Deutschland.
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@facs | 1629 |
Edition: [Friedrich Engels: Lassalle, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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] Köln, 2. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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*
] Köln, 2. Mai.
Wir theilen unseren Lesern zu unserer speziellen Befriedigung mit, daß die von dem hiesigen wohllöblichen Gemeinderath ausgeschriebene Versammlung von
Gemeinderath-Deputirten der Rheinprovinz durch simpeln Regierungsbefehl verboten worden ist. Die „guten Bürger“, welche sich im September bei dem Verbot der
Demokratenversammlungen so „behaglich“ fühlten, mögen sich jetzt bei ihren Herren und Meistern bedanken. Im September 1848 wurde das Vereinsrecht der Demokraten wenigstens durch die
honette Gewalt des Belagerungszustandes vernichtet; das Vereinsrecht des Kölner Gemeinderathes ist dagegen mitten in schönster Rechtsbodenblüthe an einem Fußtritt gestorben.
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@facs | 1629 |
Düsseldorf, 1. Mai.
Heute gegen 4 Uhr hatte sich eine Masse Menschen am und im Elberfelder Bahnhof versammelt, und der lange Zug brachte unter Hochruf die bergischen Gäste. Gegen
1100 Männer aller Stände, aus Elberfeld, Barmen und den Nachbarorten, ordneten sich jetzt unter drei großen deutschen Bannern, umgeben von tausenden Menschen, zum Einzuge in die Stadt. Es waren alle
Gesellschaften und Vereine des Wupperthales vertreten, die Führer der Schützengilde in ihrer Uniform, aber ohne Waffen, neben dem Landwehrverein, der Fabrikarbeiter neben dem Kaufmann. Alle diese
Gäste waren reich geschmückt mit deutschen Bändern. Der Zug setzte sich in Bewegung; doch kaum am Thore angekommen, trat ihm, den friedlichen, unbewaffneten Deputirten, eine Abtheilung Militär
entgegen, versperrte ihnen den Weg und lud Angesichts der Menge die Gewehre. Die Hälfte des Zuges, als er die Stockung vorn bemerkte, lenkte sogleich ab und zog auf der nahe vorbeiführenden
Schleppbahn hinter dem Rücken des Militärs in die Stadt. Zwar wurde auch eiligst die Kasernenstraße abgesperrt, doch zwischen diesen beiden Militärabtheilungen hindurch bewegte sich unbekümmert die
Menge, und stellte sich dann auf dem Schwanenmarkte auf, woselbst der Führer, Dr. Höchster, eine Rede hielt, worin er den Zweck der Deputation erklärte und Düsseldorf begrüßte.
Während nun 20 Deputirte sich zum Regierungspräsidenten begaben, dessen Wohnung vom Friedrichsplatze bis zur Kapuzinergasse durch Kavallerie und Infanterie abgesperrt war, wurden in dem gedrängt
vollen Gartenlokale der Bockhalle begeisterte Reden von hiesigen und bergischen Bürgern gehalten, und mancher Hochruf erscholl weithin über die Stadt, namentlich bei solchen Stellen, welche ein
energisches Wahren der versprochenen Freiheiten aussprachen. Nach langem Hin- und Herreden wurde die Deputation bei dem Regierungspräsidenten, der sie Anfangs nicht zu sich lassen wollte, vorgelassen,
und dieser versprach endlich, die überreichte Adresse nach Berlin zu befördern. Das Verbrüderungsfest erreichte nach der Rückkehr der Deputation seinen Glanzpunkt, als die beiden Repräsentanten des
Wupperthales und Düsseldorf's hoch über der Masse stehend, sich die Hand und den Bruderkuß reichten, und laut aussprachen, daß von jetzt an das bergische Land vereint den Weg zur Errringung
seiner Freiheiten gehen werde ‒ Unter Gesang und Vortragung der deutschen Banner verließen uns, nach einem Umzuge durch einen großen Theil der Stadt, die werthen Gäste, begleitet von Tausenden
der Stadt und Umgegend, um mit dem Bahnzuge in ihre Berge zurückzukehren. Es fiel nicht die geringste Uebertretung der Ordnung vor.
[(D.Z.)]
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@facs | 1629 |
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15
] Düsseldorf, 1. Mai.
Wir haben bereits mitgetheilt, daß Lassalle aus Gesundheitsrücksichten den Antrag bei der Korrektionell-Kammer stellte, im Fall seiner Freisprechung
vor den Assi en, bis zur weiteren Verhandlung s ines Prozesses vor dem Zuchtpolizeigericht provisorisch und gegen Kaution freigelassen zu werden. Die Korrektionellkammer hat sich für inkompetent
erklärt, und Lassalle Appellation dagegen eingelegt. Jetzt hat sich auch die Appellkammer bis zur eventuellen Freisprechung Lassalle's durch die Geschwornen für inkompetent erklärt, also das
Inkompetenzurtheil der ersten Kammer bestätigt.
[1630]
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@facs | 1630 |
Koblenz, 1. Mai.
Auf den Batterieen, in den Magazinen und Depots ist Seitens unseres Militärkommando's augenblicklich eine große Thätigkeit bemerkbar, daher das Gerücht von
einer Armirung unserer Festungswerke wahrscheinlich wird. Auch hat man schon damit begonnen, Geschütze auf die Wälle zu fahren und die Munitionshäuser an den Wallgräben zu versehen. Wagen mit Pulver
und Kugeln fahren den ganzen Tag durch die Straßen der Stadt und über die Brücke nach dem Ehrenbreitstein, und in dem Laboratorium werden eine Menge Granaten und Shrappnels gefüllt. Heute trifft auch
die im vorigen Sommer von hier nach der französischen Gränze detachirte Batterie der 8. Brigade wieder hier ein, und soll dieselbe in die Werke der Veste Kaiser Franz (Petersberg) gelegt werden. Es
bestätigt sich, daß das auf dem Marsche von Mainz nach Jülich befindlich gewesene 2. Bataillon des 29. Infanterieregiments Gegenbefehl erhielt und nun in Oberwesel, Bacharach und Umgegend einstweilen
verbleiben wird. Auch sind gestern und heute sehr viele Rekruten eingetroffen, von welchen ein großer Theil bei der Artillerie eingestellt wurde und die andern zu ihrem Sammelplatz nach St. Goar sich
begaben, von wo sie nach Mainz abmarschiren sollen.
[(Nh.- u. M.-Z.)]
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@facs | 1630 |
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103
] Krefeld, 1. Mai.
Die neueste „rettende That“ unseres Standrechtsministeriums hat endlich auch hier ihre Früchte getragen. Das Brandenburgische dreimalige
„Niemals“ war es, was unsere Krämerseelen und Seidenwürmer zuerst vor den Kopf stieß. Mit Ausnahme der Mitglieder des Preußenvereines, denen natürlich Alles, was der Gottbegnadete thut,
wohlgethan ist, erregte diese so lange zurückgehaltene Erklärung allgemeine Unzufriedenheit, und man hörte schon häufig den ci-devant deutschen Kaiser mit eben nicht schmeichelhaften Beiworten
belegen. Indeß hätte sich dieses Mißvergnügen wohl bald wieder gelegt, wenn nicht Manteuffel dafür gesorgt hätte, daß der Funke zur Flamme wurde. Die Auflösung der Kammer, das niederträchtige Metzeln
unter dem wehrlosen Volke hat unserem seidenumsponnenen Philister endlich die Augen geöffnet, und mit Schrecken sieht er, was er selbst zu erwarten hat von der väterlichen Huld und Liebe des
Gottbegnadeten und seiner raubritterlichen Clique. Sein eigenes Ich kommt in Gefahr, er ermannt sich: und so erlebten wir gestern das in Krefeld gewiß noch nie dagewesene Schauspiel, daß wohl tausend
Männer unter Absingen der Marseillaise durch die Straßen zogen und der Republik ein mehrmaliges Hoch brachten. Kein „Junker,“ kein Bourgeois-Gardist wagte dieser Demonstration
entgegenzutreten.
Auf heute Abend ist eine Volksversammlung angesagt, wo, wie ich höre, namentlich die Landwehrmänner mit der Erklärung auftreten wollen, daß sie die deutsche Verfassung aufs Entschiedenste
vertheidigen, dagegen den Befehlen der jetzigen Regierung nicht gehorchen würden. Auch beabsichtigt man einen Zug en masse nach Düsseldorf zu machen, um von der dortigen Regierung zu verlangen, dem
Gottbegnadeten von der gefährlichen Stimmung seiner Allergetreuesten Nachricht zu geben. Wie naiv! Kennen denn die Leute noch nicht jenen Kernspruch: „Bist du Gottes Sohn, so hilf dir
selbst?“
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@facs | 1630 |
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] Berlin, 30. April.
Wie man die unangenehmste Errungenschaft des März, wie man das allgemeine Wahlrecht ändern soll, das ist die Frage, welche Minister und geheime
Rathgeber des Königs am meisten beschäftigt. Es laufen natürlich merkwürdige Gerüchte daruber um, es scheint aber als sei man selbst in diesen höchsten Regionen noch nicht einig, was zu thun. Man
sieht einerseits, daß das jetzige System mit dem allgemeinen Wahlrecht nicht bestehen kann, es ist auf der andern Seite schwer, die religiösen Bedenken des Königs über heilige Versprechungen und
dergl. mehr zu überwinden.
