[1439]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 256. Köln, Dienstag, den 27. März. 1849.
@typejExpedition
@facs1439
Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte, Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
@typejExpedition
@facs1439
Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.
Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.
@typejExpedition
@facs1439
Avis für unsere süddeutschen Abonnenten.
Mehrere süddeutschen Postbehörden weigern sich 1/4 jähriges Abonnement auf die „Neue Rh. Ztg.“ anzunehmen, und verlangen von den Bestellern Vorausbezahlung auf ein halbes Jahr. Namentlich ist dies in Darmstadt und Höchst vorgekommen.
Wir erklären unseren süddeutschen Abonnenten, daß die auswärtigen Abonnementsgelder nur quartaliter bei der Kölner Post eingehen, und daß sie den Vorschuß, den sie den Darmstädter und Höchster Postbehörden zahlen, als eine Zwangsanleihe des verkommenen Thurn- und Taxischen Reichsschnecken-Industrie-Geschäfts ansehen mögen.
Die Expedition.
@typecontents
@facs1439
Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Die schlesische Milliarde.) Jülich. (Militärverfolgungen) Essen. (Der Stadtrath.) Berlin. (Vermischtes ‒ Kammersitzung.) Liegnitz. (Der 18. März.) Breslau. (Die Suspension der Bürgerwehr.) Danzig. (Kroatenscenen.) Dresden. (Zweite Kammer) Frankfurt. (Nationalversammlung. ‒ Curiosum. ‒ Ministerialaussichten) Wien. (Die drei neuen Gesetze.)
Italien. Rom. (Neue Grundbesitzregister. ‒ Liquidation der Jesuitengüter.) Florenz. (Zwangsanleihe.) Neapel. (Verhaftung von Deputirten.) Como. (Bewaffnung der Bürgerwehr.) Mailand (Radetzki'sche Bürgerwehr.) Turin. (Rüstungen)
Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz. ‒ Die serbischen Verwicklungen.) Aus Siebenbürgen. (Kroatenwirthschaft)
Franz. Republik. Paris. (Das Klubgesetz. ‒ Willich verhaftet. ‒ Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.) Bourges. (Prozeß.)
Amerika. New-York. (Kongreßverhandlung.)
Deutschland.
@xml:id#ar256_001
@typejArticle
@facs1439
[ * ] Köln, 26. März.
Aus den schlesischen Blutströmen, die von 1813-15 für den wankenden Thron der Hohenzollern so reichlich vergossen wurden: keimte bald nach dem Frieden eine köstliche Saat hervor. Statt Befreiung verdoppelte Knechtschaft, statt Erleichterung steigende Ueberbürdung. Fortdauer der alten Lasten unter altem Namen oder Verwandlung des alten Namens in einen neuen, modernen, einträglicheren.
Die Scheidewand zwischen Stadt- und Land-Kommunen nicht blos aufrecht erhalten, sondern verstärkt. Die Dorfgemeinde als willenlose Heerde dem „gnädigen“ Gutsherrn überantwortet, der zugleich Polizeiherr ist und durch seinen Patrimonialrichter das Schwert der „heiligen“ altpreußischen Justiz über den Häuptern des Bauernvolks schwingen läßt. Der Gerichtsschulze und seine Beisitzer, von den Gutsherren ernannt oder reiche Erbscholzen, die am Marktage sich glücklich fühlen, mit den Herrn Rittern einige Flaschen Wein ausstechen und bezahlen zu dürfen; der sog. Gemeindevorstand mithin ganz zur Verfügung des raubritterlichen Systems. Weiterhin auch der „gnädige“ Hr. Landrath, aus und von den Rittern, d. h. im Interesse der letzteren, erwählt und in diesem Interesse, welches sein eigenes ist, Treffliches leistend. Wohin der Landmann blickt, überall seine offenen oder geheimen Feinde, wohin er tritt, liegt ein Fangeisen, ein Schraubstock oder ein Schröpfkopf „von Gottes und der Raubritter Gnaden“ in seinem Wege. Erst zehntet er an die Kirche, dann an den Dominialherrn und endlich trägt er den Rest seines Schweißes ins kgl. Steueramt. Bei den Gemeindelasten ist er der Esel, dem der „gnädige“ Herr so viel aufpacken läßt, als nur immer möglich. Er baut die Vicinalwege und die Kreisstraßen, damit die dominialvergnügte Ritterschaft bequem dahin rollen kann zu Bällen, Jagdpartien und andern Festlichkeiten der fröhlichen Adelskette. In den Kreisständen hat die gesammte Bauernschaft des Kreises 3 Vertreter, dagegen die Ritterschaft so viel Stimmen, als Ritter im Kreise sind. Daß letztere bei den Ausgaben für den Kreis lieber aus dem Speck der Bauern, als aus dem eigenen schneiden, liegt auf der Hand.
Wie's dem Bauer mit der Grundsteuer den Hrn. Rittern gegenüber erging, haben wir in der vorigen Nummer dieses Blattes gesehen. Heute müssen wir nach einer andern königl. Steuer ‒ der Klassensteuer gedenken. Da die Herren Ritter einmal auf „Entschädigung“ für „wohlerworbene Rechte“ erpicht sind: so ist's gut, wenn das Volk weiß, wie viel es ungefähr auch unter der Rubrik „Klassensteuer“ von der gottbegnadeten Sippschaft zurückzufordern hat. Die von der Klassensteuer völlig befreiten hohen Herren lassen wir einstweilen bei Seite. Die höchste Klassensteuerstufe umfaßt bekanntlich diejenigen, welche monatlich 12 Thlr., also jährlich 144 Thlr. entrichten, auf der niedrigsten Stufe dagegen wird monatlich 1 Sgr. 3 Pf., jährlich 1/2 Thlr. gezahlt. Auf einer der Zwischenstufen befinden sich die Bauern mit 2-3 Hufen Landes und 2 Thlr. monatlicher, oder 24 Thalern jährlicher Klassensteuer. Auf den Stufen weiter hinab die kleineren Ackerleute. Nehmen wir Einen aus der Masse heraus. Er besitzt 8 Morgen Landes von mittlerer Qualität; entrichtet eine Masse Abgaben an den „gnädigen“ Herrn, muß ihm jährlich eine Menge Hofedienste thun und zahlt dabei an Klassensteuer monatlich 7 Sgr. 6 Pf., jährlich 3 Thlr. Ihm gegenüber steht ein „gnädiger“ Herr mit ausgedehntestem Grundbesitz, mit Wäldern und Wiesen, mit Eisenhütten, Galmei-Gruben, Kohlenbergwerken etc. z. B. der Erzheuler, Russenfreund, Demokratenfresser und Deputirter der zweiten Kammer, Graf Renard. Dieser Mann hat ein jährliches Einkommen von 240,000 Thlrn. Er entrichtet auf der höchsten Stufe monatlich nicht mehr als 12 Thlr. Klassensteuer, jährlich 144 Thlr. Im Verhältniß zu jenem Rustikalbesitzer mit den 8 Morgen hätte er jährlich mindestens 7000 Thlr. Klassensteuer zu zahlen gehabt, macht in 20 Jahren 140,000 Thlr. Er hat also in 20 Jahren zu wenig eingezahlt: 137,120 Thlr.
Dem Landvolke wurde vor und während der sogenannten „Freiheitskriege“ die königliche Verheißung wiederholt zugeschworen, daß künftighin alle Staatsbürger gleichmäßig zu den Staatslasten beitragen sollten. Es ist und bleibt dies für das Volk ein durch Blut und Opfer aller Art „wohlerworbenes Recht“. Wie es in dieser Hinsicht jahraus jahrein beeinträchtigt worden, erhellt aus dem oben Gesagten. Wegen Verkürzung dieses „wohlerworbenes Rechtes“ hat der Bauer alle Ursache, die vollste „Entschädigung“ zu fordern. Die Herren Ritter werden bloß unter dieser Rubrik ein schönes Sümmchen nachzuzahlen haben. Mögen sie dann, wenn der Tag der Ausgleichung beginnt, nicht jammern. Sie haben so laut ihre „wohlerworbenen Rechte“ in's Land hineingeheult, und in dem Artikel „Entschädigung“ so nette Geschäftchen gemacht: daß der Bauer ein vernagelter Klotz sein müßte, wenn er nicht endlich auch einmal seine „wohlerworbenen Rechte“ hervorlangte und sich auch einmal in dem bisher für die hohen Herren so ergiebigen „Entschädigungsgeschäft“ versuchte.
Bei der Klassensteuer kommt nicht bloß der sogenannte Bauer oder der Rustikalbesitzer im Allgemeinen in Anschlag; hier handelt es sich zugleich um die „wohlerworbenen Rechte“ Aller, welche Klassensteuer zahlten und zahlen. Verweilen wir einen Augenblick bei der untersten Steuerstufe; für Hrn. Grafen Renard und Genossen werden sich da noch ganz andere Sümmchen, die sie uns bis jetzt Rest geblieben sind, herausstellen.
Ein Hofeknecht mit 10 Thlr. jährlich Lohn, zahlt von dieser Jahreseinnahme an den Staat 1/2 Thlr. Klassensteuer, oder 5 Prozent seines baaren Einkommens. Hr. Graf Renard entrichtete bisher von seinen 240,000 Thlrn. jährlichen Einkommens nur 144 Thlr. oder 3/30 Prozent; d. h. der Hofeknecht zahlt jährlich verhältnißmäßig dreiundachtzigmal so viel wie der edle Graf Renard. Der edle Renard müßte im Verhältniß zum Hofeknecht aber steuern wenigstens 12,000 Thlr.
Er hat mithin in den letzten 20 Jahren 237,120 Thlr. zu wenig gezahlt.
In der niedrigsten Klasse steuert die Hofegärtnersmagd bei einem Jahreslohn von 6 Thlrn. ebenfalls jährlich 1/2 Thlr oder 8 1/3 Prozent von ihrem Einkommen.
Im gleichen, gar nicht einmal progressiven, Verhältniß zu der Hofegärtnersmagd hatte Hr. Graf Renard jährlich 20,000 Thlr., oder in den letzten 20 Jahren 400,000 Thlr. Klassensteuer zu zahlen, er hat während dieser Zeit aber nur 2880 Thlr. gezahlt, also zu wenig 397,120 Thlr. Mit andern Worten, die Hofgärtnersmagd hätte im Verhältniß zum Hrn. Grafen Renard jährlich nur c. 2 1/8 Pfennige zu bezahlen gehabt. Sie hat daher von ihrem sauer verdienten Lohn, immer das gleiche Verhältniß angenommen, in dem nämlichen Zeitraum c. 9 Thlr. 26 Sgr. 5 Pfg. zuviel an Klassensteuer entrichtet.
Aber freilich, hätten die Dienstboten, Tagelöhner, Häusler, Gärtner, Handwerker etc. nicht mehr gezahlt, als Hr. Graf Renard, z. B. ein Dienstbote, Tagelöhner etc. jährlich nur 2 1/8 Pfennige Klassensteuer: woher hätten denn die Tafelgelder für die Generale „Meines herrlichen Kriegsheeres“, woher die hohen Pensionen, woher die Geschenke von 4000, 6000, 10,000 bis 30,000 Thlr. an reiche Adlige mit und ohne Staatsdienst, woher die Gelder zu einem goldenen Schilde für den lieben Pathen, den englischen Prinzen von Wales, woher die Summen für Don Carlos und für die christlich-germanische Marotte und gute anglikanische Spekulation mit dem Bischofthum von Jerusalem u. s. w. u. s. w. beschafft werden sollen?
