Deutschland.
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Edition: [Friedrich Engels: Die kontrerevolutionären Pläne in Berlin, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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] Köln, 30. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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] Hillesheim, 28. April.
Im August vorigen Jahres wurde unter der Ueberschrift: „Preußische Humanität,“ in dieser Zeitung berichtet, daß ein auf dem
Marsche erkrankter Rekrut Morgens noch für marschfähig erklärt, und Abends in Hillesheim gestorben sei. Mit Bezug auf diese Thatsache haben wir jetzt nachträglich zu melden, daß der die Obduktion der
Leiche leitende Arzt, Dr. Neukirch, die vielen auf den Transport und die ärztliche Behandlung des Erkrankten sich beziehenden, in den Eifelortschaften weitverbreiteten Gerüchte in den ersten, d. h. in
den erzählenden Theil seines Berichts aufgenommen hatte, und daß er aus dem Leichenbefunde in seinem Gutachten den Beweis führte: der Rekrut ist an Entzündung und Brand der dicken Lunge und an
brandiger Entzündung eines großen Theils der Gedärme gestorben ‒ nicht aber an Gehirnentzündung, woran derselbe angeblich gelitten haben sollte.
Die angeführten Gerüchte und einige andere mißliebige Aeußerungen über Uebelstände in unserem „herrlichen Kriegsheer,“ zogen dem berichterstattenden Arzte eine Untersuchung wegen
Calumnie, dann aber, weil diese Anklage selbst dem eifrigsten öffentlichen Ankläger unhaltbar erscheinen mochte, wegen Beleidigung durch Worte und in dienstlicher, amtlicher Beziehung auf den Hals.
Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist der Umstand, daß in dem ganzen Berichte der Name des sich im Amte beleidigt fühlenden Offiziers gar nicht, und des sich ebenfalls im Amte beleidigt fühlenden
Arztes blos genannt wird, weil er dem Dr. Neukirch vor der Leichenöffnung gesagt habe: „der Rekrut sei an Gehirnentzündung gestorben.“
Trotz alledem suchte bei der am 14. April an dem Zuchtpolizeigerichte zu Trier stattgehabten Verhandlung das öffentliche Ministerium die Anklage aufrecht zu halten und wollte die zur Mode
gewordenen Artikel 222-224 in Anwendung gebracht wissen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei.
Hillesheim und einige umliegende Ortschaften waren gestern wiederum beglückt mit einer Einqurtierung nach Luxemburg marschirender Rekruten; 6 davon waren krank; der sie begleitende Militärarzt
sagte in der Apotheke, daß er Fieberkranke habe, daß er mit seinem Arzneivorrath gegen diese Krankheitsformen nichts ausrichten könne, daß er aber andere, namentlich theure Arzneien nicht verschreiben
dürfe. Der Apotheker Veting sagte ihm hierauf, er solle nur kühn verschreiben, er (der Apotheker) würde schon für die Bezahlung sorgen, sollte sie aber höheren Orts verweigert werden, so schenke er
sie den kranken Rekruten. Arznei wurde nicht verschrieben, vielleicht weil die Fieberkranken inzwischen genesen waren, oder auch weil der Militärarzt der Geschichte doch nicht traute. Herrliches
Kriegsheer! das jährlich 30 Millionen verschlingt und bei dem mit Arzneien geknausert wird.
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] Berlin, 28. April.
Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des
Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die
Aufregung hervor.
Selbst Griesheim (?), selbst Grabow hatten nichts geahnt (?). Griesheim erklärte das auf sein Ehrenwort, und Grabow sagte auf eine betreffende Frage, ich habe mit diesem Ministerium nie etwas zu
thun gehabt.
Eine kurze stürmische Sitzung vereinigte die Mitglieder der Linken in der Conversationshalle.
Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den
Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt.
Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig,
daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt.
Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve.
Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen.
Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In
Behnsch Armen starb einer der Verwundeten.
Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und
angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet.
Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten
geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem
d'Heureuse'schen Hause sogar fand man zwei Kugeln.
Das Volk zog sich weiter zurück.
An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine
Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen
der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend.
Die Nacht war ruhig. Bis um 1 Uhr war Alles kriegsmäßig aufgestellt. Wer auf das „Halt! wer da?“ nicht antwortete, auf den wurde geschossen. Mehreren friedlichen Bürgern sausten so
die Kugeln um die Ohren.
Heute Vormittags sammelten sich sehr bald, da auf dem Döhnhofsplatz heute Wochenmarkt war, neue Attrouppements. Der Unwille des Volkes war verbissen, bis die Konstabler in größern Massen
herankamen. Es kamen bald mehrere Konflikte vor. Endlich und ganz plötzlich umringten 30 Konstabler einen kleinen Haufen Menschen, zogen blank und hieben ohne Ursache mit ihren Säbeln ein. Es kamen
bestialische Scenen vor, so schauderhaft, daß ein Konstableroffizier den Konstablern entgegensprang und ausrief: „Seid Ihr denn toll, Ihr Bestien?!“
Grabow, Merckel, Görtz und andere Abgeordnete waren im Kammergebäude, sahen das, und waren empört über diese Scene. Kosch und Merckel gingen herunter zu den Konstablern, und machten ihrem Unwillen
Luft. Grobheiten waren die Antwort.
Ein friedlicher einzelner Bürger wurde niedergehauen, als er fragte, ob er denn nicht über den Platz gehen dürfe.
Gegen Mittag wurden die Garden-Dragoner herbeigeholt, welche den Döhnhofsplatz säuberten, indem sie mit der flachen Klinge einhieben.
In diesem Augenblick (5 Uhr Nachmittags) ist die Bewegung im Wachsen. Im Laufe des Nachmittags wurde von den Dragonern mehreremals eingehauen, aber das Volk rührt sich nicht.
Grabow, der Präsident der II. Kammer hat dem Minister Manteuffel schriftlich angezeigt, daß er seinen Posten im Büreau der Kammer nicht früher verlassen werde, bis ihm der Minister durch einen
Kommissar das Büreau förmlich abgenommen und ihm darüber eine Bescheinigung ertheilt hat.
Die Verhaftung der Herren Waldeck, Berends Reuter etc. hat sich noch nicht bestätigt.
Als der Abg. Berends gestern Abend gegen 8 Uhr, nicht wissend was vorgefallen war, vor der Conversationshalle ausstieg um sich in den Saal zu begeben, wurde ihm von einigen Constablern gesagt, daß
er nicht hinauf dürfe. Auf die Frage: „Warum?“ wurde auf ihn losgehauen und ein dabeistehender Soldat stach mit einem Bayonnet nach ihm; glücklicherweise ist er jedoch nur unerheblich
verwundet, da der Stich größtentheils im Rock entlang fuhr. Der Abg. Berends mußte nach seiner Wohnung gebracht werden.
Die Conversationshalle ist heute Vormittags geschlossen worden, damit die Abg. der Linken dort keine Versammlungen mehr halten können.
In diesem Augenblick sind die Mitglieder der Opposition im Odeum im Thiergarten versammelt.
Schon gestern erfuhr man, es sollten mehrere Abgeordnete verhaftet werden. Man nannte Waldeck, Berends, Jung Reuter und besonders D'Ester. Als Grund wollte man die berüchtigte
und von Manteuffel enthüllte Versammlung der Bürgerwehrführer in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. angeben. Wir können mit Bestimmtheit versichern, daß D'Ester den Krallen der heiligen
Hermandad glücklich entzogen ist.
Als Herr v. Vinke nach der Auflösung den Sitzungssaal verließ, rief er überlaut aus: „Mir persönlich ist es ganz lieb, daß ich nach Hause kommen kann, alle meine Angelegenheiten sind
in Unordnung Aber unerhört bleibt es, daß solch ein Spiel mit dem Wohl des Landes getrieben wird.“ ‒ Am Abend ist er mit Mühe den Kugeln entflohen, es soll sogar eine derselben durch
seinen Rock gegangen sein.
Man erzählt mit Bestimmtheit, daß das Ministerium das Wahlgesetz nicht ändern werde. Der Minister Raabe hat dies aufs Bestimmteste versichert. Man hatte hier allgemein das Gegentheil
erwartet, denn wie will das Ministerium mit dem alten Wahlgesetz eine andere Kammer bekommen? Wird die neue Kammer nicht viel mehr Oppositionsmitglieder bekommen? ‒ Wozu soll nun dies ganze
Spiel der Auflösung?
