Deutschland.
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@facs | 1595 |
Edition: [Friedrich Engels: Die Debatte über das Plakatgesetz, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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] Köln, 23. April.
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[1596]
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@facs | 1596 |
Edition: [Friedrich Engels: Lassalle, vorgesehen für: MEGA2, I/9.
]
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] Köln, 26. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
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@facs | 1596 |
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14
] Soest, 21. April.
Nachdem endlich auch der Rest der Münster'schen Zuchthausgefangenen in Freiheit gesetzt werden mußte und also auch der Kanonikus v. Schmitz
zurückkehrte, wurde ihm von der hiesigen Demokratie, für welche die bekannte Wahl Bodelschwinghs vom erklecklichsten Nutzen gewesen, ein ehrenvoller Empfang bereitet. Die Herren Reaktionärs schnitten
grimmige Gesichter und eine Masse pensionirter Kriegsschnurrbärte starrten vor Wuth empor.
Eine besondere Erwähnung verdient die hiesige evangelische Priesterkaste. Als im Februar d. J. sowohl in Soest als in den meisten Ortschaften Westphalens eine Petition um Amnestie für die durch den
Novemberkonflikt so schwer betroffenen politischen Verhafteten zirkulirte, weigerten die Diener am göttlichen Wort ihre Unterschrift mit der zarten Redensart: „Das könnte dem geliebten Könige
unangenehm sein.“ Süße christliche Bruderliebe, großherziges Exempel Hohenzollern'schen Gensd'armenglaubens, du bist zu beneiden, denn wahrlich, an dir geht das Wort Kains in
Erfüllung: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Unser sehnlichster Wunsch geht übrigens dahin, daß man den Satelliten dieser evangelischen Hermandad doch recht bald jene würdigen
Rücksichten aus dem Büreau Strotha-Ladenberg angedeihen lassen möge, welche auf eine zweckmäßigere Uniformirung Bedacht nehmen. Wir schlagen dazu mutatis mutandis, weißes Lederzeug vor!
Davon seien Sie übrigens fest überzeugt; erfechten die Heuler noch einen solchen Sieg, wie die Wahl Bodelschwinghs, dann sind sie verloren wie König Pyrrhus. Die Demokratie erstarkt zusehends;
Leute, die im vorigen Jahr noch zu den Konservativen gezählt wurden, schämen sich jetzt ihres octroyirten Patriotismus und wünschen das Vereinbarungsprinzip in's Tollhaus!
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@facs | 1596 |
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] Berlin, 24. April.
Sitzung der zweiten Kammer.
Der Präsident Grabow eröffnet die Sitzung 11 1/2 Uhr. Folgende dringende Anträge werden verlesen und finden die hinreichende Unterstützung.
Miesberg und Genossen: daß die Fach-Kommission für das Unterrichtswesen um 7 Mitglieder durch die Wahl der Abtheilungen vermehrt werde.“
Elsner und Genossen, Zusatz zur Geschäftsordnung: „In allen den Fällen, wo Anträge oder Gesetzentwürfe mehr als einer Fach-Kommission zur Berathung und Berichterstattung überwiesen
werden, berathen diese Kommissionen in gemeinschaftlichen Sitzungen.“
Camphausen und Genossen: Die hohe Kammer wolle beschließen, den § 23 der Geschäftsordnung wie folgt abzuändern:
„Interpellationen an die Minister müssen bestimmt formulirt und kurz motivirt, von. 30 Mitgliedern unterzeichnet, dem Kammerpräsidenten überreicht werden.
Der Präsident veranlaßt den sofortigen Druck der Interpellation, ihre Abgabe an das Staats-Ministerium und Vertheilung unter die Kammermitglieder.
Sobald dies geschehen, fordert er in der zunächstfolgenden Sizzung das Staats-Ministerium zur Erklärung auf, ob und wann es die Interpellation beantworten wolle.
Eine nähere mündliche Ausführung der Interpellation ist dem Antragsteller nicht mehr gestattet.“
Gründe: Der Antrag findet seine Rechtfertigung in der dringenden Nothwendigkeit des Zeit-Ersparnisses für die Kammer-Verhandlungen, so wie in der Zweckmäßigkeit, das Staats-Ministerium durch
vorherige Motivirung der Interpellation in die Lage einer genügenden Beantwortung zu setzen.
Als sich die ganze Rechte zur Unterstützung dieses das Reden verbietenden Antrages erhebt, erschallt von der Linken ein allgemeines Gelächter und ironisches Beifallklatschen.
Hierauf geht man zum Clubgesetz über.
Statt des § 15 wird folgendes Amendement von Pilet angenommen:
„Zu Versammlungen, welche auf öffentlichen Plätzen und Straßen in Städten und Ortschaften stattfinden sollen, sowie zu öffentlichen Aufzügen in Städten und Ortschaften hat der Vorsteher,
Unternehmer, Ordner oder Leiter die Genehmigung der Ortspolizeibehörde nachzusuchen.“
Der zweite Satz dieses Amendements: „dieselbe darf nur versagt werden wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit,“ wird mit 170 gegen 157 verworfen.
Statt § 16 wird folgendes Amendement von Pilet angenommen:
„Kirchliche Prozessionen, Wallfahrten und Bittgänge, gewöhnliche Leichenbegängnisse und Züge der Hochzeits-Versammlungen unterliegen der Bestimmung des vorigen § nicht.“
Die Debatte wird über die §§ 17, 18 und 19 eröffnet.
Temme spricht besonders gegen die harten Strafbestimmungen dieser §§. Ein Dieb, der zwanzigmal wegen kleiner Diebstähle bestraft wird, wird nur mit drei Monat Gefängniß bestraft, während
das vorliegende Gesetz eine Strafe von sechs Monat feststellt, wenn Jemand sogleich eine Versammlung nicht verläßt, wenn sie von der Polizei aufgelöst wird. ‒ Man will die ruhigsten Bürger
unter polizeiliche Aufsicht stellen, während von Soldaten sehr oft Exzesse ohne die geringste Strafe verübt werden.
Kriegsminister Strotha: Der vorige Redner erwähnte der oft vorfallenden Exzesse, die von Soldaten begangen wären. Die öffentlichen Blätter haben in der letzten Zeit allerdings oft von
Exzessen geschrochen, indessen es mit der Wahrheit nicht eben sehr genau genommen. Ich bestreite keineswegs, daß derartige Exzesse vorgekommen sind, das hat aber seinen Grund in Zuständen, die leider
noch nicht beseitigt sind. Die Verantwortlichkeit zur Aufrechthaltung der Disziplin kann nur dann übernommen werden, wenn Institutionen, welche allein diese Disziplin garantiren, nicht fortwährend in
Frage gestellt, oder lächerlich gemacht werden.
Dierschke spricht gegen § 17 und gegen das ganze Gesetz unter fortwährender Heiterkeit der Kammer. Um sich ungehindert zu vereinigen haben die Menschen ein so natürliches Recht wie die
Thiere.
Schmidt (Landshut): Da der Kriegsminister die Exzesse der Soldaten in Schutz nimmt, muß ich der Exzesse erwähnen, welche bei meiner Rückkehr von der Nationalversammlung von einer Compagnie
des 10. Regiments unter Führung des Lieutenants Schall verübt wurden. Schimpfreden aller Art wurden gegen mich ausgestoßen: ich sei nicht würdig, wieder die Kanzel zu betreten u. s. w. Solche
Nichtswürdigkeiten ‥‥ (Tumult rechts).
Der Präsident Grabow weist den Redner wegen dieses Ausdruckes zurecht. (!!!!!)
Kriegsminister Strotha unter Verweisung auf das vorher von ihm ausgesprochene Urtheil, verspricht die schärfste Untersuchung event. Bestrafung der Schuldigen oder einen entschiedenen Schutz
der so eben in ihrer Ehre Gekränkten.
Kirchmann spricht gegen das Amendement Seckendorff, weil es eine aus §. 2 entfernte Beistimmung wieder herstellen wolle. ‒ Auch Graf Arnim erklärt sich gegen ein solches Prinzip,
wodurch früher verworfene Bestimmungen später nochmals zur Abstimmung gebracht werden. ‒
Das Amendement Seckendorff lautend:
„Die Strafe der Unterlassung der in §. 2 vorgeschriebenen Anzeige trifft den Inhaber des Versammlungslokales, wenn dieser keinen andern Unternehmer der Versammlung nachweisen
kann,“
wird nach namentlicher Abstimmung mit 165 gegen 163 Stimmen verworfen. ‒
Das Amendement Gierse lautend:
„Diese Strafe gilt auch für den Beamten, welcher die vorgeschriebene Bescheinigung nicht sofort ertheilt,“
wird nach vorgenommener Zählung mit 165 gegen 163 Stimmen verworfen. Die Linke fordert jedoch namentliche Abstimmung, welche das entgegengesetzte Resultat liefert, indem dies Amendement mit 168
gegen 164 Stimmen angenommen. (!!!)
Der amendirte § 17 lautet nun:
„Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 1, 3, 6, 7 und 8 dieses Gesetzes ziehen eine Strafe bis zu 50 Thlr. oder im Unvermögensfall Gefängniß bis zu 4 Wochen nach sich. Diese
Strafe gilt auch für den Beamten, welcher die vorgeschriebene Bescheinigung nicht sofort ertheilt.“
und wird mit Majorität angenommen.
