben. Das ist außer Zweifel, daß die Stadt Deutz durch eine Verlegung
der Brücke zu Grunde gerichtet wird; daß durch dasselbe Ereigniß die südliche Hälfte der Stadt Köln, der bei weitem zahlreichste Theil der Bevölkerung, seiner Existenz beraubt, allmählich in dasjenige
Lager hinüber gedrängt wird, von welchem dem Staate und der bürgerlichen Gesellschaft die Gefahr der Auflösung immer drohender entgegen tritt.
Der Staat hat bis dahin die durch ihren geschichtlichen Ursprung, durch ihr vortheilhaftes Bestehen mit einem gewissen Anrechte auf Fortdauer versehenen Zustände mit weiser Vorsicht unangetastet
gelassen, er wird es auch in diesem Falle thun, wenn nicht gebieterische Nothwendigkeit ein Anderes erfordert. ‒ Eine solche Nothwendigkeit wird in rein technischen Schwierigkeiten oder dem
Kostenpunkte nicht gefunden werden können, da unsere Stadt selbst in den unterhalb der Brücke für die Fortführung der Eisenbahn gemachten Uferbauten und Terraingewinnungen den Beweis liefert, daß
diese beiden Punkte nicht in Anschlag kommen dürfen; sie würden in dem gegenwärtigen Falle um so weniger entscheiden können, als Deutz und Köln sich gemeinschaftlich zu großen Opfern verstehen werden,
um eine zu der Anlage der stehenden Brücke an den gegenwärtigen Verbindungspunkten etwa erforderliche Erweiterung des Stromgebietes zu beschaffen.
Der Gemeinderath der Stadt hat in seiner Sitzung vom 26. v. M. an das Königliche Ministerium das ehrerbietige Ansuchen gerichtet, ihn vor der Bestimmung über die bei Anlage der Brücke zu
benutzenden Endpunkte mit seiner Erklärung zu hören, und wir erlauben uns, an das Königliche Ministerium den so ergebenen als dringlichen Antrag zu richten:
„In Betracht der wichtigen Folgen, die Verbindungspunkte der beiden Rheinufer zwischen Köln und Deutz für die Anlage einer stehenden Brücke an keinen anderen als den gegenwärtigen
Uebergangspunkten zu bestimmen, indem die Möglichkeit der Benutzung derselben nicht in Zweifel gezogen werden kann.“
Vorstehende Adresse liegt bis Freitag, den 4. d M, Abends 6 Uhr, zur Unterschrift offen bei den Herren
- 1. Badorf, Apernstraße.
- 2. Becker, Schildergasse Nro. 8 und 10.
- 3. Bilstein, Friedrich-Wilhelmstraße.
- 4. In der Börse, Rheingasse.
- 5. Breuer, Hahnenstraße Nro. 3.
- 6 Contzen, Hahnenstraße Nro. 43.
- 7 Decker, Severinstraße Nro. 17.
- 8. Halin, Heumarkt, Börse.
- 9. Johnen, Lyskirchen Nro. 3.
- 10. Jüsgen, Hochstraße Nro. 74.
- 11. Klütsch, Wollküche.
- 12. Lölgen, Ehrenstraße Nro. 36.
- 13. Löwen, Mathiasstraße Nro. 2.
- 14. Opladen, Streitzeuggasse Nro. 19 B.
- 15. Osterwald, Gertrudenhof, Apostelnmauer.
- 16. Pfahl, Rheinberg Nro. 5.
- 17. Reichard, Herzogstraße Nro. 10.
- 18. Reiff, Marienplatz Nro. 16.
- 19. Schumacher, Follerstraße Nro. 17.
- 20. Simons, Griechenthor.
- 21. Tinner, Griechenthor Nro 1.
- 22. Westenberg, Ehrenstraße Nro. 1.
- 23. Wirtz, Blaubach Nro. 38
- 24. Wirtzfeld, Breitestraße Nro. 126.
- 25. Wolff, Rächelsthor Nro. 1.
Die Herrn Unterschriftensammler werden freundlichst ersucht, ihr Resultat bei Herrn Farina, Jülichsplatz, bis Freitag, den 4., Abends 7 Uhr, gefälligst einliefern zu wollen.
Das Comite.
Bel. Dubelman. Farina. Pannes. Peill.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1638 |
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 2. Mai 1849.