Der Teltower Bauernverein ist in der letzten Zeit wie umgewandelt, Er hat nicht allein seinem reactionären Abgeordneten Stiehl etc. ein Mißtrauensvotum geschickt, sondern auch beschlossen, sich mit
der Fraction der äußersten Linken in Verbindung zu setzen. Zu diesem Behufe sollten heute der Vorstand des Teltower Bauernvereins hier eintreffen um mit den Chefs der Partei das Nähere zu besprechen.
Schade daß diese Unterhandlungen nicht einige Tage früher stattgefunden; heute sind sie nicht mehr möglich Sie hätten viel auf die Wahl des Teltower Kreises wirken können.
Wir kommen heute auf den Militär-Etat zurück:
Hier finden wir wenigstens 12 Generale, welche neben dem unbedeutenden Gehalt von jährlich 5-6000 Thlr. noch 6000 Thlr. Tafelgelder, und mehr als 20 Generale, die 1000 Thlr. Tafelgelder beziehen.
Wenn nun der Staat nicht in der Lage ist, Gelder zu verschenken, damit eine eximirte Klasse in den feinsten Genüssen schwelgen könne, denn dazu wurden diese Gelder hin und wieder verwandt, wie bei dem
General v. Müffling, einem der größten Gourmands, der indische Vogelnester u. dgl. an seiner Tafel nicht verschmähete, da der Staat ferner nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß andere Generale,
die wenig oder gar keine Feste geben, in ihrem Dienstverhältnisse Kapitalien sammeln können, so lassen sich die Tafelgelder sehr füglich streichen, was eine Ersparniß von 92,000 Thlr. ergiebt.
Die Verwaltung der Train-Depots kostet 58,000 Thlr., läßt sich jedoch mit 40,000 Thlr. sehr wohl bestreiten, wenn man sich nur einer Menge Ballastes entledigen wollte, den man theils durch
Requisitionen ersetzen kann, der aber andern Theils in der That
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ganz nutzlos ist, und wie die Erfahrung lehrt, so geht dergleichen Kram meistens nur zu bald verloren, wenn es zum Ernst kommt.
Am Etat der Intendanturen mit 110,000 Thlr., können bei zweckmäßiger Einrichtung 10,000 Thlr. ganz einfach gestrichen werden. ‒ Die Militär-Geistlichkeit ist im Frieden ganz unnütz, und nur
in einzelnen, ganz großen Garnisonen, wo eigene Garnisonskirchen sind, mag sich ein Bedürfniß herausstellen. Da nun die Militärgeistlichkeit jährlich 41,000 Thlr. kostet, so sind wir billig, wenn wir
eine Ersparniß von 35,000 Thlr. berechnen.
Die Militär-Erziehungs- und Prüfungsanstalten kosten circa 230,000 Thlr., außerdem beträgt der Zuschuß für das große Militär-Waisenhaus, und die Ausgabe für Kinderpflegegelder zusammen 135,000
Thlr. Was die Militär-Erziehungsanstalten betrifft, so nehmen die Kadetten-Korps den größten Theil jener Gelder hinweg. Daß diese militärische Erziehung eine einseitige ist und bleibt, wird Niemand
bestreiten wollen, und ebensowenig, daß, wenn es sich darum handelt, für die Kinder solcher Offiziere zu sorgen, welche sich dem Dienste des Vaterlandes geopfert haben, dies viel besser durch
Geldzuschüsse geschieht, welche die Erziehung auf einem Gymnasium oder einer höhern Bürgerschule möglich machen. Eine allmählige Verminderung der Anzahl der Kadetten und damit der Kosten erscheint
unabweisbar, und damit eine Ersparniß von jährlich mindestens 50,009 Thlr.
Die Marsch-, Reise- und Vorspannkosten betragen im Frieden, unter den allergewöhnlichsten Verhältnissen 270,000 Thlr. jährlich, an welcher Ausgabe sich die 70,000 Thlr. sehr bequem streichen
lassen, nur muß es dann aufhören, daß drei und mehr Generale immer zugleich dieselben Garnisonen bereisen, um zu inspiziren, d h. förmlich Einer den Andern inspiziren. Am Rations-Etat lassen
sich 8000 Thlr. ersparen, wenn man den höhern Offizieren nicht mehr Nationen zubilligt, als sie für ihren Dienst wirklich gebrauchen. Nehmen wir die hier erwähnten kleinen Ersparnisse zusammen, so
erhalten wir 358,000 Thlr., wären diese seit 1815 erspart worden, so ergäbe dies das annehmbare Sümmchen von 11,814,000 Thaler.
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*
] Berlin, 28. April.
Es ist jedenfalls erheiternd, unter den gegenwärtigen Umständen die Ansichten des königl. preußischen Hoforgans, der „Neuen Preuß.
Zeitung“, über die neueste „rettende That“ des Berliner Pseudo-Standrechtsministeriums kennen zu lernen. Folgende Stelle gibt uns eine Probe von diesen königl. preuß. An- und
Absichten:
„Unter der Frage vom Belagerungszustande von Berlin, liegt die tiefere, die Frage von dem Krebsschaden, der am Herzen des Vaterlandes nagt, verborgen. Wie kann friedliche Rechtsordnung
bestehen, wie kann die Polizei des Säbels entbehrt werden in einem Staate, wo Anreizer zur Steuer-Verweigerung, Anstifter des Aufruhrs, Verführer der Landwehr hohe Richterämter bekleiden, wo erklärte
Feinde des Thrones, wo Hochverräther in den Kammern tagen? Diese schmachvollen Zustände sind es, denen wir die Fortdauer des Belagerungszustandes verdanken, nicht aber die Excesse, zu denen Plakate,
Klubs und Volksversammlungen führen würden. Die Anarchie auf den Straßen ist Kinderspiel gegen die Anarchie in den Gerichten, auf den Präsidentenstühlen, in den Parlamenten und in den Cabinetten der
Fürsten, die, statt Gottes Knechte, lieber Unterthanen des Pöbels sind.
Dahin also, auf Herstellung gleicher, unparteiischer, starker Rechtspflege, welche die Richter selbst und die Erwählten der Kopfzahl, wenn sie Verbrecher sind, welche die Verführer eben so gewiß,
als die armen Verführten trifft, ‒ dahin wird nun die energische Thätigkeit der gewissenhaften Staatsmänner sich richten, denen das Vaterland schon so tief verpflichtet ist und die sein Stolz
und seine Hoffnung sind in dieser Sündfluth von wetterwendischer und achselträgerischen Charakterlosigkeit.
Kräftigung der edelsten Organe des Staats im engeren Vaterlande, ‒ im weiteren aber folgerechte, unzweideutige Durchführung jenes „niemals, niemals, niemals!“ durch
welches Preußen mit den frechen Führern und dem zitternden Anhange der Frankfurter Usurpation für immer gebrochen hat ‒ endlich Einigkeit mit dem seit 60 Jahren uns verbündeten
Oesterreich, welches, wie wir, aus der Revolution erstanden, Deutschlands gute Schlachten im Süden und Osten so tapfer schlägt, ‒ das ist die nicht blos preußische,
sondern auch deutsche Politik, der wir nach dieser Kammer-Auflösung und Vertagung entgegen sehen, und durch die unsere muthigen November-Männer Preußen und durch Preußen
Deutschland frei (!), einig (!!) und mächtig (!!!) machen werden.“ (!!!!)
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61
] Breslau, 27.April.