Statt §. 18 wird folgende Fassung angenommen:
„Wer der Bestimmung des § 9 zuwiderhandelt, und sich nach dreimaliger, unter Berufung auf dieses Gesetz, geschehene Aufforderung nicht entfernt, hat Geldbuße bis zu 100 Thlr. oder
Gefängniß bis zu drei Monaten verwirkt.“
§. 19 in folgender Fassung:
„Ist die Versammlung unter freiem Himmel von der Orts-Polizeibehörde untersagt, oder den Vorschriften der §§. 10 und 11 zuwider unternommen, so hat jeder, welcher dazu auffordert oder
auffordern läßt, oder darin als Ordner, Leiter oder im Fall des § 10 auch nur als Redner thätig ist, eine Geldstrafe bis zu 100 Thlr. oder Gefängniß bis zu 3 Monaten verwirkt. Gleiche Strafe trifft
denjenigen, der im Fall der §§. 14 und 15 als Redner thätig ist, insofern das Verbot vorher gehörig bekannt gemacht war. Wer an einer in Folge dieses Gesetzes untersagten Versammlung Theil nimmt,
unterliegt einer Geldbuße bis zu 5 Thlr. Diese Strafe tritt rücksichtlich der Theilnahme an den in Gemäßheit der §§. 14 und 5 verbotenen Versammlungen jedoch nur dann ein, wenn dieses Verbot
vorher gehörig bekannt gemacht worden war“
angenommen.
§. 20 in folgender Fassung:
„Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, oder in einer Versammlung Waffen austheilt, ist mit Gefängniß von 6 Wochen bis
zu einem Jahre zu bestrafen,“
angenommen.
§. 21
„Wer gegen das Verbot des §. 11 an Versammlungen bewaffneten Theil nimmt, wird mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft,“
angenommen.
Bodelschwingh stellt hier einen Zusatz § womit er die früher verworfene Bestimmung, daß Polizeibeamte in alle Versammlungen zuzulassen sind, wieder herstellen will. Dies Amendement
lautet:
„Die Mitglieder des Ortsvorstandes sind befugt, allen Versammlungen in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, beizuwohnen.“
Bodelschwingh will dies Amendement motiviren, aber die Linke empört über diese Taktik, schon längst verworfene §§. nochmals vorzubringen, läßt ihn kaum zum Worte kommen. Die Linke
unterhält sich gemüthlich und der Redner schreiet was er kann um, sich verständlich zu. Der Präsident ruft wiederholt die Linke möge doch ruhig sein. Waldek antwortet einige Worte, die wir im
allgemeinen Tumult nicht verstehen konnten. Grabow ruft ihn dafür zur Ordnung; noch mehr Tumult. Während dem beendet endlich Bodelschwingh seine Rede, und sein Amendement wird nach namentlicher
Abstimmung mit 172 gegen 160 Stimmen verworfen. ‒
§ 22 wird fast einstimmig verworfen, nur die beiden Herren Minister Manteufel und v. d. Heidt stimmen dafür. Dieser ächt russische § wollte denjenigen, welche an
öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften Erkennungs- oder Versammlungszeichen, oder sonstige äußere Abzeichen, welche zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch
Gesetz oder Verordnungen der Ortspolizeibehörde verboten worden sind, trägt, ausstellt, verkauft oder auf sonstige Weise verbreitet, mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestrafen.
Ein Amendement Thiel, welches diejenigen Beamten, welche den ihne im gegenwärtigen Gesetz beigelegten Amtsbefugnissen zuwiderhandeln, das erste Mal mit 50 Thlr. im Wiederholungsfalle mit
Amtsentsetzung bestrafen will, wird verworfen.
Zu § 23 ist folgendes Amendement von Pape gestellt:
„Auf die durch das Gesetz oder die gesetzlichen Autoritäten angeordneten Versammlungen, auf Versammlungen von Gemeinde-, Kreis-, Bezirks-, Provinzial-, und Volksvertretern und der Wahlmänner
dieser letzteren so wie auf Wahlvorversammlungen der Urwähler finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung“ welches nach stattgefundener Zählung mit 171 gegen 160 Stimmen angenommen
wird.
Als letzten Zusatz § wird von Arntz und Genossen vorgeschlagen:
„Dieses Gesetz tritt am 1. Dezember d. J. außer Kraft, wenn es nicht vorher ausdrücklich erneuert wird.“ ‒
Als Grund wird angegeben, daß das gegenwärtige Gesetz doch nur augenblicklich für einen Ausnahmezustand gegeben wird, denn in den Grundrechten der deutschen Verfassung und auch in unserer
octroyirten wird das allgemeine Versammlungsrecht gewährleistet und nur ein Gesetz über die Versammlungen unter freiem Himmel ist dort in Aussicht gestellt. Der nächsten Kammer, die am 1. Dezember
wieder zusammentreten muß, kann es demnach vorbehalten bleiben, dies Gesetz zu revidiren oder zu erneuern.
Das Amendement wird verworfen, da das Kosch'sche Centrum mit der Rechten dagegen stimmte. ‒
Morgen kommt der Waldecksche Antrag auf Aufhebung des Berliner Belagerungszustandes zur Berathung.
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@facs | 1596 |
Berlin, 26. April.
In diesem Augenblicke befindet sich der anhalt-dessauische Oberst v. Stockmar hier, um die schleunigste Vereinigung des anhaltinischen Militars mit der
preußischen Armee zu Stande zu bringen.
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@facs | 1596 |
Naumburg, 18. April.
Ein Vortrag in unserer letzten Bürgerversammlung hat hier in allen Kreisen großes Aufsehen erregt. Dr. Keil, Redakteur eines hiesigen Lokalblattes und
Vorstandsmitglied zweier demokratischen Vereine, eröffnete nämlich der Versammlung, daß ihm von Mageburg aus Anerbietungen gemacht seyen, zu „den gutgesinnten Konservativen überzutreten und daß
er, falls er darauf eingehen würde, monatlich vor der Hand 10 Thaler erhalten solle.“ Auf Verlangen ließ er den desfallsigen Brief aus Magdeburg, der mit J. A. Riemann unterzeichnet war, in
Augenschein nehmen, so wie einen zweiten, der dieselbe Unterschrift trug und mit welchem er zugleich 10 Thlr. zugesendet bekommen hatte. Dr. Keil fragte, ob er dies Geld der Armenkasse übergeben
solle. Die Versammlung aber antwortete, er müsse die 10 Thlr. selbst behalten. (Da wissen sich die Herren Reaktionärs höher zu verwerthen! Hoffentlich wird Brandenburg-Manteufel bald bessere Preise
machen!)
[(Aach. Z.)]
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@facs | 1596 |
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61
] Breslau, 24. April.
