Deutschland.
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] Berlin, 20. April.
Sitzung der zweiten Kammer.
Der Präsident macht die Mittheilung, daß der Abg. Skiba, aus Gesundheitsrücksichten, sein Mandat niedergelegt habe. Die Neuwahl wird angeordnet.
Hierauf verliest der Abg. Vinke den Bericht der Kommission zur Begutachtung des Antrages der Abg. Rodbertus und Genossen, die Deutsche Frage betreffend. Die Kommission hat den Antrag mit 11
gegen 9 Stimmen nicht als dringlich anerkennen können, weil nach Ansicht der Mehrheit zuvörderst das Ergebniß der, in Folge der Circularnote vom 3. d. M. gepflogenen Verhandlungen abgewartet werden
muß, bevor die hohe Kammer zur Abgabe einer Erklärung irgend einer Art genügenden Anlaß erhält. Die Minderheit glaubt grade darin, daß jenes Resultat unbekannt und zweifelhaft ist, eine dringende
Veranlassung finden zu müssen, mit den Ansichten der hohen Kammer vor den Augen des gesammten Vaterlandes in seiner wichtigsten Angelege heit hervorzutreten; sie erachtet dies um so zeitgemäßer als
die in der gedachten Circularnote vorausgesetzte 14tägige Frist abgelaufen ist, binnen welcher die Regierung Sr. Majestät des Königs zur Abgabe einer bestimmten Erklärung in den Stand gesetzt zu sein
meinte.
Rodbertus motivirt die Dringlichkeit seines Antrages mit kurzen Worten, denn, sagt er, wer die Dringlichkeit meines Antrages nicht fühlt, den werde ich auch durch die glänzendste Rede nicht
davon überzeugen. Preußen, welches die erste Regierung hätte sein müssen, die die deutsche Verfassung anerkennt, wird nun die 33ste werden. Auch der von der Majorität der Kommission aufgestellte
Grund, daß zuerst das Ergebniß der in Folge der Circularnote gepflogenen Verhandlungen abgewartet werden muß, ist jetzt weggefallen, da 30 deutsche Regierungen ihre Erklärung in dieser Sache abgegeben
haben.
Camphausen sprich: ein Langes und Breites gegen die Dringlichkeit. Die deutsche Verfassung könne hauptsächlich deshalb nicht anerkannt werden, weil sie das absolute Veto gestrichen, daß es
dem künftigen Reichstage daher leicht sein könne, nicht allein die Erblichkeit der deutschen Kaiser aus der Verfassung auszumerzen, sondern es ist demselben sogar die Möglichkeit gegeben, die
Monarchie auf legalem Wege abzuschaffen. Eine solche Verfassung könne nicht von Preußen anerkannt werden und deshalb erklärt sich der Redner gegen die Dringlichkeit des Antrages.
Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit mit 216 gegen 113 Stimmen angenommen. Die gemäß gte Rechte unter Auerswald und Vincke und die Centren stimmen mit der Linken. Die Polen stimmen
gegen die Dringlichkeit oder enthalten sich der Abstimmung.
