Französische Republik.
@xml:id | #ar274_012 |
@type | jArticle |
@facs | 1548 |
[
12
] Paris, 14. April.
Endlich tritt auch der National mit seinem Manifeste auf. Und was ist der Inhalt dieses Manifestes? Der National preis't sich den Wählern, und
den Wählern seine Constitution an. Der National will gewählt werden. Welcher National? Der National von 1834? Nein; der National von 1848; der National des Cavaignac, und der Cavaignac des National.
Gut. Was sind seine Titel? Die Republik und die Constitution, beide, angeblich, von ihm begründet. Auch gut! Und was hat die Republik und die Constitution den Franzosen gebracht? Die Verjagung der
Könige und die Organisation des öffentlichen Beistandes! Die Verjagung der Könige; das ist offenbar die Anerkennung der Republik. Der National, wie sich von selbst versteht, erkennt die
Republik an, die Cavaignac'sche Republik, und greift das Manifest der Rue Poitiers an, weil die Rue Portier mit keinem einzigen Worte der Republik erwähnt, und den Cavaignac bereits aus der
Liste der Wahlkandidaten gestrichen hat. Mit der Rue Poitiers haben National und Cavaignac völlig gebrochen. Aber was ist zu thun mit der demokratisch-sozialen Partei? Der National erwähnt ihrer mit
keinem Worte, und deßungeachtet schmiegte er sich bereits dieser Partei an. Die Constitution bewilligt die «assistance», das heißt, den Bettelbeistand; die demokratisch-soziale Partei
verlangt «le droif au travail», das Recht auf Arbeit, das heißt, die Anwaltschaft auf Arbeit: und der National, der die Constitution so zu sagen verfaßt und in der Kammer durchgebracht
hat, dringt auf Organisation des öffentlichen Beistandes. Der organisirte Beistand aber, ist das etwas anderes als eine Concession, die der National dem Recht auf Arbeit macht, als das
Geständniß, daß die Rue Poitiers ihn sammt seiner Constitution und seinem versprochenen „Beistande“ soviel wie möglich entfernt halten will?
Wie ganz anders die Montagne! sie spricht sich geradezu gegne die Constitution aus; sie ist zu der Erkenntniß gelangt, daß Paris gerade es ist, welches in Mailand, in Pesth, in Wien, Warschau und
Berlin gebrandschatzt wird: sie dringt daher vor allen Dingen auf bewaffnete Intervention, und in Betreff der innern Politik auf das Recht auf Arbeit, welches sie obenanstellt. Die Zurückzahlung der
Fünfundvierzigcentimensteuer ist nur eine Umschreibung der Zurückforderung der Milliarde, und auch hierin tritt sie dem National schnurstracks entgegen, der weder des Einen noch des Andern gedenkt.
Wir haben also außer dem Programm der social-demokratischen Partei noch ein besonderes Manifest der Montagne. In diesem Manifest erklärt der Berg, daß er kein Wahlcomite konstituiren werde. So wie die
Partei des National unendliche Konzessionen dem Berge macht, ohne daß der Berg sich zur Reciprocität veranlaßt sieht, so ist der Berg seinerseits wieder genöthigt, eben so große Konzessionen der
Volkspartei, dem eigentlichen Proletariate zu machen, den Anhängern von Raspail, Blanqui und Barbès, um seine Chancen bei der bevorstehenden Wahl nicht zu verlieren. Die Politik der
konstituirenden Versammlung ist in diesem vom ganzen Berge unterschriebenen Manifeste gehörig gewürdigt: „Sie war schwach nach Außen, und heftig, grausam nach Innen.“ Woraus bestand die
Kammer? Aus Korkmännern, die, nachdem sie durch die Revolution in den Abgrund geschleudert waren, wieder an die Oberfläche des Wassers zu schwimmen kamen, weil die Männer der Revolution vergessen
hatten, ihnen ein Gewicht unter die Füße zu binden. Welch ein Glück übrigens, daß diese Kammer nun zu Ende ist: am Vorabende ihrer Auflösung wird darüber diskutirt, ob man den obgedachten Pairs und
Kammerherren eine Pension, die geringste von 24,000 Fr., fortan noch zahlen soll, und der Finanzminister sieht hierin eine Menschlichkeitsfrage. Zu Paris sind 300,000 Proletarier dem Elende Preis
gegeben; aber diese haben das Unglück, nicht so „interessant“ zu sein, wie Leute, die den Marschall Ney haben niederschießen lassen, und die von dem Auslande bezahlt werden! Die Kammer,
mit einer kleinen Reduktion, hat die Pension diesen Elenden fernerhin bewilligt. „Heraus mit der Milliarde“! „Nieder mit den Windischgrätz's“, so ertönt es bereits
außerhalb der Kammer, und die Kammer bleibt taub!