Das Arbeiterbankett hat das krautjunkerliche Gezücht der „Schlesischen Zeitung“ in einigen Aufruhr gebracht, der sich in folgender
prachtvollen Exkoriation Luft machte: „Die Volksheilande der Rothen predigen nun offen das Evangelium von der allein seligmachenden sozial-demokratischen Republik und die Arbeiter,
Freiheitskanaster dampfend und (sehr niederschlagend) Berliner Weißbier trinkend, hören ihnen voller Andacht zu. (Erfreuliches Geständniß.) Die göttliche Komödie von der rothen Republik gefällt ihnen;
sie spielen darin die Jakobiner der Weltgeschichte und rufen im Chorus: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! Mit diesem Feldgeschrei wollen sie die ganze alte Weltordnung über den Haufen stürzen
(wunderbare Divinition!), um das sozialistische Ikarien, das Arbeiterparadies auf Erden einzurichten u. s. w.“ Hierauf prophezeit die Schlesierin unsern Rothen einen Tag von Bourges, weil es
jetzt öffentliche Gerichte gebe. (Merkwürdiger Grund im Munde eines Standrechtsorgans!) Das Junkerthum unterläßt nicht, seine Entrüstung über das Jagdrecht und über die feudalistischen Befreiungen, wo
es kann, laut werden zu lassen. Wie weit überhaupt hier sich der Geist der Contrerevolution versteigt, können Sie daraus entnehmen, daß er selbst im Theater wüthet. Nur berüchtigte Dirnen finden Gnade
vor dem königlich preußischen Wanzenritterthum unserer Kasernokratie und Krautjunker. Frau Kennet, wie es heißt, die beste dramatische Schauspielerin Breslau's, wurde z. B. weil sie einen
dramatischen Kladderadatsch gehalten, ohne weiters von der Direktion entlassen. Engagirt wird, nicht wer Talent hat, sondern nach Dirnenwillfährigkeit gegen die schnaps- und lackriechenden
Ritter des königlich preußischen Anstands und die profitwüthigen Direktoren. Ferner, die Mitglieder des christlichen Instituts der Handlungsdiener haben einen Verein gestiftet, welcher die seit 70
Jahren durch Vermächtnisse und Schenkungen christlicher Gönner gesammelten Fonds zum Zwecke einer Ressource und Betreibung gesellschaftlicher Erholungen aus christlichen und jüdischen Commis will; die
„Schlesische Zeitung“ hat darauf die Unverschämtheit, öffentlich aufzufordern, daß man solche Zumuthung abweise. Die gestrige Sitzung des demokratischen Hauptvereins war, zumal dem
Arbeiterbankett gegenüber, ganz besonders ledern. Es hatten sich ziemlich viele Soldaten eingefunden, auf welche die Sitzung gerade keinen verführerischen Eindruck gemacht haben kann. Das Vereinswesen
liegt hier überhaupt noch sehr im chaotischen Argen, weil keiner der vielen Vereine ‒ die reaktionären ausgenommen ‒ einen bestimmten und energischen Ausdruck hat. Nur das
Arbeiterbankett hatte denselben vollständig. Mit Ausnahme des Vizepräsidenten fehlte z. B. gestern der ganze Vorstand. Da der Verein in der letzten Sitzung etwas roth geworden war, so hatte sich der
aus lauter Bourgeois bestehende Volksverein hinter den Wirth gemacht, damit er den Saal ‒ eine unansehnliche Spelunke ‒ kündige. Sömmerau klagte über den Mangel eines demokratischen
Organs in der Presse und las einen Aufruf an die ländlichen Kreise vor, sich bei allen feierlichen Gelegenheiten mit einem Pfennig zu besteuern, um auf diese Weise die Kosten für Drucke, welche auf
das Land vertheilt werden sollen, zu bestreiten. Hierauf las Brehmer seine Antwort an den Märzverein vor, welche mit Beifall angenommen wurde; sie wirft unter anderm den Frankfurter Bierfröschen vor,
daß sie jemand zum Kaiser gemacht, der die Volksvertreter seines eigenen Landes auseinander getrieben, und erklärt, daß die Demokratie Leuten zu Liebe, die Wien bombardiren und Blum ermorden lassen,
keinen Finger krümmen würde, daß man aber, wenn Deutschland in den Kampf gerathe, auch die geheimen Feinde neben den offenen zu finden wissen werde. Zum Schluß hielt Jankowski einen höchst
verworrenen, nichts bedeutenden Vortrag über die ungarischen Verhältnisse, von denen selbst die meisten Demokraten hier kaum eine richtigere Anschauung haben, als von denen eines türkischen
Paschaliks. ‒ Fröbel scheint, wie einst die Wiener Zeitung von ihm sagte, in der That ein ehrlicher Mensch geworden zu sein. Er hat eine Schrift herausgegeben: „Politik und
soziales Leben“, aus welcher unser, von dem Pastor Vogtherr redigirtes „Christkatholisches Ressourcenblat“ jetzt Auszüge über Religion und Liebe liefert, die auf mich höchst
katzenjämmerlich gewirkt haben.
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@facs | 1596 |
Görlitz, 21. April.
In der gestrigen Stadtverordneten-Versammlung wurde am Schlusse der Sitzung ein Gesuch des Schießhauspächters Heidrich über durch Wehrleute des 8.
Landwehrregiments begangene Excesse vom Vorsteher vorgelesen, worüber sich bald eine ziemlich lebhafte Diskussion entspann, in Folge deren der Antrag des Stadtverordneten Bertram „man solle
gemeinsam mit dem Magistrat auf strenge Bestrafung der Excedenten dringen und wegen zu vieler derartiger Vorkommnisse beim General-Kommando des 3. Armeecorps auf Entfernung dieses bei uns ganz
überflüssigen Landwehr-Bataillons antragen“ zum Beschlusse erhoben.
[(Br. Z.)]
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@facs | 1596 |
Schweidnitz, 22. April.
Das hiesige Organ der sozialen Demokratie „Freischütz“ genannt, theilt mit, daß der schon seit längerer Zeit verhaftete Redakteur desselben,
Petery, wegen Majestätsbeleidigung und Versuch zur Erregung von Mißvergnügen, in erster Instanz zu 3jähriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden ist.
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@facs | 1596 |
[
8
] Wien, 22. April.
Die „Austria“ will in ihrem heutigen Coursberichte wissen, daß der englische Gesandte, Lord Ponsonby, welcher vorgestern von hier
abgereist ist, von Lord Palmerston nach London zu einer besondern Berathung berufen wurde. Dementgegen wird von anderer Seite die Reise des Lord als ein lediglich durch Gesundheitsrücksichten
veranlaßter Ausflug bezeichnet.
Dem Lloyd zufolge hat ein englisches Schiff, das am 18. Venedig verließ, nach Triest die Nachricht gebracht, daß unsere Flotte sich bereits vor Venedig befinde.
Aus Eperies vom 12. April wird berichtet, daß der Kommandant Blaudeck nicht mehr im Stande ist, den slovakischen Landsturm zusammenzuhalten, er dringt auf die Heimkehr; die Felder sind zu
bestellen, von denen seine Familien leben; er will nicht länger gegen den Magyarismus ankämpfen. Das Corps des Generals Hammerstein rückt angeblich in 3 Kolonnen vor; die mittlere durch das Saroser
Komitat auf Kaschau, die zwei andern in ihrer rechten und linken Flanke ziehen durch die Zips und das Zempliner Komitat. Am 10. d. M. ist der slovakische Landsturm als Avantgarde der Kolonne des
Generals Vogel in Eperies, Nachmittags 4 Uhr, eingerückt (??) ihm voraus Rittmeister Kühn von Sustenau-Kürassier 18. Chevauxlegers. Sonach hatten die Magyaren darin nur zwei Tage zugebracht, und sind
noch vor Eintreffen der kaiserl. Truppen zurück nach Kaschau.
In der untern Donaugegend haben die Insurgenten in der That schon bei Földvar über die Donau gesetzt. Es ist uns ein Paß zu Gesichte gekommen, der von dem Landeskommissär der Magyaren, Kopitzanzi,
von Földvar zur Weiterreise nach Pesth visirt war. Zwei Regimenter Infanterie, Kreß-Chevauxlegers und Wollmoden-Kürassiere haben den Befehl erhalten, morgen früh die Offensive zu ergreifen (!) und die
Rebellen (!) aus ihrer Position bei Palota und Toth zu vertreiben. Waitzen ist bis jetzt gänzlich unbesetzt.
Einer Proklamation Kossuth's d. d. Gödöllö 14. April zufolge, worin er seine tapfern Heldenbrüder zur Ausdauer und letzter Kraftanstrengung ermahnt, um dem König Ferdinand V., der durch die
Camarilla und eine Militär-Empörung, an deren Spitze sein Neffe Franz Joseph steht, vom Throne gestoßen und zur Abdankung gezwungen, wieder zu seinem geheiligten Rechte und angestammten Throne zu
verhelfen, soll in allen ungarischen Feldlagern, als auch in allen Städten und Gemeinden, in denen noch die ungarische Trikolore weht, am 19. April ein solenner Gottesdienst zur Feier des
Geburtsfestes Ferdinand V. abgehalten werden (?)
In Debreczin hat Bem einen feierlichen Einzug gehalten, 200 mit Nationalfarben und Bändern geschmückte russische Gefangenen im Gefolge. Kossuth ritt ihm mit bloßem Haupte entgegen, und drückte ihm
den wärmsten Dank des Vaterlandes aus. Bem überbrachte eine von 40,000 Sachsen unterfertigte Adresse, worin sie das ungarische Landesvertheidigungs-Comité anerkennen, demselben huldigen, und
den Schwur leisten, gegen die Union nie mehr die geringste Einwendung zu machen. Den ganzen Tag wurden Kanonenschüsse gelöst, Abends Beleuchtung der Stadt und bal paré beim Präsidenten
Kossuth.
Man sieht, die Ungarn sind ganze Kerle, sie verstehen zu leben, an Geld leiden sie ebenfalls keinen Mangel.
Die Truppen, welche bei Neuhäusel standen, rücken ins Pesther Lager, während ein Theil der über Preßburg kommenden Verstärkungen die Position bei Neuhäusel bezieht.
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@facs | 1596 |
[
8
] Wien, 22. April.
Bei dem unlängst bezüglich der ungarischen Angelegenheit abgehaltenen Ministerrathe sollen drei Meinungen laut geworden sein, indem Windischgrätz für
friedliche Bei-
[1597]
legung, Bach für Fortsetzung des Krieges mit Hülfe der Russen, und Stadion für Weiterführung des Kampfes mit eigenen Kräften gestimmt hätten. Der Beschluß wäre
nach der letzten Ansicht
ausgefallen.
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@facs | 1597 |
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*
] Wien, 22. April.
Die Standrechts-Wirthschaft besteht unter dem neuen stellvertretenden Gouverneur (Böhm) fort, wie unter dem Mordknecht Welden. Die heutige
„Wiener Zeitung“ liefert durch folgende Kundmachung den Beweis davon:
Da bei der ledigen Handarbeiterin, Johanna Ruß, von Ober-Oelitz in Nieder-Oestreich gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, bei einer am 5. d. M. vorgenommenen Hausdurchsuchung ein Säbel mit
Stahlscheibe vorgefunden ward, und dieselbe durch ihr eigenes Geständniß überwiesen ist, diese Waffe seit dem Monat November v. J. trotz aller seither ergangenen Aufforderungen und Warnungen
wissentlich verheimlicht zu haben, so ist dieselbe in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte zu sechsmonatlichem Stockhausarrest in Eisen verurtheilt, dieses kriegsrechtliche Erkenntniß aber
hierstellig auf viermonatlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert und dem gemäß kund gemacht worden.