Vincke verliest hierauf den Bericht der Kommission, deren Mehrheit der Ansicht ist, daß, als die Deputation der deutschen National-Versammlung dem Könige, auf Grund der verkündigten
deutschen Reichs-Verfassung, die Würde eines Oberhauptes des deutschen Reiches antrug, die Räthe der Krone zur Annahme derselben, unter Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen, hätten
rathen sollen, und beantragt daher:
In Erwägung:
, daß bei den Verwickelungen der Europäischen Verhältnisse und der eigenen Lage des Vaterlandes die baldige Verwirklichung eines, den Erwartungen des deutschen Volkes entsprechenden öffentlichen
Rechtszustandes in Deutschland, dringendes Bedürfniß ist;
daß es Pflicht der deutschen Einzelstaaten ist, zur baldigen Herbeiführung eines solchen Rechtszustandes nach Kräften mitzuwirken;
daß ein solcher Rechtszustand nur dann in kürzester Frist ins Leben gerufen werden kann, wenn die deutschen Einzelstaaten sich der, von der deutschen National-Versammlung beschlossenen Verfassung
nicht entziehen,
erklärt die zweite Kammer:
1) daß sie den in der Circularnote vom 3. April d. J. von der Regierung Sr. Majestät betretenen Weg jetzt in seiner weitern Verfolgung zur baldigen Herbeiführung eines entsprechenden öffentlichen
Rechtszustandes in Deutschland als geeignet nicht erachtet;
2) daß sie vielmehr die Annahme der von der deutschen National-Versammlung Sr. Maj. angebotenen Würde eines Oberhauptes des deutschen Reichs auf den Grund der deutschen Reichsverfassung und unter
Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen als den geeignetsten Weg betrachtet haben würde, und es als wünschenswerth bezeichnen muß, daß auf denselben, mit Rücksicht auf die gegenwärtige
Sachlage wieder eingelenkt werde.“
Vincke fügte seinem Bericht hinzu, wie er sich bitter über das Ministerium und besonders über den Minister der auswärtigen Angelegenheiten beklagen müsse, weil sie diese wichtige, doch
jedenfalls innere Angelegenheiten betreffende Sache, so vernachlässigen, daß es der Minister nicht für angemessen gefunden, der Kommission die gewünschten Eröffnungen zu machen; er schickte vielmehr
einen Legitimationssekretär, der nicht das Geringste mittheilte.
Arnim, Minister der Auswärtigen erklärt, daß er von Amtsgeschäften abgehalten wurde, selbst in der Sitzung der Kommission zu erscheinen, daß er sich aber nicht veranlaßt fühlte, die an
Camphausen ertheilte Instruktion mitzutheilen.
Ministerpräsident Brandenburg nimmt das Wort: In Erwägung der Wichtigkeit der Erklärung des Ministers werden Sie erlauben, daß ich dieselbe ablese.
ad 1) „Die Regierung Sr. Majestät ist sich bewußt, daß sie den von ihr in der Circularnote vom 23. Januar betretenen, von beiden Kammern gebilligten Weg nicht verlassen hat, und daß sie
demselben insgesondere auch in der Circular-Depesche vom 3. d. M. getreu geblieben ist.
ad 2) Die Regierung Sr. Maj. hat von jeher den lebhaften Wunsch gehegt, daß es gelingen möge, alle deutschen Staaten zu einem Bundesstaate zu vereinigen. Sie kann es daher nur schmerzlich bedauern,
daß eine solche Vereinigung in bekannten Verhältnissen für jetzt ein unübersteigliches Hinderniß gefunden hat, und erblickt darin eine Täuschung ihrer eigenen Hoffnungen. Sie würde aber glauben, mit
den von beiden Kammern in den Antwortadressen auf die Thronr de angedeuteten Wünsche in Widerspruch zu treten, wenn sie sich durch die angegebenen Verhältnisse wollte abhalten lassen, ihre
Bestrebungen auf die Bildung eines engeren deutschen Bundesstaats zu richten.