Angekommen:
Cäpt. Breynks von Rotterdam mit 2269 Ctr.; Capt. Singendonk von Amsterdam mit 1463 Ctr., beide geschleppt.
Abgefahren.
Jos. Zeiler nach Koblenz, J. Hirschmann nach Mainz, M. Roth nach dem Obermain, L. Müller nach Mannheim, L. Hermann nach Kannstatt, sämmtlich geschleppt; A. Meyer nach Duisburg; Wwe. Jacob Schaaff
nach Wesel.
In Ladung.
Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. A. J. Orts. Nach Düsseldorf bis Mülheim a. d. Ruhr L. Ducoffre. Nach Andernach und Neuwied C. Kaiser u. M. Wiebel. Nach Koblenz, der Mosel, der Saar und Luxemburg D.
Schlaegel. Nach der Mosel, der Saar u. Trier Fr. Deiß Nach Bingen H. Harling. Nach Mainz Chr. Acker. Nach dem Niedermain Franz Spaeth. Nach dem Mittel- und Obermain S. Schön. Nach Heilbronn H. Staab.
Nach Kannstadt und Stuttgart L. Bühler. Nach Worms und Mannheim B. Sommer, und (im Sicherheitshafen) Wwe. C. Müller.
Ferner: Nach Rotterdam Capt. Demmer, Köln Nr. 25.
Nach Amsterdam Capt. Wemmers Köln Nr. 7.
Rheinhöhe: 8′ 9 1/2″. Köln. Pegel.
Civilstand der Stadt Köln.
Den 29. April 1849.
Geburten.
Anna Cathar., T. v. Franc. Domin. Haas, Kaufm., Hof. ‒ Anna Maria Franc., T. v. Wilh. Goelitz, Mechaniker, St. Apernstr. ‒ Elisab., T. v. Werner Schneider, Schmid, Josephstr. ‒
Leonh., S. v. Bern. Siepen, Spezereih., Severinstr. ‒ Pet., S. v. Franz Zündorff, Tagl., kl. Griechenm. ‒ Heinr. Karl Aug., S. v. Aug. Wilcke, Kfm., Ursulastr. ‒ Herm. Jos., S. v.
Heinr. v. Thenen, Conditor, oben Marspforten. ‒ Clara, T. v. Pet. Math. Meyer, Tabakarb., kl. Spitzeng. ‒ Gertr., T. v. Karl van Haut, Schreinerm., Friedrichstr. ‒ Johanna Barb.,
T. v. Karl Friedr. Fellmann, Schreinerges., Bayardsg. ‒ Anna Barb. Hubert. Odilia, T. v. Gabr. Bädorf, Maurer, Eigelst. ‒ Cathar., T. v. Casp. Heinr. Meinen, Schreinerges., gr.
Griechenm. ‒ Cathar. Margar., T. v. Jacob Melch. Lehn, Kleiderm., unter Goldschmied. ‒ Adolph Otto Emil, S. v. Wilh. Adolph Ludw. Baron v. Vietinghoff, Hauptm, gr. Telegraphenstraße.
‒ Ein unehel. Knabe und ein Madchen.
Sterbefälle.
Pet. Jos. Deutzmann, 6 T. alt, Ehrenstr. ‒ Elisab. Breuer, geb. Frantzen, 43 J. alt, Benesisstr. ‒ Jos. Strung, 11 M. alt, kl. Griechenm. ‒ Joh. Jos. Strunck, 5 J. 2 M. alt,
Friesenstr. ‒ Anna Schiefer, 16 J. alt, unverh., gr. Brinkg. ‒ Jacob Oster, Gärtner, 49 J alt, Wittwer, Friesenstr.
Bourscheid bei Solingen, 1. Mai. Folgende Adresse ist gestern an die Nat.-Versammlung nach Fraankfurt abgegangen:
Hohe National-Versammlung!
Angesichts der von einem volksfeindlichen Ministerium ausgesprochenen Auflösung und Vertagung der preußischen Kammern, und im Hinblick auf die von den übrigen königlichen Mächten Deutschlands an
den Tag gelegten schmählichen undeutschen Gesinnungen, wird es dem mit schmerzlichster Ungeduld auf eine Einheit des geliebten Vaterlandes harrenden deutschen Volke von Tag zu Tag klarer, wie jene
Mächte in innigem Einverständniß das von der hohen National-Versammlung beschlossene Werk der Einheit zu hintertreiben und nichtig zu machen suchen.