Der vorgestrige Auftritt vor einem Hause, worin Proletarierinnen der Liebe ihr trauriges Gewerbe treiben, veranlaßt heute den Polizeipräsidenten, der
Bevölkerung die preußischen Reglements wegen Auflauf mit der Warnung in's Gedächtniß zu rufen, sich vor Beleidigung der uniformirten Volksmörder, genannt „Mein herrliches
Kriegsherr“, so wie der Gensd'armen, ihrer gottbegnadeten Brüder, weil sie bei dieser Gelegenheit einige zufällige Rippenstöße erhalten haben sollen, zu hüten, widrigenfalls, so droht
der preußische Polizeiunterknecht, die strengsten Maßregeln (Belagerungszustand) ergriffen werden würden. Der erwähnte Auftritt bedeutete im Grunde politisch gar nichts; die Polizei hat ihm sogar eine
Weile mit verschränkten Armen zugesehen. Man hatte nur einige Schreiben eingeworfen. Allein die Herrn Preußen vergessen schon Schnapsflasche und Wanzenunverschämtheit, sobald die ersten Maikäfer der
Frühlingsfreiheit etwas ungestümer ausbrüten. Die meisten dieser lackirten Ritter leiden gegenwärtig am Kossuth-Alp, der für sie um so drückender wird, je rascher die
„aufregenden“ und ihrer Natur nach „wühlerischen“ Siegesnachriten sich folgen. Das ganze Raub- und Wanzenritterthum sieht bereits schlesische Galgen, zu denen die Magyaren
den Hanf mitbringen. Dies ist das Motiv zu der im Stile des panischen Schreckens vor dem Schwefeluntergang geschriebenen Kundmachung des preußischen Polizeipräsidenten. Vielleicht wird man dieselbe in
Berlin dazu benutzen, uns belagerungszuständig zu machen und auf diese Weise dem Kaiser-Homunkulus Gelegenheit zu geben, nicht nur uns hier die magyarischen Sympathien zu vertreiben, sondern auch
seine deutschen Reichstruppen gegen die Ungarn zu versuchen und die Raubritter vom Kossuth-Alp zu befreien.
Die Breslauer Zeitung läßt heute im zukünftigen deutschen Reichsformat als Extragerücht das erste Resultat der deutschen Reichsbourgeoisbornirtheit, die Verfassung nämlich, auf den Straßen
verkaufen. Das Volk geht daran vorüber, wie etwa an dem Schweinsleder der goldenen Bulle, der pragmatischen Sanktion oder Bundesverfassung und kauft sie nicht einmal als Rarität. Schwerlich hat aber
jemals eine Tertianerübersetzung französisch-englischer im deutschen Leibstuhl Hammonia's abgekochter Bourgeoisphrasen so viel Geld und Dummheit gekostet, als diese
Reichsbourgeoisverfassung.
Gestern kam hier ein magyarischer Kurier durch, welcher Depeschen Kossuth's an Lord Palmerston überbringen soll.
Ein Reisender aus Warschau, deren es jetzt viele hier gibt, weil man für etwa 6 Thaler in einem Tage von Warschau hieher fahren kann, ein Reisender aus Warschau erzählte, man habe dort trotz der
entsetzlichsten Strafen, welche auf dergleichen stehen, an den Regierungspalast die Worte geschrieben: der Kaiser von Oestreich habe in Wien das Glockengeläute verboten, weil es immer den Hochverrath
begangen: „Bem! Bem!“ zu rufen.
Der hiesige Magistrat hat (natürlich auf höhere Eingebung) der Bürgerwehr das Pulver hinwegnehmen und in das königliche Magazin bringen lassen, weil besagtes Pulver dort sicherer sei und weniger
verderbe. Prachtvolle preußische Gründe, die alle aus dem Kossath'schen Alpdrücken aufblähen. Wie ich höre, haben darauf die Herrn Bürger für diesen Abend eine Versammlung sämmtlicher
Bürgerwehrklubs veranstaltet, um die königlich preußische Pulvereskamotage zu besprechen.
In der Schlesischen Zeitung wird heute für Münsterberg mit Inbrunst ein Kreisgericht verlangt, weil die Verarmung der Stadt auf eine erschreckende Weise überhand nehme und von allen Seiten
Diebstähle der verwegensten Art en masse verübt würden, so daß sogar ein ganzes Haus gestohlen worden sei. Mir scheinen die durch ganz Schlesien sich mehrenden Diebstähle die ersten Vorboten zu sein,
daß das Volk die Lehre von den schlesischen Milliarden bald in succum und sanguinem verdant haben wird. Warum lies't die Schlesische Zeitung nicht die Neue Rheinische, und warum adressiren sich
die Münsterberger mit ihrer Armuth nicht an die Kreisraubritter in ihrer Nähe. Sie wüßten dann was und wo verlangen.
Mit der rothen Farbe kann man hier die ganze Stadt in Alarm bringen. Die Breslauer scheinen überhaupt neben dieser sonst vierfüßigen Eigenthümlichkeit viel kleinstädtische Elemente zu besitzen.
Geht eine Dame zufällig mit einer rothen Mantille über die Straße, so glotzt sie die ganze ostdeutsche demokratische und nicht-demokratische Bornirtheit männlichen und weiblichen Geschlechts an, wie
eine Siebenhimmelerscheinung aus der Apokalypsis.
Die Gerichte fahren fort, ihre Oeffentlichkeit und Mündlichkeit dazu zu verwenden, täglich Widersetzlichkeiten wider die gottbegnadeten königlich preußischen Nachtswächter und sonstige Beamten am
Volke mit den härtesten antediluvianischen Strafen zu ahnden, damit der Gehorsam wiederkehre.
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50
] Oppeln, 25. April.
Unsere Stadt, die bisher nie eine Garnison hatte, soll dauernd ein Bataillon Infanterie erhalten. Um dasselbe unterzubringen, wird unser altes Schloß
mit einem sehr bedeutenden Kostenaufwand, die Bauanschläge sind durch den hiesigen Regierungsbaurath angefertigt worden, in eine Kaserne umgewandelt. Unsere Staatslenker müssen also die Ueberzeugung
haben, daß ihre Art zu regieren, sich auf die Dauer nur vermittelst Militärgewalt behaupten kann, aber nichtsdestoweniger entschlossen sein, gegen Recht und Vernunft nach diesem System fortzuregieren,
darum überlegen sie gleich einem Feind das ganze Land für immer mit einem Netz fester Garnisonen. Wir hatten geglaubt, daß man unzweifelhaft das Heer, das schon in seiner jetzigen Stärke dem Volke
alles Mark ausgesogen, verringern müsse, und daß deshalb recht bald zu untersuchen sein würde, was nun mit den leer gewordenen Kasernen zu beginnen sei, nie aber, daß die Märzerrungenschaft immer neue
und neue Kasernen sein würde. In's zweite Jahr sind wir ein demokratisch-konstitutioneller Staat, bald eben so lange sitzen die demokratischen Volksvertreter in Berlin und immer noch die alte,
ja noch ärgere Vergeudung des Volksvermögens als früher. Findet sich denn Keiner unter allen diesen Deputirten, der Muth genug hat und ernstlich da dran geht, die Kammer zu dem Beschluß zu bringen,
daß sie den Ministern erklärt: bis hierher und nicht weiter, nicht einen Groschen mehr ohne unsern Willen? Es sind nicht allein die 30 oder 40 Mill. Thaler, die für das Heer ausgegeben werden, es ist
auch die Arbeit der 200,000 Männer, die die Regierung zwingt, müßig umher zu lungern, welche der Staatsgesellschaft verloren geht, der preußischen Staatsgesellschaft, von der fast die Hälfte dem
Hungertode nahe ist, und die darum durchaus keine Veranlassung hat, 200,000 ihrer kräftigsten Männer zum Faullenzen zu kommandiren, das müssen Volksvertreter beachten, oder es könnte leicht auch für
sie ein Tag schwerer Rechenschaft kommen. Eine Kammer, die fast in jeder erheblichen Abstimmung die Handlungsweise der Regierung tadelt, und doch dieser Regierung eine Jahreseinnahme von 95 Millionen,
die Vollmacht Darlehnskassenscheine zu machen, und allerhand dergleichen zur uneingeschränktesten willkürlichen Verwendung überläßt, das ist nicht zusammenzureimen, das zeigt die gänzliche politische
Kindheit unserer Kammer, eine Unschuld, bei der die Volksfreiheit der Frechheit der Regierung zum Raub werden muß.