ad 3) Daß die von der deutschen Nationalversammlung beschlossene Verfassung zu ihrer Rechtsgültigkeit der Annahme der deutschen Regierungen bedarf, ist schon öfter und zuletzt in dem Berichte der
Commission überzeugend nachgewiesen. Die Regierung S. Maj. hat in Folge der Circularnote vom 23. Januar im Verein mit vielen andern deutschen Regierungen die von ihr für nothwendig erachteten
Abänderungen der Verfassung, wie sie aus der ersten Lesung hervorgegangen war, zur Kenntniß der deutschen Nationalversammlung gebracht. Sie gab sich der Hoffnung hin, daß es auf diesem Wege gelingen
werde, der Verfassung eine Gestalt zu verschaffen, in welcher sie zur Annahme geeigneter gewesen wäre. Leider! leider ist di se Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen. Die von der Regierung Sr. Maj. in
Gemeinschaft mit andern deutschen Regierungen aufgestellten Erinnerungen sind bei der zweiten Lesung der Verfassung größtentheils ganz! ganz unberücksichtigt geblieben. Dieselbe hat überdies bei der
zweiten Lesung noch einige Abänderungen erlitten, welche die Regierung Sr. Maj. nur für höchst nachtheilig erachten kann. Die Nachtheile, welche demnach mit der Annahme der Verfassung verbunden sein
würden, sind der pflichtmäßigen und gewissenhaften Ueberzeugung des Ministeriums zufolge so überwiegend, daß dasselbe sich außer Stande befindet, Sr. Maj. dem Könige die unbedingte Annahme der in
Frankfurt beschlossenen Verfassung zu empfehlen. Das Ministerium glaubt vielmehr, daß diese Annahme von einigen Abänderungen abhängig gemacht werden muß.“
(Diese Erklärung ist wortgetreu nach stenographischer Mittheilung.)
Der Ministerpräsident fügte noch einige hochtrabende Phrasen hinzu und schloß, „daß das Ministerium die deutsche Verfassung, wie sie jetzt vorliege, niemals anerkennen werde, niemals!
niemals!“
Bismark-Schönhausen, Kleist-Retzow etc. tragen auf Tagesordnung an. ‒ Bismark spricht in einer längern, oft durch ironischen Beifall der Linken unterbrochenen Rede, welche aus den Artikeln
der „Neuen Preußischen“ zusammengesetzt scheint, für die einfache Tagesordnung. Er wolle nicht, daß „sein König“ der Vasall der Meinungsgenossen der H. H. Simon und
Schaffrath werde. Er vertrete die alte Churstadt Brandenburg und finde darin schon ein Motiv gegen den Antrag zu stimmen. Preußen könne auch allein bestehen und Deutschland Gesetze geben, ohne sie von
Frankfurt zu empfangen.
v. Berg spricht kurz gegen die Tagesordnung. „In einer Zeit der allgemeinsten Spannung, wo muthige Manner zum Schwerte greifen, wollen Sie zur Tagesordnung übergehen?“
(Beifall).
Die Tagesordnung wird verworfen. Nur die äußerste Rechte und die Ultramontanen stimmen für dieselbe.
Es werden nun die verschiedenen Amendements und motivirten Tagesordnungen vorgelesen.
Arnim-Boitzenburg gegen den Antrag. Der Redner stützt sich besonders auf die frühern Adressen etc., spricht aber sehr gedehnt und viel schwächer als gewöhnlich, so daß seine Rede nicht den
geringsten Eindruck macht.
Rodbertus: Mein Antrag will der verderblichen Politik des Ministeriums ein Ende machen und es hat mich die Mittheilung des Herrn Ministers, der eine Cabinetsfrage gemacht hat, nur darin
bestärkt. Wir haben heute auszusprechen, welche Politik wir ergreifen wollen, eine wahrhaft deutsche oder undeutsche, damit wir die erkennen, welche die Deutschheit auf den Lippen, aber nicht im
Herzen tragen. Mein Antrag will die Politik des Ministeriums seit dem 23. Januar verdammen: die Politik der Vereinbarung. Diese ist nicht mehr möglich, da die Nationalversammlung nicht mehr
vereinbaren kann. Wir könnten also höchstens wie früher Gegenkaiser, jetzt Gegenverfassungen bekommen. Sie werden dadurch die Meinung erwecken, daß die Einheit Deutschlands nur durch radikalen Umsturz
aller Cabinete erreicht werden kann, das Volk wird den Fürsten nie verzeihen, daß die Einheit an ihrem Widerstand scheitert. Der erste Satz meines Antrages richtet sich gegen die Note vom 3. d. M. Der
2te will keineswegs die Einverleibung Oestreichs, es kann nur in völkerrechtlichem Verbande mit uns sein. Sie werden Rheinland und Westphalen nie verhindern, sich Deutschland anzuschließen, wenn Sie
die deutsche Verfassung verwerfen und Sie werden Preußen alsdann in den nordöstlichen Winkel zurückschrauben. Die äußeren Verhältnisse sind günstig, alle Länder, welche feindlich sein könnten, haben
tiefe Wunden. Auch das Recht ist auf Seite der Anerkennung. Die Mehrzahl des Volkes in allen deutschen Kammern sprach sich dafür aus… Es liegt uns eine Frage vor, fast zu groß für ein
Geschlecht, welches aufgewachsen ist in einem zerrissenen Deutschland und unter der Polizeiwirthschaft. Aber, meine Herren, erheben Sie sich an der großen Vergangenheit zum Niveau der Anerkennung der
deutschen Verfassung. Thun Sie es nicht, so wird Deutschlands und Preußens Stern erbleichen. Gewiß wird er wider glänzen, aber nach so blutigen Krisen, daß wir Alle darin verschlungen werden.