Eine Fraction der jetzt regierenden Parthei, welcher z. B. der Finanzminister v. Rabe angehört, ist der Ansicht, man müsse es noch einmal mit dem alten Wahlmodus versuchen und nur durch die
gewöhnlichen constitutionellen Mittel der Corruption, durch Bestechung sowohl als durch die Perspective lohnender Aemter eine fügsamere Kammer zu erlangen sich bestreben. Andere wollen dagegen eine
genauere und strengere Interpretation des Wortes „selbstständig“. Man glaubt mit Recht, daß man dadurch den Census umgeht ohne durch den gehässigen Anstrich eines solchen zu leiden. Die
Versprechungen des Königs, wird ferner gesagt, sind dann nicht verletzt, das allgemeine Wahlrecht besteht nach wie vor.
Aehnlich räsonnirt die Partei, welche zu den homöopathischen Wahlkuren ihre Zuflucht nehmen will, wie sie Graf Arnim-Boitzenburg in seiner bekannten Brochüre dargelegt hat. Das Volk wird in zwei
Wahlklassen getheilt und es wählen die Besitzlosen erst Wahlmänner, welche gleiche Rechte mit den Urwählern der besitzenden Klasse haben und mit diesen zusammen die eigentlichen Wahlmänner zur Wahl
der Abgeordneten bestimmen. Oder man theilt das ganze Volk nach den direkten Steuersätzen in mehrere Klassen, deren jede eine gleiche Anzahl Wahlmänner wählt, so daß die Höchstbesteuerten schon an und
für sich Wahlmänner sind.
Endlich ist, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, noch ein Projekt aufgestellt worden und soll, so hört man, sehr viel Beifall und Billigung gefunden haben, so daß wir vielleicht gerade für diesen
Modus sehr viel Aussicht hätten. Die Wahlmänner müssen bekanntlich in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz haben. Das klingt ganz ungefährlich, ja man wird es dadurch plausible machen, daß man dem Volk sagt,
nur die, welche unter ihm wohnten, könnten seine Interessen wahrnehmen. Einerseits aber wird der Weg zu weiteren, die Wahl beschränkenden Maßregeln gerade hierdurch sehr leicht gemacht, andererseits
sind eine Anzahl politisch bekannter Männer ausgeschlossen, welche das Unglück haben in reactionaren Orten zu wohnen. Wir erinnern nur an Jacobi, Reuter, Rodbertus, Ziegler u. A.
Wenn man auch hoffen d rf, daß das Volk schon vor der Wahl ein unparlamentarisches Veto einlegt, so wird es doch die Pflicht der Presse sein, auf die vielen Schlingen und Fallen aufmerksam zu
machen, die man ihm zur Wahl zu legen denkt.
Es ist in mehreren Blättern erzählt worden, die Mitglieder der Linken in der weiland II. Kammer hätten Ausweisungsbefehle erhalten. Wir können versichern, daß das nicht wahr ist. Eine große Anzahl
der Abg. befinden sich noch immer hier. Mit Bucher ist auch Reuter nach Frankfurt a. M. gegangen.
Wir sagten schon, daß das Ministerium in seinem Schooße die Energie und die Kraft nicht gefunden hat, deren es bedurfte, um die Schritte der letzten Tage zu thun, daß derselbe Mann, welcher schon
im Novbr. v. J. die Fäden der Contrerevolution in der Hand hielt und die Drahtpuppen nach seinem Gutdünken leitete, daß Hr. Radowitz das Orakel des Hofes auch jetzt wieder gewesen ist.
Am Abend des Mittwoch kam Radowitz hier an und wurde sogleich vom König zur Audienz gezogen. Er brachte die Nachrichten aus Frankfurt mit, welche energische Beschlüsse erwarten ließen und gab den
Rath, der Kammern sich zu entledigen, um ungehindert handeln zu können und alsdann mit Frankfurt zu brechen. In beiden Angelegenheiten ist man ihm gefolgt, die gestrige Note an Herrn Camphausen, der
also schmählicherweise noch immer der Bevollmächtigte dieses Ministeriums ist, hat gezeigt, daß Preußen entschlossen in, die März Revolution mit Stumpf und Stiel auszurotten. Radowitz steht in
genauester Verbindung mit der ganzen, ultramontanen Partei überhaupt und besonders mit dem Jesuiten General Pater Roothan.
Es ist eigenthümlich, daß das Volk dem Militär bis jetzt noch keinen eigentlichen Widerstand entgegengestellt hat, ja daß es bis jetzt noch nicht ein Mal dahin gekommen ist, daß die Leute bewaffnet
erschienen. Die Behörden erwarten indessen bald einen bedeutenden Losbruch und haben alle ihre Vorkehrungen getroffen. „Die Kugeln sind im Gewehr, die Schwerdter scharf geschliffen!“
Wrangel erwartet mit Sehnsucht den Augenblick, in welchem er sich neue Rittersporen verdienen kann.
Sollte es in Berlin zum Kampfe kommen, so dürften sich die Verhältnisse jetzt ganz anders gestalten als am 18. März.
Der König ist nicht in Berlin.
Der General Wrangel st ganz der rohe, brutale Corporal, dem es gleichgültig sein wird, ob er die ganze Stadt zusammenschießt und Tausende massakrirt, wenn nur Ruhe und Ordnung wieder hergestellt
wird. Die Lorbeeren des Windischgrätz ließen ihn schon lange nicht schlafen.
Man hat endlich 20,000 Mann Soldaten und etwa 60 Geschütze zur Verfügung, und kann, wenn es nöthig sein sollte, noch Verstärkungen an sich ziehen.
Sollte es also zu früh zum Kampf kommen, so wird Berlin das Schicksal Brescia's oder Genua's erleben. Es würde aber selbst das noch vortheilhafter wirken, als eine zweite Auflage des
passiven Widerstandes.
Die geheime Polizei hat jetzt ihre goldenen Tage. Man kann sich hier vor diesen Mouchards gar nicht genug in Acht nehmen und es werden täglich von den ehrenwerthen Freunden Manteuffels und
Hinkeldey's neue werthvolle Fänge gemacht. An jedem öffentlichen Orte, in allen Gasthäusern treiben sie sich jetzt herum und wehe dem, dessen Lippen irgend eine unvorsichtige Aeußerung
entschlüpft.
Es bestätigt sich immer mehr, daß man mit dem „aimablen“ König von Dänemark Frieden à tout prix schließen wird, um völlig freie Hand zu bekommen.
Mit dem Verkauf der „Deutschen Reform“ an die Geheime Ober-Hof-Buchdruckerei verhält es sich eigenthümlich. Das Blatt wurde in den höheren Kreisen Oestreichs sehr viel gelesen und war
auch recht gut gesinnt, bis auf zwei Fragen, die magyarische und die deutsche. Hr. Prokesch, der östreichische Gesandte, ließ nun unter der Hand eine Menge Actien zu 70% aufkaufen und setzte sich mit
dem Minister Arnim in Verbindung, durch dessen Vermittlung es gelang, die bisherige Redaktion zu verdrängen und die Reform zu einem ultraconservativen Blatte zu machen.
Das Project der „Allgem. demokr. Zeitung“ hat sich gänzlich zerschlagen, besonders durch die Ungunst der jetzigen Verhältnisse. Ebenso scheint es mit dem vielbesprochenen Organ der
Partei Rodbertus nichts zu werden.
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@facs | 1630 |
Posen, 27. April.
Unter den vielen Beamten, welche in Folge der vorjährigen Ereignisse suspendiert sind, und gegen die eine Untersuchung schwebt, befindet sich auch Herr Krotowski
(Krauthofer). Derselbe soll dem Staatsanwalt eine Schrift folgenden Inhalts eingereicht haben:
1) Er werde sich blos in polnischer Sprache auslassen und vertheidigen. Als Defensor wird der Dr. jur. Niegolewski auftreten. Es sollen Geschworne zugezogen werden, die der polnischen Sprache
mächtig sind;
2) der bekannte, vom Königl. Adjutanten General v. Neumann, von Potsdam im April v. J. an den General v. Colomb erlassene Befehl, welcher Letztern ermachtigte, die Polen feindlich anzugreifen, ist
nicht konstitutionell. Dieser Befehl ist im Staatsministerium nicht berathen worden und von keinem Minister contrasignirt. Zur Begründung dieser Behauptung hat Krotowski den
König, die Minister und den General Neuman als Zeugen vorgeschlagen, und stellt den Antrag, diese Zeugen zum Verhandlungstermin nach Posen vorzuladen. Und wenn auch Manche behaupten, daß dem
Könige nach der oktroyirten Verfassung vom 5. Dec. das Recht des Krieges allein zusteht, so muß doch berücksichtigt werden, daß die Verfassung beim Erlaß des Neumann'schen Befehls noch nicht
existirte und daß ferner der Krieg im Posenschen eine reine Verwaltungsmaaßregel war, die durchaus alle Stadien der constitutionellen Formen durchmachen muß, zumal die damaligen Minister durch
eine Erklärung sich verantwortlich machten. ‒ Auf jeden Fall dürften die Verhandlungen des Krotowski'schen Prozesses sehr interessante Momente liefern. Krotowski ist ein tüchtiger
Jurist, hat viel Redetalent und Energie.