Das deutsche Volk aber verlangt mit Recht den baldigsten Genuß der in der hohen Versammlung gereisten Früchte und wird allen verrätherischen Gelüsten ‒ gleich den hochherzigen Brüdern
Würtemberg's ‒ mit Entschiedenheit entgegen zu treten wissen.
Mit solchen Gesinnungen ist auch unser Verein beseelt und fordert derselbe die hohe National-Versammlung dringend auf an allen bisherigen Beschlüssen unbedingt festzuhalten, während er die feste
Zusicherung ausspricht, seinen Vertretern in den Tagen der Gefahr mit Gut und Blut zur Seite zu stehen.
Straßerhof in Rheinpreußen, 29. April 1849.
Der Vorstand des demokratischen Vereins für „Bourscheid und Umgegend“ im Namen von 348 Mitgliedern.
(Die Unterschriften.)
In einer angenehmen Straße zwei unmöblirte Zimmer an einen einzelnen Herrn oder Dame, mit eigener Bedienung zu vermiethen. Die Exp. sagt wo.
Es wird eine Magd gesucht. Augustinerplatz 6.
Geldcours.
gap: insignificant
Bekanntmachung.
Freitag den 4. Mai 1849, Vormittags zehn Uhr, sollen auf dem Altenmarkte zu Köln eine Menge Waaren, welche aus einem aufgelösten Geschäfte herrühren, bestehend in Tabakspfeifen, Pfeifenköpfen von
Porzellan, Tabaksdosen, Stöcken, Knöpfen, so wie auch Laden nebst Theke und Glaskasten etc., gegen baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher, Brochhausen.
Versteigerung.
Am Freitag den 4. Mai 1849, Vormittags 11 Uhr, sollen auf dem Markte zu St. Aposteln in Köln, verschiedene Hausmobilien, als Kommode, Tische, Stühle, Oefen, Schränke, Spiegel etc., gegen baare
Zahlung versteigert werden.
Der Gerichtsvollzieher, Clören.
Karten für Zeitungsleser, von Dr. K. Sohr
1) Ungarn, Galizien und Siebenbürgen ‒ 2) Siebenbürgen, Moldau und Walachei ‒ 3) Bosnien, Serbien und Militärgränze ‒ 4) Oestreich Kaiserstaat ‒ 5) Lombardei und Venedig
‒ 6) Ober- und Mittel-Italien ‒ 7) Neapel und Sicilien ‒ 8) Dänemark ‒ 9) Holstein ‒ 10) Schleswig ‒ 11) 12) Jütland 2 Blätter ‒ 13) Spanien ‒
14) Frankreich ‒ jedes Blatt 3 3/4 Sgr. ‒ 15) Handtke's Karte des Oestreichischen Kaiserstaates, im größten Kartenformat (ganz neu) 10 Sgr. ‒ 16) Dessen Karte von
Frankreich, größtes Format 10 Sgr. Vorräthig in allen Buchhandlungen, in Köln in der F. C. Eisen'schen Sort-Buch- u. Kunsthandlung Friedrich-Wilhelmstr. Nr. 2 ‒.
Der Bandjüd Bing wird gebeten, sich eine Brille anzuschaffen, damit er künftig nicht mehr nöthig hat, auf eine so gemeine Art solche Leute anzufallen, die doch lieber mit gebildeteren zu
thun hätten.
F. W. Niebur Leinen- Fabrikant aus Bielefeld, bringt beim Schluße der Messe sein Lager in Bielefelder Leinwand, Battist-Taschentüchern, grau Thee-Servietten, Handtüchern, Tischgebild, in
Drille und Damast, ächten Bielefelder Häckel- u. Nähzwirn in 36 verschiedenen Farben aus Handgespinnst etc. etc. nochmals in empfehlende Erinnerung. Seine Bude befindet sich in der dritten Reihe,
kennbar an obiger Firma.
Englischer Brust-Syrop.
Untrügliches Mittel gegen Husten und Brustverschleimung. Das Fläschchen 5 Sgr. ist nur allein ächt zu haben bei
Gebr. Fabry, Conditor, Altenmarkt Nr. 10.
Ferd. Weidenpesch, Obenmarspforten Nr. 42.
Joh. Meist, in Deutz.
Hildenbrand, in Linz.
Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gas-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
Eine anständige gewandte Aufwärterin gesucht, in der „Schönen Aussicht“ am Holzthor
Heilsame Erfindung.