Unter unserer hohen Aristokratie, die immer wohl unterrichtet ist, da mehrere ihrer Familienglieder zu dem täglichen Umgang, dem innern Familienkreis des kön. Hauses gehören, in welchem öfter nicht
durch Politik bestimmte innerste Herzensergießungen laut werden, hört man als den Inhalt solcher Herzensergießungen: Der König und sämmtliche Prinzen haben jetzt die feste Ueberzeugung gewonnen, daß
das Heer noch treu ergeben ist, daß die Macht sich noch vollkommen in ihren Händen befindet und daß deshalb auch nicht die geringste Veranl ssung da ist, irgend welche weitere Konzessionen an den
Volkswillen zu machen. Auch im März habe man die Macht noch vollkommen gehabt, und man habe daher gegen den Willen Gottes gesündigt, indem man dieses verkennend in einem Augenblick der Ueberraschung,
der Kleinmüthigkeit, Zugeständnisse gemacht, Rechte vergeben habe, die von Gott dem Königthum von Gottes Gnaden zur Regierung der Völker verliehen sind; man habe also jetzt die Pflicht, alle die
Macht, die man habe, anzuwenden, das Königthum von Gottes Gnaden in seiner vormärzlichen Reinheit wieder herzustellen. In dieser Ansicht sollen sämmtliche Mitglieder des kön. Hauses einig sein, nur
daß vielleicht nicht bei Allen Gott ganz dieselbe Rolle dabei spielt. Wenn bisweilen ein Zwiespalt stattfindet, ist es allein über die Art und Weise, zu diesem Ziel zu gelangen; hier wird die
Zweckmäßigkeit der Wege des jetzigen Inhabers der göttlichen Offenbarungen von der andern Seite, die bis jetzt nur noch von irdischer Weisheit umgeben ist, öfter bezweifelt. Für die ganz besonders
anstößige Märzerrungenschaft, die um jeden Preis weg soll, weil einem König damit zu regieren unmöglich ist, hält man das allgemeine Wahlrecht, das muß also um jeden Preis weggeschafft werden, aber
leider will die Romantik des Königs nicht zulassen, sein Wort zu brechen. Das Versprechen der freien Presse, des Vereinigungsrechts, der Geschwornen, der Ministerverantwortlichkeit anlangend,
überzeugte sich der König zwar leicht, daß er zur Zeit des Versprechens es gerade so gemeint habe, wie Manteuffel und Rintelen's Gesetze das jetzt auslegen, und daß man unter
Ministerverantwortlichkeit nichts Anderes verstehen könne, als wie Manteuffel den Kammern gegenüber sich verantwortet, aber da bei dem allgemeinen Wahlrecht das hineingebrachte Selbstständig nicht
anschlug und die wahre Auslegung noch nicht gefunden werden konnte, glaubt der König es doch so gemeint zu haben, wie es jetzt gehandhabt wird, und will es darum einseitig nicht ändern. Die
absolutistische Junkerschaft, nicht die ganz stiermäßige, sondern die feindiplomatische meint auch, es sei doch nicht räthlich, den König sein Wort brechen zu lassen, man habe erfahren, wie die
Nichterfüllung der Versprechens Friedrich Wilhelm III. vom 22. Mai 1815 von des Umsturzpartei ausgebeutet worden sei, darum dürfe man nicht so kurz nacheinander das Königsthum in den Augen des Volks
durch Nichtworthalten in Mißkredit bringen, es bleibe also nur ein Ausweg, der König müsse abdanken, denn der Prinz von Preußen, der nichts versprochen, meint man, sei auch an Nichts gebunden. Dies
ist das wahre Motiv für die jetzt so häufig angeregte Abdankung des Königs, die bereits erfolgt wäre, wenn der König, der sich besonders von Gott berufen glaubt, nicht noch um Erleuchtung von Oben
betete. Wenn daher Hr. Vincke plötzlich die deutsche Frage benutzt, den König zur Abdankung zu treiben, so freue man sich nicht zu sehr, es folgt daraus noch nicht, daß wenn der Prinz von Preußen
König von Preußen wird, er auch deutscher Kaiser unter Anerkennung der Reichsverfassung, wie sie jetzt ist, wird.
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@facs | 1620 |
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15
] Schleswig-Holstein, 27. April.
Die Auflösungsfrage unserer saubern Gesellschaft, die sich Landesversammlung nennt, ist erledigt, und zwar ‒ durch die
Statthalterschaft. Letztere hat den Antrag durch den neucreirten Departementschef Boysen zurückgenommen, hat also nicht den Muth, die Versammlung aufzulösen, obgleich der frühere Departementschef oder
Minister Harbou glaubte, daß die oktroyirte Zweiköpfige ein Recht dazu habe.
Nachrichten vom Kriegsschauplatz melden, daß circa 200 und einige Gefangene durch die Dragoner eingebracht, und durch Hadersleben transportirt sind. Unsere Vorposten stehen jetzt zwischen Colding
und Veile, gegen das nach den letzten Nachrichten eine starke Recognoscirung mit zwei Bataillonen, einem Dragonerregiment und einer Batterie vorgenommen wurde.
Wie wenig unsere „gemeine“ Regierung (frühere und jetzige) auf den Krieg gefaßt gewesen, und wie sicher sie auf einen Frieden, durch Vermittelung des heiligen Bunsen, gerechnet hat,
davon liegt Beweis in der schlechten Einrichtung der Hospitäler vor, in denen es am Nöthigsten mangelt. Selbst Aerzte fehlen, ohne daß man die sich Meldenden anstellt. So ist uns ein Fall bekannt, daß
ein Hamburger Arzt nach Schleswig reiste und dort abgewiesen wurde. Ein anderer (hannöver'scher) Arzt, aus der Gegend von Osnabrück, kam in Folge einer Aufforderung hieher, hielt sich längere
Zeit in Schleswig auf, und bemühte sich ernstlich um eine Anstellung, mußte aber auch wieder fortgehen, da man ihm eine abschlägige Antwort ertheilte.
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*
] Wien, 26. April.
Nichts lächerlicher, als diese standrechtlich offizielle Journalistik Wiens. Glaubte man diesen Organen der k. k. Mordbrenner, so wäre in Ungarn so gut
wie gar nichts Nachtheiliges für das olmützer Tamerlanthum vorgefallen. Die Abendbeilage der heutigen „Wiener Zeit.“ schwatzt z. B. über die von Oestreich octroyirten ungarischen
„Anweisungen“, als ob die Standrechtsbestien dort völlig Sieger wären. In diesem herrlichen Artikel werden den Ungarn die unendlichen Vortheile auseinander gesetzt, die sie aus diesem
neuen „Umlaufsmittel“ ziehen werden, und den übrigen Provinzen der „Gesammtmonarchie“ schwindelt man vor, daß die Kosten des ungarischen Kriegs durch dieses neue Papier
einzig und allein dem Lande Ungarn auferlegt werden: „ut desint vires, tamen est laudanda voluntas!“
Das nämliche offiizelle Blättchen läßt sich aus Gräfenberg (östr. Schlesien) berichten:
Freiwaldau hat ein Detachement des Infanterie-Regiments Prinz Emil von Hessen zur Besatzung erhalten, als vor längerer Zeit einige nahrungslose Arbeiter die Ruhe des Städtchens und der Umgebung
durch einen kleinen Crawall zu stören versucht hatten.
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Frankfurt, 28. April.
Die heutige Nummer des „Reichs-Gesetz-Blattes“ publicirt die Verfassung des deutschen Reiches, mit dem Eingang: „Die deutsche
verfassunggebende Nationalversammlung hat beschlossen und verkündigt als Reichsverfassung“: (folgt dieselbe ohne Unterschrift des Reichsverwesers.)
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Frankfurt, 28. April.
Man berichtet, daß in Folge der in München herrschenden Aufregung und der dadurch verursachten Unruhen, die von einigen nur als Auflauf geschildert werden,
der Stadtrath von München sich in Permanenz erklärt habe.
[(D. Z.)]
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Frankfurt, 28. April.
Die Differenzen zwischen dem Reichsverweser und dem Ministerium sind gehoben; es herrscht gegenwärtig vollkommenes Einverständniß zwischen ihnen. Die
Kommissarien, welche den Regierungen der Einzelstaaten die Beschlüsse der Reichsversammlung mittheilen und auf deren Vollziehung wirken sollen, sind bereits ernannt und ihre Vollmacht unterzeichnet;
sie werden morgen früh abgehen. Es sind Herr Bassermann für Berlin, Herr Mathy für München, Herr Secbeck für Hannover, Herr v. Watzdorf für Dresden. (Brutus-Bassermann geht jetzt, nachdem die 2te
Kammer zum Teufel gejagt worden, nicht nach Berlin. Ist doch, was er irgend wünschen konnte, bereits geschehen. Gagern erklärte in einer Sitzung des 30er Ausschusses, daß das frühere vertraute
Verhältniß zwischen dem Erzherzog und dem Ministerpräsidenten geschwunden sey.)