‒ 28. April. Heute ist der „Wielkopolanin“ (Großpole) zur Erinnerung an die Mord- und Brandscenen von Xions am 29. April v. J. in blutrother Schrift erschienen.
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@facs | 1630 |
Domnau, 25. April.
Zwischen dem in unserer Nähe wohnenden Gutsbesitzer Petter und seinen Instleuten bestanden seit längerer Zeit Differenzen, die zuletzt einen sehr ernsthaften
Charakter annahmen. Es kam am 19. d. M. zu Thätlichkeit und Gutsbesitzer Peter erlitt solche Mißhandlungen daß er gestern in Folge derselben in Königsberg verschieden ist.
[(N. K. Z.)]
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@facs | 1630 |
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] Wien, 28. April.
Wieder eine standrechtliche Verurtheilung datirt von gestern. Sie betrifft einen gewissen Steiger aus Straßburg, Graveur, 27 Jahr alt, der am
Oktoberaufstande betheiligt, auf dringende Verwendung der französischen Gesandtschaft am 12. Dezember vorigen Jahres auf die Eisenbahn gebracht wurde, um in seine Heimath spe[unleserlicher Text]irt zu werden. Er kehrte
jedoch um, blieb in Wien und ist jetzt zu 4jähriger Schanzarbeit verurtheilt, jedoch zu 2jähriger Schanzarbeit begnadigt worden.
Aus Kremnitz sind hier zwei Kisten mit Gold, Silber und Banknoten, im Gesammtbetrage von 200,000 fl. C. M. unter Begleitung eines dortigen Bergwerks-Beamten und angemessener militärischer
Bedeckung, auf der Eisenbahn hier angelangt.
Gestern wurden uber Veranlassung der k. k. Militär-Untersuchungs-Commission der Medicinae Doctor Völkl und der bekannte Mitarbeiter der „Constitution,“ Hrzka, in Verhaft genommen.
Nach der „Gratzer Zeitung“ sind 2 Kavallerie-Regimenter von der italienischen Armee zur Verstärkung der ungarischen unterwegs und theilweise schon im Durchmarsch durch Kärnthen
begriffen.
Von Görgei's kühnem Zug nach Comorn erzählt man manche Wagstücke der Husaren. So schwamm Görgei unter Neuhausel mit 800 Husaren über den Fluß Neutra, eröffnete die Verbindung mit
Comorn und brachte allsogleich die bis dahin eingeschmuggelten 200 Ochsen in die Festung, ein Theil seines Corps aber, nach dem Gefecht bei Scharlo, Proviant und Holz, an welchem letztern es besonders
mangelte. Nach Austausch der Truppen ging diese Abtheilung nach Leva zurück; Görgei soll aber mehrere Tage in der Festung geblieben seyn.
[(A Z.)]
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@facs | 1630 |
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076
] Dresden, 29. April.
Daß die fürstlichen Herren ein Treibjagen auf die Kammern verabredet haben, sehen jetzt auch die Blödsichtigen. Zuerst haben Hannover und Preußen
ihren Boden gereinigt. Die sächsische Regierung hätte gerne die Verwilligung des von der 2ten Kammer beschlossenen Steuerprovisoriums bis September durch die 1te Kammer abgewartet. Doch scheinen
verschärfte Befehle vom russischen Oberknas in Potsdam und dem olmutzer Dalai-Lama eingetroffen zu sein. Während noch gestern früh ein von dem Ministerpräsidenten unterzeichnetes Rescript die
Ernennung königlicher Kommissarien, welche am Montage mit einer Kammerdeputation zur Berathung über Militärsachen zusammentreten sollten, dem Präsidenten der 2ten Kammer anzeigte, erhielten beide
Kammerpräsidenten heute ein königliches Dekret, folgenden Inhalts: Seine königliche Majestät haben Sich bewogen gefunden, die dermalen versammelten Kammern des Königreichs nach §. 116 der
Verfassungsurkunde, und §.9 des provisorischen Gesetzes vom 15. Nov. 1848 aufzulösen. Solches wird hiermit bekannt gemacht. Gegeben zu Dresden, am 28. April 1849. Friedrich August. ‒ Dr.
Gustav Friedrich Held. Friedrich Ferdinand Freiherr von Beuft. Karl Wolf von Ehrenstein. Dr. Christian Albert Weinlig. Bernhard Rabenhorst, zugleich mit dem Ersuchen zugefertigt, dasselbe den
Mitgliedern der Kammern zu notifiziren.“ ‒ Man hat sich nicht einmal die Zeit gelassen, oder nicht erst die Mühe gegeben, bei dieser Auflösung die Formen der provisorischen
Geschäftsordnung zu beobachten, welche die §§. 170 und 171 ausdrücklich vorschreiben, daß das Auflösungsdekret in beiden Kammern von einem königlichen Kommissarius vorgelesen werden muß, welcher
die Sitzungen im Namen des Königs für geschlossen erklärt. ‒ „Außer der Zeit des Landtags“, also während der Vertagung der Kammern, soll die Auflösung durch eine königl., von
sämmtlichen Mitgliedern des Gesammtministeriums kontrasignirte Verordnung erfolgen. Letzteres ist im vorliegenden Falle geschehen. Wahrscheinlich werden die Mitglieder der Kammern, von denen der
großte Theil heute wegen des Sonntags abwesend ist, sich morgen zur gewöhnlichen Zeit ins Sitzungslokal begeben und dasselbe geschlossen finden. ‒ Das Ministerium hat eine Proklamation ans
sächsische Volk in Druck, (ist bereits erschienen) welche die Gutgesinnten über die Gründe der Maßregel aufklären will. ‒ Den Frankfurtern wird auf diese Weise eine Stufe nach der andern unter
den Füßen weggezogen. ‒ Bald werden sie mit der Nase platt im Staube liegen. ‒ Hier bringt man hin und wieder die Kammerauflösung mit der Anwesenheit des Fürsten Schwarzenberg, Bruders
des österreichischen Ministerpräsidenten, in Verbindung. Die deutschen Herrscher müssen sich und die Lage setzen, nöthigenfalls gegen die Ungarn und Böhmen zu interveniren. Preußen zieht ja schon
Truppen an der böhmischen Gränze zusammen. ‒ Der französische Michel gegen Italien, der deutsche gegen Ungarn, so erfüllen beide ihre weltgeschichtliche Aufgabe.
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@facs | 1630 |
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14
] Aus Thüringen, 28. April.
Als im vorigen Jahre die verschworenen Landesväter unter der Firma des reichsverwesenden Centralmichels jeden ihrer getreuen Unterthanen der
Obhut eines Reichsgensd'armen anvertrauten, um ihnen das Gift der Demokratie durch häufige Aderlässe abzuzapfen, glaubte auch das Weimar'sche Errungenschaftsministerium, die „der
wahren Freiheit so gefährlichen“ Republikaner mit einem Schlage vernichten zu können. Burger Watzdorf, der demokratische Diplomat, sandte eine Reichsarmee von 2000 M aller
Waffengattungen nach Jena und ließ den Kreisausschuß nach einer Hertzjagd in der Manier „Meines herrlichen Kriegsheers“ in Ketten und Banden im Triumph nach Weimar abführen.
Der Spaß hätte den guten Märzministern schlecht bekommen können, denn unsere Thüringer Bauern sind ein handfestes Völklein und haben noch eine ächte Vollblutsader vom alten Bundschuh. Durch
Zufall und durch schlaue Thätigkeit der niedern Beamtenpolizei gelang der Streich, und in ihrem olmützisch-standrechtlichen Selbstbewußtsein glaubten die Hoflakeien der Schlange den Kopf zertreten zu
haben.
In der That benutzte der Volksverein, ein kraft- und saftloses Spießbürger-Quovlidet, die Wehrlosigkeit der Eingekerkerten, um die demokratischen Landvereine durch allerlei Vorspiegelungen,
infame Lügen und Verleumdungen, an sich zu ziehen. Dieser Volksverein gehört mit zu den ärgsten Jämmerlichkeiten unter den „Märzerrungenschaften.“ Früher nannten sie sich selbst die
„Farblosen“ und als dieses bezeichnende Aushängeschild nicht ziehen wollte, die „wahren Demokraten“. Unter „wahren Demokraten“ verstanden und verstehen sie
zum Unterschiede von den Republikanern diejenigen, die um Staatsverfassungen überhaupt sich nicht kümmern, sondern jede Regierung, sei sie auch noch so manteuffelisch, unterstützen, sobald sie sich
herabläßt, sich mit ihnen in Gnaden von „breiter Grundlage“ zu unterhalten. Dabei sind sie jedoch perfide genug gewesen, solche Landvereine aufzunehmen, die ihnen das republikanische
Programm des gesprengten demokratischen Vereins als das ihrige vorlegten. Sie nennen diesen Betrug „Duldsamkeit“; sie wollen, daß Alles sich unter ihrer harmlosen Fahne zu
nichtswürdiger Professorenpolitik vereinige, sie wünschen, Jedermanns Freund zu sein und zu bleiben.