Die erfreulichste Erscheinung ist ohne Zweifel das Manifest des Hrn. Guizot: Zehn Seiten Aergerniß für Hrn. Thiers! Welch ein Schlag für die Rue Poitiers! „Guizot à ses amis!«
Also Guizot hat Freunde außer der Rue Poitiers, und die Rue Poitiers, mit Duvergier de Haurannne sehen in Herrn Guizot einen Feind „ihrer Freunde!“ Guizot will „heilen,“
und „wenn meine Freunde meine Anwesenheit in der Kammer für nützlich halten, so bin ich bereit.“ Guizots Freunde sitzen in der Rue Poitiers, und Thiers sitzt unter ihnen! „Es
handelt sich nicht darum, eine gewisse äußere Satisfaktion der Nothwendigkeit des Einverständnisses zwischen allen Männern der Ordnung zu geben, und dann unter dem Mantel dieses großen Friedens die
Zerwürfnisse, alle großen und kleinen Kriege fortzusetzen!“ Guizot ist ein Tölpel geworden, ungeachtet aller Feinheit seiner Sprache, ungeachtet der schlauen Sprachwendung, mit welcher er auf
seine Stellung zu der Rue Poitiers hinweist. Für Guizot giebt es keine andern „großen Kriege“ als der Krieg mit Thiers! Die alte Marotte tritt als fixe Idee zum Vorschein. Der Krieg
zwischen Thiers und Guizot; die Wahlbewegung und der Kampf in Italien hat für ihn keine andere Bedeutung. „Die Ordnung ist tiefer angegriffen, als man glaubt; es kömmt in diesem Augenblick
hauptsächlich darauf an, daß die Partei der Ordnung sich organisirt. Alle Welt sagt das; aber wenige wissen, was diese Worte bedeuten und erheischen. Die Ordnung ist angegriffen von passionirten,
unermüdlichen unersättlichen Revolutionairen.“
Als die Rue Poitiers über die Kandidatur des Hrn. Guizot befregt wurde, da waren es die Herren Thiers und Berryer, welche die superbe Erklärung der Neutralität vorschoben und so Guizot auf eine
glänzende Weise abfahren ließen. Wie antwortet Guizot darauf?
„Die Annährungen stellen sich von selbst zu Wege, man möge sie suchen oder nicht, man möge sie eingestehn oder verschweigen.“ Also immer Thiers und immer Thiers!
Den Thiers „abzufertigen“ und die Ordnung herzustellen ‒ das ist der ganze Inhalt des Manifestes. „Das Publikum, heißt es im Manifeste, weiß dieses, und in seinem großen
Instinkte, handelt es ganz konsequent mit diesem Prinzip. Warum hat das Publikum den General Cavaignac nicht zum Präsidenten erwählt? Hat der General Cavaignac nicht zu Gunsten der Ordnung die
entscheidenste Schlacht gewonnen? Der General Cavaignac ist ein honorabler Mann; aber der General Cavaignac, sei es durch die Persönlichkeit seiner Freude, oder auch durch seine eigene Persönlichkeit,
erschien dem Volke nicht als das Repräsentant der Ordnung. Keineswegs undankbar, aber klar und hell schauend hat das Volk sich von ihm abgewandt, um sich in Masse um einen Namen zu gruppiren, der ihm
als das Symbol der Ordnung und der Macht im Gedächtnisse geblieben ist.“ Guizot lobt Napoleon, und schlägt auf Cavaignac und meint alle Welt, und Thiers in's besondere! Aber wie lobt
Guizot den Napoleon?
„Drie ersten Regierungen haben in Frankreich existirt; das Kaiserreich, die Restauration und die Monarchie von 1830; alle drei, die gedauert, haben die Begriffe von Ordnung dem
Volke leguirt“. Diese drei Regierungen sind „ernst“ gewesen; die jetzige Regierung ist keine ernste! Von der Republik kein Wort. Guizot bereut seine früher befolgte Politik
nicht; er giebt zu, daß er Fehler begangen haben kann; aber im Ganzen sei sie gut gewesen, gut für den Fortschritt und die Ordnung. Guizot's Manifest ist die Tölpelhaftigkeit, in der
reinsten Sprache ausgedrückt. Es ist von Brompton aus datirt, aus derselben Vorstadt London's, wo Harncy wohnt, und den Northern Star redigirt.