[(D. Z.)]
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@facs | 1620 |
Frankfurt a. M. 27. April.
Hier ist folgende „Aufforderung an die Abgeordneten“ erschienen:
Das Vaterland ist in Gefahr! Die preußischen Kammern sind aufgelöst! Bei Kreuznach werden Truppen zusammengezogen; zum Oktroyiren sind Truppen nöthig. Der vormärzliche Despotismus will den
letzten Schlag führen. Frankfurt muß und wird endlich handeln! Kein Abgeordneter darf sich jetzt entfernen; jeder Abgeordnete möge sofort zurückkehren!
Die Volksversammlungen in der Umgegend mögen sich nicht wundern, wenn unter diesen Umständen die Abgeordneten zu erscheinen verhindert sein sollten.“
Frankfurt, 27. April 1849.
Raveaux. Löwe. Nauwerk. Freese. Melly. Schulz aus Weilburg. Vogt. Hehner. Eisenstuck. Claussen. Reitter.
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@facs | 1620 |
Stuttgart, 25. April.
Den Haupteinfluß in Stuttgart übt auf den ganz gealterten und abgenützten, aber doch starrköpfigen König, der östreichische Gesandte und der russische,
welcher Letztere sich zu dem Könige geäußert haben soll: Sire, I'Empereur, mon maêtre, ne vous a point accordé sa fille cherie Mdm. la grande duchesse Olga pour en faire une
exilée. (Fürst, der Kaiser mein Herr und Meister hat Ihnen seine Lieblingstochter, die Frau Großfürstin Olga nicht zur Tochter gegeben, um eine Verbannte aus ihr zu machen.) Vor wenigen Tagen
ist nahe bei Stuttgart der ehemalige Kriegsminister, Baron von Hügel, der nicht schreiben konnte, gestorben. Sein ältester Sohn, der ehemalige Legationsrath in Paris und London, zugleich Söldner
Metternichs, spielt in den letzten Intriguen durch seinen diplomatischen Rath auch wieder eine volksfeindliche Rolle.
Graf Neipperg, Schwiegersohn des Königs, gehört mit zu der Zopf-Camarilla. Der König Wilhelm soll jedoch in letzter Zeit einen frohen Augenblick gehabt haben, als ihm auf amtlichem Wege die
Nachricht aus Kopenhagen zugekommen, der König von Dänemark habe die berüchtigte Jungfer (?) Rasmussen, gewesene Figurantin, Putzmacherin u. s. w., welche schon längst seine Maitresse war, Anfang
dieses Monats herrlich bei Hofe als Baronesse Danner vorgestellt.
Fräulein Sophie Stubenrauch will nun auch einen Titel, der König aber vertröstet sie bis er die „Canaille“ zur Ordnung gebracht.
[(M. A. Z.)]
Französische Republik.
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@facs | 1620 |
Paris, 28. April.
Die Gruppen auf den mittleren Boulevards (Porte St. Denis und St. Martin) waren gestern Abend stärker und lärmender, als an den vorherigen. Alle Läden der Gegend
wurden geschlossen und lange Banden der Pariser Gamins durchzogen, die Marseillaise, die Carmagnole und die Lampions singend, die Gruppen. Um 9 Uhr war die Kommunikation gehemmt und die Wagen mußten
langsam (im Schritt) fahren. Starke Abtheilungen der Stadtsergenten hielten sich um die Porte St. Martin herum und rückten von Zeit zu Zeit nach den beiden Seiten des Boulevards durch die Menge, um
die Cirkulation herzustellen. Ihre Bemühungen blieben aber fruchtlos; denn sobald sie durchgedrungen, schlossen sich die Gruppen wieder hinter ihnen etc. Mehrere von den Sergenten wurden stark
mißhandelt. Um 9 1/2 Uhr, die Ohnmacht der Stadtpolizei einsehend, rückte das Dragoner-Regiment vom Quai d'Orsay gegen die Boulevards und beim
[1621]
Herannahen der ersten beiden Schwadronen liefen die Gruppen auseinander. Um 11 1/4 Uhr war die Cirkulation wieder hergestellt.
Die „Opinion“fügt hinzu, daß 76 Personen verhaftet wurden, darunter 15 begnadigte Juniräuber.
Für heute Abend sind große Maßregeln Seitens der Regierung angesagt.
‒ An der Spitze sämmtlicher demokratischer Journale liest man:
„Zur Nachricht! Die Herausforderungen der Staatsgewalt, welche durch ihre Eingriffe in das freie Wahlbesprechungsrecht die Volkssouveräinetät verletzt hat, legen dem
demokratisch-sozialistischen Comité die Pflicht auf, in dieser Beziehung eine reiflich überlegte Entscheidung zu fassen. Das Comité hat sich ohne Verzug mit der Lösung dieser Frage
beschäftigt. Morgen soll eine neue Benachrichtigung alle Demokraten von dem Entschlusse des Comité's in Kenntniß setzen.“
‒ Siècle sagt: „… Die Rechtskraft, welche das Ministerium dem Gesetze von 1790 gibt, weil es ihm die Gegenwart eines Polizeibeamten gestattet, ist der nächste
Grund der großen Agitation, die in Paris herrscht. Andere Gründe treten noch hinzu als da sind, die Weigerung, gewissen demokratischen Blättern den Zutritt in die Kasernen zu gestatten, während man
letztere mit Poitiersblättern überschüttet; die Ausstellung der bekannten Volksführer-Namen des 15. Mai an den Pranger und endlich einige Mißhandlungen, die sich untergeordnete Polizeibeamte
allerdings mögen gegen das Volk erlaubt haben etc. Sind wir gut unterrichtet, so hielten einige Montagnard-Sozialisten und mehre Delegirte der Wahl-Comité's eine Zusammenkunft, in der
sie die Rechtsgültigkeit des Gesetzes von 1790 beriethen. Dort soll beschlossen worden sein, eine allgemeine Wahlversammlung öffentlich auszuschreiben und in der Einladung ausdrücklich zu erklären,
daß Polizeibeamten nicht zugelassen würden. Die Nationalgarde, wird hinzugesetzt, soll öffentlich aufgefordert werden, sich auf dem Platz einzufinden, um das durch die Verfassung geheiligte Recht zu
schützen.… Diese Thatsachen sprechen laut genug, um uns jede Erörterung über den Ernst der Umstände zu ersparen. Hr. Odilon-Barrot kann nicht vergessen haben, daß die Februar-Revolution und die
Republik die Folgen seines ähnlichen Aufrufs an die Pariser Bevölkerung zur Wahrung desselben Rechts waren etc.“
‒ Der Moniteur bringt ein Rundschreiben Faucher's an sämmtliche Präfekten, worin er denselben vorschreibt, am 4. Mai zur Feier der legalen Republik in sämmtlichen Dörfern ein
To Deum singen zu lassen.
In Paris werden die diesfälligen Anstalten auf dem Concordiaplatze bereits getroffen.
Der Moniteur bestätigt ferner die Abführung Cabrera's in das Fort Lamalgue.
‒ Bonaparte begibt sich morgen früh 4 Uhr nach Troyes, um dort der Einweihung der neuen Fahnen der Bürgerwehr beizuwohnen.
‒ Bonaparte will, trotz seiner Minister, am 4. Mai eine allgemeine politische Amnestie erlassen. Der Staatsrath dringe darauf.
‒ Die „Tribüne der Völker“ meldet:
„Man versichert uns, daß dem Minister des Aeußern neuerdings eine Note des Triumvirats der Römischen Republik zugegangen ist, in welcher sowohl Triumvirat als Constituante gegen jede
bewaffnete Intervention zu Gunsten der Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Pabstes, oder irgend eines Planes wiederholt protestiren, der eine Aenderung der Regierungsform zum Zweck hätte.
Diese Regierungsform sei aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangen, und werde daher mit Gewalt gegen jeden fremden Eingriff vertheidigt werden u. s. w.
‒ Madier de Montjau, Leiter des Montesquieu-Clubs, dessen Verhaftung wir gestern anzeigten, ist wieder freigelassen. Sein Prozeß verfolgt den gewöhnlichen Gang vor der 6. Kammer.