Johann Kerner, von Crefeld in Rheinpreußen gebürtig, 44 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Fabrikswerkführer; Leopold Herbeck von Proschtsh-Voborischt in Böhmen gebürtig, 27 Jahre
alt, ledig, katholisch, Schneidergeselle, und Johann Praller, von Wien gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, ledig, Bandmacher, sind bei gesetzlich erhobenem Thatbestande und hergestelltem
Beweise in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte unter Berücksichtigung ihres zum Theile trunkenen Zustandes, Ersterer wegen majestätsbeleidigender Aeußerungen zu achtmonatlichem, Herbeck wegen
aufreizender Reden zu zehnmonatlichem, und Letzterer wegen öffentlicher Insultirung eines k. k. Soldaten zu dreiwöchentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, und diese kriegsrechtlichen
Erkenntnisse, mit Ausnahme jenes über Kerner, dessen Strafurtheil auf sechsmonatlichen Stockhausarrest in Eisen gemildert ward, hierstellig bestätiget und kund gemacht worden.
Wien, am 21. April 1849.
Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungs-Kommission.
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@facs | 1597 |
Wien, 22. April.
Die neue Anleihe soll denn doch vor sich gehen, und zwar im Wege einer allgemeinen Submission, im Belauf von 100 Mill. und derart in Umlauf zu bringen, daß man für
die neuen 5 pCt. Staatsschuldverschreibungen 25 pCt. in älteren 5 pCt. Metalliques und nur 75 pCt. in Baarem zu erlegen hätte; ferner, daß diese neue Anleihe dann durch jährliche Verloosungen von zwei
Millionen an Kapital und mit einem Verloosungsgewinne von 15 pCt. nach und nach amortisirt werden soll. Die Fonds steigen fortwährend und 5 pCt. Metalliques sind diesen Vormittag bis 92 1/2 gemacht
worden, was man aber nur Börsenspekulationen zuschreibt.
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@facs | 1597 |
[
104
] Dresden.
Die Landtagsabgeordneten Gruner, Fincke, Günther, Jahn, Linke, Schmidt, Ahnert, Segnitz, Haußner, Haustein, Kaiser, Auerswald, Floß und Päßler haben sich zu
einem social-demokratischen Club vereinigt. Unseres Wissens ist noch in keiner andern deutschen Kammer eine solche Partei offen aufgetreten. Eine der ersten Arbeiten derselben ist ein
Gesetzentwurf über die Reform in der Verwaltung und Gemeindeverfassung, dessen Einbringung in der zweiten Kammer angekündigt und genehmigt ist. Andere Arbeiten sollen bald nachfolgen. Die Stellung
dieser neuen Fraktion zu den bestehenden Clubs der Linken und äußersten Linken wird keine feindliche sein, indem die letzteren hauptsächlich für eine demokratische Politik kämpfen, worin die
socialen Demokraten gleichfalls einen Gegenstand für ihre Thätigkeit mit erkennen müssen.
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@facs | 1597 |
[
*
] Dresden, 23. April.
Sämmtliche Vaterlandsvereine hielten gestern hier einen Kongreß oder Generalversammlung. Die hergesandten Deputirten vertraten 70,000 Mitglieder. Auf
so hoch ist bereits die Zahl der im Verband der Vaterlandsvereine befindlichen Mitglieder angewachsen Eine Menge. Landtagsabgeordnete nahmen an den Verhandlungen in ihrer Eigenschaft als Mandatare von
Vaterlandsvereinen thätigen Antheil. Den Hauptgegenstand der Verhandlung bildete folgender Antrag Tzschirner's:
„Die Volksvertretung zu ersuchen, dem gegenwärtigen Ministerium kein Steuerprovisorium mehr zu bewilligen.“
Nach langen Debatten, in denen das Ministerium und sein ganzes im Interesse der Kamarilla beobachtetes Verfahren in helles Licht gesetzt wurden, ging obiger Antrag mit 516 gegen 180 Stimmen
durch.
Der Antrag auf ein Mistrauensvotum für die Linke in den Kammern wurde zurückgenommen. Schließlich wurde ein neuer Centralausschuß gewählt; die Wahl fiel auf entschiedene Radikale.
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@facs | 1597 |
[
*
] Frankfurt.
Die äußerste Linke hat an alle mit dem Märzverein alliirten Vereine folgende Erklärung erlassen:
Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung hat aus der bisherigen Wirksamkeit des Märzvereins die Ueberzeugung gewonnen, daß einerseits dieser Verein durch sein Bestreben, mittelst
Verbindung verschiedener Elemente eine Vermittelung zwischen entgegenstehenden politischen Aarteien herbeizuführen die Entschiedenheit der demokratischen Partei zu gefährden und die entschlossene
konsequente Durchführung demokratischer Grundsätze zu erschweren drohe, und daß andererseits dieser Verein wenig Gewähr für die Thatkraft biete, mit welcher in der gegenwärtigen Gefahr des Vaterlandes
der Kampf für die Souveränetät der Nation allein mit Erfolg geführt werden kann. Es sind deßhalb diejenigen Mitglieder der äußersten Linken, welche dem Märzvereine angehörten, aus demselben
ausgeschieden. Indem wir die Vereine hiervon in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß wir mit den demokratischen Centralausschüssen in Verbindung getreten sind, um eine den jetzigen
Verhältnissen entsprechende wirksame Centralisation aller Vereine, welche demokratisch-republikanische Zwecke verfolgen, von hier aus zu bewerkstelligen.
Frankfurt a. M., 20 April 1849.
Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung (Klub Donnersberg).
Berger aus Wien. Brentano aus Mannheim, in Baden. Culmann aus Zweibrücken, in Rheinbaiern. Damm aus Rheinbischofsheim, in Baden. Dietsch aus Annaberg, in Sachsen. A. Erbe aus Altenburg. W.
Hoffbauer aus Nordhausen, in Preußen. Hönniger aus Rudolstadt. Junghaus aus Mosbach, in Baden. Marek aus Graz, in Steiermark. Martini aus Friedland, in Westpreußen. Dr Mohr aus Oberingelheim, in
Rheinhessen. Peter aus Konstanz, in Baden. Reichard aus Speyer in der Pfalz. Reinhard aus Boitzenburg, in Mecklenburg. Richter aus Achern, in Baden. Rühl aus Hanau, in Kurhessen. Schlöffel aus
Halbendorf, in Schlesien. Schlutter aus S. Altenburg. Schmidt aus Löwenberg, in Schlessen. N. Schmitt aus Kaiserslautern, in der Pfalz. Fr. Schüler aus Zweibrücken. Fr. Schütz aus Mainz. Titus aus
Bamberg, in Franken. Werner aus Oberkirch, in Baiern. Dr. A. Wiesner aus Wien. Würth aus Sigmaringen.
Man sieht, daß L. Simon von Trier, Zimmermann, Piepmeyer, Fröbel u. s. w. nicht mehr der äußersten Linken angehören. Wir werden die Namen der Abgefallenen nächstens geben. Es soll uns freuen, wenn
die sogenannte äußerste Linke jetzt endlich entschieden auftritt und sich von allen parlamentarischen Illusionen, Phrasen und Rücksichten lossagt. Doch sind auch jetzt unsere Hoffnungen nicht zu groß
und es ist nur gut, daß im Grunde Alles vollständig gleichgültig ist, was in Frankfurt gethan wird, oder nicht gethan wird.
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Frankfurt, 24. April.
Sitzung der National-Versammlung
Tagesordnung:
Fortsetzung der Berathung des vom Abgeordneten Kierulff erstatteten Berichts,
Präsident Simson eröffnet die Sitzung gegen 9 1/2 Uhr Vormittags. Das Haus ist ungewöhnlich bewegt durch die Nachrichten aus Würtemberg.
Ausgetreten aus der Versammlung ist Herr Perthaler aus Wien.
Von dem Präsidenten der würtembergischen Abgeordnetenkammer ist ein Schreiben vom 22. April mit der Anzeige von den in dortiger Kammer gefaßten Beschlüssen zur Durchsetzung der deutschen
Reichsverfassung eingegangen. Satz für Satz dieser Erklärung wird von lebhaften Zustimmungsäußerungen begrußt und beim Schlusse erfolgt ein allgemeines anhaltendes Beifallklatschen.
Die Herren Fetzer und Vischer stellen hierauf den folgenden dringlichen Antrag:
1) Die Reichsversammlung wolle sofort beschließen: Die würtembergische Kammer der Abgeordneten, insbesondere durch ihren Beschluß vom 22. April, so wie das wurtembergische Volk überhaupt,
entsprechen mit dem, in den letzten Tagen gezeigten entschiedenen Festhalten an der deutschen Reichsverfassung, den Erwartungen und dem Willen der deutschen Nation.