Es läßt sich leicht ermessen, wie groß die von den „Fürsten, Grafen und Herren“ blos an Klassensteuer nachzuzahlende Summe sein muß, wenn schon ein einziges Mitglied, Hr. Graf Renard, mit einem bedeutenden Sümmchen restirt.
Nach dem landesväterlichen Willen von Friedrich Wilhelm IV., Eichhorn-Ladenberg und der übrigen christlich-germanischen Genossenschaft sollte die Volksschule, (man vergleiche die Eichhornschen Reskripte bis Anfang 1848) sich lediglich auf Lesen, Schreiben und das nothdürftigste Rechnen beschränken. Die 4 Spezies wären also dem Landvolke immerhin erlaubt geblieben. Es bedurfte indessen der Volksschule nicht, um dem Landmann die verschiedenen Spezies, namentlich das Subtrahiren, oder Ab- und Entziehen, beizubringen. In Schlesien wenigstens hat die gottbegnadete Raubritterschaft so viel an ihm herum und von ihm heraus subtrahirt, daß er nun seinerseits bei der ersten besten Gelegenheit in dieser Spezies des Subtrahirens, auf die hohen Herren angewandt, ganz famos bestehen dürfte.
In dem Subtraktions-Exempel des schlesischen Landmannes befindet sich u. A. auch ein Posten, dessen Erwähnung den hohen und niedern ritterlichen Herren ganz absonderlich zuwider ist. Er kam bereits im Frühjahr und Sommer vorigen Jahres auf mehreren Bauernversammlungen zur Sprache. Er betrifft die Rückforderung der „wüsten Huben.“ Wenn Ihr, hohe Rittersherren, so sehr auf Eure „wohlerworbenen Rechte“ pocht und die Euch bisher so schmackhafte und zuträgliche „Entschädigungskost“ fortzusetzen gedenkt: so werdet doch nicht gleich so wüthig über Eure „geliebten“ Dorf- „Unterthanen,“ daß sie ihre „wohlerworbenen,“ wenn gleich seit längerer Zeit verloren gegangenen, durch ritterliche Gewalt oder Eskamotage entrissenen „Rechte“ auch ihrerseits geltend zu machen suchen. Ihr wißt ja sehr gut, liebe hohe Herren, was es mit den „wüsten Huben“ in den allermeisten Fällen für eine Bewandniß hat. Eure Vorgänger oder auch Eure Ahnen benutzten zur Zeit der Erbunterthänigkeit ihre Allgewalt im Kleinen, wie Ludwig XIV. die seinige zuvor benutzt hatte mittelst der berüchtigten Rennionskammern. Nur mit dem Unterschiede, daß Eure Ahnen oder Vorbesitzer nicht viel Wesens von der Geschichte machten, sondern still und ohne Aufsehen zu Werke gingen.
Ueberall, wo im vorigen Jahrhundert durch Krieg, Epidemieen, Feuersbrünste und andere Unfälle Rustikalwirthe zu Grunde gingen: da war der Patrimonialherr schleunig bei der Hand, um entweder den Acker der betreffenden Rustikalstelle ganz oder zum größten Theil seinem Dominium einzuverleiben. Grundsteuer, Haussteuer und die übrigen Lasten hütetet Ihr Euch wohl mithinüber zu nehmen. Diese mußten fort und fort entweder die ganze Gemeinde oder der nachfolgende Besitzer tragen, der oft nur den dritten, den sechsten, den achten Theil der früheren Bodenfläche, aber alle früheren Steuern, Abgaben und Leistungen in den Kaufbrief gesetzt erhielt. Aehnlich machtet Ihr's mit Gemeinde-Weiden und Aeckern, wenn z. B. die oben erwähnten Ursachen eine mehr oder weniger vollständige Entvölkerung des Dorfes herbeigeführt hatten. Diese und noch andere Gelegenheiten benutztet Ihr, um so viel Ländereien als möglich zusammenzuschlagen.
Die Gemeinden aber und die einzelnen Rustikalen mußten die Gemeinden-, Kirchen-, Schul-, Kreis- und andere Lasten unvermindert tragen, als wenn ihnen nicht das Mindeste abhanden gekommen wäre. Ihr habt fortwährend den Ertrag davon gezogen und nicht einmal die geringen Abgaben geleistet, die Ihr wenigstens für Eure übrige Morgenzahl zu entrichten geneigt waret.
Allerdings verursacht Euch schon der Gedanke an diesen und manchen andern Subtrahendus im bäuerlichen Subtraktions-Exempel Bauchgrimmen: allein, Ihr hohen und niedern Ritter, Ihr habt's nicht besser gewollt. Der Landmann wird Euch antworten:
Mit dem Maaß, womit Ihr messen wollt, wollen wir Euch auch messen!
In Eurem wüthigen „Entschädigungs“-Appetit seid Ihr blindlings an ein wahres Hornissennest von Volksentschädigungen angerannt; fliegen diese, gereizt wie sie sind, eines Tages hervor, dann könnte Euch leicht außer genauester Entschädigung noch eine gute Portion Beschädigung zu Theil werden.
@xml:id#ar256_002
@typejArticle
@facs1439
[ X ] Jülich, 23. März.
Ihr Feuilleton-Artikel „Preußen in Amerika“ hat hier die Wuth des säbelklirrenden Schwarzweißthums neuerdings gegen Ihr Blatt rege gemacht. Bürger Böckmann, Soldat im 8. Reservebataillon, ist Abonnent Ihrer Zeitung und hat um dessentwillen wiederholt Verfolgungen erlitten. Man hat mehrfach versucht, den Mann mürbe zu machen, doch haben weder häufiger Arrest noch die Brutalität des Lieutenants ** bis jetzt vermocht, den festen Sinn des jungen Republikaners zu beugen. Lieutenant Loewen hat dem Böckmann das Lesen Ihres Blattes direkt verbieten lassen. Jetzt heißt's „Ordre parirt,“ sonst gehts ins Loch!
@xml:id#ar256_003
@typejArticle
@facs1439
[ 15 ] Essen, 24. März.
Der hiesige Magistrat hatte den Demokraten zuweilen Konzessionen gemacht, welche seinem Meister v. Mirbach in Düsseldorf nicht nach der preußischen Schablone waren. Der Magistrat wurde daher sofort von den Polizeigeschäften entbunden und diese der Alleinherrschaft des hiesigen Bürgermeisters übertragen.
Man lebt hier also in einer absolutistischen Polizeiwirthschaft, wie sie nicht einmal vor dem 18. März v. J. bestand.
Der ganze Magistrat wurde mit einem Striche wegrasiert und die Bürger zugleich über den Löffel barbiert.
@xml:id#ar256_004
@typejArticle
@facs1439
[ 305 ] Berlin, 24. März.
Nächstens wird bei Reuter und Stargardt hierselbst wöchentlich eine Sammlung der parlamentarischen Reden der Herrn Minister erscheinen, zum Nutzen und Frommen des von ihnen regierten Volkes und zum Gebrauch als Stylproben in den preußischen Schulen.
@xml:id#ar256_005
@typejArticle
@facs1439
[ * ] Berlin, 21. März.
In unsrem Feuilleton war neulich eine Stelle der „Neuen Preußischen Zeitung“ citirt, in welcher Herr [1440] Steinthal als Ex-Mitarbeiter dieses Blattes dargestellt wurde. Hr. Steinthal, Gerant der Berliner demokratischen Korrespondenz, schickt nun folgende Antwort:
„Der Gerant der demokratischen Korrespondenz hielt es bis jetzt nicht für nöthig, die hämischen Verdächtigungen der bekannten Kreuzritterinn zu widerlegen. Er fühlt sich jetzt dazu veranlaßt, weil in mehreren Organen darauf recurirt wird. Daß er einen Handel mit Theaterbillets getrieben habe, ist eine freche Lüge, obgleich wir einen solchen Handel für nicht so unehrenhaft halten würden, wie die Mysterien der früheren Thätigkeit der Mitarbeiter der Kreuzzeitung. Der Verbreiter der zweiten unwahren Beschuldigung aber, unser Gerant sei Mitarbeiter jener Zeitung gewesen, hat sich dadurch selbst eines unehrenhaften Betragens angeklagt. Ein gewisser Dr. Löwe nämlich, der den Liberalen spielte, wandte sich an mehrere Demokraten um Nachrichten aus Klubs etc., da er an mehrere auswärtige Blätter korrespondire. Man fand keinen Anlaß, dies abzuweisen, da nichts vorlag, was in ihm den Mitarbeiter der Kreuzzeitung vermuthen ließ, der er eben diese Notizen lieferte. Sobald man dies erfuhr, hörten die Mittheilungen an ihn auf. Wir überlassen Jedem das Urtheil über die Dreistigkeit, mit der dies würdige Blatt wissentlich Unwahrheiten und Verdächtigungen verbreitet.“
Die vor einigen Tagen stattgehabte polizeiliche Ausweisung der sich in Berlin aufhaltenden Handelsreisenden ist in Betreff aller Derjenigen zurückgenommen, welche einen Gewerbschein vorzuzeigen im Stande waren.
Die gemäßigte Partei der Rechten, besonders v. Camphausen und Blömer, sind im höchsten Grade erbittert über das Benehmen des Hrn. Vincke als Referenten. Es wurde in der Stadt London gestern Abend ein furchtbarer Sturm hervorgebracht. Man wendete sich dabei besonders gegen die Herrn v. Meusebach und Bismark, welche ihre geheimen Intentionen, zum großen Schaden der Partei, zu offenherzig ausgeplaudert hätten. Aus diesen Zerwürfnissen ging hervor, daß in kürzester Zeit, die äußerste Rechte besondere Parteisitzungen halten wird. In einer der nächsten Sitzungen werden die Aeußerungen dieser ehrenwerthen Abgeordneten von einem ihrer Kollegen auf derselben Seite des Hauses vollständig desavouirt werden.
Hr. v. Manteuffel übergab der reinen Linken, Partei Rodbertus, den Entwurf einer neuen Gemeindeordnung, dessen Berathung eine äußerst dringliche sei.
Der Entwurf einer neuen Gemeindeordnung enthält unter Andern folgende Bestimmung. Alle volljährigen Gemeindeglieder sind zugleich Wähler. Die einzige Bedingung für dies Recht ist die Selbstständigkeit. Definirt wird dieselbe durch eine eigene Wohnung. Die Wähler werden in zwei Klassen getheilt. Die Höchstbesteuerten wählen die eine Hälfte der Mitglieder des Gemeinderaths, die übrigen Wähler die andere Hälfte. Der Gemeinderath wählt den Gemeindevorstand. Sämmtliche Gemeinderäthe eines Kreises die Kreisversammlung. Sämmtliche Kreisversammlungen eines Bezirks die Bezirksversammlung Ueber die Land- und sonstigen Königl. Kommissarien ist nichts bestimmt.