Der demokratische Verein zu Jena, der sich zum Verdruß der von der Reichsgensd'armerie entblös'ten Minister, nach der Entlassung G. Rothe's aus dem Kerker, auf's
Neue konstituirt hat, erklärte auf dem Kongreß der März- und Volksvereine zu Opolda, am 9. April, daß er es für einen Verrath an seiner Sache halte, wenn er durch ein Anschließen an die gesetzboden-
und adressengewaltige Vermittlerpatei sich selbst seiner Thatkraft berauben wollte. Die Adreß- und Petitionshelden erhoben viel Geschrei über „Unvernunft“,
„Zersplitterung“, „deutsche Einheit“ und was dgl. Phrasen mehr sind. Der demokratische Verein begann aber, unbekümmert um das honette Geplärr, seine Organisation und wuchs
binnen 8 Tagen von 112 auf 224 Mitglieder.
Auf die Kunde, daß der „Donnersberg“ aus dem Centralmärzschneewasser-Verein ausgeschieden, beschloß der hiesige demokratische Verein eine Adresse „an die äußerste Linke der
deutschen Nationalversammlung, Klub Donnersberg, in Frankfurt a. M.“ abgehen lassen, aus der ich Ihnen folgende Stellen mittheile:
„Bürger. Zu unserer Freude und Genugthuung haben wir vernommen, daß Ihr endlich den Schritt gethan habt, den die Vertreter unserer Partei thun mußten, wenn sie nicht sich selbst und
die Zukunft der Demokratie aufgeben wollten.
Die Zeit der Unterhandlungen ist vorüber. Die Feinde der Freiheit selbst, ehrlicher als ihre falschen Freunde, haben den Weg einer unnatürlichen Vereinbarung abgeschnitten, ‒ es nahen die
Tage der entscheidenden That.
In solchen Tagen der Entscheidung aber, glauben wir, sind mehr als unsere offenen Gegner die Verbündeten zu fürchten, die im Angesichte des letzten Krieges in dem geschlossenen Heerlager des
Feindes um Frieden betteln.
Solche Verbündete waren es, Bürger, von denen Ihr Euch losgesagt habt.
‥… Sie haben Bündnisse geschlossen, wo Haß und Feindschaft ihr Losungswort hätte sein müssen. Indem sie Feuer und Wasser zu verbinden sich abmühten, haben sie unseren Feinden es
möglich gemacht, ihre Kräfte zu vereinigen und die junge Freiheit mit völliger Vernichtung zu bedrohen. Und jetzt, im Nahen des Kampfes, der über Sein oder Nichtsein der Völkerfreiheit entscheiden
wird, ‒ jetzt kennen sie keine andere rettende That, als die Mahnung an's Volk, Worte und ewig Worte und papierne Adressen zu machen und auf dem Wege des
„Gesetzes“ und des „Rechtes“ zu beharren ‒ in dem Augenblick, wo unsere standrechtstrunkenen Gegner kein anderes Gesetz mehr kennen, als das freiheitsschänderische
Gesetz „von Gottes Gnaden“, kein anderes Recht, als das bluttriefende Fürstenrecht.
Darum fort mit solchen Freunden! Damit endlich ein Geist des Muthes und der Entschlossenheit unser Lager durchwehe, der uns zwar die einzige Wahl übrigläßt zwischen Sieg und Untergang, uns aber
nicht der Gefahr preisgibt, durch muthloses Verhandeln verrätherisch dem Feinde überliefert zu werden.…
So schreitet rüstig vorwärts, Bürger, auf der Bahn, die Ihr betreten habt ‒ sie ist die einzige, die uns zum Ziele führt.“
Jena, 26. April 1849.
Der demokratische Verein.
Nächstens wird sich wieder ein Kreisausschuß konstituiren, um bei der Landbevölkerung den usurpirten Einfluß der passi-
[1631]
ven Märzhafen- und Volksvereine auf sein ursprüngliches Nichts zurückzuführen.
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@facs | 1631 |
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*
] Frankfurt, 30. April.
National-Versammlung.
Präsident Simson eröffnet die Sitzung um 9 1/2 Uhr.
Neue Austrittserklärungen von östreichischen Abgeordneten werden verlesen.
Der Präsident des Reichsministeriums theilt die Note des würtembergischen Bevollmächtigten vom 28. d. M., betreffend die Anerkennung der Reichsverfassung von Seite der würtembergischen Regierung,
mit.
Wird dem Dreißiger-Ausschuß überwiesen.
Gleiches geschieht mit dem Schreiben des Präsidenten der würtembergischen zweiten Kammer, worin derselbe die Beschlüsse dieser Kammer vom 25 d. und namentlich den Antrag an die National-Versammlung
wegen sofortiger Vereidigung der Staatsburger, besonders der Beamten und des Heeres, auf die Reichsverfassung übersendet.
Auch eine Zustimmungsadresse der sigmaringschen Stände geht an den Dreißiger-Ausschuß
Im Namen desselben erstattet Fröbel Bericht über einen, die Abberufung der östreichischen Abgeordneten betreffenden Antrag des Abgeordneten Goltz und über die letzte östreichische
Depesche.
Der Antrag des Abgeordneten Goltz und Genossen lautete:
„Die National-Versammlung möge, unter Bezugnahme auf ihren Beschluß, daß sie sich nicht auflöse, bis der erste Reichstag auf Grund der Reichsverfassung zusammengetreten ist, beschließen: 1.
Die Abberufung von Deputirten zur konstituirenden National-Versammlung Seitens der Regierungen der deutschen Einzelstaaten ist unzulässig; 2. sollte eine der Regierungen der deutschen Einzelstaaten
den resp. Abgeordneten die Tagegelder entziehen, so sind dieselben im bisherigen Betrage aus der Reichskasse zu entnehmen und den betreffenden Einzelstaaten anzurechnen.“
Der Ausschuß schlägt vor, den Antrag in folgender veränderter Fassung anzunehmen:
„Die verfassunggebende Reichsversammlung 1 erklärt die von der östreichischen Regierung ausgegangene Rückberufung der Abgeordneten des deutsch-östreichischen Volkes für nichtig und
unwirksam; 2. verordnet, daß die Taggelder der Abgeordneten des deutsch-östreichischen Volkes im Fall der Rückhaltung von Seiten der östreichischen Regierung aus Reichsmitteln ausbezahlt werden
sollen; 3. beauftragt die Centralgewalt mit dem Vollzuge dieses Beschlusses.“
Im Uebrigen beantragt der Ausschuß die östreichische Note einfach zu den Akten zu legen.
Die Berathung dieses Berichts wird demnächst auf die Tagesordnung kommen.
Die Abgeordneten Degenkolb und Reden erstatten Berichte des volkswirthschaftlichen Ausschusses
Sprengel fragt: wann der Reichshandelsminister die in Folge einer Interpellation v. Reden's schon vor einiger Zeit zugesagte Darstellung über den Stand der Marine-Angelegenheit
vorlegen werde
Reden interpellirt den Reichskriegsminister: ob die Nachricht des Staatscourant gegründet sei, daß die niederländische Regierung, ihrer Bundespflicht zuwider, die von der Centralgewalt
angeordnete Stellung des limburgischen Contingents in dem Kriege gegen Dänemark verweigert habe?
Der Reichskriegsminister wird diese Interpellation in der nächsten Sitzung beantworten. In Erwiderung auf die neuliche Interpellation des Abg. Junghans erklärt er: Die Munitionsvorräthe in Mainz
seien Reichseigenthum, stünden unter Aufsicht der eidlich verpflichteten Festungsbeamten und es könne nur auf Anordnung der Centralgewalt über dieselben verfügt werden. Schon hieraus (!) ergebe sich,
daß das Gerücht von der Absendung der Munition nach Oestreich zur Verwendung in dem Kriege gegen die Ungarn grundlos sei. Uebrigens bedürfe die östreichische Armee keiner Aushülfe von Munition aus
einer Reichsfestung, zumal wenn diese über 100 Meilen vom Kriegsschauplatz entfernt sei. (Gelächter.)
Reichsminister Duckwitz antwortet auf die Interpellation von Kreutzberg, die Zollverhandlungen betreffend. Der östreichische Bevollmächtigte Geringer sei schon Ende vorigen Jahres abgereist
und nicht ersetzt worden. Oesterreich sei also keineswegs von den Verhandlungen ausgeschlossen worden, sondern habe sich selbst zurückgezogen.
In Folge der Interpellation Sprengels erklärt der Minister sich bereit, die Darstellung über die Marineangelegenheiten sofort vorzutragen und erbittet sich die Geduld der Versammlung auf wenigstens
eine Stunde. (Unruhe links Zuruf: Drucken lassen!)