2) Die Reichsversammlung wolle von dieser Erklärung durch Vermittelung des Präsidiums jener Kammer der Abgeordneten, diese selbst, so wie das wurtembergische Volk überhaupt in Kenntniß setzen.
Nicht allein die Dringlichkeit des Antrags wird mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, sondern auch, daß die Beschlußnahme ohne Diskussion erfolge. Die Mitglieder aller Fraktionen erheben sich dem
Antrage gemaß, worauf der Prasident mit Nachdruck erklärt: „das ist der Beschluß des Hauses; ich werde darnach verfahren.“
Tagesordnung:
Vogt von Gießen: Unter dem Eindrucke des eben gefaßten Beschlusses, will ich von den Maßregeln sprechen, zu denen uns die Ereignisse auffordern, von ihrer Zweckmäßigkeit und von der Stellung
unserer (der linken) Partei. Man wirft uns vor, wir seien ins erbkaiserliche Lager ubergetreten. Aber wir verfahren jetzt wie früher nur unserem Grundsatze getreu, daß wir die Souveränetät dieser
Versammlung unbedingt und auch in solchen Beschlussen anerkennen, die gegen unseren Willen und Meinung gefaßt worden sind, ja die wir aus allen Kräften bekampft haben, so lange sie noch nicht gefaßt
waren. So haben wir es gehalten der Herstellung einer unverantwortlichen Centralgewalt, so den Grundrechten gegenüber. Die Linke in dem würtembergischen Ministerium, die Linke in den deutschen
Standekammern ist es gewesen, welche uberall und Alles aufgeboten hat, zur Durchführung der Beschlusse dieses Hauses. Nicht das Erbkaiserthum daher ist es gewesen, welches uns für sich gewonnen hat,
nein, wenn noch einmal darüber abgestimmt wurde, so wurden wir es noch einmal zurückweisen, aber für die Volkssouveranetät stehen wir mit Leib und Blut ein, die sich in den endgultigen Beschlussen
dieser Versammlung ausspricht. Mit einer Begeisterung freilich, wie wir die republikanische Spitze empfangen haben würden, konnen wir das Erbkaiserthum nicht ins Leben setzen helfen Aber wir
betrachten es als die erste Sprosse der Leiter, auf der wir ‒ immer fechtend auf den Bänken der Opposition ‒ das Volk weiter empor zu führen hoffen. Kein Riß darf in die deutsche
Verfassung gebracht werden (!). Nicht der kleinste (!!). Die einmal gebrochene Lucke mochte leicht von 34 „unverantwortlichen“ Händen ins Unendliche erweitert werden. Nicht
„weil“ mit dem Erbkaiser, sondern trotz des Erbkaisers halten wir die Verfassung aufrecht. Der Redner erläßt jedoch nach diesen Zugeständnissen der Mehrheit des Hauses ‒ deren
Zähigkeit man bewundernd ruhme ‒ die Kritik keineswegs. Er wirft ihr ihre Rathlosigkeit den Ereignissen gegenuber vor, die Ohnmacht ihres Willens, wie sie sich in Oesterreich und Preußen
schreiend kundgegeben habe. Denn es genüge nicht, im Schatten eines grunen Weidenbusches sich muthig zu versammeln, oder wie die „Deutsche Zeitung“ die Schlafmütze über die Ohren am
Schreibtische zu sitzen, sondern Thaten (!) seien nothig. (O Vogt !) Auch aus den Erklärungen der 28, zur Ueberraschung des preußischen und anderer Bevollmächtigten beistimmenden Regierungen greift
Herr Vogt diejenigen heraus, die nur mit Vorbehalt gegeben worden, er weist ferner hin auf den unbefohlenen Ruckmarsch eines deutschen Heerestheils aus der ihm angewiesenen Stellung und auf die
Pflicht des Reichsministeriums, diesen Ungehorsam unnachsichtlich strafend zu ahnden. Dann mustert er die Eröffnungen des Königs von Wurtemberg gegen die das Oberhaupt betreffenden Bestimmungen. Und
wenn das Erbkaiserthum zunächst nichts weiter thäte, als daß es diesen Hochmuth von Gottes Gnaden brache (!!), so will sich Herr Vogt mit ihm versöhnen. Der Redner kommt darnach auf die im
konstitutionellen Leben „unerhorten Vorgänge“ in dem großten süddeutschen Staate, in Baiern zu sprechen. Wer also opponirt sich gegen die Verfassung? Die deutschen Volksstämme doch
wahrhaftig nicht, von deren berechtigten Bedenken der Herr Reichsministerpräsident gesprochen. Auch von der Großherzigkeit und dem Patriotismus der Fürsten wird er hoffentlich künftig schweigen. Das
preußische Ministerium hat erklärt, es rathe dem Könige die Annahme der deutschen Krone nicht an. Die Volksmeinung betrachte es, wie das Schiffsvolk die hochgehenden Wogen des Elements, dem man nicht
gehorche, sondern vor dem man sich in einem Hafen zu bergen sucht. Vermuthlich erblicke das preußische Ministerium einen solchen rettenden Port ‒ im Osten. Und dies sei dasselbe Ministerium,
dem die Nationalversammlung durch ihre Beschlüsse zu Hulfe gekommen. Da spukt schon wieder in Schleswig-Holstein oder unter den danischen Diplomaten jener Hr. v. Wildenbruch, der da sagte: Preußen
zieht das Schwert nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die Rechte des Herzogs aus der Scheide. Derselbe Herr v Wildenbruch soll sich schon wieder dort oben herumtreiben. Meine Herren, es ist das
keine geringe Sache, wenn man sieht, daß das Blut der Söhne Deutschlands nutzlos geopfert wird, um so welke Früchte zu erringen, wie in dem letzten Kriege, wenn man sieht, daß unsere Kieger geopfert
werden sollen für solche nichtsnutzige Rücksichten (Beifall auch von der Ministerbank), Rücksichten, wie sie auch in manchen Gesprächen zu Tage gekommen sollen sein, von denen Gott verhüte, daß sie
wahr seien.
Die Ausschußanträge der Mehrheit gehen dahin, daß die Versammlung mit ihren Beschlüssen ruhe. Dürfen aber die Führer ruhen, wenn das Heer an allen Punkten vorrücken soll? Der Nation zu sagen,
handle du, wir wollen indessen ruhen, das wäre nicht wohlgethan. Nein, Deutschland erwartet daß Jeder seine Schuldigkeit thut, und Sie sind zu allererst zu einem entschiedenen Handeln verpflichtet.
Wenn sich der Reichsverweser nicht ausdrücklich lossagt von der östreichischen Note, so ist an ein ferneres Zusammenwirken der deutschen Exekutivgewalt mit dieser Versammlung nicht mehr zu denken.
Plathner aus Halberstadt: Wir haben unter gesetzlichen und ungesetzlichen Maßregeln zu unterscheiden, damit wir nicht, indem wir den einen Theil der Nation für uns gewinnen, den andern
größern verlieren. Kann das preußische Ministerium dem Könige nicht zur Annahme der ganzen unversehrten Verfassung rathen, so wäre freilich damit die Ablehnung der deutschen Krone ausgesprochen, denn
es giebt keine Kaiserwürde, ohne die vollständige und unverkürzte Annahme der Verfassung. Allein der Rath eines Ministers ist noch kein Entschluß des Königs und zum Glück hat Preußen noch Männer
genug, welche von anderer Meinung sind als Brandenburg und Manteuffel. Der Redner erklärt sich für die Anträge der Mehrheit des Ausschusses.
Für einen Antrag auf Schluß der Debatte erhebt sich nur ein Theil der Linken.
Wichmann aus Stendal greift dagegen die Vorschläge der Ausschußmehrheit an, weil sie nur Phrasen, nichts Thatsächliches enthielten. Vor Uebereilungen warne man? Er sei doch neugierig, einmal
eine Uebereilung in der deutschen Geschichte zu erleben. Selbst wenn das Schlimmste (!) käme und die Reichsversammlung mit Ehren (?) fiele, so würde nur desto sicherer die Verfassung sich aus dieser
Niederlage erheben.
Francke aus Schleswig giebt einige Aufschlüsse über die Art und Weise wie das preußische Kabinet in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit zu Werke gegangen sei. Graf Arnims Absicht sei,
daß trotz alles Blutes und aller Opfer Schleswig von Holstein gerissen werde. Er erklärt sich für die Vorschläge der Ausschußmehrheit mit der Warnung, daß man nicht donnern solle, wenn der Blitz fehle
(Aha!)
Moritz Mohl kommt auf seine fruheren Betheuerungen zurück, wornach nun und nimmermehr der König von Preußen die deutsche Kaiserkrone auf die Voraussetzungen der Verfassung hin annehmen
werde. Und auf die Trennung von Oestreich!