Der Finanzminister Herr Rabe erklärte gestern Abend in der Finanz-Kommission, daß man einer Anleihe, von der so viel gefabelt würde, durchaus nicht bedürfe. Man habe 16 Millionen im Staatsschatz. Es sei allerdings richtig, daß, wie Hansemann gesagt hätte, nur 200,000 Thlr. in der Staatskasse sich befunden hätten. Aber seit dem November seien die Steuern so reichlich eingegangen, daß der Ausfall der Einnahmen des Jahres 1848 gegen den Voraufschlag nur etwa 1 Million betrüge. ‒ Alles staunte in der Kommission, die größtentheils aus Steuerverweigerern besteht und ist begierig auf die weitere Darlegung dieses glückseligen Finanzzustandes.
@xml:id#ar256_006
@typejArticle
@facs1440
[ * ] Berlin, 24. März.
Sitzung der zweiten Kammer.
Nach einigem kleinen Geplänkel der Abgeordneten Berg und Vinke geht man zur Tagesordnung der Adreßdebatte über. Der 7, 8. und 9. Absatz, welche über die deutsche Frage handeln, kommen zur Disku sion.
Wesendonk: Im Jahre 1848 waren es zwei Dinge, welche das deutsche Volk erreichen wollte. Die Freiheit und die Einheit. Ich halte eine Vereinbarung für ein Unding. Was wäre dann die nach Jahresfrist in Frankfurt zu Stande gebrachte Verfassung vom 5. Dezember ansehen. Ob die National-Versammlung, welche durch ihre reaktionären Beschlüsse die Sympathien des Volkes verloren hat, in dem alsdann wahrscheinlicherweise entstehenden Konflikt zwischen den Fürsten und derselben die nöthige Unterstützung finden wird, wollen wir jetzt dahinstehen lassen. Er erklärt sich gegen den Adreßentwurf und empfiehlt das Amendement D'Ester.
Vinke macht mehrere faktische Berichtigungen zur Rede Wesendonks.
Wesendonk widerlegt dieselben.
Der Ministerpräsident Brandenburg liest seine Rede ab. 1. Die preußische Regierung habe nie bei der deutschen National-Versammlung um Hülfe gefleht, um Ordnung zu machen, sei sie selbst stark genug. 2. Er habe den Reichskommissären nichts von der octroyirten Verfassung gesagt, weil man in Preußen Amtsgeheimnisse nicht zu verrathen pflege. 3. Das Ministerium wolle den Weg fortgehen, den die Noten vom 23. Januar und 16. Februar angäben, welchen sich die Note vom 9. Januar (die Vinke getadelt hatte) anschließe. Brandenburg spricht heute mit großer Kraft.
Wesendonk widerlegt den Ministerpräsidenten.
Vinke kommt noch einmal auf den Bundestag, als den Urheber der deutschen Einheit zurück.
Nach einer Bemerkung Bloemers gegen den Referenten betritt Heiland die Tribüne. Die Bänke der Linken und des Centrums leeren sich. Deutsche Einheit ‒ Oestreichische Brüder ‒ Verständigung ‒ Stämme derselben Wurzel etc.
v. Berg beginnt mit einer faktischen Berichtigung. Hr. Wesendonk habe behauptet, daß sich Abgeordnete der National-Versammlung mit einem Hülferuf nach Frankfurt gewendet hätten. Ich war damals auch zu einer solchen Deputation bezeichnet, aber nicht um in Frankfurt Hülfe zu suchen, sondern um die Berichte des Hrn. Bassermann zu widerlegen. Der Redner glaubt, daß die Regierungen das nicht annehmen werden, was die Frankfurter Versammlung endgültig beschließen wird. Unsere Regierung habe sich bis jetzt immer noch nicht entschieden erklärt. Er freue sich aber, daß diese Angelegenheit jetzt vom Ministerium nicht mehr als eine auswärtige betrachtet würde, indem er den Minister des Auswärtigen nicht am Ministertische sehe. Als am 6. August auf die allerdings ungeschickte Forderung des Reichskriegsministers zur Huldigung eine große Anzahl Leute zu der Meinung veranlaßt wurden. Preußen ginge jetzt unter, da zeigte der Zug des Volkes den Widerspruch gegen solche partikularistische Bestimmungen. Die Croatenhäuptlinge zu Wien wollten die Trennung und man mache sich aldann zu ihren Mitschuldigen. Warum denn das Ministerium einzelne Gesetze publizirt habe, ohne die Kammer zu fragen?
Der Minister Graf Arnim erscheint.
Viehahn will in langer Rede eine verbesserte Auflage des Zollvereins. Er richtet seine Waffen besonders gegen Oestreich. Zuletzt wird er pathetisch und spricht fast vor leerem Hause.
Neumann (von der Linken) kommt zu nichts.
Campyausen für den Kommissionsentwurf.
Phillips: Es ist Zeit, daß eine warnende Stimme ertöne Preußen darf mit den Croaten in kein Bündniß treten. Wir müssen den Absolutismus von Außen und im Innern vertreiben.
Manteuffel: Ich nehme meinen Antheil an Deutschlands Ruhm, Ehre und Macht so gut in Anspruch, wie Hr. Wesendonk. Unsere Wege zu demselben Ziel sind verschieden. Er will es erreichen durch Zerschlagen der alten Staatsform. Der Phönix soll sich aus dem allgemeinen Brande erheben. Ich glaube an ein Anschließen der deutschen Stämme, zu denen auch die Fürsten gehören. Preußens Stärke ist Deutschlands Einheit und deshalb schließen wir Niemand aus Auch die letzte Note bezeichnet diesen Standpunkt.
Nachdem Abg. Carl für die Adreßkommission gesprochen, nimmt der Minister des Auswärtigen, Graf Arnim, das Wort und vertheidigt besonders seine Circulardepesche vom 10. d. M, damit, daß man zur Zeit ihrer Redaktion von der Octroyirung der Verfassung in Oestreich noch nichts gewußt habe. Man wolle Verständigung und nichts als Verständigung.
Griesheim erhält das Wort zu einer faktischen Berichtigung und liest den echten Parolebefehl Wrangels vor: „Der Offizier soll sogleich von den Waffen Gebrauch machen lassen, wenn seiner dreimaligen Aufforderung, auseinanderzugehen, nicht Folge geleistet wird. Er sei eventuell dem Kriegsgericht verantwortlich für Steinwürfe und Schmähungen des Volks.“
Es wird auf Vertagung der Debatte angetragen, doch motivirt Bloemer vorher auf den Wunsch des Präsidenten sein Amendement.
Die erste Kammer hat auch Sitzung gehalten. Mehrere Redner sprachen. Es kam nichts dabei heraus.
@xml:id#ar256_007
@typejArticle
@facs1440
[ 12 ] Liegnitz, 22. März.
Am 18. März haben hier große und imposante Aufzüge stattgefunden. Liegnitz und die Umgegend glich nicht nur den ganzen Tag über, sondern auch fast die Nacht hindurch einem bewaffneten Ameisenhaufen. Das böse Gewissen und die daraus entspringende Gespensterfurcht sahen schon wieder einmal die Ausführung schrecklicher Pläne ins Dasein treten, wobei natürlich blutrothe Fahnen, Barrikaden und Guillotinen von 20 Pferdekraft nicht fehlen konnten. Solch einer drohenden Katastrophe mußte doch aber mit aller Energie und Sorgfalt entgegen gearbeitet werden, und dazu war Niemand geeigneter, als der Generalmajor und Brigadier von Stößer. In seine Hand wurde daher abermals die Ruhe und Sicherheit der bedrohten Stadt Liegnitz gelegt, und wir müssen es rühmend anerkennen, daß er seinem Auftrage vollständig Rechnung getragen hat. Die meisten in der Umgegend kantonirenden Truppen waren mit strategischer Umsicht in die Nähe der Stadt gezogen und mit scharfer Munition versehen. Vom Morgen bis in die Nacht hinein sahen wir die Wachen verdoppelt, das Zeughaus, das Schloß, den Perron und verschiedene Plätze der Stadt mit starken Pikets besetzt, und in bestimmten Intervallen Kavallerie- und Infanterie-Patrouillen durch die Straßen ziehen. Die Artillerie soll bespannt und schußfertig gewesen sein. Dabei herrschte überall der tiefste Frieden und die gemüthlichste Ruhe; denn Niemand hat bei den hiesigen militärischen Ausnahmezuständen an irgend eine Demonstration gedacht. Ueberhaupt ist von einer eigentlichen Festlichkeit gar nicht die Rede gewesen, da ein kleiner krebsritterlicher Theil der hiesigen Einwohnerschaft die Revolution desavouirt, der stärkere Theil aber nicht eine große Begebenheit feiern mochte, wobei er bevormundet werden sollte. Der demokratische Verein hatte sich Abends zu einem Bankett im Vereinslokale versammelt, wobei es an bezüglichen Reden, Liedern und Toasten nicht fehlte.
@xml:id#ar256_008
@typejArticle
@facs1440
[ X ] Breslau, 23. März.
„Der Wohlstand wird auch in Breslau wieder einkehren, dafür wird „Mein herrliches Kriegsheer“ sorgen; der fleißige Handwerker wird nicht mehr von seiner Arbeit abgehalten werden durch Exerciren etc., auch wird er nicht mehr seinen geringen Verdienst auf der Wache vertrinken; kurz Handel und Gewerbe „werden sich von der Lähmung erholen, der sie zu erliegen drohten“ ‒ denn die Bürgerwehr Breslau's ist auf vier Wochen suspendirt und „Mein herrliches Kriegsheer“ wird „für die Ruhe und Ordnung und Sicherheit des Eigenthums sorgen!“ Mit solchen und ähnlichen Gründen heult die ganze „schwarz-weiße“ Sippschaft seit dem Bekanntwerden der Suspension in der Stadt herum. Die Suspension hat ihren Grund in der Feier des 18. März: Einige Compagnien brachten, als sie von der Parade zur Feier des „königl. Patents“ heimkehrten, vor einer „rothen“ Fahne in Hurrah aus. Dadurch „gaben sie (wie's amtlich heißt) eine Gesinnung kund, die den Umsturz (!!) alles Bestehenden will“. Sodann weil die 39te Comp. dem Zuge Nachmittags zur Feier der Revolution sich anschloß und endlich weil der Oberst Dr. Engelmann gegen diesen „anarchischen“ Zug nicht einschreiten wollte. Man scheint es im ganzen Lande auf völlige Entwaffnung des Volkes gemünzt zu haben.
@xml:id#ar256_009
@typejArticle
@facs1440
Danzig, 19. März.