Der Präsident mahnt zur Ruhe, indem diese wichtige Mittheilung nicht früh genug zur Kenntniß der Versammlung kommen könne.
Die Aeußerungen der Ungeduld von Seiten der Linken dauern während des ganzen beinahe zweistündigen Vortrags fort.
Der Inhalt des reichsministerlichen Kohls bildet: 1. Die Herstellung der Behörden, 2. die Uebernahme der Hamburger unbrauchbaren „Flotille,“ mit welcher die Reichsvögel von den
Hamburger Spekulanten angeschmiert wurden, 3. die Anstalten zur Küstenvertheidigung, 4. die Anschaffung, Bemannung und Armirung (!) von Kriegsschiffen, 5 der Kassenbestand, wonach der Etat der s. g.
Flotte bis zum Sommer gedeckt wäre, wenn Sachsen und Baiern so freundlich sein wollten, ihren Antheil zu zahlen.
Die Versammlung beschließt auf den Antrag von Reden, diese merkwürdige Vorlage drucken zu lassen und dem s. g. Marineausschuß zu überweisen.
Es werden hierauf folgende dringliche Anträge verlesen, welche die köstlichen Octroyirungsängste der ehrwürdigen Versammlung ausdrücken:
1. von Ludwig Simon von Trier:
„daß das Präsidium ermächtigt werde, zu jeder ihm beliebigen Zeit und an jedem beliebigen Orte Sitzungen der National-Versammlung anzuberaumen, so wie die beschlußfähige Anzahl von 200 auf
100 Mitglieder herabzusetzen.“
2. Ein Antrag von Goltz und Genossen:
„daß dem Präsidium das Recht zuerkannt werde, außerordentliche Sitzungen anzuberaumen, daß solche außerordentliche Sitzungen auf den Antrag von 50 Mitgliedern stattfinden müssen, und daß die
beschlußfähige Anzahl auf 150 herabgesetzt werde“
Die Dringlichkeit dieser Anträge wird anerkannt.
Fröbel: Die Rechtfertigung der Anträge liege in den Zeitverhältnissen, in der durch den Austritt von 100 Oestreichern verminderten Zahl der Versammlung, was auch Veränderungen der
Geschäftsordnung ernöthige. Eine Parallele mit dem Parlamente Englands zeige übrigens, daß dort viel kleinere Zahlen die Beschlußfähigkeit der Häuser begründen als die hier beantragten.
Ludw. Simon entschuldigt die linke Seite des Hauses wegen ihrer Unruhe unter dem Vortrage des Herrn Duckwitz. Er will dem Inhalte dieses Vortrages alle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Aber
dem Drange der Ereignisse (der Furcht der Kaisermacher) gegenüber solche Vorträge zu halten, heiße die Gluth mit kaltem Wasser übergießen. Unter diesen Ereignissen zählt Hr. Simon auf, daß Schmerling
behauptet, dieses Haus habe die Trennung von Oestreich verschuldet und daß er damit ausscheide. „Möge er gehen, die Verwünschungen des deutschen Volkes folgen ihm nach (Beifall.) In Berlin sei
die zweite Kammer aufgelöst, desgleichen in Hannover. In Berlin ist das Standrecht verkündet (Erst jetzt?) Die Ursache der preußischen Kammerauflösung sei ein Bündniß mit Oestreich und Rußlan , worauf
40,000 Preußen in Böhmen einrücken sollen. Wir wollen mäßig im Handeln (!) sein, aber sein Sie auch, mäßig im Nichtsthun.“ (Wie „energisch!“) Von allen Orten, aus allen Gegenden
des Vaterlandes kommen Aufforderungen an dies Haus, daß es energisch handle Das Volk lechzt darnach, daß diese Versammlung in Fluß komme, es lechzt „nach einem Schimmer von
Entschlossenheit.“ (Das deutsche Volk denkt nicht daran.) Zur Rechten: Noch sind wir Ihre Bundesgenossen. Wir haben eingesehen, daß wir zusammen gehen müssen mit unseren Bestrebungen im
deutschen Lande. Aber das Wenige schlagen Sie uns nicht ab!!! Das Wenige geben Sie uns, dann wollen wir auseinandergehen und Jeder an seinem Orte seine Schuldigkeit thun (Das ist der
„energische“ Herr Simon!)
Biedermann: Ich weiß nicht, ob ich im Sinne meiner Partei rede, allein für meine Person erkläre ich mich unbedingt für die erste Hälfte der Simon'schen Anträge, die nur dazu dienen
können, eine sehr fühlbare Lücke unserer Geschäftsordnung (!) auszufüllen. (Es lebe die Geschäftsordnung.) Nicht so unbedenklich will ich mich erklären für die Abänderung der
Zahlenverhältnisse.! Einmal weil der Austritt der Oestreicher kein freiwilliger, weinigstens als ein solcher von uns nicht anzuerkennen ist. Sodann weil eine Prüfung ‒ so zu sagen eine
technische (!) Prüfung dieser Zahlenverhältnisse nöthig wäre. „Technischer Engel!“ Durch das Gesetz zum Schutze der Reichsversammlung haben wir uns aber nicht blos gegen unten wir
haben uns auch gegen oben sichergestellt, indem wir jeden Angriff auf diese Versammlung als Hochverrath erklärt haben. Mit Eifer aber genehmige ich endlich noch, was Hr. Simon von dem Zusammengehen
der Parteien gesagt hat und seien Sie überzeugt, daß Sie uns im rechten Momente zum Handeln bereit finden werden. (Handeln, in jüdischem Siune verstanden.)
Nachdem sich auch Hiobus Venedey für die Anträ e ausgesprochen hat, bemerkt Herr Zimmermann von Stuttgart: Vor zwei Stunden bin ich aus meiner Heimath zurückgekehrt. In der Pfalz
werden bereits bewaffnete Versammlungen gehalten. Jeden Augenblick kann ein blutiger Zusammenstoß stattfinden. Erfüllen Sie die Erwartungen des Volks, schüzzen Sie (großer Mann!) es vor der Reaktion,
zu der sich die großen und kleinen Mächte Europas vereinigt haben.
Riesser: Ich bin sehr zweifelhaft geworden an den Voraussetzungen der Politik, von denen die Mehrheit dieses Hauses ausging. Auch ich besorge jetzt, der Fall könne noch eintreten, wo Gewalt
gegen Gewalt nöthig ist. Aber dann würden wir stärker und unsere Versammlung zahlreicher sein als jemals. (Beifall.) Vermindern wir daher nicht die Beschlußfähigkeitsanzahl; wir würden damit ein
Mißtrauen gegen uns verrathen. Was endlich die Verlegung der Sitzungen nach einem andern Ort anlangt, so kann ich auch nicht zugeben, daß Grund hierzu vorhanden ist. Auch durch diesen Beschluß könnte
der Wahn, der im Volke schon verbreitet ist, noch weiter greifen, als wenn wir uns vor den deutschen Truppen fürchteten, und daß wir dieselben beschuldigten, als würden sie sich eines Verbrechens
gegen das Vaterland zu Schulden kommen lassen. (Beifall.)
Meine Herren! Ich glaube an jenes schändliche, mit dem Fluche des Vaterlandes belegte Verbrechen nicht eher, als bis ein Bajonett an diese Pforten zu klopfen wagt. (Bravo.)
Vogt: Als der Aufruhr an die Thüren dieses Hauses klopfte, wußte man, daß man die Macht dagegen in den Händen hielt. Aber wenn sich heute das Bajonet zu dieser Thüre hereinstreckt, wo haben
wir dann die Macht dagegen? Wir hegen kein Mißtrauen gegen das, was da ist, sondern gegen das, was kommen wird. Aber noch gehen unsere A träge gar nicht dahin, daß Sie Ihre materiellen
Vertheidigungsmittel verstärken, wir wollen diese Versammlung nur vor dem unrühmlichen Tode, vor seiner Abzehrung schützen. Das Märtyrerthum (vergebene Hoffnung!) fürchten wir nicht. Das wäre nur ein
Vortheil für unsere Sache und es zeigte doch endlich augenscheinlich, wessen die Reaktion fähig ist. (!) Es muß die Möglichkeit eingeleitet werden, daß im außerordentlichen Falle auch die
außerordentliche Maßregel ergriffen werden könne. Der Strom der Revolution (! wird sonst an der Paulskirche keinen Felsen (!) finden. Er wird über sie hingehen und davon spülen die Rechte wie die
Linke.
Schluß der Debatte.
Bei der Abstimmung wird mit großer Majorität angenommen:
„Das Präsidium ist ermächtigt, zu jeder Zeit und an jedem Orte, den zu erwählen es für zweckmäßig erachtet, Sitzungen der Nationalversammlung anzuberaumen.“ Großer Jubel.
Der Zusatz, daß eine außerordentliche Versammlung auf das Verlangen von 50 Mitgliedern stattfinden müsse, wird abgelehnt mit 216 gegen 162 Stimmen. Dagegen angenommen nach dem Verbesserungsantrage
von Zell die Bestimmung, daß eine solche Sitzung anberaumt werden muß auf den Antrag von Einhundert Mitgliedern. Ferner wird nach dem Antrage von Goltz und Genossen die Herabsetzung auf 150 anwesende
Mitglieder zur Beschlußfähigkeit angenommen.