@xml:id | #ar274_013 |
@type | jArticle |
@facs | 1548 |
Paris, 14. April.
Keine Journale aus Genua, Florenz, Rom und Neapel.
‒ Alle Morgenblätter wiederholen die angeblich telegraphische Depesche von der Capitulation Genua's. „Temps“ fügt hinzu: Wir fürchten, daß an dem Tage (11.), wo die
Lantarmora'schen Truppen in die Stadt treten sollten, noch Ströme von Blut flossen.
Graf v. Randwyck überreichte dem Präsidenten der Republik die Papiere, welche den Thronwechsel im Haag anzeigen.
Gleichzeitig hatte Hr. von Thoun und Gioberti die Ehre, von Drouyn de Lhuys in das Elisée geführt zu werden.
‒ Gestern hat sich Ledru-Rollin mit dem durch seine Arroganz genügend bekannten Legitimisten Denjoy geschossen. Nach dem ersten fruchtlosen Pistolengange erklärten die Zeugen: Felix Pyat,
Baraguay d'Hilliers, Joly und v. Lauffat, die Ehre gerächt und der Kampf wurde eingestellt.
Das Duell hatte in der jüngsten Wahlpolizeidebatte seinen Anlaß.
‒ E. Raspail, der sich verborgen hält, hat den berüchtigten Point zwei Mal vergebens gefordert. Die Zeugen desselben lehnen jedoch jede Genugthung mit den Waffen ab und wollen laut der
Erklärung eines Ehrenraths in den heutigen Morgenblättern die Rache dem Pariser Zuchtgerichte überlassen.
‒ Der Pariser Affissenhof verurtheilte gestern den „Peuple“ in der Person des Geranten Duchene abermals zu fünf Jahren Gefängniß und 6000 Franken Geldstrafe ‒ par
defaut.
‒ Der Pariser Gerichtshof hat die Volksbank versiegeln lassen.
‒ General Pelet Chef des Generalstabes und ehemaliger Adjutant Masséna's, protestirt im Courrier Français gegen die Aechtheit der jüngst im Buchhandel erschienenen
Memoiren aus den Feldzügen des Marschalls Masséna.
‒ Der Ausschuß, den die Nationalversammlung zur Begutachtung des Faucherschen Antrages rücksichtlich des Preßgesetzes niedersetzte, soll sich für eine Herabsetzung der Journal-Caution auf
die Hälfte des bisherigen Betrages, also für eine Caution von 12000 Frk. (statt 24000 Frk.) ausgesprochen haben, doch können wir diese erfreuliche Nachricht nicht verbürgen.
‒ Aus Lyon nichts Neues. Es wäre denn die Entrüstung der dortigen konservativen Organe über die Ausweisung eines preuß. Prinzen aus Genf.
‒ Aus Marseille sahen wir keine Journale.
‒ Dem Vernehmen nach arbeitet man im Ministerium an dem Plane einer systematischen Proletarier-Uebersiedlung nach den Colonieen Guadeloupe und Martinique, wie dies im vorigen Jahre nach
Algerien der Fall war.
‒ Der Moniteur veröffentlicht heute die Liste der unterstützten Schriftsteller. Wir erblicken darunter auffallend viele Namen deutschen Ursprungs.
‒ Der Moniteur bringt uns den Wochenbericht der großen Bank vom 5. zum 12. April. In dieser Epoche ist der Pariser Wechselverkehr von 51,695,883 Frs. 86 Cent. abermals auf 50,292,321 Frs. 76
Cent. gesunken, und die Ziffer der leidenden Papiere auf 7,103,543 Frs. 34 Cent. stehen geblieben.
‒ Auch Bugeaud tritt unter die Buschklepper, die den Sozialismus zunächst auf literarischem Wege bekämpfen. Die sämmtlichen conservativen Blätter verkünden mit vollen Backen den Verkauf
einer Broschüre:
„Le Socialisme et le travail en commun, vom Marschall Bugeaud, Herzog von Isly.“ 100 Exemplare für 8 Franken (einzeln 2 Sous.)
‒ In Lyon ras't die Gerichtsgewalt gegen die sozialistische Zeitungspresse nicht minder als hier in Paris.
[1549]
Peuple Souverain und Le Republicain sind nicht nur verfolgt, ondern sogar wie weiland La Presse von Cavaignac eingesiegelt worden.
Huber richtet heute aus der Conciergerie im Journal „Revolution“ eine erste Widerlegung der Monnier'schen Verdächtigungen.