(Beifall.)
Kleist-Retzow in gewohnter Dramburger (Wahlort des Abgeordneten) Beredtsamkeit gegen den Antrag und für Arnims Tagesordnung.
v. Berg für den Rodbertusschen Antrag.
Minister Manteuffel: Der Abgeordnete Berg hat gesagt, man solle nicht mit uns gehen, weil unsere Politik undeutsch sei, wir halten sie für deutsch. Auch wir erkennen die hohe Wichtigkeit
dieser Stunden, wir erkennen die Schwere unserer Verantwortung, aber wir sind auch überzeugt, sie mit Ehren zu tragen ‒ Es ist gesagt worden, wir befänden uns in einem Zustand voller Gefahren.
Es ist wahr. Aber daraus folgt, daß in so gefahrvollen Zeiten Consequenz nothwendig ist, und dieser Weg wird uns auch am Schnellsten zum Ziele führen. ‒ Es ist ferner gesagt worden, Preußen
könne jetzt zugreifen, alle Staaten seien tief verwundet. M. H., wenn es wahr wäre, daß Oestreich so sehr geschwächt ist, das wäre eben ein Motiv für mich mehr, unter keiner Bedingung dahin zu rathen,
daß die Rechte des Kaisers von Oestreich irgend wie verletzt würden. Und wenn mich etwas hätte bewegen können, die Anerkennung der deutschen Verfassung anzurathen, so wäre es die östreichische Note
gewesen. ‒ M. H., während Deutschland zerfiel, hat sich Preußen immer kräftiger erhoben. Wir wollen also dies kräftige, engere Vaterland bewahren, wir wollen es nicht eher aufgeben, bis wir des
ganzen Deutschlands gewiß sind! (Bravo rechts, Zischen links.)
Wollheim für den Antrag Rodbertus.
Graf Schwerin gegen den Antrag und für sein Amendement. Er ergeht sich in ziemlich wohlfeilem Spott und durch und durch schlechten Witzen über die früheren Redner. Bald ist er ganz wieder
der pommersche Bauer, dessen Späße nach der Kneipe, nach Tabak und Schnaps riechen. Die Rechte klatscht Beifall. Er will aber die Anerkennung aus Nützlichkeitsgründen, glaubt jedoch nicht, daß das
Ministerium abtreten müsse, wenn es mit den Ansichten der Kammer nicht übereinstimme. Er kritisirt die deutsche Verfassung, und meint unter Anderm, das Volk sei beim allgemeinen Wahlrecht eine Heerde
etc. etc. ‒ Der Schluß der Debatte wird angenommen.