Der Präsident verkündet, daß noch fünf dringliche Anträge vorliegen, wovon der erste von Wigard aus Dresden, daß das Reichsminitzerium unverweilte Untersuchung gegen den Mörder Robert Blums, den
Fürsten Windisch-Grätz verfüge etc. Die Dringlichkeit wird nicht anerkannt. (Brave Männer! Und das ist dieselbe Sippschaft, welche verlangt, daß das deutsche Volk für sie in die Schranken trete!)
Ein Antrag von Schlöffel hat das nämliche Schicksal, worauf ihn der Antragsteller zurückzieht.
Den Anträgen Ziegerts auf Mißbilligung der Kammerauflösung in Berlin und Hannover und Erlaß einer Proklamation an das Volk, sowie einem ähnlichen Antrag von Kierulf wird die Dringlichkeit
zuerkannt. Bei der Abstimmung wird der letztere in folgender Fassung angenommen:
Die Nationalversammlung beschließt:
1) Vor dem ganzen deutschen Volke, gegenüber der hannover'schen und preußischen Regierung die Mißbilligung über die erfolgte Kammer-Auflösung auszusprechen.
2) Die betreffenden Regierungen aufzufordern, sofort neue Wahlen zu veranstalten.
3) Gegen die noch übrigen gesetzlichen Organe die Erwartung auszusprechen, daß sie den Willen des Volkes offen, muthig und schleunig gegen die Regierungen aussprechen werden.
Abgelehnt wird der Ziegertsche Zusatz auf Erlaß eines Aufrufs an das deutsche Volk, die Aufforderung zur Vertheidigung der Verfassung u. s. w. enthaltend.
Schluß der Sitzung.
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@facs | 1631 |
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] Frankfurt, 1. Mai.
Eine elendere, fußtrittwürdigere Versammlung, als diese Gesellschaft in der Paulskirche, giebts nirgends, so weitman auch umber spüren mag. Während
immer mehr gottbegnadete Truppen zur Octroyirung und zum Auseinandertreiben der Froschteichler zusammengezogen werden und preußische Ingenieuroffiziere Frankfurt und Umgegend auf's Genaueste
besichtigen und Pläne aufnehmen, um die Auseinandersprengung eventuell mit dem schönsten Aplomb ausführen zu kännen, hatten diese sogenannten Nationalversammelten in ihrer gestrigen Sitzung nicht
einmal so viel Muth, um den Antrag von Hoffbauer, Schlössel etc. für dringlich zu erklären. Der Antrag verlangte einfach eine Aufforderung ans deutsche Volk, sich zum Schutz der Nationalversammlung zu
bewaffnen und einen Befehl an die Regierungen, welche die Reichsverfassung anerkannt haben, ihre Truppen eben jener Versammlung zur Verfügung zu stellen.
Lehnten die Herren vielleicht deshalb den Antrag ab, weil sie die Lächerlichkeit fühlen, das Volk zur Beschützung einer Versammlung aufzufordern, von welcher es 10 Monate lang an die Regierungen,
insbesondere an Oestreich, Preußen und Rußland verrathen worden?
Doch nein! Der eigentliche Grund ist die gränzenlose Feigheit dieser Herren. Durch Briefe nach ihrer Heimath, in Volksversammlungen etc. fordern sie zum bewaffneten Widerstande auf; in der
Paulskirche dagegen darf man sich zu so revolutionären Gedanken nicht versteigen. Das könnte gefährlich werden. Denn wer bürgt den Herren hypothekarisch dafür, daß das Volk und nicht der gottbegnadete
Absolutismus siegt. Und ständen sie nicht im letztern Fall kompromittirt da? Ist's nicht viel besser das Volk unter der Hand zum Aufstand anzureizen und dann, je nachdem, sich entweder die
Hände in Unschuld zu waschen oder die Früchte des Sieges wegzukapern und das Volk abermals zu verrathen und zu verkaufen?
Doch diesmal täuscht Euch Eure zweiachselerische Feigheit und Erbärmlichkeit. Allerdings muß jetzt das deutsche Volk der auf der höchsten Stufe der Unverschämtheit und Bestialität angelangten
Contrerevolution der Herren „von Gottes Gnaden“ durch eine wirkliche, energische Revolution bald und entschieden zu Leibe gehen oder das Volk wird noch 10mal tiefer in den Koth
hinabgetreten, als dies selbst während der letzten 30 Jahren der Fall war. Aber wahrlich, nicht deshalb wird es sein Blut dahingeben, um jene feigen Gesellen, die sich Vertreter des deutschen Volkes
nennen, von dem letzten Fußtritte, der ihnen von den Gottbegnadeten zugedacht ist, zu bewahren, sondern um sowohl mit den Gottbegnadeten wie mit den Verräthern in der Paulskirche die stark
angeschwollene Rechnung in's Reine zu bringen und das Blut des Volkes auch nur für die Rechte und Freiheiten des Volkes hinzuopfern.
Italien.
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@facs | 1631 |
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*
] Der Turiner Ministerrath hat in Folge der Besetzung Alessandria's durch die Oesterreicher folgende Proklamation erlassen:
„Die exorbitanten Bedingungen, welche das österreichische Kabinet in den Friedensunterhandlungen stellte, und sein Beharren auf der vollständigen Erfüllung des Art. 3 des Waffenstillstandes,
betreffend die Zulassung einer österreichischen Garnison in der Stadt und Festung Alessandria, machen der k. Regierung die Nothwendigkeit fühlbar, der Nation über ihr Benehmen Aufschluß zu geben, und
im Angesicht Europa's gegen den Vorwurf zu protestiren, als ob der sofortige Abschluß des Friedens durch ihre, der sardinischen Regierung Schuld, hinausgeschoben worden sei.
Als der unglückliche Ausgang der Schlacht von Novara den König Karl Albert eine Einstellung der Feindseligkeiten nachsuchen ließ, waren die Bedingungen des Feindes der Art, daß dieser hochherzige
Fürst, in dem Gedanken daß die besondere Verfolgung deren Gegenstand er sein konnte, die Vorlagen noch härter machte, keinen Augenblick mit einer freiwilligen Kronentsagung zu Gunsten seines Sohnes
zögerte.
In der That wurden die Bedingungen modifizirt, keineswegs aber in einer Art, daß der Feind nicht noch auf das Strengste von allen Vortheilen eines errungenen Sieges Gebrauch gemacht hätte. Der neue
Regent sah sich in der traurigen Alternative, diese Bedingungen entweder anzunehmen, oder mit seiner Armee das Land selbst zu opfern.
Die schmerzlichste aller Bedingungen war die absolute Occupation der Stadt und Festung Alessandria. Zwar wurde dieselbe in dem Sinn einer gemischten Garnison von gleicher Stärke modifizirt, verlor
aber dadurch, wenn auch nicht in militärischer Hinsicht (denn eine gemischte, wenig zahlreiche Garnison kann beim Wiederausbruch des Krieges sich nicht am Ort halten), doch in Verletzung des
Nationalgefühls nicht das Geringste von ihrer Härte.
Das in Folge des Waffenstillstandes mit der Staatsleitung beauftragte Ministerium übernahm die feierliche Verpflichtung, für die Modifikation dieser Forderung zu sorgen, und erfüllte diese Mission,
für welche sich die Umstände auch günstig zeigten, mit dem unermüdlichsten Eifer. Die österreichischen Generale willigten in die Suspension dieses Artikels des Waffenstillstandes, vorausgesetzt, daß
die letzten Vertheidigungswerke um Alessandria nicht fortgesetzt würden, und ein Bataillon ihrer Truppen zur Occupation der Stadt Valenza zugelassen werden solle. Zugleich wurden diese Modifikationen
noch von der Einwilligung der kaiserlichen Regierung abhängig gemacht, wobei jedoch die Ausdrücke zu dem Glauben berechtigen mußten, daß dieser Vorbehalt eine reine Formfrage sei.
In der That verkündete das offizielle Journal bald die Gewißheit dieser Erwartung. Seine Nachricht wurde von keinem einzigen der andern österreichischen Blätter dementirt, und die Occupation fand
nicht Statt.
„Der Waffenstillstand wurde von unserer Seite auf das Gewissenhafteste erfüllt; die Friedensunterhandlungen wurden angeknüpft, aber die Pretensionen der Oestreicher nahmen jetzt einen
Charakter an, daß die k. Regierung im Namen der Ehre und der Interessen der Nation sie nicht mehr annehmen konnte; die Regierung hat sie demnach förmlich zurückgewiesen.
„Die östreichischen Generale schutzten indeß eine aus Wien gekommene abschlägliche Antwort gegen alle Modifikationen vor, und verlangten die vollständige Ausführung des Art. 3 des
Waffenstillstandes. Sie gingen sogar so weit, die Nationalgarde von Alessandria mit in die sardinische Garnison zu nehmen, wenn man nicht ihre Entwaffnung vornehme.