‒ Dr. Lacambre, der mit Hülfe der Schwester Blanqui's aus dem Gefängniß entwich, ist gestern vom zweiten Kriegsgericht in contumaciam zur Deportation wegen Complicität am Junisturme
verurtheilt worden. Die Deportation zieht bekanntlich den politisch-bürgerlichen Tod nach sich.
‒ Vom Bischof Dupuch ist eine Broschüre zu Gunsten der Befreiung Abd-el-Kader's aus seiner Gefangenschaft im Schlosse St. Amboise erschienen.
‒ General Aupick, unser Vertreter in Konstantinopel, dringt auf Verstärkung unseres dortigen Geschwaders, in Voraussicht auf die Ereignisse, die sich am Bosphor zu bereiten scheinen.
‒ Guizot erläßt aus Brompton den 6. April unter der bescheidenen Ueberschrift: «M. Guizot à ses amis» eine Art Wahlmanifest, mit dem Sie die Debats morgen überraschen
werden. Cavaignac ist darin ein homme honorable genannt und die Nothwendigkeit vollständiger Einheit aller Konservationen dargethan. Hr. Guizot sieht übrigens den Klassenkampf mit
Riesenschritten herannahen.
‒ Temps vom 13. April erzählt einen Plan der Bewohner der Reunion's- (Bourbon) Insel, Madagascar zu republikanisiren. Der Gouverneur der englischen Moriz-Insel habe sich dem
Unternehmen energisch widersetzt und sei deshalb mit den französischen Inselverwaltern Sarda-Carriga und Fevries-Desponites in Zank gerathen.
‒ Die Journale aus Rom, Florenz und Genua fehlen in Paris wieder.
‒ Aus Turin vom 9. April erhalten wir das letzte Bülletin Lamarmora's, welches vom Laternenthore bei Genua daiirt ist. Es trägt das Datum 6. April. Ein Bombardement der Stadt hatte
nicht stattgefunden. Nur Hohlkugeln wurden aus den Haubitzen in die Stadt geschleudert; dagegen war das Gewehr- und Kartätschenfeuer sehr stark. Am 6. Nachmittags wurde ein Waffenstillstand
geschlossen, der bis zum 8 Nachmittags 2 Uhr dauern sollte. Inzwischen reiste eine Deputation nach Turin ab, die wirklich hier eintraf und vom König empfangen wurde. Man kennt die Bedingungen des
Waffenstillstandes. (S. die gestrige Nummer). Victor Emanuel will von der allgemeinen Amnestie nur 12 Insurgentenhäupter und alle Deserteure ausnehmen (!!), so wie die Privatverbrecher etc. Damit der
Genueser Gemeinderath diese Antwort gehörig überlege und sich Lamarmora's halbtodte Truppen sammeln und erholen können, wurde der Waffenstillstand bis morgen (10.), Mittags 2 Uhr, verlängert.
Lamarmora fürchtet einn Bauernaufstand im Rücken.
National-Versammlung. Sitzung vom 14. April. Lamoriciere, einer der Vicepräsidenten, eröffnet die Sitzung mit dem Schlage 12 Uhr. Die Gallerien sind zahlreich mit Damen besetzt, weil sie auf
die Viktor Considerant'schen Expektoratin[unleserlicher Text]en, über die Staatsgefahr, neugierig.
An der Tagesordnung befindet sich jedoch zunächst die Erneuerung der Präsidentenwahl.
Das Geheime Skrutinium wird eröffnet.
Nachdem dies vollendet, schreitet das Haus zur Fortsetzung des Skrutiniums fur die Staatsräthe.
Dasselbe dauert bis 2 Uhr. Die Huissiers tragen die Urnen wieder in einen Rebensaal und die eigentliche Sitzung beginnt.
Lamoriciere verliest eine Menge Urlaubsgesuche. (Bewilligt.)
Considerant erscheint auf der Bühne, um seine Interpellationen an den Minister des Innern zu richten. (Ah! Ah!)
Stimmen rechts: Warten Sie doch noch. Es ist ja kein Minister auf seinem Platze!
Links: Sprechen Sie! Sprechen Sie!
Considerant: Meine Interpellaiionen sind in der That nicht persönlicher Natur; sie richten sich nicht an diese oder jene Person des Ministeriums, sie beziehen sich vielmehr auf die Gefahren,
welche die Gesellschaft umlagern. (Ah! Ah!) Ich werde so gedrängt wie möglich sein. (Sehr schön!) Glauben Sie nicht, daß ich indessen in Einer Sitzung darlegen werde, was ich früher in vier Sitzungen
darzulegen beabsichtigte. (Hohngelächter.)
Stimmen links: Tagesordnung!