‒ Der Moniteur widerlegt in seinem nichtamtlichen Theil den gestrigen Zorn der Journale wegen der Wiederherstellung des politischen Prangers durch einen langen, ihm offenbar von der
Staatsanwaltschaft zugegangenen Artikel, in dem es heißt:
„Es ist wohl wahr, daß ein Dekret der Provisorischen Regierung vom 12. April 1848 erschien, das also lautet: „Die Strafe des Prangers ist aufgehrben etc. etc.“ Hier handelte es
sich um die öffentliche Ausstellung der Person des Verbrechers. Die Provisorische Regierung wollte die Schande (die Strafe la peine) der Ausstellung abschaffen und transscribirte deshalb den Artikel
22 der Strafordnung (der alle zu Zwangsarbeit und Reklusion Verurtheilten vorher ausgestellt wissen will) in die Einleitung ihres obengenannten Dekrets. Aber den Artikel 472 der
Criminalgerichtsordnung wollte und konnte man nicht abschaffen, da man ja sonst die Contumaz-Urtheile nicht mehr vollstrecken könnte. Die „Republik“, mit welcher Heftigkeit auch dieses
Journal die Maßregel angreift, muß doch zugestehen, daß sie gesetzlich sei, nur hätte man nicht die Schandpfähle des Schaffots und den Platz an dem Justizpalais wählen sollen, wo die Ausstellungen
gewöhnlich stattfinden u. s. w. Das Gesetz ist ein und dasselb für alle Bürger; die Verurtheilungen des Nationalgerichtshofes in Bourges müssen und mußten dieselbe Vollstreckung, wie die Urtheile
gegen alle übrigen Verurtheilten der gewöhnlichen Triebunale erhalten.“
‒ Das heute erschienene Wochen-Bülletin der Bank weist ein abermaliges Sinken des Pariser Wechselverkehrs von 100,300 Frs. nach. Auch im Suckursaale ist der Wechselverkehr namhaft gefallen.
Die nichtbezahlten fälligen Wechsel betragen 507,420 Frs. 95 Cts. Auch stehen die leidenden Papiere noch nahe an 7 Millionen.
‒ Gestern wurde das Pariser Stadtanleihen von 25 Millionen dem Hause Bechet und de Thomas gegen ein Gebot von 1105 per Obligation zu 1000 Frs. à 5 1/2 Prozent Zinsen zugeschlagen.
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 28. April. Um 12 Uhr wahlt die Versammlung in ihren Abtheilungen drei Kommissionen: 1. Kommission zur Prufung der Kredite für die Festlichkeiten
des 4. Mai. 2. Kommission für Prüfung eines neuen Gesetzentwurfs gegen die Börsenmäkler. 3. Kommission für Prufung des Considerant'schen Vorschlags zur Errichtung eines
Fortschrittsministeriums.
Um 1 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung.
Marrast präsidirt.
Dahirel hebt einige Abstimmungsfehler von gestern hervor, die eine nochmalige Prüfung der Abstimmung hervorrufen. Ein Glied habe für einen 200 Stunden entfernten Kollegen votirt etc.
Wird erledigt.
Buchez überreicht eine Bittschrift im Interesse von Offizieren der Lyoner Mobilgarde, denen durch willkurliche Auflosung Unrecht geschehen.
Soll auf die nächste Tagesordnung gesetzt werden.
Nun geht es an die Interpellationen.
Felix Pyat: Ein Urrecht des Volkes sind die Versammlungen vor den Wahlen. Dieses Recht darf Niemand bestreiten und seinethalben besteige ich diese Bühne nicht. Aber es erhebt sich ein
System, das dieses Recht schmälern möchte und um dieses System zu bekämpfen, ergreife ich das Wort. Das von uns berathene Clubgesetz nimmt die Wahlversammlungen ausdrücklich von aller Polizeiaufsicht
aus und dennoch ordnet der Minister des Innern die Anwesenheit der Polizei an. Dies geschieht im Seine- und im Eher-Departement, dessen ehemals invalider Präfekt blos deshalb seine Jugendkräfte
wiedererhalten zu haben scheint, um die Verfassung zu verletzen. (Man lacht.) Dieser Präfekt lockte die heiße Jugend in eine förmliche Mausfalle (souriciére, wie es in der Polizeisprache
heißt), um sie durch seine Schergen alle einzufangen. Ich frage den Minister, wodurch er das Verfahren dieses Präfekten entschuldige, auf welches Gesetz er die Gegenwart der Polizei bei den
Wahlversammlungen stütze und wie er sich erlauben könne, den Soldaten den Besuch der Wahlversammlungen zu untersagen. Ueber diesen letzten Punkt tritt der Redner in lange Details, bei denen ihn die
Rechte häufig unterbricht.
Faucher, Minister des Innern: Die Interpellationen des Vorredners zerfallen in drei Punkte. Erstens rügt er das Verfahren des Präfekten des Cherdepartements. Dieser Fall ist von
administrativer Natur und gehört also nicht hieher. (Ja! Ja! Nein! Nein!) Zweitens soll die Polizei kein Recht haben, den Wahlversammlungen beizuwohnen. Hierfür berufe ich mich auf die Entscheidung
des höchsten Gerichts, nämlich des Kassationshofs, der sich dahin ausgesprochen, daß das Gesetz von 1789 oder 1790 nicht durch die 1848ger Verfassung als aufgehoben zu betrachten sei. Was endlich
drittens die Anwesenheit der Soldaten betrifft, so hat die Armee ihre Regeln, ihre Disziplin. (Hier unterbricht der Berg so gewaltig, daß die Stimme des schwächlichen Ministers nicht durchdringt.) Die
Soldaten können sich unter sich über ihre Kandidaten für die Kammer verständigen. Diese Interpellationen sind nur geschaffen, um den Ereignissen auf den Boulevards neue Nahrung zu geben und dem Handel
zu schaden. (Vom Berge: Die Polizei wünscht ja diese Ereignisse!) Nein, sie gehen von einer bekannten Partei aus.… Aber die Regierung ist entschlossen, energisch zu verfahren.
Man hört daß eben das Atirouppementsgesetz angeschlagen worden sei. Es herrscht Gährung im Saale.
Larochejaquelein unterstützt den Minister und benutzt diese Gelegenheit, um sich über die Brutalität zu beklagen, mit der ihn die Rothen in der Rue Daphot traktirt hätten etc. Ich lobe das
Ministerium wegen seines Auftretens.… Wahlversammlungen seien nur verkappte Clubs.
Pierre Leroux (Oh! Oh! zur Rechten): Die jetzige Legislation ist ein wahrer Fallstrick, in den die Bürger täglich gestürzt werden. Auf dieser Bühne ist die volle Ungültigkeit des Gesetzes
von 1790 dargethan worden. (Ja! Ja! Nein! Nein!) Der republikanische Geist ist in und außerhalb dieser Versammlung mißverstanden.… Nicht ein Polizeikommissarius, sondern das Bureaupersonal
einer Versammlung vertrete genügend die Staatsgesellschaft. (Oh! Oh!) Man vereide Schnellschreiber, nehme Protokolle auf, wenn Delikte verfallen, nur keine Polizei. (Lärm.) Ich stelle hiermit den
förmlichen Antrag:
„Die Club- und Volksversammlungs-Gesetzgebung vollständig zu revidiren etc.“
Chappon erzählt Scenen aus Meaux über dortige Aufstände etc.
Dupont(Bussac) tritt in eine juridische Beleuchtung des Gesetzes von 1790 und weist nach, daß selbst der Kassationshof Zweifel hege, ob nicht die Revolution von 1848 das Gesetz von 1790 [unleserlicher Text]
ipso umstoße. Lasse man dies nicht gelten, so löse man den Zweifel durch Abschaffung des alten und Gründung eines neuen Gesetzes. Darum unterstütze er den Antrag des Hrn. Leroux.
Faucher, Minister: Es sei höchst gefährlich in einem Augenblick, wo die öffentlichen Plätze und Straßen mit Volk angefüllt ständen, Zweifel gegen Gesetze zu erregen. Der Kassationshof habe
gesprochen und damit fertig. Ich wiederhole, daß es gefährlich, diese Interpellation in solchen Augenblicken hervorzurufen.… Die Repräsentanten sollten die Regierung unterstützen und die
Perturbateure tadeln.… Aber statt dies zu thun.‥…
Stimmen vom Berge: Sie lügen!