Der gestrige Tag war für Danzig ein Tag des Kampfes und der Unruhe: es ist Bürgerblut geflossen. Die Demokraten, welche den 18. März durch ein socialistisches Bankett in dem 1 3/4 Meilen entfernten Seebadeort Zoppot zu feiern beschlossen hatten, wurden auf dem Wege dahin, erst auf einer dem Fort Hagelsberg gegenüberliegenden Brücke, dann am Olivaer Thore und im Park, von Reactionären, die mit Messern, Knütteln und Zaunpfählen bewaffnet waren, und meist den untersten Volksschichten angehörten, meuchlerisch überfallen. Dem ihnen zugesagten Schutz der Behörden wenig vertrauend, hatte ein Theil der Demokraten sich mit Hieb- und Schußwaffen versehen; doch nur die geringere Hälfte. Diese erwiederten den Anfall durch ein lebhaftes, wohlberechnetes Feuer; mußten aber bald der Ueberzahl weichen. Ihre Fahnen wurden zerrissen und in den Koth getreten, darunter auch die dreifarbige deutsche. Der Straßenkampf war blutig und erbittert; man zählt 13, meist schwer Verwundete, und 4 Todte, letztere auf Seiten der Reactionäre. Oeffentliches und Privateigenthum ward demolirt; die Polizei aber, unter deren Augen es geschah, mischte sich gar nicht in den Kampf, und das Militär erschien erst, als fast Alles beendet war, auf dem Platze. Die gerechte Entrüstung über den Anfall ist allgemein, und wird selbst von heftigen, aber rechtlichen Gegern der Demokraten getheilt:
Das Danz. Volksblatt bringt zwei Schreiben des Bankett-Präsidenten Dr. Fr. Crueger an den Polizei-Präsidenten resp. Regierungspräsidenten, worin der Erstere für allen Schaden verantwortlich gemacht wird, weil er den verheißenen polizeilichen Schutz nicht gewährt hat. In dem zweiten Schreiben wird der Regierungspräsident aufgefordert, das Benehmen der Polizei einer scharfen Untersuchung zu unterwerfen. Zugleich verpflichtet sich Cueger darzuthu n, wie mehrere der angesehnen Mitglieder des „vaterländischen Vereins“ sowohl beim Zuge als auf dem Platze des Irrgartens unter die Meuchelbande Geld vertheilten.
@xml:id#ar256_010
@typejArticle
@facs1440
[ 213 ] Dresden, 22. März.
Ungeachtet die sächsischen Kammern noch manche Persönlichkeiten aufzuweisen haben, die, obwohl demokratisch, doch an Jean Pauls schwedischen Pfarrer und an den Schulmeister seiner Flegeljahre erinnern, welcher kein Buch und keine Zeitung lesen konnte, ohne jeden Druckfehler zu korrigiren und die fehlenden Pünktchen auf den i zu ergänzen, so findet man doch auch einige, von der großen Zahl ehrenwerth unterschiedene Mitglieder in derselben. Was die letzteren betrifft, so verdient der Führer der äußersten Linken, der Abgeordnete Tzschirner, seiner Entschlossenheit, Unermüdlichkeit und geistigen Energie wegen eine ganz besondere Erwähnung. Ohne ihn würde die zweite Kammer, wenn auch antiministeriell und demokratisch wohlgesinnt, nur ein Waschlappenbild gewähren. Tzschirner's Energie ist in Sachsenland eine bisher ziemlich unerhörte Erscheinung, eine gewaltige National-Anomalie. Darum gilt er auch für einen rothen Republikaner, obwohl er gewiß keiner ist. ‒ Die Bourgeoisie, das Proletariat, der Feudalismus bekämpfen sich hier zwar untereinander ziemlich lebhaft, allein dieser Kampf hat es noch durchaus nicht zu der Schroffheit eines wirklichen Parteikampfes gebracht, zu dem übrigens hier alle Elemente vorhanden sind und täglich bedeutender hervortreten.
Die Adressen, welche täglich von der Registrande der zweiten Kammer abgelesen werden, bekunden gleichfalls genügsam, daß eine sozialistische Stimmung namentlich auch auf dem platten Lande um sich greift. Auch heute enthält die Registrande neben Vertrauensadressen an die Majorität der zweiten Kammer, wieder einige solcher Bauernadressen.
Die Tagesordnung brachte einen Bericht Feldner's als Vorstand des betreffenden Ausschusses über den Antrag Heinze's, die Erklärung der sächsischen Regierung bei der Centralgewalt in Bezug auf die deutsche Verfassungsfrage betreffend.
Die sächsische Regierung hatte nämlich im Widerspruch mit einer von den Kammern abgegebenen Erklärung des Exministers von der Pforten sich bei der Centralgewalt dahin geäußert, daß sie sich für ein Staatenhaus, für einen Census von 50 Thalern und für ein absolutes Veto des Oberhauptes entschieden habe. Die erste Kammer faßte einen Beschluß gegen diese Erklärung und die zweite Kammer nahm nun heute ungefähr folgendes Deputationsgutachten in den meisten Positionen fast einstimmig an:
In Erwägung, daß die von dem Bevollmächtigten der königlich sächsischen Regierung bei der provisorischen Centralgewalt abgegebene Erklärung in Bezug auf die Rechte des Staatenhauses, des absoluten Veto und eines Census für ersteres weder von Freiheitsliebe, noch von Achtung des klaren Volkswillens zeigt u. s. w., erklärt die Kammer, daß jene Erklärung den Ansichten und dem Willen der sächsischen Volksvertretung entschieden entgegen ist, und fordert daher die Regierung auf, die über jene drei Punkte des deutschen Verfassungswerkes an die Centralgewalt abgegebene Erklärung schleunigst zurückzunehmen und den diesseitigen Bevollmächtigten anzuweisen, sich im entgegengesetzten Sinne gegen die Centralgewalt auszusprechen.
Der Beschluß wird ohne Zweifel mit dem Beschluß über die Abberufung des Herrn von Könneritz aus Wien gleiches Schicksal haben.
Die Entgegnung Beust's war ein höhnisches, nichtssagendes Wortgeklingel mit hundert Hinterpförtchen. Während der Debatte hatte es sich herausgestellt, daß der Exminister von der Pforten keinen Anstand genommen, die Kammern zu belügen, indem er ihnen die Versicherung gegeben hatte, die Regierung habe ganz die umgehrte Erklärung in Frankfurt gemacht.
@xml:id#ar256_011
@typejArticle
@facs1440
[ !!! ] Frankfurt, 24. März.
Zum Schluß der gestrigen Abendsitzung verwarf die sogenannte Nationalversammlung das als §. 6 a. gestellte Minoritäts-Erachten von Heinrich Simon, und erklärte somit feierlichst, mit 297 Stimmen gegen 213, daß das deutsche Volk nicht souverän und die Reichsregierung nicht vom Volke herrührt. Nach diesem schmählichen Akt wurden die §§. 7, 8. 9 und 10 angenommen.
@xml:id#ar256_012
@typejArticle
@facs1440
[ !!! ] Frankfurt 24. März.
In der heutigen Morgensitzung präsidirte Kirchgessner. Schulz von Darmstadt interpellirt den interimistischen Reichsministerpräsidenten, ob in Erwägung, daß durch Verwerfung des Welkerschen Antrages dessen Annahme politisch und moralisch unmöglich war, die Gefahr einer Oktroyirung nicht unwahrscheinlich geworden ist, die Centralgewalt sich finanziell gesichert und mit Militär hinreichend für versehen hält, um gewaltsamen Eingriffen in das Bestehen und die Verfassung der deutschen Nationalversammlung, und kämen sie auch von einer größeren Einzelmacht, gehörig zu begegnen? Wenn dies nicht der Fall, ob das Ministerium sich mit den geeigneten Maßregeln vorzusehen gedenkt? (Rechts unverschämtes Gelächter, besonders vom Exunterstaatssekretär Bassermann.)
Hierauf wird zur Fortsetzung der 2. Lesung des Verfassungs-Entwurfs übergegangen und es werden 23 Artikel in der vom Verfassungsausschuß vorgeschlagenen Form blos mit einer geringen Abänderung zu §. 19 angenommen.
@xml:id#ar256_013
@typejArticle
@facs1440
[ !!! ] Frankfurt, 24. März.
In der heutigen Nachmittagssitzung beschäftigte man sich mit Art. 7 (Zoll- und Handelsgebiet), Art. 7 (Postwesen, und mit Art. 9 (Münzwesen). Alle §§. bis §. 8 nach Wunsch des Verfassungsausschusses angenommen. Die Post geht ab; nach 3/4 7 Uhr. Morgen den Rest.
Coriosum. Interessant möchte es sein, wir daß immer die stenographischen Berichte von einer Sitzung in der Gagern eine Rede gehalten, 3 bis 4 Tage später als gewöhnlich bekommen. ‒ Dieser „edle und weise Staatsmann“ korrigirt nehmlich gewöhnlich 8 Tage über seinen europäischen Reden, wobei ihm, wie Fama meldet, der berüchtigte Literat Laube stylistisch behülflich ist.
@xml:id#ar256_014
@typejArticle
@facs1440
Frankfurt, 24. März.
Der vormalige sächsische Staats-Minister v. d. Pfordten ist vom Reichsverweser berufen, um ein neues Reichsministerium zu bilden. Man bemerkte schon gestern Hrn. v. d. Pfordten auf der diplomatischen Tribüne des Parlaments.
@xml:id#ar256_015
@typejArticle
@facs1440
[ * ] Frankfurt, 24. März.
Der Abgeordnete Küntzel hat sich zu folgender Erklärung genöthigt gesehen:
„Ich erkläre hiermit, daß dem Sinne nach Hr. von Schmerling die von Hrn. Venedey von der Tribüne mitgetheilte Aeußerung gestern gegen mich gethan, ohne sich jedoch des Wortes mürbe zu bedienen. Er sagt nämlich zu mir: es scheine, als wenn die Versammlung vollständig bankrott machen wolle. Ich bestätige dies und bemerkte, daß es am Ende zu einer Octroyirung kommen werde, worauf Hr. von Schmerling fortfuhr: seit längerer Zeit sei bereits von Oktroyirung die Rede, der Plan sei aber an dem Widerspruch Preußens gescheitert, welches natürlich auf dem von der Nationalversammlung eingeschlagenen Wege mehr zu erreichen gehofft habe, als durch eine Octroyirung; hierbei habe es ganz in seinem Interesse gehandelt; jetzt jedoch stehe die Sache anders, und er wolle sich in dieser Beziehung noch heute zu Hrn. Camphausen begeben. Die Aeußerung geschah beim Schluße der Sitzung. Des Nachmittags hörte ich, daß Hrn. v. Schmerling wirklich bei Hrn. Camphausen war. Unsere Unterhaltung habe ich Hrn. Venedey mitgetheilt.
Frankfurt, 23. März.
Künzel, Abgeordneter.“
@xml:id#ar256_016
@typejArticle
@facs1440
[ * ]Wien, 22. März.