Considerant: Leon Faucher, gegenwärtig noch nicht auf seinem Platze, hat den Socialismus eine Pest genannt und ihn als Quelle aller Gefahren dargestellt. Sein akademisches und offizielles
Ansehen mag groß sein. (Lärm.) Aber erlauben Sie mir, Ihnen zu beweisen, daß eben nur durch gehörige Anwendung des Socialismus allein die Union und Prosperität hergestellt werden kann …
Stimmen rechts: Tagesordnung!
Considerant: Mein Socialismus ist ein Socialismus des Friedens, der friedlichen Staatsformation u. s. w. (Unterbrechung durch starkes Ah! Ah!) Zunächst will ich die Grundlage der
Gesellschaft beleuchten. Der Redner tritt nun in eine Beleuchtung des feudalen Staatsgebäudes und kommt zu dem Schlusse, daß in der heutigen gesellschaftlichen Ordnung Anarchie herrsche. Der Redner
beweist diese Anarchie vorzüglich in der Industrie, in der Stellung des Kapitals, gegenüber der Arbeit; untermischt mit dem bekannten Concurrenzjammer u.s.w. Aus dieser Anarchie müssen bald
Bürgerkrieg (Klassenkampf) entspringen: den wolle er vermeiden. Hier zieht der Redner ein Heft, in rothes Marokin gebunden, hervor und beginnt Phalansterianismus zu lesen. (Allgemeines Stöhnen im
Saale. Viele Glieder verlassen ihre Plätze.)
Lamoriciere: Ich benutze diese Gährung, die den Redner am Fortfahren hindert, um Ihnen das Präsidialwahlresultat mitzutheilen. Es stimmten 622 Glieder. Davon erhielten Marrast 417 und
Dufaure 95 Stimmen. Mithin proklamire ich Marrast wieder zum Präsidenten!
Considerant liest jetzt fort unter allgemeinem Geplauder und bei leeren Bänken und schließt endlich mit folgendem Vorschlage: „Leihen Sie mir 12 bis 1600 Hektaren Landes, um ein
Phalansterium (an den Thoren von Paris?) anzulegen und Ihnen meine Theorien zu verwirklichen. Sie (der Staat) tragen die Kosten und wenn diese Probe nicht gelingt, so können Sie mich mein Lebenlang in
das Narrenhaus zu Charenton einschließen. (Olympisches Gelächter.) Diese Kosten werden nicht so hoch kommen, als das Ministerium gegen den Socialismus vergeudet (!). Folgen Sie meinem Rathe nicht, so
prophezeihe ich Ihnen, daß Sie 1850 nicht erreichen, ohne die alte Gesellschaft in einem Meer voll Feuer und Blut untergehen zu sehen. (Agitation.)
Was uns (Fourieristen) betrifft, so werden wir fortfahren, durch die Feder, das Wort und die Predikation zu wirken. Ich trage auf Errichtung eines Fortschritts- oder Experience-Ministeriums an, das
in 2 Divisionen zerfiele, von denen sich die Eine mit Prüfung aller industriellen, die Zweite mit Lösung der socialen Fragen und Propositionen zu beschäftigen habe. Der Conseilpräsident ist mit
Ausführung dieses Entwurfs beauftragt. (Hohngelächter.)
Desjobert folgt dem erschöpften Phalansterianer auf der Bühne. Die Gesellschaft sei auf die Religion, Familie und das Eigenthum gebaut und wolle und dürfe sich in keine Kaserne
(Phalansterium) einsperren lassen. (Beifall zur Rechten.)
Considerant will antworten.
Lamoriciere: Erlauben Sie, daß ich die hinzugewählten Staatsrathsglieder proklamire. Es erhielten die nöthige Majorität: Tournouer, Chasseloup, Laubat, Elie Loysel und Lasteyrie.
Considerant widerlegt den Desjobert. Man habe alle Neuerer für Narren gehalten. Er weist auf Newton hin. (Genug! Genug!)
Taillefer citirt die verunglückten Versuche der Phalansterianer und Communisten in Algerien zum Jubel der Rechten.
Pierre Leroux entgegnet, daß diese Versuche unter den gegebenen Verhältnissen mißglücken mußten und obgleich er keineswegs mit den Ansichten Considerant's übereinstimme (Ah! Ah!), so
unterstütze er doch den gemachten Antrag. Der Redner weist auf das Beispiel des Ideenkriegs des vorigen Jahrhunderts und hält eine feurige Rede zu Gunsten der Freiheit, Gleichheit und
Brüderlichkeit.
Die Versammlung verräth aber die größte Ungeduld und trennt sich um 6 Uhr ohne alles Votum.