Marrast: Ich höre unparlamentarische Ausdrücke und rufe zur Ordnung. (Tumult).
Dupont unterstützt den Leroux'schen Antrag wiederholt.
Marrast: Derselbe soll gedruckt und vertheilt und auf dem gewöhnlichen Wege zur Debatte gebracht werden.
Stimme: Dringlichkeit! Dringlichkeit! (Lärm).
Marrast: Ich erkläre die Interpellation als erledigt und suspendire die Sitzung auf eine Viertelstunde.
Zwanzig Minuten vor 4 Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet.
Die Versammlung nimmt das Marinebudget wieder auf.
Das letzte Kapitel desselben (29.) ruft eine ziemlich interessante Debatte zwischen Mauguin, De Tracy und Ailys hervor, welche die Kolonialkredite für Tahiti, Marquesas u. s. w. betrifft und den
Großhandel angeht.
Das Gesammtbudget des Marineministeriums wird demnächst zur Abstimmung gebracht und angenommen.
Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Auf den Boulevards große Militärkräfte.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1622 |
Bekanntmachung.
Von vielen Correspondenten geschieht es, und besonders ist das seit einiger Zeit von mehreren der bedeutendsten Banquier- und Handlungshäuser beobachtet worden, daß die Gelder, rekommandirte Briefe
und Fahrpostgegenstände überhaupt in der letzten halben oder viertel Stunde vor der Schlußzeit in großer Anzahl zur Post geliefert werden.
Da die Schlußzeit für Fahrpost-Gegenstände schon sehr bemessen ist, so ist es einleuchtend, daß in dem letzten Augenblicke nicht so viel Kräfte beschafft werden können, um dieselben ‒ da
jeder Gegenstand gewogen und eingeschrieben, über Gelder, Werthstücke und rekommandirte Briefe Einlieferungsscheine ausgestellt werden müssen ‒ zur rechten Zeit an die Abfertigungs-Expeditionen
abgeben zu können, wodurch bei der Eile Versendungen und Zurücklassungen fast unvermeidlich bleiben, vorzugsweise bei Posten, die durch Dampfwagen befördert werden, und präzise auf den vom Postlokale
entfernt gelegenen Eisenbahnhöfen eintreffen müssen, wenn der Anschluß nicht verfehlt werden soll.
Im eigenen Interesse der Correspondenten ersuche ich dieselben, die Auslieferung bezeichneter Gegenstände, deren von einem Handlungs- oder Banquierhause oft 30-40 und noch mehr zugleich
eingeliefert werden, in der Folge nicht bis zum letzten Augenblicke zu verschieben, sondern solche früher, und wenn es möglich ist, successive zu bewirken, weil sonst die unvermeidliche Nothwendigkeit
eintreten dürfte, dieselben bis zur nächsten Post zurücklassen zu müssen.
Köln, den 25. April 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
Gerichtlicher Verkauf.
Am Dienstag den 1. Mai 1849, Vormittags 9 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Heumarkte zu Köln, 1 Tisch, 4 Stühle, 1 Sopha, 1 Kommode, 1 Waschkommode, 1 Tafeluhr etc., gegen baare Zahlung
öffentlich meistbietend verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Simons.
Wein-Versteigerung zu Koblenz.
Auf Anstehen des zu Koblenz wohnenden Küfermeisters Herrn J. G. Dornbach, wird der Unterzeichnete am Donnerstag den 10. Mai dieses Jahres, Nachmittags zwei Uhr, im Saale des Gastwirths Herrn
Colding zu Koblenz nachverzeichnete, selbst gezogene und rein gehaltene Weine gegen 6monatlichen Zahlungs-Ausstand einer freiwilligen Versteigerung aussetzen, nämlich:
- A. Rheinweine.
- 1842r. Steeger 1 Fuder, 2 Ohm u. 1/2 Ohm,
- 1848r. Steeger 1 Fuder,
- 1842r. Engehöller 1 Fud., 1 Ohm u. 2/4 Ohm,
- 1848r. Engehöller 2 Fuder,
- 1842r. Zeltinger 1 Fuder,
- 1848r. Oberweseler 1 Fuder,
- 1846r. Bodenthaler 2 Fud., 1 Ohm u. 2/4 Ohm,
- 1846r. Dellhöfer, 1 Zulast und 2 Ohm.
- B. Moselweine.
- 1846r. Merler 2 Fuder, 1 Ohm u. 3 halbe Ohm,
- 1846r. Layer Röttchen 1 Fuder,
- 1846r. Briedeler, 3 Fuder,
- 1846r. Winninger 1 Zulast, 2 Ohm u. 2/2 Ohm,
- 1848r. Petersberger Neefer 4 Fuder,
- 1847r. Petersberger Neefer 2 Fuder
- C. Rothe Weine.
- 1848r. Oberweseler 2 Fuder, 1 Zulast, 1 Ohm,
1/2 Ohm und 2 Viertel Ohm.
Die Proben werden am Tage der Versteigerung und Tags vorher an den Fässern gegeben.
Koblenz, den 24. April 1849.
Laymann, Notar.
Verkauf einer Besitzung.
In Folge einer Acquisition eines Etablissements am hiesigen Markte werde ich meine auf dem Westenhellwege, an drei Straßen und dem Gerichtsgebäude gegenüberliegende Besitzung, bestehend in einem
Wohnhause, einer Scheune und einem dazwischen liegenden Garten, am 2. Juni d. J, Nachmittags 2 Uhr, an den Meistbietenden freiwillig zum Verkaufe aussetzen.
Gleichzeitig soll dann auch der unmittelbar dabei liegende Bauplatz in einer Breite von 37 Fuß, der mit dem vorgedachten Hause eine Fronte von 74 Fuß bildet, verkauft werden und haben beide
Besitzungen einen Flächeninhalt von circa 172 Ruthen.
An der Hauptstraße unserer Stadt liegend, mit bequemer Abfahrt versehen und in gutem baulichen Zustande, eignet sich das Haus sowohl als die Scheune, zu denen auch zwei Gemeinheitstheile, circa 4
Morgen groß, gehören, zu jedem Geschäftsbetriebe, namentlich würden kaufmännische Geschäfte und Wirthschaft, welche seit vielen Jahren mit Vortheil darin betrieben sind, auch ferner darin fortgesetzt
werden können.
Indem ich noch ausdrücklich darauf aufmerksam mache, daß ein Theil des Kaufschillings auf die Besitzung stehen bleiben kann, bemerke ich, daß der Verkauf in dem in Rede stehenden Wohnhause
stattfinden wird.
Dortmund, 28. April 1849
Friedrich Wurm.
Ein junger Mann, der d e Weinhandlung in einer Seestadt erlernte, und daselbst drei Jahre zur Zufriedenheit seiner Prinzipalität einem sehr bedeutenden Lager als Küfer vorstand, die
empfehlenswerthesten Zeugnisse aufzuweisen hat und militärfrei ist, wünscht, am liebsten zu Johannis, ein anderweitiges Engagement. Reflektirende werden ersucht, ihre Adressen unter den Buchstaben M
G. 3 poste restaute nach Rostock in Mecklenburg-Schwerin zu senden.
Ein in Erfahrungen erprobter Kaufmann, welcher in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland an der Spitze von Bank- und Fabrikgeschäften stand, der französischen Sprache wie der
deutschen mächtig ist, auch englisch und italienisch kann, würde als Geschäftsführer, Gerant, eine angemessene Stelle annehmen. Derselbe möchte vorzugsweise in der Baumwoll-Industrie wirken, indem er
ein ausgezeichneter Kenner der Baumwolle ist, und besonders dazu geeignet wäre das Interesse der Baumwollspinnerei-Besitzer auf den Märkten von Liverpool, Amsterdam, Havre etc. bei den Commissionärs
zu ermitteln, damit sie stets die reellen Baumwoll-Sortimente billigst erhalten, welche ihre Garn-Nummern erfordern. Frankirte Anträge übermittelt G. Reichenbach, Fabrikant in Urspring in
Würtembeg.
Restauration
Freiheitsstraße Nr. 7 in Deutz.
Nahe der Rheinbrücke und dem Bahnhofe der Köln-Mindener Eisenbahn.
In obigem, mit dem heutigen Tage eröffneten Etablissement, des sich hiermit dem Besuche eines verehrlichen Publikums bestens empfohlen hält, werden zu jeder Tageszeit kalte und warme Getränke, so
wie gut zubereitete Speisen à la Carte, bei aufmerksamer und reeller Bedienung verabreicht.