Nach seinem Vortrage vertagt das Haus die Fortsetzung der heutigen Berathung unter Vorbehalt des Worts für den Ministerpräsidenten zum Behuf einer persönlichen Erklärung.
v. Gagern: In der Antwort Sr. Majestät des Königs von Würtemberg an die Abgeordnetendeputation, welche die heutigen Blätter gebracht haben, wird gesagt, daß ich mit Camphausen über
Abanderungen der deutschen Verfassung in Unterhandlung getreten sei. Ich weiß nicht, aus welcher Quelle Se. Majestät diese Nachricht geschöpft hat. So viel aber weiß ich, daß weder Hr. Camphausen, den
ich als einen Ehrenmann hochachte, noch ich die mindeste Veranlassung zu dieser Nachricht gegeben haben. Hr. v. Gagern wiederholt bei dieser Gelegenheit den Ausdruck seiner unerschütterlichen
Ueberzeugung, daß die Verfassung, wie sie endgültig beschlossen und verkündet, so auch unangetastet zu bewahren sei. (Beifall).
Die Abstimmung entscheidet sich darauf für Wiederaufnahme der heutig n Berathung schon morgen.
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[
43
] Mannheim, 24. April.
Der berüchtigte Gefängnißdirektor Speigler aus Bruchsal, welcher auch früher in unserer Stadt eine Strafanstalt leitete, dessen Name aber durch
seine empörende Behandlung der politischen Gefangenen in Bruchsal im ganzen badischen Lande eine traurige Celebrität erlangt, ist nun endlich von der Regierung von seiner Oberaufsicht der politischen
Gefangenen entbunden worden. Ein gewisser Buchhalter der Gefängnisse, Namens Echart, hat die Verwaltung des Weiberzuchthauses übernommen, worin sich noch gegen 35 Gefangene in Bruchsal befinden.
Damit jedoch die badische Regierung die Spionsgabe des berüchtigten Speigler nicht unbenutzt lasse, ist derselbe mit einer Mission nach Belgien beauftragt und bereits nach Brüssel und Courtray
abgereist, angeblich, um dort einen neuen Webstuhl in Augenschein zu nehmen, zugleich aber, um über deutsche Flüchtlinge in Brüssel, Belgien, Paris und Straßburg zu rapportiren, indem der bewußte
Speigler von Brüssel eine Vergnügungsreise durch Frankreich machen soll.
Vergebens hatte, als Bornstedt noch in Bruchsal gefangen war, der etc. Speigler diesen aufgefordert, ihm Briefe nach Brüssel und Paris mitzugeben, er werde sie treulich besorgen. Es versteht sich
von selbst, daß Bornstedt die oft wiederholten Anträge der Art abwies.
Wir machen die deutschen Flüchtlinge auf die Reise des Speigler aufmersam und ersuchen die demokratischen Blätter Belgiens und Frankreichs, dasselbe zu thun.
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[
**
] Bruchsal, 20. April.
Heute Vormittag 8 Uhr wurde Bornstedt unter Gensd'armenbedeckung in einem Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht, um mit dem ersten von
hier abgehenden Zuge nach Freiburg abgeführt zu werden. Eine große Anzahl politischer Gefangener hatte sich schon gestern Abend in seiner Zelle zusammengefunden, um die letzten Stunden vor seiner
Abreise noch bei ihm zuzubringen. Andere suchten ihn schon heute am frühen Morgen auf. Aus einem Fenster des Gefängnisses wehte eine rothe Fahne, die jedoch später auf Kabinetsordre des
Zuchthauspascha's Speigler eingezogen werden mußte. Am Bahnhofe war eine große Menge Bruchsaler Einwohner versammelt. Die hiesigen Demokraten wollten eine Demonstration veranstalten; aber
Bornstedt, der dies erfahren, bat es nicht zu thun.
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[
*
] Hamburg, 23. April.
Wie die „B.-H.“ mittheilt, hat die dänische Regierung eine Verfügung erlassen, der zufolge die Blokade der Elbe- und Weser-Mündungen
auf deutsche, jetzt in Hamburg und Bremen in Ladung liegende Auswandererschiffe bis zum Ende dieses Monats keine Anwendung finden soll.
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Hadersleben, 21. April.
Nachdem das schleswig-holsteinische Hauptquartier vorgestern nach Christiansfeld verlegt worden und die Avantgarde, unter Zastrow's Befehl, hart an
die jütische Gränze gerückt war, ist diese endlich gestern von unseren Truppen überschritten und Colding besetzt worden. Es hatten sich daselbst ungefähr 2800 Mann Dänen stark verschanzt; ihre
Vorkehrungen zu diesem Ende waren sehr zweckmäßig getroffen, und sie waren angewiesen, den Platz auf's Aeußerste zu vertheidigen. Die über eine Brücke führende Einfahrt vom
Schleswig'schen war durch eine feste Mauer und ein starkes Thor gesperrt, und hatte man diese Hindernisse überwunden, traf man auf eine mit Pallisaden versehene zweite Verschanzung, bei deren
Angriff das feindliche Feuer unseren Truppen sehr gefährlich werden konnte; ferner waren eine Menge Häuser in der Stadt durch Zumauern der Fenster und angebrachte Oeffnungen zum Schießen zur
Vertheidigung eingerichtet. Der erste Widerstand, das Thor, war sehr stark zusammengefügt, und beim Mangel an Artillerie bedurfte es einiger Zeit, bis das vorangeschickte zweite Jägerkorps mit der
Zertrümmerung desselben zu Stande kam. Es geschah unter fortwährendem Feuern der Dänen, wobei Einer der Unsrigen getödtet und ein Paar verwundet wurden. Eingedrungen durch den Thorweg, wurden sofort
die inneren Verschanzungen erstürmt, und nun ging's, „Schleswig-Holstein“ singend, im Sturmschritt durch die Straßen. Die Dänen schossen aus den Häusern, aber unsere Truppen
stürmten in dieselben hinein, und in Zeit von 2 1/2 Stunden waren die Feinde verschwunden. Sie zogen eiligst auf der Straße von Friedericia von dannen. Nur 16 Dänen sind zu Gefangenen gemacht worden.
So wie die Vordermauern der Häuser nur kleine Löcher zeigten, waren die Fenster und Thüren nach der Hinterseite sämmtlich geöffnet, um zur Flucht benutzt werden zu können. Unser Verlust beträgt 5
Todte und 18 Verwundete, worunter 2 Offiziere. ‒ Die beiden Jägerkorps waren diesen Vormittag 10 Uhr bereits 2 Meilen hinter Colding.
[(B.-H.)]
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[
*
] Hadersleben, 23. April.
In Kolding, das die sogenannten „Reichs“-Truppen nach hartnäckigem Gefecht und starkem Verlust den Dänen abgenommen hatten,
ist es zu einem zweiten Kampf gekommen. Die Dänen, die sich in der Richtung von Fridericia und Veile zurückgezogen hatten, kamen mit verstärkter Macht zurück. Sie griffen die auf den Höhen von Kolding
stehenden Vorposten, aus dem 10. Bataillon der Schleswig-Holsteiner bestehend, an. Ueber den Ausgang des Kampfes verlautet noch nichts Sicheres. Doch glaubt man, daß Kolding von den
„Reichs“-Truppen, wenn auch mit bedeutendem Verlust, behauptet worden sei.
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[
15
] Schleswig-Holstein, 23. April.
Einen Beitrag zur christlich-germanischen Wirthschaft hier im Lande haben wir schon in unsern letzten Berichten gegeben; wir setzen dies
heute fort. Es ist schon erwähnt worden, daß im Schleswig'schen eine Gensd'armerie nach dem Muster der „schwarz-weißen“ von dem Beglücker Schleswig-Holsteins, dem General
Bonin, eingeführt ist, und daß diesen Faulthieren die Pflicht obliegt, auch besonders auf Demokraten zu vigiliren; denn Demokraten und Dänen stehen im gleichen Range, sind gleich verpönt in
Schleswig-Holstein von den ‒ Augustenburger Pferdezüchtern und deren Stallknechten Beseler und Consorten. Damit aber jenen am Wohlstande des Volkes saugenden Faulthieren das Werk etwas
erleichtert werde, brachte unsere saubere Statthalterschaft einen Gesetzentwurf an unser Landesphilisterium des Inhalts, mehrere Artikel des Staatsgrundgesetzes im Herzogthum Schleswig und der Festung
Rendsburg außer Kraft zu setzen. Es waren die Artikel 16, 18, 19 und 22, so wie Art. 13 der sich auf das den Schleswig-Holsteinern eingeräumte Waffenrecht bezieht. Die Landesphilister-Versammlung, zur
Hälfte aus Büreaukraten und Bourgeois, zum Viertel aus Aristokraten (größtentheils Vollblutrace) und dem Rest aus sogenannten Volksmännern bestehend, nahm trotz Olshausen's Bedenken diesen
Gesetzentwurf an. Die durch Aufhebung des Art. 13 des Grundgesetzes nicht mehr ungesetzliche Entwaffnung der Bürgerwehr ist auch bereits, wenngleich nicht offen, vor sich gegangen. Die Artikel lauten
jetzt so für uns:
Art. 16: Die Freiheit der Person ist nicht unverletzlich, Jedermann kann nach Belieben des Bürgermeisters, Polizeimeisters, Kommandanten, Gensd'armen, Bettelvogt's u. s. w. u.
s. w. verhaftet werden. Wer eingesteckt wird, darf nicht fragen „weshalb“, sondern er muß so lange brummen, als es den Herren von Statthaltersgnaden gefällt.