Die angeblichen drei „Mörder“ Latour's wurden nicht erschossen, sondern erhängt und den ganzen Tag auf dem Glacis ausgesetzt. Das gestern erwähnte Preßgesetz, gegen dessen Bestimmungen selbst die scheußliche Censur unter Metternich-Sedlnitzky noch Gold zu nennen ist, enthält u. A. folgende Bestimmungen:
Der Redakteur der periodischen Zeitschrift muß an dem Ort des Erscheinens wohnhaft, wenigstens 24 Jahre alt und östreichischer Staatsbürger sein. Zur Cautionsleistung verpflichtet die Herausgabe einer period. Zeitschrift, welche, wenn sie auch nur nebenher die politische Tagesgeschichte behandelt, wenigstens 2 Mal im Monat erscheint. Gedachte Caution beträgt an Orten mit mehr als 60,000 Einw. bei öfterem Erscheinen als 3 Mal in der Woche 10,000 fl., bei 3maligem Erscheinen 5000 fl., sonst 3000 fl.; für andere Orte die Hälfte. Hinsichtlich der schon bestehenden period. Druckschriften haben sich die Herausgeber in Betreff der Qualifikation binnen 8 Tagen, betreffs der Caution binnen 30 Tagen auszuweisen. Die Fälle, in welchen durch Preßvergehen die Caution ganz oder zum Theil verwirkt, oder aber Kerker- und Arreststrafen herbeigeführt werden, sind namentlich aufgeführt. §. 33 erwähnt hierüber, inwiefern hierin auch Aergernisse gegen Familien, öffentl. Behörden, einzelne Regierungsorgane, dann gegen Volksstämme, Religionsgenossenschaften und einzelne Klassen einbezogen sind. In die Verantwortlichkeit jeder Druckschrift sind der Reihefolge nach einbezogen: Der Verfasser, der Herausgeber, der Verleger, der Drucker, d. i. Geschäftsleiter der Druckerei und der Verbreiter. Die verhängten Strafen gehen bis zu schwerem Kerker von 2 10 Jahren und ganzer Verlust der Caution. Druckschriften, um Sammlungen zur Deckung von Cautionsverfall zu veranstalten, sind mit Arrest- und Geldstrafen verpönt. Die verhängten Geldstrafen verfallen der Gemeindekasse des Orts. Hinsichtlich des Verfahrens bei Preßübertretungen wären wohl noch folgende Momente hervorzuheben. Die Hauptverhandlung geschieht öffentlich und mündlich. Die Anklage wird vom Staatsanwalt oder einem Privatkläger erhoben. Das Gericht hat längstens binnen 3 Tagen nach Ueberreichung der Klage zu entscheiden, ob Grund zu einem gerichtlichen Verfahren vorhanden sei. Der Angeklagte ist während dem Instruktionsverfahren in der Regel auf freiem Fuß zu lassen, nur wenn die Uebertretung eine Kerkerstrafe von 5 Jahren nach sich ziehen sollte, kann das Gericht auf Verhaftung oder Caution erkennen. Ueber die demnächst ins Leben zu rufenden Geschwornengerichte und ihre Zusammensetzung werden besondere Bestimmungen erlassen. Die Geschworenen werden durch das Loos bestimmt. Rekusation steht dem Kläger wie dem Angeklagten zu. Die Schuldigkeitserklärung beruht auf einer Erklärung [1441] on zwei Drittel. Ueber den binnen drei Tagen zu ergreifenden Rekurs hat der oberste Gerichtshof zu entscheiden.
Das [unleserlicher Text] der oktroyirten Gesetze, gegen das Vereins- oder Assoziationsrecht, bestimmt, daß wissenschaftliche Humanitäts- und Wohlthätigkeitsvereine zwar keiner besondern Genehmigung (wie dies von jedem andern Verein verlangt wird) bedürfen, daß sie aber bei 10-100 Gulden C. M. Geldstrafe 14 Tage vor ihrer Wirksamkeit die Vereinsstatuten vorzulegen und die Wahl ihrer Vorstände mitzutheilen haben. Hinsichtlich der politischen Vereine wird folgendes oktroyirt:
Oeffentlichkeit der Sitzungen, ‒ Ausschluß der Frauen auch als Zuhörerinnen, ‒ Verbot des Waffentragens bei den Sitzungen für Mitglieder und Zuhörer, ‒ 24stündige Vorauskündigung einer jeden Sitzung, ‒ Berechtigung der Abgeordneten der Behörde, die Aufnahme eines Protokolls zu verlangen und bei gesetzwidrigen Vorgängen die Sitzung zu schließen; ‒ Untersagung der Verbindung eines politischen Vereins mit anderen, sei es durch schriftlichen Verkehr oder durch Aussendlinge. Die verhängten Uebertretungsstrafen gehen bis zu 300 Fl. in Geld und 6 Monate schwerem Arreste. Hinsichtlich der Volksversammlungen sind bewaffnete unbedingt verboten; die Abhaltung anderer, ist drei Tage früher der Sicherheits-Behörde anzuzeigen. Hierher gehören auch allgemein zugängliche Versammlungen (auch Festessen), nicht aber die zur Ausübung eines gesetzlich gestatteten Cultus oder vorbereitende Wahlversammlungen. Die Behörden haben das Recht und die Pflicht, Volksversammlungen zu untersagen, wenn sie es im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit finden. (Der Olmützer Styl „von Gottes Gnaden“ gleicht dem von Potsdam wie ein Ei dem andern.)
Die offizielle Zeitung enthält aus Ofen 4 von der dortigen k. k. militärisch-politischen Central-Kommission unterzeichnete Verurtheilungen, denen zufolge der pensionirte Lieutenant Novak erschossen, der Schriftsteller David Kuh wegen mehrerer Artikel, die er im November vorigen Jahres in das Blatt „der wahre Ungar“ geschrieben, zu 5jährigem Festungsarrest in Eisen, Eberle wegen „Schmähungen gegen hohe Militärpersonen “ zu 3monatlichem Stockhaus-Arrest in Eisen und Schulz, wegen gleicher Reden „von minderm Belang“ zu 3wöchentlichem dito verurtheilt worden sind.
@xml:id#ar256_017
@typejArticle
@facs1441
Freiburg, 20 März.
Heute haben die öffentlichen und mündlichen Gerichtsverhandlungen vor dem ersten badischen Geschwornengericht, und zwar in Sachen Struve′s und Blind's, begonnen. Die Sitzung dauerte von Morgens neun bis Abends fünf Uhr.
Nachdem die Geschwornen beeidigt waren, erklärte der Präsident die Verhandlung für eröffnet, und richtet eine kurze Ansprache an die Geschworenen, die Angeklagten und Vertheidiger und das Publikum. Folgte nun die Angabe von Namen, Stand, Alter und Wohnort Seitens der beiden Angeklagten, worauf der Gerichtsschreiber die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft verliest. Die Verlesung dauert gegen zwei Stunden.
Es war unterdessen über 12 Uhr geworden, und trat nun eine Pause von einer halben Stunde ein. Nach Wiederaufnahme der Sitzung sollte das Zeugenverhör beginnen, als sich Advokat Brentano erhob und in einer langen Rede die Zuständigkeit des hier konstituirten Gerichtsinstituts angriff. Ferner protestirt er gegen das Zerreißen des ganzen Prozesses, was dadurch geschehe, daß man aus der Zahl der einer untheilbaren That Angeklagten, zwei herausgreife, um sie einzeln aburtheilen zu lassen. Ebenso verwahrt er sich gegen die von ihm als unfrei geschilderte Bildung der Geschwornenliste. Alle diese Punkte sind in einer von den Vertheidigern und den Angeklagten unterzeichneten Protestschrift näher ausgeführt und mit entsprechenden Anträgen auf Umbildung des Gerichtshofs und Gerichtsverfahrens, so wie auf Vertagung der Procedur versehen.
Nach ihm erhob sich Struve und erklärte sich mit dem von Brentano Vorgebrachten in einer ausführlichen Rede vollkommen einverstanden. Die Darstellung der Behandlung, die er und besonders seine Frau während der Gefangenschaft erfahren, bildet den Haupttheil derselben. Er protestirt sodann gegen die rechtswidrigen Eingriffe höherer Beamten des Landes, namentlich des Staatsraths Bekk, in seiner Sache und gegen die Verkümmerungen seiner Vertheidigungsmittel.
War schon Struve's Rede heftig genug, so übertraf ihn Blind noch in einer kurzen Zustimmungs-Erklärung die auch er seinerseits abgab.
Ihnen antwortete der Staatsanwalt Eimer. Er trägt schließlich darauf an, der Gerichtshof möchte die von den Angeklagten und der Vertheidigung gestellte Einrede der Unzuständigkeit verwerfen.
Wiederholt suchen hingegen Brentano und Struve die von ihnen gestellten Anträge zu vertheidigen
Unterdeß war es nahe an 5 Uhr geworden. Der Gerichtshof zog sich ins Berathungszimmer zurück und erschien wieder nach einer kleinen halben Stunde, wo der gefaßte Beschluß verlesen wurde, daß die Einreden der Angeklagten und Vertheidiger und ihre darauf gestellten Anträge als nicht begründet verworfen werden.
Schluß der Sitzung nach 5 Uhr.
@xml:id#ar256_018
@typejArticle
@facs1441
Freiburg, 21. März.
Um 9 Uhr strömt die Menge auf die Tribüne. Punkt 9 1/4 Uhr erscheint der Gerichtshof. Alles erhebt sich. Die Angeklagten werden vorgeführt. Sie erscheinen, wie gestern, mit Schriftrollen in den Händen, unter Wachebegleitung. Die Anwesenheit der Geschwornen wird constatirt.
Staatsanwalt Eimer erwidert wegen der Winterschen „Brutalität“: Er glaube es nicht; Winter habe bloß ein Verhör mit Frau v. Struve gehalten; er fragt, welches denn der Vorfall gewesen. Struve berichtet, im Verhör habe Winter gegen seine Frau geäußert, man werde sie zum Geständniß zu zwingen wissen.