Schulze (Delitzsch) als einer der Antragsteller meint, die Wähler des Hrn. Grafen würden ihm dankbar sein, daß er sie, welche ihn gewählt haben, eine Heerde nenne. ‒
Es giebt ein geschichtliches Recht, das der Nothwendigkeit und das muß anerkannt werden. Haben nicht die Fürsten ihre Souveränetät aus dem Verfall der alten Reichsverfassung? Möge das Wort,
welches uns vom Ministertisch zugerufen wurde, das dreimalige „Niemals“ nicht ein gleiches Schicksal haben, wie das 1847 auf dem vereinigten Landtage. Solche Worte weht der Hauch
der Geschichte hinweg. ‒ Die Geschichte der letzten Jahrhunderte zeigt einen fortwährenden Verrath der Cabinete an den Völkern. Findet der auch jetzt statt, so wird Deutschland entweder
erstarren wie das himmlische Reich der Mitte oder es wird sich blutig erheben. Schützen Sie sich wenigstens vor der Mitschuld an der schwersten Sünde vor dem an dem Volk begang nen Verrath!
Vinke, als Referent. Ich bin heute in der eigenthümlichen Lage mit den Abgg. zu stimmen, mit welchen ich sonst nicht zu stimmen pflege und gegen die, mit denen ich in andern Fragen auch
ferner übereinzustimmen hoffe. Er beweist aus dem Protokoll des Bundestages, daß an keine Octroyirung von Seiten der Regierungen gedacht werden darf und daß nichts übrig bleibe als die deutsche
Verfassung, so wie sie jetzt ist, anzuerkennen. ‒
Endlich kommt man zur Abst mmung. Alle Amendements werden verworfen, nur der 3. Satz des Antrags Rodbertus:
„Daß die Kammer vielmehr ihrerseits die von der deutschen National Versammlung vollendete Verf., so wie sie nach zweimaliger Lesung beschlossen worden, als rechtsgültig anerkennt und die
Ueberzeugung hegt, daß eine Abänderung derselben nur auf dem von der Verfassung selbst vorgesehenen Wege zulässig ist,“
wird mit 175 gegen 153 Stimmen angenommen.
(Schluß der Sitzung.)
Zu dem Antrage der Abgeordneten Rodbertus und Genossen.
Graf Arnim und Genossen: Die hohe Kammer wolle beschließen:
I. In Erwägung,
a. daß nach dem Bundesbeschluß vom 30. März und 7. April v. J. und dem Mandate der preußischen Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung der Weg der Vereinbarung zwischen ihr und den
Regierungen zur Herbeiführung eines öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland vorgezeichnet war,
b. daß, nachdem die Adresse der Kammer vom 13 März die Bildung eines engeren Bundesstaates bis zur Vereinigung aller deutschen Staaten in denselben begehrt, die Kammer denselben nicht für eine
Täuschung der Erwartung Deutschlands erklären kann,
c. das aus dem sub a angeführten Grunde die deutsche Verfassung ohne die Zustimmung der Regierungen der Einzelstaaten in diesen nicht rechtsgültig ist,
geht die Kammer über den Antrag der Abgeordneten Rodbertus und Genossen, und
II. In Erwägung,
a. daß die sämmtlichen deutschen Regierungen, welche sich bis jetzt für die Uebertragung der erblichen Würde des Oberhauptes des Bundesstaates auf die Person Sr. Majestät erklärt haben, in ihrer
Kollektivnote vom 14. d. M. in Beziehung auf den in der Cirkularnote vom 3. April betretenen Weg ausdrücklich ihre höchste Anerkennung des Verfahrens der preußischen Regierung ausgesprochen haben;
b daß die Einlenkung in den Weg einer Annahme dieser Würde unter Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen gegenwärtig schon aus dem Grunde unthunlich ist, weil 29 Regierungen
offiziell ihre Erklärungen bereits abgegeben haben;
c. daß endlich vor einer weiteren Aeußerung der Kammer die Mittheilung der Regierung über den Erfolg der Verhandlungen ihres Bevollmächtigten in Frankfurt abzuwarten ist,
geht die Kammer über den Antrag der Kommission zur Tagesordnung über.
Graf v. Arnim. Frhr. v. Kleist (Schweinitz). Urlichs. Küpfer. Schwarz (Lublinitz, Gr Strelitz). v. Plotz. Meyer (Friedeberg). Scheidt. Bodelschwingh. v. Meusebach. v Bismark. Sack. Graf Poninski
(Löwenberg). Hoeppe Keller. Elwanger. Breithaupt. v. Heidenreich. Leonhardt. Wallmuth. v. Werdeck. v. Dewitz. Peltzer (Lennep). Krahn. Ambronn. Kellner. v Bülow. v. Kleist-Retzow. v. Griesheim. v.