Art. 18: Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf durch jeden Polizeiknecht geschehen.
Art. 19: Ein Briefgeheimniß giebt's nicht mehr. Polizei und Postbeamte können nach Belieben je den Brief öffnen und lesen.
Art. 22: Die Schleswig-Holsteiner haben nicht das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Alle Vereine werden aufgehoben. Wer sich mit zwei Andern versammelt, wird eingesteckt.
Daß durch die jetzigen außerordentlichen Um- und Zustände außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt werden, unterliegt keinem Zweifel. Für den nördlichen Theil Schleswig's finden wir es in
der Ordnung, aber auf den südlichen Theil und die loyale Stadt Rendsburg diese Maßregeln auszudehnen, dazu konnte wahrlich nur die Demokratenfurcht treiben. Es wundert uns, daß die zweiköpfige
Statthalterschaft von Reichsverwesungs-Gnaden jene Maß-
[1598]
regeln nicht auch gleich auf ganz Holstein und das
dänische und Schleswig-Holsteinische Oberpostamt in Hamburg ausgedehnt hat!
Folgende Thatsache mag als Beispiel von der Anwendung der obigen Maßregel dienen:
Ein Wiener Flüchtling, seines Handwerks ein Metzger, lebte längere Zeit in Altona und Hamburg, da aber seine Ezistenzmittel auf die Neige gingen, entschloß er sich nach Rendsburg zu gehen, um dort
eine Stelle als Armeeschlachter zu erhalten. Er ließ seinen Paß in aller Form visiren und reiste fort. Da man ihm in Rendsburg sagte, daß das Kriegsdepartement in Schleswig sei, so ging er dahin, um
auch da zu erfahren, daß von Seiten des Kriegsdepartements keine Armeeschlachter angestellt würden, daß er sich vielmehr an die Lieferanten wenden müsse, denen das Ganze übertragen sei. Der Wiener
mußte also weiter nach dem Norden. Vorher ließ er seinen Paß in Schleswig wieder visiren, Alles wie es nur eine kaiserl. Russische Polizei verlangen kann. Ebenso in Flensburg, um nach Apenrade zu
gehen. In Apenrade versteht man das Ding aber anders; ein Wiener Flüchtling muß Demokrat sein; man sperrt ihn ein und nimmt ihm seinen Paß ab. Er bittet, man möge ihn mit dem Polizeimeister sprechen
lassen: Nein! nur mit Gensdarmen und den andern Polizisten darf er verkehren. Zwei Tage sitzt er in einem stinkigen Loche, mit noch andern Spionen oder Spitzbuben, denn dafür hielt man ihn, zusammen.
Da kommen die Dänen und rücken gegen Apenrade vor. Man nimmt also den Wiener Flüchtling, ergo Demokraten, ergo Däne und Spion, und transportirt ihn gebunden mit den andern Gefangenen nach Flensburg.
Hier muß er brummen ohne verhört zu werden ‒ bis die Dänen aus Apenrade wieder vertrieben. Die Polizisten gingen wieder nach Apenrade, also mußten ihre Opfer auch wieder mit. Man nimmt den
Wiener Flüchtling, der in Gedanken schon statthalterlich Schleswig-Holsteinischer oder des heil röm. Reiches Armeeschlachter zu sein glaubte und transportirt ihn wieder nach Apenrade, läßt ihn hier
noch mehrere Tage im Gefängniß vegetiren, und stellt ihm dann, ohne ihn nur verhört zu haben, einen Zwangspaß aus, durch den er gezwungen wird, wieder nach Altona zurückzukehren.
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@facs | 1598 |
[
313
] Schleswig-Holstein, 23. April.
Jetzt, nach dem großen Eckernförder „Wassersieg“, über den die Kieler Lakaienzeitung sogar ein unsterbliches
Rattenvergiftungsmittel in Versen bringt, nach Erstürmung der Düppeler Schanzen und dem Einmarsch unserer Truppen in Jütland wird's mit einem Male wieder heller Tag für die bisher so besorgten
Bourgeois und die Falten in den Gesichtern der „redlichen“ Geschäftsmänner beginnen sich zu glätten. Wenn die Reichsgensd'armen um uns aushalten und den Dänen auf seine Inseln
jagen, dann ist alle Aussicht vorhanden, daß die „Seeräubereien“ von dem Landraub unterdrückt und die Wasserstraßen wieder den legal-friedlichen Räubereien des Handels geöffnet werden.
Der Präsident der Lakritzenverkäufer- und Seifensiedergesellschaft in Schleswig, Marcus Tullius Bergum, reibt sich schmunzelnd die Hände und fängt an, seine Berliner Reise „um des Kaisers
Bart“ zu verschmerzen und sich mit dem Schicksal zu versöhnen, das ihn um ein offizielles deutsch-preußisch-kaiserlich-königliches Diner gebracht hat. Die ganze hohe Landesversammlung ist ein
einziger, anständig gemäßigter Jubel. Aber da soll sich auch, obgleich das „Reich“ an Kammern und Ständeversammlungen Etwas aufzuweisen hat, noch erst eine Congregation finden, die sich
an Farb- und Charakterlosigkeit, an feiger und juchtenmäßiger Gesinnung mit der Schleswig-Holsteinischen Landesversammlung messen kann. Unter diesen hundert Männern findet sich auch nicht einmal eine
irgend nur hervorragende Persönlichkeit. Die Minister, eingefleischte Bureaukraten und zum Theil unter der Zucht des hier wohlbekannten Verräthers Scheel herangewachsen, haben jener
Landesversammlung gegenüber natürlich leichtes Spiel. Und so ist denn die Betreibung keiner „noblen Passion“ hier so leicht, wie die des Regierens, woraus sich auch erklärt, daß der
wohlhabende Fondscollecteur Beseler sein Regierungsmüthchen jetzt schon zum zweiten Male kühlt. Die erste „provisorische“ herzoglich-augustenburgische Regierungsclique konnte ungescheut
in die öffentlichen Gelder greifen, so viel sie wollte und ihren Anhängern Sinekuren geben, die Landesversammlung machte stets den servilsten Katzenbuckel; die zweite „gemeinsame“
Regierung mit ihrem Windischgrätz in Civil, dem Grafen Reventlow-Jersbeck an der Spitze, konnte im Angesicht des Volks wagen, den König von Dänemark der Treue des Landes zu versichern ‒ wofür
dieser ihr einen wohlverdienten Fußtritt applicirte ‒ die Landesversammlung gab ihr durch allgemeines Aufstehen ihren Dank und ihre Zustimmung, also ihr Einverständniß mit dem Landesverrath, zu
erkennen, als sie der jetzigen Statthalterschaft, dem berüchtigten Duumvirat Platz machte. Ja, sie standen alle auf, diese Lichter der Welt und dankten der Sonne, daß sie nicht ausgeputzt wurden.
Auch Olshausen, der bleiche Schwärmer für die sanft heraufkeimende Zukunft mit den gebratenen Tauben und dem ewigen Frieden, hatte keins seiner sarkastischen, oft bleischweren Worte, diesem
schnöden, verrätherischen Danke als ein Gewicht des Volksgrolls anzuhängen. Olshausen ist aber das gerade Gegentheil von Allem, was zur That gehört; er will immer Alles, insofern und je nachdem, er
läßt es aber immer bei den Entwürfen bewenden, die sich freilich schaarenweise bei ihm in stiller Nacht wie die Katzen begatten, von denen aber nicht Eins Junge wirft. So ist es denn auch mit seinem
Kampf für die unglücklichen „Inster“ (die man anderwärts ihrer Behandlung sehr entsprechend auch Köter nennt) bei dem ersten Anlauf geblieben, wo ihm gleich von Noer grimmig
entgegenschmunzte, und die Sache ist über den heiligen Bourgeoisieinteressen, wie Kanalzollintraden, Schweineausfuhr u. s. w. liegen geblieben.
Ein Faktum für manche andere, um ein grelles Schlaglicht auf die hiesige Regierungs- und Volksvertretungswirthschaft zu werfen. Das „gemeinsame“ Gouvernement ließ den alten Advokaten
Bauditz in Rendsburg des Hochverraths anklagen, weil derselbe in einer Zeitung vorgeschlagen hatte, den noch immer „unfrei“ regierenden Herzog auf ordentliche Weise durch das Volk
der Krone verlustig erklären zu lassen. Bauditz ist noch gegenwärtig in strenger Kriminaluntersuchung, und die Schleswig-Holsteinischen Truppen marschiren durch Jütland, bereit den
„unfreien“ Herzog zu fangen oder zu erschießen, wo sie ihn finden. Einige Doktrinärs zweifeln auch gar nicht daran, daß Bauditz zum Tode verurtheilt wird und dann nur von dem
„unfreien“ Herzog, gegen den wir Krieg führen, oder in seinem Namen von der Statthalterschaft, die uns mit der Regierung überzogen hat, begnadigt werden kann. Wir haben hier mehrere
private und öffentliche Irrenanstalten, aber hätten Sie das gedacht?