Der Präsident fragt Struve, was er auf die Anklage zu erwiedern habe. Struve hebt an: Bei der Untersuchung habe er über diese Frage geschwiegen Vor den Geschwornen werde er reden, ohne jedoch Andere bloßzustellen. Er beginnt mit der Freiheit der deutschen Hansa und Städte, wie durch die Fürsten nach und nach die Freiheit, der Wohlstand, und die Einheit Deutschlands zerstört worden sei. Er schildert die Zeiten des Vorparlaments, der Volksversammlungen, und liest aus der Abendzeitung einen Artikel vor, mit dem Bemerken, es seien die Republikaner durch die Hartnäckigkeit der Regierungen von dem Wege friedlicher Abstimmung in den Kriegspfad geworfen worden. Das Volk habe aus Furcht vor der Regierung sich nicht an dem ersten Zuge betheiligt. Sein letzter Zug, den er, wie seinen ersten schildert, sei kein Raubzung gewesen; er habe ihn vorher angezeigt. Unbewaffnete könnten Niemanden terrorisiren. Die Executionscolonnen seien überall nachgesucht und erbeten worden. Alle Excesse hätte er nicht verhindern können. Er habe keinen militärischen Rang oder Beruf gehabt. Er schließt mit einigen allgemeinen politischen Betrachtungen über Deutschland und seine sechs Geißeln: Monarchie, Aristokratie, Militär, Pfaffen und Geldsäcke. Er freue sich seiner That; durch sie sei wenigstens eine republikanische Partei gebildet worden. Sein Vortrag ist ruhiger und weniger studirt als der gestrige. Beim Schlusse vernimmt man etwas beifälliges Flüstern. Er setzt sich anspruchlos und still auf seine Bank. Präsident: Ich bin mit diesem allgemeinen Geständniß zufrieden. Brentano erläutert, die Angeklagten würden den Geschwornen alles nur persönlich sie Betreffende getreu mittheilen. Struve bestätigt dies. Der Präsident fragt Blind, was er zu erwiedern habe auf die Anklage. Blind erhebt sich, einen Bleistift in der Hand, und spricht in kurzen, sonoren Sätzen: Er sei Socialrepublikaner. Zu einer Revolution brauche man Krieger und Geld. Die Cassen des Staates habe man fassen müssen; falls der Streich geglückt hätte, wäre sonst der Großherzog mit dem Schweiße des Volkes entflohen. Der Präsident ermahnt den Angeklagten, unter Widerspruch seines Anwaltes, die Schicklichkeit zu beobachten. Blind fährt fort: Die achtbarsten Männer hätten sie herbeigerufen. Die Republikaner hätten sich keine Gräuel erlaubt, wohl aber die Soldaten in Staufen. Durch die Anerkennung der tapfern Vertheidigung der Republikaner in Staufen habe General Hoffman selbst bewiesen, daß die republikanische Armee keine gezwungene sei. Jede Geburt, jede große Neuerung gehe mit Schmerzen vor sich. Das Kind komme weinend zur Welt. Die besiegten Republikaner nenne man Briganden; es werde eine Zeit kommen, wo man sie, mit Napoleon zu reden, Patrioten und Nation nenne. Er setzt sich mit einer kurzen Reverenz gegen die Geschwornen. Nun werden vom Gerichtsschreiber die Zeugen abgelesen. Unter den abwesenden Zeugen entschuldigen sich einige schriftlich. Gegen das Ausbleiben des Zeugen Postmeister Martin in Lörrach erhebt sich der Staatsanwalt; ebenso Brentano. Der Gerichtshof tritt zur deßfallsigen Berathung in das Seitenzimmer. Das Publikum benutzt die Pause zur Bequemlichkeit und Unterhaltung. Nach einigen Minuten kehrt der Gerichtshof in den Saal zurück; der Gerichtsschreiber verliest den Beschluß: Martin habe zu erscheinen. Die schon beeidigten Zeugen werden ausgeschieden und treten in ein geschlossenes Zimmer ab. Die noch nicht beeideten werden beeidigt. Nun beginnt das Zeugenverhör einzeln.
Italien.
@xml:id#ar256_019
@typejArticle
@facs1441
[ * ]Rom, 15. März.
Die Constituante hielt keine Sitzung. Ein Beschluß der Exekutivgewalt verordnet die Anlage von Registern über alles Grundeigenthum im Gesammtumfange der Republik, behufs Anfertigung neuer Hypothekenbücher und Steuerlisten. Die Güter des Jesuitenordens und des Sancti Officii werden bereits liquidirt.
@xml:id#ar256_020
@typejArticle
@facs1441
[ * ]Neapel, 15. März.
Zugleich mit Auflösung der Kammern sind mehrere Deputirte arretirt worden. Andere haben sich der Rache des Königs Ferdinand nur durch die Flucht entzogen und sind nach Rom gegangen.
@xml:id#ar256_021
@typejArticle
@facs1441
[ * ]Mailand, 19. März.
Unsere Mauern sind mit Radetzki'schen Verordnungen überklebt. Eine derselben beglückt uns mit einem Reglement, das während seiner Abwesenheit, eine Art Constablergarde von 1000 Mann einsetzt, die er freilich Bürgerwehr nennt, im Grunde aber den Bürgern nur einen Säbel (kein Feuergewehr) läßt und ihnen vorschreibt, zur größeren Ordnungsgarantie an der Spitze der Garnisonstruppen und Polizeimannschaften beim Patrouilliren zu marschiren. Vortreffliche Bürgerwehr von 1000 Mann! Wie man hört, haben sich aber erst 300 Bürger für diesen Constablerdienst einschreiben lassen.
@xml:id#ar256_022
@typejArticle
@facs1441
[ * ]Turin, 19. März.
Aus Parma hören wir, daß die nach dem Abmarsch der Oestreicher eingesetzte neue Municipalität alle seit dem 6. März konfiszirten Waffen ihren Eigenthümern zurückgegeben hat.
Die offizielle Gazzetta Piemontese enthält zwei Ordonnanzen des Generalstatthalters, wonach ein Credit von 2 Millionen Fr. zur Bewaffnung der Nationalgarde und ein weiterer von 3 Millionen zur sofortigen Mobilisirung eines Theils derselben eröffnet wird.
@xml:id#ar256_023
@typejArticle
@facs1441
Turin.
Die Kammer hat nach langer und lebhafter Diskussion am 20. das Gesetz, welches der Regierung die ausgedehntesten Vollmachten ertheilt, mit 77 gegen 38 St. angenommen. ‒ Ungarische Deserteurs kommen täglich in großer Zahl über die Gränze. ‒ Karl Albert überschritt am 20. März, ohne Widerstand zu finden, den Tessin bei Buffalora. Die Oesterreicher steckten auf ihrem Rückzuge zwei der ansehnlichsten Häuser von Ponte Nuovo in Flammen. ‒ Die Trikolore weht wieder auf lombardischen Boden. Das Hauptquartier der Piemontesen (unter dem Herzog v. Genua) ist in Magenta.
Ungarn.
@xml:id#ar256_024_c
@typejArticle
@facs1441
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz – Die serbischen Verwicklungen, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
[ * ]
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar256_025_c
@typejArticle
@facs1441
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz – Die serbischen Verwicklungen, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
[ ** ]Breslau, 23. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar256_026_c
@typejArticle
@facs1441
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz – Die serbischen Verwicklungen, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
Ratibor, 23. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar256_027
@typejArticle
@facs1441
Aus Siebenbürgen, 16. März.
Dem Privatschreiben eines Apothekers in Mühlbach, einer siebenbürgischen deutschen Stadt von 8-10,000 Einwohnern entlehnen wir Folgendes: „Wir sind zur Hälfte Bettler, zur Hälfte ermordet, aber nicht von den Feinden, sondern von unseren Freunden! Die Ungarn und Szekler waren viermal bei uns, nahmen, was sie wollten, ließen uns aber unser Leben und unser Obdach; zum fünftenmal kamen sechs Tausend k. k. österreichische Soldaten, nahmen das Letzte, was wir hatten, zündeten aus Langeweile (denn Rache konnten sie an ihren Freunden nicht ausüben) die Stadt an vielen Orten an; die Häuser von Stein sprengten sie mit Pulver; wer dem Feuer und den Kugeln entgehen konnte, flüchtete sich in den Wald bei 16° Kälte. Einem sind Kinder erfroren, dem Andern die Frau; mir sind zwei Kinder auf diese Art umgekommen! Und jetzt hat jeder Bürger 20-25 Russen im Quartier!!“
[(Fr. J)]
Französische Republik.
@xml:id#ar256_028
@typejArticle
@facs1441
[ 12 ] Paris, 24. März.
Faucher geht eines Tages hin, nimmt die Clubs und wirft sie zum Fenster hinaus. „Die Clubs sind untersagt.“ Unten auf der Straße, da lag die Konstitution, die Clubs fielen auf die Konstitution und schlugen ihr eine blutige Wunde. Die Konstitution ist das Machwerk der Partei des Nationals: er hat sie verfaßt zur Zeit seiner Macht, und sie sollte dazu dienen, seine Macht festzusetzen und zu begründen. Die Macht entschwand dem National unter den Händen ‒ die Konstitution blieb. Das Volk hält wenig auf die Konstitution, aber sie garantirt ihm das Vereinigungsrecht, das Recht, sich zu versammeln, zu besprechen ‒ kurz, sie gibt dem Volke seine Soirée, seine Salons, seine Monde ‒ sein Alles, seine neue Revolution, und insofern hält es an der Konstitution fest. Unter der Konstitution liegen die Pflastersteine; das merkte Herr Faucher erst, als das Klubgesetz bereits auf der Straße lag und der National sein Zetergeschrei erhob. Die Steine fingen bereits an, sich zu rühren. Der National wurde stumm und Faucher bekam Furcht. Da fielen Barrot und Faucher auf einen kühnen Einfall; sie gingen in aller Stille hin, warfen Matratzen und Federbetten auf die Konstitution, umwickelten das Clubgesetz ebenfalls mit Federbetten, und warfen es solchergestalt auf die weiche, mit Eiderdaun ausgestopfte Konstitution Der National ist still, ‒ nur die Steine darunter die schwatzen und plaudern ‒ aber so leise, so leise, daß nur der, welcher ihre Sprache versteht, sie vernehmen kann.
Die Matratzen und der Eiderdaun, das sind die Paragraphen über das Vereinigungs- und Versammlungsrecht, welche das Clubgesetz mildern sollen, das sind die Zugeständnisse, welche man der [1442] Konstitution macht, nachdem man sie vorher verletzt hat. Der Eiderdaun ‒ das ist die schuftige Ehrlichkeit des Herrn Barrot. Und wie weich dieser Eiderdaun ist, wie sanft, wie liebevoll er die Clubs umwickelt, diesen rohen Stein, der die Konstitution durchlöchern könnte! Die Clubs, heißt es, das ist die schlechte Seite des Vereinigungsrechts, der Club ist blos ein Mißbrauch der politischen Association, die lügenhafte Form der Diskussionsfreiheit.
Barrot gesteht seine Verlegenheit ein: Klub das ist eins von den Wortern, die sich nicht definiren lassen; aber wenn der erste Paragraph ganz allein stehn geblieben wäre, ohne Eiderdaun, noch Matratzen; wenn es blos geheißen hätte: „die Klubs sind untersagt,“ so hätte Niemand sich über die Bedeutung des Wortes getäuscht. Und nun geht Barrot über zu Unterscheidungen von permanenten und zufälligen Klubs, von Vereinen, die über bestimmtGegenstände, und solchen, die über unbestimmte Gegenstände spree chen, und wird in diesen Diskussionen beinahe so subtil wie ein Frankfurter Parlaments-Redner.
Das Volk fährt fort sich in Klubs zu vereinigen, nach wie vor. Herr Barrot und Faucher wollen keine permanente, sondern nur zufällige Klubs? Nun wohl! die Straßen von Paris wimmeln von zufälligen Klubs. An jeder Straßen-Ecke, auf jedem öffentlichen Platze stehn die Franzosen still, ganz zufällig, ganz instinktmäßig, und bilden eine Gruppe, eine Vereinigung, einen Verein ‒ was weiß ich? einen Klub. Barrot wird uns am besten sagen können, in welche Kathegorie diese Klubs zu stellen sind. Barrot und Faucher wollen, daß man in diesen Klubs über ganz bestimmte Gegenstände sprechen soll? Nun wohl! Fragt die schwarzen Gruppen, die auf der Straße ihre Klubssitzungen abhalten, worüber sie sprechen; und ihr werdet hören, daß sie einen bestimmten Gegenstand abhandeln, daß sie in diesen Klubs über die Klubs sprechen.
Die Klubs das sind die Theater der Französischen Arbeiter geworden: sie gehn dahin mit ihren Weibern, ihren Grisetten und sind zugleich Akteurs und Zuschauer. Den Eintritt zu diesen Theatern haben sie theuer erkauft, mit Pflastersteinen und Kugeln. Prends garde, Barrot! und du Faucher, dieses Theater zu schließen: das Volk wird abermals trotz Euch sich den Eingang zu eröffnen wissen.