Geschäfts-Eröffnung.
Ich beehre mich anzuzeigen, daß ich mit meiner Engros-Handlung in Material- und Farbwaaren ein Detail-Geschäft verbunden, u. mit dem heutigen Tage eröffnet habe. Mein auf's Vollständigste
assortirtes Lager aller in dies Fach einschlagenden Artikel empfehle ich angelegentlichst zur geneigten Abnahme unter der Versicherung einer allzeitigen billigen und aufmerksamen Bedienung.
Köln, den 1 Mai 1849.
Franz Coblenzer, Material- und Farbwaaren-Handlung en gros & en detail Höhle Nr. 22 nahe an St. Alban.
Neu Angekommen.
Komische Karrikatur-Gesichter.
Die durch drücken die lächerlichsten Gestalten ann hmen, bei Fr. Hermann, Marsplatz Nr. 3.
Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gas-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Vom 17. April ab fahren die Schiffe von Köln:
Morgens um 4 Uhr täglich, außer Donnerstag und Samstag.
In einem Tage über Nymegen nach Rotterdam.
In einem Tage über Arnheim nach Amsterdam.
(resp. im Anschluß an den vorletzten 4 3/4 Uhr Eisenbahnzug von Arnheim nach Amsterdam). außer Sonntag und Dienstag
Nachts um 1 Uhr täglich, direkt nach Mannheim und Ludwigshafen.
Der „Batavier“ fährt jeden Dienstag von Rotterdam nach London;
fährt jeden Sonntag von London nach Rotterdam.
Bei direkten Einschreibungen betragen die ermäßigten Preise von Köln bis London:
Große Cajütte (Chief Cabin) Thlr. 8 17 Sgr.
Vorkajütte (Fore Cabin) Thlr. 5 4 Sgr.
Nähere Auskunft wegen Passagiere und Güter ertheilt der Agent Albert Heimann, Friedrich-Wilhelmstraße Nro. 4.
Rhein- und Yssel-Dampfschifffahrt.
Von Köln nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim Doesborgh Zütphen, Deventer, Zwolle, Kampen u. Amsterdam, in Verbindung nach Hull, London und Hamburg, jeden Sonntag, Dienstag und Freitag, Abends
8 Uhr.
Ankunft der Passagiere in Amsterdam am nächsten Tage um 2 Uhr Mittags.
Näheres über die ermässigten Frachten für Passagiere und Güter ettheilt:
Die Agentur, Friedrich-Wilhelm-Strasse Nro. 6-8.
Köln, den 30. März 1849.
Anzeige für Auswanderer nach Nord-Amerika.
Paket-Schifffahrt zwischen London und New-York.
Wir expediren von London nach New-York
am 10. Mai das Schiff Nicolai E. Jovan, Capitain Marco Radulovich,
am 15. Mai das Schiff Rolla, Capt. Robert Keighly,
am 1. Juni das Schiff Albatroß, Capt. James Broughall,
sämmtlich gekupferte, schnellsegelnde Schiffe erster Klasse
Wegen der sehr billigen Ueberfahrtspreise und jeder anderen Auskunft beliebe man sich zu wenden an Zurstraßen & Diesch, Blaubach Nr. 8.
Mädchen-Institut zu Michelstadt im Odenwalde
Seit einer Reihe von Jahren besteht dahier mit Genehmigung Großherzogl. Hess Oberschulraths eine Privat-lehr-Anstalt für Mädchen vom 6. bis 16. Lebensjahr. Die Anstalt steht unter der Leitung einer
Lehrerin, die ihre gesetzliche Prüfung bestanden hat und den Unterricht in der französischen Sprache, so wie theilweise in einigen andern Fächern ertheilt. Der Unterricht in den übrigen
Lehrgegenständen, als: Religion, deutsche Sprache und Literatur, Geschichte mit Rücksicht auf Mythologie, Geographie, Naturgeschichte und Naturlehre, Rechnen, Schreiben, Zeichnen und Gesang wird von
Lehrern der hiesigen Realschule und Volksschule, der Unterricht in weiblichen Handarbeiten von einem zweiten Frauenzimmer ertheilt. Auch ist für den Unterricht in der englischen Sprache Gelegenheit
geboten.
Das Honorar für eine Schülerin beträgt jährlich 40 fl.
Die Anstalt hat seit ihrem Bestehen jederzeit die erfreulichsten Resultate geliefert, und kann auch auswärtigen Eltern, die leicht Gelegenheit finden, ihre Töchter hiesigen Familien anzuvertrauen,
mit bester Ueberzeugung empfohlen werden.
Nähere Auskunft zu geben, ist der Unterzeichnete gern bereit.
Michelstadt, im April 1849
Steinberger, Realschul-Direktor.
Strohhüte werden gewaschen zu 6 Sgr. neu Façon 7 Sgr.
Obenmarspforten Nr. 42.
Zu Mai-Geschenken empfehle ausgezeichnet schöne Liliputiens, Pflanzen en miniature in reicher Auswahl, mit Etagers billigst.
Fr. Hermann, Marsplatz Nr. 3.
Schnell- und Schönschreiben in nur 20 Lektionen zu erlernen.
Einem geehrten Publikum die ergebenste Anzeige, daß ich vom 3 Mai an, einen Cursus im Schnell- und Schönschreiben eröff e, worin sich Erwachsene in nur 20, und Kinder über 7 Jahre, in nur 30
Lektionen, eine schöne, feste und geläufige Handschrift aneignen werden.
Zugleich erlaube ich mir hiermit anzuzeigen, daß ich außer gründlichem Elementar-Unterricht, auch Unterricht in der Buchhaltung und im kaufmännischen Rechnen ertheile.
Bezügliche Anmeldungen wolle man gefälligst bald an den Unterzeichneten gelangen lassen.
Schlemmer, Olivengasse Nr. 1.
Rheinluft am Thürmchen.
Täglich frischer Maiwein, Maifisch, Kropf-Salat mit Eier, vorzügliches baierisches Bier und Kaffee.
Sechts Bianino u. vier Biano von 150 bis 250 Thlr. J P Hospelt, Höhle 35.
Während den Blumenmarktstagen bei Schmitz-Bilstein zum goldenen Kreuz, Gereonstraße 38, frischer Maitrank, ‒ reingehaltene 1846r Mosel- und Rheinweine, ‒ Kaffee- und gut
zubereitete Speisen.
Während der Dauer des Blumenmarktes findet von heute an täglich Morgens früh, von 5-8 Uhr und Nachmittags Harmonie Statt, wobei sich mit Kaffee, Maitrank, vorzüglichen Weinen und sonstigen
Erfrischungen einem geehrten Publikum bestens empfiehlt Ch. Bilstein, im „Hirschen-Kümpchen“
Es wünscht Jemand die sämmtlichen Exemplare der „Neuen Rheinischen Zeitung“ von Nr. 1 bis 260 zu kaufen. Näheres bei der Exped. dies. Bl.
Am Namensfeste unseres Freundes Philipp Wingendorff.
Das Fest das heute wir erneuen, Mög' manches Jahr Dich noch erfreuen.
Deine Freunde.
Zwei möblirte Zimmer zu vermiethen.
Schildergasse 1[unleserlicher Text].
Bürgerwehr-Cavallerie.
Das Trompeterchor der Bürgerwehr-Kavallerie empfiehlt sich hierdurch zu Ständchen, Harmonieen u. Bällen, mit der Versicherung, daß dasselbe in Beziehung auf Billigkeit und Leistungen gegen kein
anderes Musikchor zurücksteht.
Zu Ständchen für die Mainacht können die Bestellungen bei Herrn Jüsgen im Stern, wo sich das Trompeterchor versammelt, bis Montags Abends abgegeben werden.
Theater in Köln.
Letzte Vorstellung der Stollwerk'schen Gesellschaft.
Dienstag den 1. Mai 1849:
100,000 Thaler.
Baudeville in 3 Abtheilungen von David Kalisch.
Billets sind Vormittags von 10-1 Uhr, so wie Abends an der Theater-Kasse zu haben. ‒ Auch werden bis Mittags 1 Uhr 1/2 Duzend Billets zum Abonnementspreis ausgegeben.
Franz Stollwerk.