Rabe.
Amendements zu dem dringlichen Antrage des Abgeordneten
Rodbertus.
Für den Fall, daß die hohe Kammer die Dringlichkeit dieses Antrages anerkennen sollte, möge dieselbe beschließen:
In Erwägung,
daß Se. Majestät der König in der der Deputation der deutschen National-Versammlung ertheilten Antwort die ihm angetragene Uebernahme der Würde eines Oberhauptes an die Bedingung des freien
Einverständnisses der deutschen Regierungen geknupft; das königl. Staatsministerium aber in der Cirkularnote vom 3. d. M., dies näher erläuternd, ausdrücklich erklärt, daß Se. Majestät der König
bereit sei, an die Spitze desjenigen deutschen Bundesstaates zu treten, der aus den Staaten sich bildet, welche demselben aus freiem Willen sich anschließen,
in fernerer Erwägung aber,
daß die überwiegende Mehrzahl der deutschen Regierungen in Folge der durch die oben erwähnte Cirkularnote von Seiten Preußens an sie ergangenen Aufforderung nicht nur sich bereit erklärt hat, die
von der deutschen National-Versammlung beschlossene Verfassung unverändert anzunehmen, sondern auch ihr freies Einverständniß dahin zu erkennen gegeben hat, daß Se. Majestät der König die ihm auf
Grund dieser Verfassung angetragene Würde eines Oberhauptes des deutschen Bundesstaates annehmen möge, und
in endlicher Erwägung,
daß bei den Verwickelungen der europäischen Verhältnisse und der eigenen Lage des Vaterlandes die baldige Verwirklichung eines den Erwartungen des deutschen Volkes entsprechenden Rechtszustandes in
Deutschland dringendes Bedürfniß ist,
erklärt die Kammer, daß sie nunmehr den Augenblick für gekommen erachtet, in dem auch von Seiten Preußens die Annahme der deutschen Verfassung erfolgen könne; so wie, daß sie demnach den Wunsch
hege, daß Se. Maj. der König sich der Uebernahme der ihm von Seiten der deutschen National-Versammlung und der deutschen Regierungen auf Grund dieser Verfassung angetragenen Würde eines erblichen
Oberhauptes des deutschen Bundesstaates nicht länger entziehen wolle.
Graf v. Schwerin. Krause. Hartmann v. Hagen. Hei
[unleserlicher Text]e (Cammin). v. Ramin v. Wedell. Asch. Ebert. Stolle. Koegel. Stiehl. Stettin. Treplin. v. Negelein. Poppeburg. Boltze. Kießling. Moecke. Jordan.
Seiffert. Ostermann: Harkort. Graf Zieten. Müller (Siegen). Menzel. Troska. Thiel (Lennep). Etzdorf. v. Münchhausen.
[1582]
ad 3, hinter die Worte „zulässig ist“ zu setzen:
und den dringenden Wunsch ausspricht, daß die Staatsregierung diese Verfassung gleichfalls als rechtgültig anerkenne, und Se. Majestät der König auf Grund derselben die erbliche Kaiserwürde
annehmen wolle.
Berlin, den 20. April 1849.
v. Salzwedell. v. Rohrscheidt. Schörplenberg. Hatzfeldt. Immermann. Daubert. Klein. Wentzel (Ratibor). Graf Hompesch. Fritsch. Naumann. Heyland. Koerber. Reuter
Im Abschnitt 3 nach den Worten ‒ „beschlossen worden“ ‒ folgenden Passus einzuschalten:
unbeschadet der dem Großherzogthum Posen durch die Verträge vom Jahre 1815 und königliche Verheißungen garantirten besonderen Rechte.