@xml:id#ar256_029
@typejArticle
@facs1442
[ 40 ] Paris, 24. März.
Die Guizot'schen Maßregeln in Betreff auswärtiger Flüchtlinge nehmen unter dem feisten Bürger Odilon-Barrot ihren Fortgang. Es handelt sich heute um Hrn. August Willich, dessen Kolonne man schon am 1. auf die perfideste Weise zur Auflösung zwang. Derselbe hatte neuerdings mit den Regierungen in Rom und Sizilien Verbindungen angeknüpft, eine deutsche Legion für Italien zu organisiren. Von Besançon am 19. d. M. nach Lyon reisend, wohin ihn seine Freunde zu diesem Zweck beschieden hatten, wurde er daselbst am 20., Nachts 1 Uhr, plötzlich verhaftet. Die französische Demokratie, (denn die deutsche hier im Lande ist noch feiger und niederträchtiger, als im ureignen Vaterlande, und hatte sich im Juni in einer, den tiefsinnigen Sozialdeklamatoren der Arbeitervereine würdigen Weise in die Keller verkrochen, statt auf die Barrikaden zu treten) ‒ die französische Demokratie wird mit aller Energie gegen diese neue polizeiliche Schamlosigkeit ‒ Schritte thun, und Willich seine sofortige Freilassung zu verschaffen suchen.
@xml:id#ar256_030
@typejArticle
@facs1442
Paris, 24. März.
Vom Kriegsschauplatze verlautete bis Mittags im Konferenzsaale der Nationalversammlung nichts. Es scheint, die Regierung hat noch keine Depeschen erhalten, oder der Kampf ist am 21. noch nicht losgebrochen.
‒ Aus Lyon liegen die Journale vom 23. März vor uns. Sie sprechen von einer Gährung, welche die Pariser Klubdebatte unter dem Proletariat hervorrufe. Thatsachen fehlen indessen.
‒ Aus Marseille besitzen wir gedruckte Berichte vom 21. März. Zweihundert Cavaignac'sche Mobilgardisten schifften sich am Tage vorher auf dem „Pharamond“ nach Palermo ein, um ihr Junifeuer dort zu verrauchen.
‒ Die Nationalversammlung nahm gestern drei Reduktionen des Bau-Büdgets im Betrage von 12 Millionen Franken vor. Hierdurch wird wieder einigen Tausenden von Proletariern der Brodkorb höher gehangen. Immer zu!
‒ Aus den Departements strömen siebenzehn neue Bittschriften für Restitution der Milliarde. D'Argenson-Sohn erklärt in den Blättern, im Widerspruch zu den demokratischen Journalen, daß sein Vater aus jener Restaurationsmilliarde keinen Heller bezogen. Aehnliche Verwahrungen der Erben können nicht ausbleiben.
‒ Die Protestationen gegen Aufhebung der Klubs häufen sich. Die Morgenblätter bringen deren abermals zwei: 1) Protestation des sozialistischen Wahl-Comité's des Seinedepartements. 2) Protestation der Studenten in ihrem Journal „Avantgarde“.
‒ Rebillot und Ducoux, die beiden Pariser Präfekten, eröffnen heute einen Federkrieg gegen einander. Rebillot sagt: Ich verbiete den Journalverkauf an den Straßenecken aus den Gründen Ducoux's; Ducoux, seitdem ziemlich roth geworden, giebt sich alle Mühe, um zu beweisen, daß im vorigen Sommer der Journalverkauf an den Straßenecken wirklich genirte, während man heute nur diesen Grund als Vorwand zu einer Jagd gegen die demokratische Presse benutze. Dieser Krieg ist sehr erbaulich.
‒ Guizot ist wieder mit seiner getreuen Ehehälfte, der russischen Fürstin v. Lieven, in unserer Mitte. Wir werden sie jedoch vorläufig nur wenige Tage besitzen; denn das theure Ehepaar begiebt sich nach Lisieux, um seinen feierlichen Einzug in die Kammer zu bereiten.
‒ Peuple ist schon wieder weggenommen worden. Das Ministerium scheint ganz rasend gegen dieses Blatt, das jetzt zu 50,000 Exemplare täglich druckt.
National-Versammlung. Sitzung vom 24. März. Lamoriciere, einer der Vicepräsidenten eröffnet um 11 1/4 Uhr die Sitzung
An der Tagesordnung sind die Clubs Die ganze äußerste Linke fehlt; sie geht in den Abtheilungssälen oder im Präsidialgarten spazieren und raucht Cigarren.
Die Huissers rufen sie mehrere Male; Lamoriciere droht mit einem Scrutinsum gedruckter Namenszettel. Hilft Alles nicht, sie kommt nicht. Die Debatte wird mit dem dritten Absatze des 2. Artikels eröffnet.
Lamoriciere: Die beiden ersten Sätze wurden gestern angenommen. Der dritte Satz beginnt:
„In der polizeilichen Anmeldung müssen Namen, Stand, Wohnung und Domizil der Vorsitzenden angegeben sein. Ebenso Ort, Tag und Stunde der Reunion.“
Dupont (Bussac), im geheimen Einverständniß mit der schiffbrüchigen Linken und weiland Ausschußmajorität, trägt darauf an, statt des Wortes Reunion wieder Sitzung zu setzen, wie im ersten Minoritätsentwurf gestanden habe. Er und seine Freunde wittern Hochverrath hinter dieser Substitution.
Dussolier, im Namen des Minoritätsausschusses, findet dies keineswegs und versichert feierlichst, daß die neue Fassung nichts Arges berge.
Dupont wiederholt sein Bedenken.
Die Versammlung verwirft sie jedoch durch Zetelabstimmung mit 310 gegen 238 Stimmen.
Ebenso geht der Rest des zweiten Artikels durch
Der vielbekämpfte Artikel wäre somit abgemacht.
Man schreitet zu Artikel 3, der die Dauer der Reunionssitzung auf die übliche Polizeistunde beschränkt.
Geht als höchst überflüssig ohne Weiteres durch; denn hier in Paris schlägt die Polizeistunde für Tanzsäle um 11 Uhr und niemals hat sich eine Clubsitzung länger hingezogen.
In diesem Augenblicke sehen wir viele Bergglieder ihre Plätze einnehmen.
Die Artikel 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24 (meist nur von Förmlichkeiten handelnd) folgen nach kaum zweistündigem Widerspruch rasch aufeinander und rufen eine Menge seichter Redner auf die Bühne.
Mit Artikel 25 und folgenden treten die Strafbestimmungen in die Debatte und geben derselben eine lebhaftere Färbung.
Die Debatte verliert jeden Reiz. Das Gesetz wird sicher heute vollendet. Von Zeit zu Zeit begeben sich Deputirte in einen der Abtheilungssäle, um dort eine bereits 150 Unterschriften zählende Protestation gegen das Clubgesetz zu unterzeichnen.
Die Penalitätsfrage wurde ziemlich hart debattirt
Martin (Straßburger) weint bitterlich über den geschehenen Verfassungsbruch und will alle Infraktionen den Geschwornen überwiesen wissen.
Arago (Emanuel) und Dupont stellen den Antrag:
„Sollen überwiesen werden den Zuchtgerichten alle Infraktionen der für die öffentlichen politischen Reunionen vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Die politischen Vergehen jedoch den Geschwornen u. s. w.“
Dupin (senior): Natürlicherweise würden die Delikta der Jury und Contraventionen nimmer den Zuchtgerichten überwiesen.
Valette: Man müsse näher bezeichnen, was Contravention und Delikt sei.
Aylies unterstützt dies.
Faucher, Minister des Innern, beschwert sich, daß man durch Details den Geist des Gesetzes zu zertrümmern suche. (Die Linkt lärmt fürchterlich.) Der Minister protestirt gegen den Lärm und das Amendement zu Artikel 25.
Dasselbe [unleserlicher Text] zur Abstimmung gebracht
Die Versammlung nimmt das Amendement Arago's und Dupont's an. (Ah! Ah!)
Artikel 26 und 27 gehen durch
Artikel 28 (der letzte) lautet:
Obiges Gesetz hat keine Anwendung auf Kultus-Reunionen und präparirende Wahlversammlungen.“
Favre will angehangen wissen:
„Und nicht auf die Wahlausschüsse“
Lanjuinais:
„Während der 45 Tage.“
Wird mit 325 gegen 295 Stimmen angenommen.
Artikel 29 desgleichen, der das Gesetz vom Juli 1848 abschafft.
Das Gesetz ist zu Ende.
Die Versammlung beschließt eine dritte Lesung und vertagt sich um 6 1/2 Uhr.
[Redakteur en chef: Karl Marx. ]
Handelsnachrichten.
gap: insignificant
@typejAnnouncements
@facs1442
@typejAn
@facs1442
Bei dem Ablaufe des 1. Quartals c. werden die betreffenden Interessenten darauf aufmerksam gemacht, daß Bestellungen auf auswärtige Zeitschriften pro 2tes Quartal, bis zum 22. d. Mts. bei der hiesigen Ober-Postamts Zeitungs-Expedition gemacht sein müssen, wenn eine rechtzeitige und vollständige Lieferung der Blätter erfolgen soll, und daß nur solche Bestellungen berücksichtigt werden können, für welche die Vorausbezahlung des Betrages stattgefunden hat.
Köln, den 13. März 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
@typejAn
@facs1442
Bekanntmachung.
Vom 1. April d. J. ab, wird in Bedburg eine Post-Expedition eingerichtet, deren Verwaltung dem dortigen Gastwirth und Beigeordneten, Herrn Gustav Schwinges übertragen worden ist.
Diese neue Post-Expedition steht mit Bergheim durch eine tägliche Botenpost in Verbindung, welche aus Bergheim im Sommer 5 Uhr Morgens,
im Winter 6 Uhr Morgens,
aus Bedburg im Sommer 8 Uhr Abends,
im Winter 5 Uhr Abends abgeht.
Die Briefbestellung nach der Umgegend von Bedburg erfolgt täglich durch zwei Briefträger.
Köln, den 27. März 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
@typejAn
@facs1442
Sämmtliche Herren, welche durch ihre gefälligen Bemühungen innerhalb der betreffenden Wahlbezirke das unterzeichnete Comite für das am 18. März auf dem Gürzenich stattgefundene Konzert unterstützt haben, werden zu einer Versammlung am Mittwoch den 28. März, Abends 6 Uhr, im großen Rathhaussaale ganz ergebenst eingeladen.
Köln, 24. März 1849.
Das festordnende Comite.
@typejAn
@facs1442
Bürgerwehr.
Herr Devivier und Herr Nierstraß wie viel Unterschriften gegen Errichtung der Bürgerwehr haben sie zusammengebracht?
@typejAn
@facs1442
Mobilar-Verkauf.
Am Mittwoch den acht und zwanzigsten März 1849, Vormittags 11 Uhr, sollen auf dem Waidmarkte zu Köln, Kamine, Oefen und 1 Komfoir, gegen gleich baare Zahlung öffentlich an den Meistbietenden verkauft werden.