„Die Regierung konnte in diesem Verfahren nur den Mißbrauch eines Uebergewichtes erblicken, welches die augenblicklichen Ereignisse dem Feind gegeben hatten. Gleichwohl treu den
Verpflichtungen des beiderseitig unterzeichneten Waffenstillstandes, konnte die Regierung zu ihrem Bedauern die wörtliche Erfüllung nicht versagen; sie widersetzte sich auf das Bestimmteste allen
Ausdehnungen der stipulirten Bedingungen und hielt an dem Prinzip fest, daß die Nationalwehr weder in die sardinische Garnison gerechnet noch aufgelöst werden könne.
„Gleichzeitig hat die Regierung die mit den Friedensunterhandlungen beauftragten Bevollmächtigten sofort aus Mailand zurückberufen, damit die Ausführung dieses Artikels des
Waffenstillstandes nicht als Friedenspräliminarie ausgelegt werden könne“.
Zum Schluß erklärt die Proklamation, daß das Ministerium allerdings den Frieden, aber nur einen mit der Ehre und den Interessen des Landes vereinbaren Frieden suche, und von der östreichischen
Regierung billiges Eingehen in Modifikationen erwarte. Bis dahin mögte namentlich die Bevölkerung der occupirten Provinzen eine „starke, würdige und legale Haltung“ beobachten.
[
*
] In Marseille ist am 26. April der sizilische Dämpfer Independenza (8 Kanonen) eingelaufen. Er bringt Depeschen aus Palermo bis zum 23. April, wonach der Kampf in Sizilien überall
aufgehört und Baudin mit Unterwerfungsvorschlägen von Palermo nach Gaeta gefahren ist. Der bourbonische Mordbrenner hat Befehl gegeben die Feindseligkeiten auf allen Punkten der Insel einzustellen,
und hat seinen Adjutanten, Oberst Nunziante, in das Hauptquartier seiner Truppen auf Sizilien geschickt. Ruggiero-Settimo und das ganze Ministerium haben sich auf dem Bellerophon nach Malta begeben,
da sie den englischen Schutz dem der honetten Republik vorziehen; ihre bewährtesten Anhänger sind ihnen gefolgt.
„Mieroslawski und mehr als 200 sizil. Flüchtlinge sind bereits mit der Independenza in Marseille wieder angekommen.“
Eine provisorische Junta, meist Royalisten und Anhänger Ferdinands, hat sich in Palermo nach der Entfernung des Ministeriums gebildet, und eine Deputation zum General Filangieri gesandt, um ihn mit
den Bedingungen der Unterwerfung und resp. Herstellung des status quo bekannt zu machen.
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@facs | 1631 |
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*
] Chiavari, 22. April.
An des Verräthers Ramorino Stelle übernahm General Fanti das Kommando über die lombartische Division, mit andern Worten: die Personen wechselten,
das System aber blieb. Alle Künste wurden angewandt, um jene Streitkräfte zu lähmen und aufzulösen. Zwei Tage nach dem scheußlichen Waffenstillstande zogen sich die Lombarden auf Voghera zurück und
somit stand ihnen die Route nach Genua offen. Oberst Ardino, einer der wenigen Chefs, die jedem Verrath fern geblieben, wollte auch den Weg nach Genua einschlagen und 2 Kompagnien seines Regiments
hatten sich bereits dahin in Bewegung gesetzt. Da traf sie General Fanti und befahl ihnen, wieder umzukehren. Vergebens stellte man ihm vor, daß das Unglück bei Novara wieder gut gemacht werden könne,
wenn er sich mit der lombardischen Division nach Genua werfe. Aber das lag eben nicht im Plane der Verräther. Die lombardischen Regimenter wurden vielmehr nach Bobbio dirigirt, wo ihre Auflösung
erfolgen sollte. Fanti wagte aber nicht, gegenüber der festen Haltung wieder Offiziere und noch mehr der Soldaten den königlichen Auflösungsbefehl zu vollziehen. Er theilte dem Ministerium seine
Bedenklichkeiten mit und wies nach, wie schwierig die Durchführung des Befehls sei. Um aber den Zweck dennoch, wenn auch langsamer, zu erreichen, ließ er jetzt die Division auf den
allerschauderhaftesten Wegen nach Chiavari hin marschiren. Zu den schrecklichen Wegen kam noch Regen und Schnee und die Lombarden haben 4 Tage durchgemacht, die mindestens den Tagen des bekannten
Uebergangs über den St. Bernhard gleichzustellen sind.
Inzwischen sandte das sardinische Ministerium Agenten in die Reihen der Lombarden, die zur Desertion aufreizen mußten. Mehrere derselben wurden auf frischer That ertappt. Allein alle diese Kunste
und Manöver waren vergeblich. Weder Märsche, noch Contremärsche, noch der Mangel an Lebensmittel, den sie einen ganzen Tag lang im Gebirge zu ertragen hatten, noch die in der Verwaltung absichtlich
hervorgerufene Verwirrung waren im Stande, die Auflösung der Division hervorzurufen. Fanti hat sich endlich nach Genua unter den Schutz Lamarmora's begeben und die Division wird nun von
Thamberg befehligt, der aber nicht um ein Haar besser ist, als Fanti.
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@facs | 1631 |
Venedig, 22. April.
Der Präsident Manin hat kraft der ihm übertragenen unbeschränkten Vollmachten ein neues Zwangsanlehen ausgeschrieben, zu welchem alle Bürger beizutragen haben,
die auf 24,000 Lire oder mehr geschätzt sind. Die Zahlung muß vom 20. bis 30. d. geschehen, und man hofft, daß sie 3 Millionen abwerfen wird. Das Anlehen soll zu 5 pCt. verzinst und von 1856 - 1860
zurückbezahlt werden. ‒ Man wagt nicht, das Absegeln der sardinischen Flotte dem Volke officiell mitzutheilen. Der sardinische Consul hat zu seiner Sicherheit Venedig verlassen. Mehrere hundert
seit dem September hier gefangen gehaltene Croaten sind freigelassen worden, da sie monatlich 20,000 Lire kosteten.
[1632]
@type | jAnnouncements |
@facs | 1632 |
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 1. Mai 1849.
In Ladung.
Nach Ruhrort bis Emmerich Wwe. Jac. Schaaf. Nach Düsseldorf bis Mülheim a. d. Ruhr L. Ducoffre. Nach Andernach und Neuwied C. Kaiser u. M. Wiebel. Nach Koblenz, der Mosel, der Saar und Luxemburg D.
Schlaegel. Nach der Mosel, der Saar u. Trier Fr. Deiß. Nach Bingen H. Harling. Nach Mainz Chr. Acker. Nach dem Niedermain Franz Spaeth. Nach dem Mittel- und Obermain S. Schön. Nach Heilbronn H. Staab.
Nach Kannstadt und Stuttgart L. Bühler. Nach Worms und Mannheim B. Sommer, und (im Sicherheitshafen) Wwe. C. Müller.
Ferner: Nach Rotterdam Capt. Demmer, Köln Nr. 25.
Nach Amsterdam Capt. Wemmers Köln Nr. 7.
Rheinhöhe: 8′ 8“. Köln. Pegel.
Civilstand der Stadt Köln.
Den 27. April 1849.
Heirathen.
Augustin Ritschke, Klempner, v. Bonn, u. Gertr. Jos. Heinen, v. hier.
Den 28. April.
Heirathen.
Heinr. Heck, Faßb., Wwr., v. Horm, u. Christ. Ziskoven, v. hier. ‒ Joh. Mart. Nelles, Bäcker, v. Tondorf, u. Marg. Zillken, v. Bachem. ‒ Carl Hugo Jos. Hövels, Schlosserges., v.
Jülich, u. Anna Maria Hubert. Strauß, v. Pempelfort.
Geburten.
Nikol. Hub., S. v. Jos. Spenrath, Bandweber, Spulmannsg. ‒ Pet , S. v. Pet. Henseler, Steinhauer, Kammacherg ‒ Gust. Adolph, S. v. Jul. Schorsch, Stellm., Georgstr. ‒ Marg., T.
v. Joh. Horschel , Zimmermann, Severinsw. ‒ Cath Hubert , T. v. Pet. Jos. Krahn, Kleinhändler, Hutmacher.
Sterbefälle.
Maria Cath. Thekla Filz, 14 M alt, Friedr.-Wilhelm-straße. ‒ Carl Jos. Steinberger, Landgerichts-Assessor. 31 J alt, unverh., Hof. ‒ Juliana Hering, 3 M. 8 T. alt, Thieboldsg.
‒ Joh. Friedr. Bauer, 3 J. 1 M alt, Kämmerg. ‒ Anna Maria Hubert. Sib. S berz , 2 M. alt, Elsterg. ‒ Sophia Esser, Mitglied der Filial-Wartekloster-Gemeinde, 28 J alt, Cäciliensp.
‒ Christina Herckerath, 22 J. alt, unverh., Cäciliensp.