Berlin, den 20. April 1849
Libelt. Lisiecki. Wedzicki. Lipski. Poninski (Wreschen). Kaliski. Janiszewski. Piegsa. Cybulski. Sulerzyski. Schaffranck. Palacz. Jackowski. Szumann. Richter (Berent, Stargard). Mielzynski.
Bartoszkiewicz.
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@facs | 1582 |
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61
] Wien, 18. April.
Aus nachstehendem Aufruf an die k. k. Armee in Ungarn vom Oberkommandanten Welden ersieht man, wie auf die niedrigste Weise er seine Feinde, die
Ungarn, schimpft und schmäht, sie das Spielwerk feiler Polen nennt, vom Brennpunkte der ungarischen Bewegung, Kossuth, gänzlich schweigt, von Kampf auf Leben und Tod poltert, und dennoch wie ein
Ohnmächtiger, diesem gehaßten Feinde gleich darauf versöhnend die Hand, dem irregeleiteten Bruder bietet.
„An die k. k. Armee in Ungarn!
Mit der Führung der militärischen Operationen der Armee in Ungarn von Sr. Majestät beauftragt, wird es die einzige Aufgabe meines Lebens bleiben, mich des Vertrauens unseres geliebten Kaisers
würdig zu zeigen.
Mit Vertrauen trete ich auch unter Euch, meine braven Kriegsgefährten! Wird doch mein ganzes Wirken nur durch Eure Mithülfe bedingt; sie besteht in der Intelligenz, Umsicht und Entschlossenheit der
einzelnen Führer, vorzüglich dort, wo sie selbstständig zu handeln haben; in dem Muthe, der unbegränzten Hingebung von Seiten der Offiziere und der Mannschaft. Doch zu wem spreche ich? Ihr seid ja
Oesterreichs tapfere Soldaten, getreu in Noth und Tod, vom Ticino bis an die Donau dieselben von der halben Welt angestaunten Helden, die mit ihrem Herzblute die Monarchie gerettet.
Ihr könnt nur siegen oder sterben! Es ist die gerechte Sache, für welche wir fechten, und der Himmel wird sie nicht untergehen lasse.
Seht! was uns gegenübersteht; es sind verruchte Bösewichter; der Auswurf aller Völker, die eine ganze Nation betrügen und ihren selbstsüchtigen Plänen opfern, die ein gesegnetes Land, das sonst
edle Ungarn, jetzt das Spielwerk feiler Polen, auf ein Jahrhundert in eine Wüste verwandeln. Mit ihnen also Kampf auf Leben und Tod! versöhnend aber noch einmal die Hand dem irregeleiteten Bruder
geboten.
Bisher konnte der Krieg in Ungarn noch nicht so erfolgreich geführt werden, als es der heiße Wunsch des hohen Führers war, der die edelsten Proben unbegränzter Hingebung für den Staat gegeben; denn
je ausgedehnter die Landesstrecke wurde, welche die Armee bei ihrem Vorrücken zu besetzen hatte, destomehr mußten unsere Streitkräfte jenen des Feindes nachstehen, als auch die bereits eroberten
Punkte bei der noch immer durch die Rebellen erhaltenen Aufregung besetzt bleiben mußten.
Dagegen konnte der Feind sich nach allen Richtungen hin unbesorgt bewegen; er fand überall Verräther, welche die schlechte Sache unterstützten, und erhielt so selbst Auskünfte über unsere Pläne; in
der Wahl der schändlichsten Mittel nie verlegen, Raub und Mord in seinem Gefolge, wußte er durch Schrecken selbst die Friedlichsten zur Beihülfe zu zwingen.
So bestehen wir, die wir nur auf der Bahn des Rechtes und der Ordnung vorgehen wollen, einen ungleichen Kampf, und doch, wir müssen siegen, wir setzen ja unser Leben, und was noch mehr ist, unsere
Ehre ein!
Darum vorwärts! Meine getreuen Kameraden! Dies sei unser Wahlspruch!
Welden,
Feldzeugmeister und Armee-Oberkommandant.