Fr. Happel, Gerichtsvollzieher
@typejAn
@facs1442
Abonnements Einladung.
Mit dem 1. April beginnt die Mittelfränkische Zeitung das zweite Quartal 1849. Das Blatt hat sich auf den Standpunkt der weitesten Volksfreiheit gestellt, und in diesem Sinne stets gewirkt, so wie es auch ferner fortfahren wird, alle Interessen des Volkes kräftig zu vertreten. Wir laden daher zum Abonnement mit dem Bemerken ein, daß der Preis per Quartal einschließlich des alle Woche erscheinenden belletristischen Montagsblattes und häufigen Beilagen nur auf 1 fl. 45 kr. rhein. festgesetzt ist, zu welchem Preise alle baierischen Postämter einvierteljährige Bestellungen annehmen. ‒ Zu Inseraten empfehlen wir unsere Zeitung ihrer Vielgelesenheit halber ganz besonders.
Nürnberg, im März 1849.
Die Expedition der Mittelfränkischen Zeitung.
@typejAn
@facs1442
Die Bernerzeitung redigirt von Advokat Niggeler, Mitglied der schweizerischen Bundes-Versammlung, erscheint täglich, und vertritt unter den Schweizerblättern von Bedeutung das demokratische Prinzip mit seinen Konsequenzen. Weit entfernt ein offizielles Organ der Politik des schweizerischen Bundesrathes zu sein, bekämpft sie diese letztere vielmehr, wenn sie die gemeinsamen Bestrebungen der Völker ‒ durch die Neutralität der Schweiz à tout prix und durch die Militärkapitulationen mit Neapel etc. verläugnet und hemmt. In diesen und allen andern politischen Zeitfragen geht sie mit den radikalen Blättern Deutschlands einig. Die Verhandlungen der nächstens zusammentretenden Bundes-Versammlung, welche auch für Deutschland ein Interesse haben werden, wird sie schnell ‒ ja am nämlichen Tage ‒ bringen. Sie kostet, franco Schweizergränze, 8 fl. rh per Jahr. Man abonnirt sich bei den Postämtern.
Bern, 21. März 1849.
Redaktion der Bernerzeitung.
@typejAn
@facs1442
Das Kreisblatt für Mülheim, Sieg und Landkreis Köln, redigirt von R. Proff, wirkt für die Interessen der demokratischen Partei in den genannten Kreisen, und ist von dem demokratischen Central-Verein für Mülheim und Landkreis Köln, der sich zu Deutz am 7. d. M., zunächst behufs der Korrespondenz mit den betreffenden Deputirten gebildet hat, als Organ für diese Korrespondenz bestimmt worden. Außerdem bringt das Kreisblatt belehrende Aufsätze über die wichtigsten Zeitfragen, eine kurze Uebersicht über den jedesmaligen Stand der Tagespolitik in den verschiedenen Ländern und unterhaltende und lehrreiche Erzählungen Mittheilungen über Lokalinteressen aus den verschiedenen Gemeinden der genannten Kreise werden sehr gern entgegengenommen und wird dabei keine Gemeinde hinter der andern zurückgesetzt. Das Blatt erscheint regelmäßig die Woche zweimal, in besondern Fällen werden Beilagen ausgegeben. Alle Postanstalten nehmen Bestellungen an zu 15 Sgr. per Quartal. Inserate werden zu 1 Sgr. die Zeile aufgenommen und finden durch das Blatt in den Kreisen die gewünschte Verbreitung.
Die Expedition.
@typejAn
@facs1442
Ich bin für Unbemittelte Nachmittags von 2-4 Uhr unentgeldlich zu sprechen. Hochstraße 13- Dr. Leuffen, praktischer Arzt, Wun arzt und Geburtshelfer.
@typejAn
@facs1442
Das Haus Marzellenstraße Nr. 61 mit 10 bis 12 Zimmern ist am 1. Juni zu vermiethen. Ein Stock mit 4 möblirten Zimmern kann jedoch gleich abgegeben werden. Zu erfragen Eigelstein Nr. 16.
@typejAn
@facs1442
Annonce!
Vor unserer Abreise nach Amerika fühlen wir uns verpflichtet, dem Herrn Carl Rodel, Gastwirth zum Würtenberger Hof in Antwerpen, und dessen Geschäftsführer Herrn Christian Christ aus Koblenz, unsern herzlichsten Dank für die uns bewiesenen Gefälligkeiten öffentlich darzubringen. Wir wurden durch Herrn Schmits aus Himmelgeist dorthin empfohlen, dem wir ebenfalls hiermit danken.
Herr Christ hat mit uns Kontrakt abgeschlossen, und uns im Voraus mit allem was zu unserm Vortheil war in Kenntniß gesetzt, sowohl wegen den Geldsorten die wir mitbringen sollten, als auch wegen unsern Effekten, wofür wir auch keinen Pfenning zu zahlen hatten, ebenfalls ist er uns bei allen übrigen Einkäufen behülflich gewesen, und wie wir auf's Schiff kamen, haben wir erst recht erfahren, daß wir mit braven Menschen zu thun gehabt hatten, indem die meisten unserer Mitpassagiere, sowohl für die Ueberfahrt als auch für andere Sachen bedeutend mehr haben bezahlen müssen.
Deshalb rathen wir unsern nachfolgenden Landsleuten sich an Herrn Riedel zu adressiren indem Sie gewiß sein können, daß sie nicht betrogen werden.
Im Namen von 32 Personen.
Carl Müller, Fabrikant aus Solingen.
@typejAn
@facs1442
Derjenige Herr, welcher am 18 November v. J. in Eschweiler mit uns die Eisenbahn verließ und dessen edelmüthiges Anerbieten uns stets erinnerlich bleiben wird, ersuchen wir, Behufs seines Zeugnisses in der gegen uns vorliegenden Untersuchung, seine Adresse bei der Königl. Kommandantur dahier gütigst abgeben zu wollen.
Köln, den 26. März 1849.
Adamski. Nithack, Lieutenants.
@typejAn
@facs1442
Englischer Brust-Syrop
Untrügliches Mittel gegen Husten und Brustverschleimung. Das Fläschchen 5 Sgr. ist nur allein ächt zu haben bei Gebr. Fabry, Conditor, Altenmarkt Nr. 10
Ferd. Weidenpesch, Obenmarspforten Nr. 42
Joh. Meist, in Deutz.
Hildenbrand, in Linz.
@typejAn
@facs1442
Zu vermiethen.
Das Haus mit Garten, Follerstraße 74.
Das Haus mit Garten, Telegraphenstraße 45.
Das Unterhaus, Trankgasse 33. R. Trankgasse 35.
@typejAn
@facs1442
Lilionese unübertreffliches Mittel, braune oder gelbe Haut in einen zarten weißen Zustand zu versetzen, sogenannte Mitesser, so wie Finnen, Ausschläge, und durch Krankheit entstandene gelbe und braune Flecken gänzlich zu vertilgen, empfehlen wir unter Garantie, daß binnen 14 Tagen volle Wirkung geschieht, sonst erstatten wir das Geld zurück, zur gütigen Abnahme bestens.
Tübing & Comp.
Niederlage zu dem festen Preis von 1 Thlr. per Flaçon bei Fr. Hermann, Marsplatz Nr. 3
@typejAn
@facs1442
Zu vermiethen zu einer Restauration.
Ein Haus mit Garten N. Tempelstraße Nr 35.
@typejAn
@facs1442
In der Möbel-Fabrik von Johann Heininger Sohn, Trankgasse 27, sind zwei schön meublirte Zimmer zu vermiethen.
@typejAn
@facs1442
Puppentheater.
Die Revolution in Frankreich.
Wo Henneschen als Anführer und Spektakelsmächer alles voneinander schlägt und davon läuft.
Lustspiel in drei Akten ‒ Anfang 7 Uhr.
@typejAn
@facs1442
Theater in Köln.
Am Samstag wurde von der Stollwerck'schen Baudeville-Theater-Gesellschaft im hiesigen Stadttheater das beliebte Baudeville „100,000 Thaler“ aufgeführt. Das Haus war, besonders da es den unglücklichen Abgebrannten galt, sehr besetzt. Das Baudeville wurde ausgezeichnet aufgeführt, so daß bei den meisten Liedern „da capo“ gerufen wurde.
Wie wir hören, soll am Dienstag dasselbe Stück im Stadttheater zur Aufführung kommen; wir hoffen daher, daß durch einen recht zahlreichen Besuch den abgebrannten Schauspielern eine ordentliche Unterstützung zu Theil werden wird.
@typejAn
@facs1442
Theater in Köln.
Das mich und meine Familie so hart betroffene Brandunglück empfand ich um so schmerzlicher, als ich sah daß dadurch zugleich die Mitglieder meiner Bühne, die Mitglieder des Orchesters, die Arbeiter des Theaters, Requisiteur und viele andere Menschen außer Brod und Beschäftigung gesetzt waren. In meiner Absicht lag es sämmtliche Mitglieder, die es verstanden hatten durch Solidität und Fleiß sich die Achtung des Publikums zu erwerben, den Sommer über beizubehalten, um in nächster Winter-Saison den an mein Institut gemachten Anforderungen um so besser entsprechen zu können. Leider wurde durch den Brand diese Hoffnung, wenn auch nicht ganz. vernichtet. Ich halte es für Pflicht, kein Opfer scheuen zu dürfen, das in mich gesetzte Vertrauen Aller derjenigen, welche vor dem Brande bei mir beschäftigt waren, auch fernerhin so viel als möglich eine Existenz zu verschaffen.
Es ist mir gelungen, mit Herrn Direktor Gerlach mich dahin zu einigen, daß er mir das Stadttheater an zwei Tagen in jeder Woche zu Vorstellungen überlasse; und indem ich mir erlaube, dieses einem hochgeehrten Publikum anzuzeigen, bitte ich zugleich, auch bei diesem Unternehmen mich durch freundliche Theilnahme unterstützen zu wollen.
Franz Stollwerk.
@typejAn
@facs1442
Theater-Anzeige.
Von der Stollwerk'schen Vaudeville-Theatergesellschaft
Dienstag den 25. März:
Auf allgemeines Verlangen und unter Mitwirkung der Kinder-Ballet-Gesellschaft unter Leitung des Herrn John Price 100,000 Thaler.
Vaudeville in 3 Abtheilungen von David Kalisch.
Vorkommende Tänze:
1) Pas de deux serieux, getanzt von Clara und Rosa Price.
2) Burlesk.-Karricatur, komischer Tanz der vier Chinesen und des kleinen 5jährigen Mandarinen Ferdinand, ausgeführt durch sämmtliche Geschwister Price.
3) Intermezzo's von klassischen Stellungen und Gruppen, dargestellt von William, John und dem kleinen Ferdinand Price.
Billets sind zu den gewöhnlichen Theaterpreisen des Vormittags von 11-1 Uhr, so wie Abends an der Theaterkasse zu haben.
Kassen-Eröffnung um 6 Uhr. Anfang um 7 Uhr.
Franz Stollwerk.
@typeimprint
@facs1442
Der Gerant Korff.
Druck von J. W. Dietz, Hutmacher Nr. 17.