Karten für Zeitungsleser, von Dr. K. Sohr 1) Ungarn, Galizien und Siebenbürgen ‒ 2) Siebenbürgen, Moldau und Walachei ‒ 3) Bosnien, Serbien und Militärgränze ‒ 4)
Oestreich. Kaiserstaat ‒ 5) Lombardei und Venedig ‒ 6) Ober- und Mittel-Italien ‒ 7) Neapel und Sicilien ‒ 8) Dänemark ‒ 9) Holstein ‒ 10) Schleswig ‒
11) 12) Jütland 2 Blätter ‒ 13) Spanien ‒ 14) Frankreich ‒ jedes Blatt 3 3/4 Sgr. ‒ 15) Handtke's Karte des Oestreichischen Kaiserstaates, im größten Kartenformat
(ganz neu) 10 Sgr. ‒ 16) Dessen Karte von Frankreich, größtes Format 10 Sgr. Vorräthig in allen Buchhandlungen, in Köln in der F. C. Eisen'schen Sort.-Buch- u. Kunsthandlung,
Friedrich-Wilhelmstr. Nr. 2 ‒.
Warnung für Reisende.
Am 12. März l. J logirte der Unterzeichnete, der leider das Unglück hatte schon als Kind zu erblinden, in Neuß bei dem Gastwirthe Kahrenberger auf der Niederstraße, und übergab diesem zwei
Fünf-Thaler-Scheine in Gegenwart eines Lohndieners Müller, mit dem Auftrage solche in einem dem Wirthen selbst in die Feder diktirten Brief an den Buchhändler Herrn Theising in Münster einzuschalten
und zu versenden. Der Brief, welcher von genanntem Gastwirth mit dem Siegel des Unterzeichneten verschlossen, kam unversehrt in Münster an, aber es fand sich nur ein Fünf-Thaler-Schein drin vor.
Jacob Berer,
Buchhändler, wohnhaft in Zürich in der Schweiz.
Erklärung.
Da das Comite des hiesigen Arbeiter-Vereins um in den Augen des Publikums für seine Bestrebungen den Schein der Rechtlichkeit zu gewinnen, es gebilligt hat, daß in Nr. 279 der „N. Rh.
Z.“ und in Nr. 22 des Organs des Arbeiter-Vereins ein sogenanntes Schmutz-Inserat gegen den Hrn. Dr. Gottschalk veröffentlicht wurde, daß es ferner, um die gemeinen Schimpfreden die es
unaufhörlich in den Versammlungen über ihn ergehen läßt, auf jede mögliche Weise zu rechtfertigen sucht; so fühlen wir uns verpflichtet, um die Leser genannter Zeitungen zu überzeugen, daß nur sehr
wenige Arbeiter die Ab- und Ansichten des Comite's theilen, dieses als bloße Gemeinheiten zurückzuweisen.
Im Namen vieler Arbeiter:
Joh. Jos. Breuer.
Franz Pütz.
F. W. Schmitz.
Georg Britz.
Geschäfts-Eröffnung.
Ich beehre mich anzuzeigen, daß ich mit meiner Engros-Handlung in Material- und Farbwaaren ein Detail-Geschäft verbunden, u. mit dem heutigen Tage eröffnet habe. Mein auf's Vollständigste
assortirtes Lager aller in dies Fach einschlagenden Artikel empfehle ich angelegentlichst zur geneigten Abnahme unter der Versicherung einer allzeitigen billigen und aufmerksamen Bedienung.
Köln, den 1 Mai 1849.
Franz Coblenzer,
Material- und Farbwaaren-Handlung
en gros & en detail
Höhle Nr. 22 nahe an St. Alban.
Mädchen, welche im Kleidermachen erfahren sind, finden Beschäftigung bei Geschw. Stockhausen, Lurgmauer 2
Thüringer Volkstribun.
Einladung zur Subscription.
Als es im Herbste des vorigen Jahres der Reaktion gelang, die demokratische Bewegung in den sächsischen Herzogthümern durch Waffengewalt zu unterdrücken, erlag auch das Organ des Kreis-Ausschusses
der Thüringer Demokratie, der „Thüringer Volkstribun“, der Gewalt der Umstände. Die Gründer und Redakteure desselben wurden plötzlich in den Kerker geschleppt, und der Tribun mußte
verstummen. Seitdem ist ein neuer Frühling in das Land gekommen und mit ihm neue Hoffnungen für die geschlagene, aber nimmer besiegte Demokratie.
Einer der frühern Redakteure, G. Rothe, ist der Freiheit wiedergegeben, und es ergingen sogleich nach seinem Austritt aus dem Kerker zahlreiche Aufforderungen an ihn, den Volkstribun wieder ins
Leben zu rufen. Diesen Aufforderungen zu genügen und zugleich ein Werkzeug zur kräftigen Reorganisation der Thüringer Demokratie zu schaffen, haben sich mehrere bewährte Volksmänner zur
Wiederherausgabe des „Volkstribuns“ vereinigt.
Die Tendenz des Blattes wird dieselbe sein, wie sie in den ersten 12 Nummern sich kundgegeben hat. Wir glauben, daß die reine Demokratie nur in einer solchen Staatsform sich verwirklichen lasse, in
der die Würde des Menschen in Allem auf's Höchste geachtet wird, in der demokratischen Republik. Unser Wahlspruch ist der der europäischen Social-Demokratie:
„Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle,“
Der Volkstribun erscheint vom 1. Mai an vorläufig zweimal wöchentlich unter der verantwortlichen Redaktion von G. Rothe und unter Mitwirkung von Dr. Lafaurie, H. Jäde, Dr. Otto, Dr. Rollet, Carl
Bran, Haus, Deinhardt und anderer Volksmänner im In- und Auslande.
Der Abonnementspreis beträgt auf allen Thurn- und Taxischen Postämtern vierteljährlich 20 Sgr.
In der Expedition 15 Sgr.
Alle Gleichgesinnte, sowohl Einzelne als Vereine, fordern wir auf, zur Verbreitung des Blattes im Interesse der Demokratie mitzuwirken und durch Correspondenzen uns zu unterstützen.
Jena, im April 1849.
Das Redaktions-Comite.
Mädchen-Institut zu Michelstadt im Odenwalde
Seit einer Reihe von Jahren besteht dahier mit Genehmigung Großherzogl. Hess Oberschulraths eine Privat-Lehr-Anstalt für Mädchen vom 6. bis 16. Lebensjahr. Die Anstalt steht unter der Leitung einer
Lehrerin, die ihre gesetzliche Prüfung bestanden hat und den Unterricht in der französischen Sprache, so wie theilweise in einigen andern Fächern ertheilt Der Unterricht in den übrigen
Lehrgegenständen, als: Religion, deutsche Sprache und Literatur, Geschichte mit Rücksicht auf Mythologie, Geographie. Naturgeschichte und Naturlehre, Rechnen, Schreiben, Zeichnen und Gesang wird von
Lehrern der hiesigen Realschule und Volksschule, der Unterricht in weiblichen Handarbeiten von einem zweiten Frauenzimmer ertheilt. Auch ist für den Unterricht in der englischen Sprache Gelegenheit
geboten.
Das Honorar für eine Schülerin beträgt jährlich 40 fl.
Die Anstalt hat seit ihrem Bestehen jederzeit die erfreulichsten Resultate geliefert, und kann auch auswärtigen Eltern, die leicht Gelegenheit finden, ihre Töchter hiesigen Familien anzuvertrauen,
mit bester Ueberzeugung empfohlen werden.
Nähere Auskunft zu geben, ist der Unterzeichnete gern bereit
Michelstadt, im April 1849
Steinberger, Realschul-Direktor.
Vorzüglich Baierisch Lagerbier
bei W. Kleinenbroich,
Columbastraße Nr. 1 ‒.
Kendall'sche Seifen-Parfümeriefabrik.
(H. Pohlen) Hochstraße Nr. 146.
Harte Haushaltungsseife à Sgr. 3 1/4 per Pfd. 10 Pfd für 1 Thlr. Wohlriechende Seifen à 4 1/2, 5, 6, 9 & 11 Sgr. per Pfd.
Neu Angekommen.
Komische Karrikatur-Gesichter.
Die durch drücken die lächerlichsten Gestalten annehmen,
bei Fr. Hermann,
Marsplatz Nr. 3.
Branntwein-Fabrikation betreffend.
Ein Branntwein- und Liqueur-Geschäft in Leipzig sucht einen unverheiratheten, vermögenden jungen Mann welcher die Fabrikation der doppelten und einfachen Branntweine und gangbarsten Liqueure auf
wohlfeilstem Wege gründlich versteht, mehrjährige praktische Uebung darin hat, jetzt eintreten und circa 1000 Thlr. baar gegen 5pCt. Verzinsung einlegen kann, wogegen ihm außer festen Einkommen eine
Gewinnbetheiligung und sonst angenehme Verhältnisse zugesichert werden. Auf portofreie Briefe, Adresse D. E. Nr 100 poste restante Leipzig, das Nähere.
Ein braves und ordentliches Mädchen wird gesucht. Wo, sagt die Exp.
Theater-Anzeige.
Donnerstag den 3. Mai 1849.
Zum Schluß der Bühne:
Martha oder der Markt zu Richmond.
Große Oper in 4 Akten von Friedrich Musik von Flotow.