Neu verbessertes Hümmert's Pollutions-Verhütungs-Instrument, durch welches, ohne die geringste Beschwerde und Gefahr dieses gefährliche Uebel binnen ganz kurzer Zeit völlig beseitigt wird
und über deren zweckmäßige einfache Einrichtung die besten Zeugnisse von mehreren Medizinal-Behörden Deutschlands, vorliegen. Gegen portofreie Einsendung des Betrags erhält man Instrument nebst
ausführlicher Gebrauchs-Anweisung von den Unterzeichneten zugeschickt.
1 | Instrument | in | feinem | Neusilber | mit Suspensorium | 4 | Thlr. | Pr. | Court. |
1 | Instrument | in | feinem | Messing | 3 | Thlr. | Pr. | Court. |
1 | Instrument | in | feinem | Metall | | 2 1/2 | Thlr. | Pr. | Court. |
Gleichzeitig stellen wir bei richtiger Anwendung eine Garantie über den Nutzen dieses Instruments von 20 Friedrichs'dor.
Außer obigem Instrumente haben wir noch neuerdings ein Compressorium oder Urinsperrer, erfunden, welches von vielen Aerzten für heilsam anerkannt und die Eigenschaft besitzt, daß das nächtliche
Einnässen ins Bett bei Knaben, so wie auch bei Erwachsenen durchaus verhütet wird, und sich schon nach höchstens monatlichem Gebrauch entbehrlich macht. Gegen portofreie Einsendung des Betrags und
Angabe des Alters erhält man Instrument nebst Gebrauchs-Anweisung für 2 Thlr. oder 3 1/2 Gulden bei Philipp Schlesinger & Comp. in Bleicherod- bei Nordhausen.
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Vom 17. April ab fahren die Schiffe von Köln:
Morgens um 4 Uhr täglich, außer Donnerstag und Samstag.
In einem Tage über Nymegen nach Rotterdam.
In einem Tage über Arnheim nach Amsterdam.
(resp. im Anschluß an den vorletzten 4 3/4 Uhr Eisenbahnzug von Arnheim nach Amsterdam).
Nachts um 1 Uhr täglich, außer Sonntag und Dienstag direkt nach Mannheim und Ludwigshafen.
Der „Batavier“ fährt jeden Dienstag von Rotterdam nach London;
Der „Batavier” fährt jeden Sonntag von London nach Rotterdam.
Bei direkten Einschreibungen betragen die ermäßigten Preise von Köln bis London:
Große Cajütte (Chief Cabin) Thlr. 8 17 Sgr.
Vorkajütte (Fore Cabin) Thlr. 5 4 Sgr.
Nähere Auskunft wegen Passagiere und Güter ertheilt der Agent Albert Heimann, Friedrich-Wilhelmstraße Nro. 4.
Rhein- und Yssel-Dampfschifffahrt.
Von Köln nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim, Doesborgh, Zütphen, Deventer, Zwolle, Kampen u. Amsterdam, in Verbindung nach Hull, London und Hamburg, jeden Sonntag, Dienstag und Freitag,
Abends 8 Uhr.
Ankunft der Passagiere in Amsterdam am nächsten Tage um 2 Uhr Mittags.
Näheres über die ermässigten Frachten für Passagiere und Güter ettheilt:
Die Agentur, Friedrich-Wilhelm-Strasse Nro. 6-8.
Köln, den 30. März 1849.
Ein in Erfahrungen erprobter Kaufmann, welcher in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland an der Spitze von Bank- und Fabrikgeschäften stand, der französischen Sprache wie der
deutschen mächtig ist, auch englisch und italienisch kann, würde als Geschäftsführer, Gerant, eine angemessene Stelle annehmen. Derselbe möchte vorzugsweise in der Baumwoll-Industrie wirken, indem er
ein ausgezeichneter Kenner der Baumwolle ist, und besonders dazu geeignet wäre das Interesse der Baumwollspinnerei-Besitzer auf den Märkten von Liverpool, Amsterdam, Havre etc. bei den Commissionärs
zu ermitteln, damit sie stets die reellen Baumwoll-Sortimente billigst erhalten, welche ihre Garn-Nummern erfordern. Frankirte Anträge übermittelt G. Reichenbach, Fabrikant in Urspring in
Würtemberg.
Zwei möblirte Zimmer zu vermiethen. Schildergasse 18.