Auf die große Eckernförder Kriegsthat giebt man hier im Volke viel weniger, wie im übrigen Deutschland, wo man vor Meer und vor Schiffen einen gewaltigen Respekt zu haben scheint, und am wenigsten
stolz sind die armen Kanoniere selbst, die, wie sie selbst sagen, nur das Verdienst hatten, sich nicht „verblüffen“ zu lassen. Als sie von den Belohnungen hörten, die ihnen das dankbare
deutsche Vaterland noch zudächte, äußerten sie sehr naiv, wenn sie um etwas bitten dürften, so wäre es um die Befreiung ihrer braven Kameraden aus dem Zuchthaus, wohin sie im vorigen Jahre geschickt
wurden, weil sie eine demokratische Adresse an das preußische Militär gerichtet hatten. Die armen demokratischen Kanoniere müssen aber gewiß noch viele Fregatten erobern und in die Luft sprengen, ehe
sie diesen Lohn erhalten.
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@facs | 1598 |
[
*
] Stuttgart, 23. April.
Der Schwabenkönig zeigt jetzt praktisch das „Spiel der konstitutionellen Gewalten.“ Er erläßt Dekrete an seine Minister, die von
Niemanden kontrasiguirt sind; noch mehr er publizirt Proklamationen ans Volk und kein Minister unterzeichnet sie. So hat er heute folgende Ansprache erlassen:
„Würtemderger! Seit 32 Jahren habe Ich die Geschicke unseres gemeinschaftlichen Vaterlandes gelenkt, habe ich nur Einen Gedanken, nur Eine Aufgabe, die Eurer steigenden Wohlfahrt und
Zufriedenheit verfolgt! In ernsten und in guten Tagen habt Ihr Mir vielfache Beweise Eures Vertrauens und Eurer Liebe gegeben, habt Ihr ein Beispiel von Eintracht zwischen Fürst und Volk geliefert,
welches der Ruhm des Landes bei unsern Nachbarn und zugleich Mein Stolz, so wie das beständige Ziel aller Meiner Regierungsmühen war.
Würtemberger! die Zeiten sind ernst, das Vaterland, das gemeinschaftliche, wie das besondere, ist von vielen und großen Gefahren bedroht. Mehr als je gilt es, daß wir fest und einträchtig Hand in
Hand gehen.
Wie Ihr, will auch Ich ein großes, einiges und starkes Deutschland. Ich werde jedes Opfer freudig zu Gunsten eines so gemeinnützigen Zieles bringen. Wo es das wahre Wohl des gemeinschaftlichen
Vaterlandes gilt, müssen alle Interessen, die großen wie die kleinen schweigen.
Die Nationalversammlung hat das Verfassungswerk ihrerseits vollendet, allein Ihr wißt, daß zwischen ihr und den größeren Regierungen Deutschlands zur Zeit noch eine Nichtverständigung über diesen
hochwichtigen Gegenstand besteht. Ich für meine Person habe eine solche Verwickelung in keiner Weise herbeigeführt; da sie aber leider vorhanden ist, so gebieten Klugheit und Vorsicht, so erheischen
das wahre Wohl und eine gesicherte Zukunft unseres Vaterlandes, daß wir die Entwickelung derselben mit Ruhe und Zuversicht abwarten. Verlaßt Euch auf Mein Fürstenwort, es ist weder für Euch, noch für
Deutschland keinerlei Gefahr in einem solchen Verzug. Eine vorschnelle Entschlußnahme von unserer Seite würde im Gegentheil die friedliche Lösung der Frage eher verhindern und verzögern, als beenden
und fördern. Ohnedieß kann und wird die Ungewißheit darüber nicht lange mehr andauern.
Würtemberger, vertraut Eurem Könige, der es wohl mit Euch meint; mißtraut den Einflüssen und den Reden aller Ehrgeizigen und aller Wühler, die sich selbst und Euch auf den Weg des Verderbens führen
würden.
Es lebe die deutsche Einigkeit und die allseitig friedfertige, ruhige Lösung des Reichsverfassungswerkes.
Wilhelm.“
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@facs | 1598 |
Stuttgart, 23. April.
Die heutige Sitzung der Abgeordneten-Kammer eröffnet der Präsident mit den Worten, daß, wenn es je Aufgabe deutscher Männer war, auf den Boden des Gesetzes,
der Besonnenheit, aber auch des Muthes sich zu stellen, so sey dies jetzt Aufgabe der Kammer. Im Laufe dieser Nacht habe Se. Majestät sich bewogen gefunden, auf einige Zeit nach Ludwigsburg
abzureisen, wohin die Minister die laufenden Geschäfte abzuschicken beauftragt worden seyen. Zugleich hat der König heute eine Proklamation erlassen, welche zu verlesen ich für angemessen ‒
(großer Lärm, Protestation).
Beiel: Vor Allem sollten wir von den Ministern eine offizielle Auskunft über diese Proklamation verlangen.
Zwerger: Dieses sogenannte Aktenstück existirt für uns nicht, kein Minister vertritt es; wir wissen nicht einmal, von wem es ausgeht. Aber wir müssen wissen, ob noch eine Regierung besteht
oder nicht. Die Minister haben seit drei Tagen erklärt, daß sie ihre Entlassung geben. Es scheint, die Minister sind außer Aktivität gesetzt. Wir müssen dem Zustande der Ungewißheit ein Ende machen.
Das Land muß regiert werden. Die Kammer soll eine Kommission von 10 Mitgliedern niedersetzen, welche fortwährend berathet und Anträge stellt, dann soll die Kammer eine Ansprache an das Land erlassen,
und die Lage des Vaterlandes schildern.
Präsident: Ich habe den Aufruf bloß verlesen wollen, ohne denselben als offizielles Aktenstück anzuerkennen.
Nach längerer Debatte läßt der Präsident die Adressen, welche in der deutschen Sache eingekommen sind, zur Kenntniß bringen. Viele Abgeordnete kündigen ähnliche Adressen an. Der Abgeordnete
Winter verliest eine Adresse aus Heidenheim; solche kündigen an und erstatten Bericht über die Stimmung ihrer Gegend.
Becher: Auch vom Oberlande sind Deputationen, und zwar von Bauern hier, welche um unbedingte Anerkennung der deutschen Verfassung bitten. Sofort wird der Zwerger'sche Antrag auf eine
Kommission zu fortlaufender Beurtheilung und Berichterstattung über den Stand der Angelegenheiten angenommen.
Präsident: Ich habe so eben einer Sitzung des Ministerraths einige Augenblicke angewohnt, und es ist mir dort mitgetheilt worden, daß das Ministerium eine wiederholte dringende Bitte an Se.
k. Maj. gestellt habe, worin die Lage des Vaterlandes dargestellt ist. Darin ist gebeten, die Minister sogleich zu entlassen, wenn der König dem Wunsche des Volkes nicht nachgebe. Sofort wird die
Sitzung ausgesetzt und, wenn nicht die Kommission noch frühern Zusammentritt für nöthig hält, um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Fünfzehner Ausschuß tritt alsdann zusammen.
Die Aufregung in unserer Stadt war am gestrigen Sonntage sehr groß. Versammlungen folgten auf Versammlungen, so Nachmittags vom Volksverein. Ein Anschlag rief die Jugend Stuttgarts zu einer
Versammlung bei P. Kolb, wo das frühere Jugendbanner neue Constituirnng beschloß. Die Organisirung fand noch im Laufe des Abends Statt. Abends beriethen die Offiziere der Bürgerwehr wegen ihrer
nunmehr verwais'ten Führerstelle. Die Straßen waren außerordentlich lebhaft, zahlreiche Gruppen waren insbesondere auf dem Marktplatze. Nirgends wurde jedoch die Ruhe gestört. ‒ Heute
ist die Abreise Sr. Majestät und der königlichen Familie nach Ludwigsburg, was die allgemeinste Aufregung hervorbrachte. ‒ Ein Plakat an allen Straßenecken theilt allem Volke die
Stockmar'schen Kammerbeschlüsse mit.
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@facs | 1598 |
Frankfurt, 25. April.
Der König von Würtemberg hat in Alles gewilligt, selbst in die Oberhauptsfrage. Beschlossen war von Seiten der zweiten Kammer in Verbindung mit dem
Ministerium: eine Regentschaft zu ernennen, die erste Kammer aber aufzulösen für den Fall, daß der König nicht nachgäbe.
Die Minister, die sich zum Könige nach Ludwigsburg begeben hatten, erhielten folgende Erklärung:
„Se. Maj. der König von Würtemberg nimmt in Uebereinstimmung mit seinen Ministern die deutsche Reichsverfassung, einschließlich des Kapitels über die Oberhauptsfrage und der im Sinne dieser
Verfassung zu verwirklichenden Lösung derselben sammt dem Reichswahlgesetze, unter der sich von selbst verstehenden Voraussetzung an, daß dieselbe in Deutschland in Wirksamkeit trete. Zugleich soll
der würtembergische Bevollmächtigte in Frankfurt dahin instruirt werden, daß die würtembergische Regierung nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Se. Maj. der König von Preußen, welcher das
Erbkaiserthum nicht annehmen will, unter den vorliegenden Umständen für jetzt mit Zustimmung der deutschen Nationalversammlung an die Spitze Deutschlands sich stellen wird. Ludwigsburg, 24. April
1849. Wilhelm.“