[Deutschland]
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@facs | 1435 |
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] Köln, 24. März.
Seit den letzten 30 Jahren haben allein die schlesischen Dorf-„Unterthanen“ ihrer gottbegnadeten Ritterschaft 80 Mill. Thaler im
Wege der Ablösung, und circa 160 Mill. Thlr. an nicht abgelös'ten gutsherrlichen Abgaben und Frohnden, zusammen eine Summe von 210 Mill. Thalern, ausgeantwortet. Und nun sage man noch,
daß das „Gottesgnadenthum“ nichts nütze, nicht einträglich sei! Jene Summe ist indeß nur der Ertrag einer direkten
Prellerei, einer Prellerei, die natürlich stets mit dem
Nimbus „wohlerworbener Rechte“ umkleidet wurde. Wie's mit Erwerbung dieser „raubritterlichen Rechte“ beschaffen ist, davon legt nicht blos jede Seite der
mittelalterlichen Geschichte, sondern jedes Jahr bis auf die allerneueste Zeit das lauteste Zeugniß ab. Das mittelalterliche Ritterschwert wußte sich später ganz herrlich mit dem Gänsekiel des
Juristen und der Beamtenhorde zu verbünden. Aus der Gewalt wurde mittelst einer Kartenschläger-Volte das „Recht“, das „wohlerworbene Recht“ fabrizirt. Ein Beispiel aus dem
vorigen Jahrhundert. In den 80ger Jahren wurden für Schlesien auf Veranlassung des dortigen Adels Kommissionen zur Feststellung der Urbarien, der guts-herrlich-bäuerlichen Leistungen und
Gegenleistungen, niedergesetzt. Die meisten Dominien stützten sich bis dahin mit ihren Forderungen an ihre „Unterthanen“ auf Herkommen und Gewohnheit. Es drängte sie, ihren
beutelschneiderischen Ansprüchen die Form und den Schein der Legalität umzuhängen. Die Kommissionen, aus Adlichen und ihren Kreaturen zusammengesetzt, arbeiteten vortrefflich ‒ im Interesse der
Aristokratie. Gleichwohl gelang es den hohen Herren bei weitem nicht überall, sogenannte „konfirmirte“ Urbarien zu Stande zu bringen. Wo es ihnen aber gelang, geschah es nur durch Gewalt
oder Betrug. Die jetzige Generation in Schlesien wüßte so gut wie Nichts über die Art und Weise, konfirmirte Urbarien anzufertigen, wenn nicht in mehreren dieser Urkunden der Hergang selber
verzeichnet wäre. Ganz naiv wird in der Einleitung zu einer Anzahl solcher Schriftstücke angeführt, daß die Bauern nicht unterkreuzen gewollt (schreiben konnten nur äußerst Wenige) und daß sie theils
durch Androhung, theils durch wirkliche Anwendung von Waffengewalt zur Unterschrift, d. h. zum Unterkreuzen, der sie und ihre Nachkommen übervortheilenden Urkunde gezwungen wurden. Auf Grund solcher
„wohlerworbenen Rechte“ haben die Herren Ritter in Schlesien während der letzten 30 Jahre jenes artige Sümmchen von circa 240 Mill. Thalern aus dem Schweiß und Blut des Bauernstandes in
ihre ahnenstolzen Geldkisten hinüberzudestilliren gewußt.
Zu dieser direkten Prellerei kommt noch die indirekte, zum unmittelbaren Raube der mittelbare.
Unter der indirekten Prellerei nimmt die Grundsteuer die erste Stelle ein.
Friedrich II. ließ im Jahr 1749 ein Steuerkataster in Schlesien anfertigen. Den Bauern wurde eher mehr als weniger Boden in die Liste verzeichnet. Die Herren Ritter dagegen, als die allein
Gewaltigen, ließen aufschreiben, wie viel ihnen eben bequem war. Standesinteresse, Bestechung, Einschüchterung leisteten das Mögliche. In jenem Kataster wurde der Ertrag eines Morgen cultivirten
Landes zu 1 Thlr. schles. veranschlagt und danach die Grundsteuer von den Bauern und von den Rittergütern erhoben. Nach dem nämlichen Maaßstabe mußten und müssen die Kreisbeiträge, die Abgaben für die
Kreuzburger Landarmenanstalt, für Irren- und Correctionsanstalten und für eine Menge anderer Zwecke entrichtet werden.
Zur Zeit der Katasteraufnahme herrschte die Dreifelderwirthschaft. Ein Drittel der Ackerfläche mußte jedes Jahr zur Brache liegen gelassen werden. Dieses brache Drittel wurde im Kataster nicht
aufgenommen. Der Thaler-Ertrag bezieht sich nur auf die übrigen jährlich kultivirten 2 Drittel. Mit Abschaffung der Dreifelderwirthschaft und jährlicher Bebauung der gesammten Morgenfläche, also mit
Einführung der modernen Agrikultur gewannen die Rittergüter, die bisher Grundsteuer gezahlt, natürlich in einem ganz anderen Verhältniß, als der „kleine Mann“, der z. B. im Besitz von 3
Morgen Landes nun jährlich alle 3 bebaute, während er früher nur 2 anpflanzen durfte und den dritten für die herrschaftlichen Schaafe, Schweine, Kühe etc. als Brachweide reserviren mußte. Der
Rittergütler mit 1200 Morgen ‒ um einen der kleineren herauszunehmen ‒ gewann jetzt von 400 Morgen, die früher brach gelegen, seinen Jahresvertrag. Allein die Grundsteuer und die übrigen
auf das Kataster von 1749 gestützten Abgaben wurden nach wie vor in dem nämlichen Verhältniß gefordert und geleistet. Nicht genug. Der Rittergütler ließ seine Waldungen ausroden und machte Wiesen oder
Ackerland daraus. Nach und nach wurden die breiten Gränz-Raine, die breiten Graben und Wiesenränder, Auen und Flächen innerhalb des Dorfes, kurz jedes irgend benutzbare Fleckchen von den
„gnädigen“ Herren konfiszirt und in Ackerland verwandelt. Die Grundsteuer und die übrigen Abgaben der Hohen Herren ‒ insoweit sie überhaupt Steuern zahlten ‒ blieben
unverändert. Die drei, vier und mehr Morgen des „kleinen Mannes“ wuchsen nicht; er hatte weder Waldungen umzuschlagen, noch breite Grabenränder etc. umzuackern. Schon bei Anlegung des
Katasters durch falsche Morgenzahl aufs Aergste begünstigt, sah der Ritter sein Vorrecht noch fernerhin stets gemehrt und erweitert.
Wir wollen indeß die Zeit vor 1810 ganz bei Seite lassen und uns an die darauf folgende halten.
Daß 1810 die „Erbunterthänigkeit“ unentgeldlich aufgehoben wurde: versetzte die Herren Ritter in äußerste Wuth. Mehrere schworen in der ersten Zorneswallung dem preußischen Könige
Urfehde ob solchen Eingriffs in ihre „wohlerworbenen Rechte.“ Und doch war der preußische König sehr unschuldig daran. Nicht ihm, sondern den Franzosen, dem Kaiser Napoleon, verdankt die
Bauernschaft in den östlichen Provinzen die Erlösung von der Schmach der Erbunterthänigkeit.
Napoleon mußte erst das preußische hochnasige Krautjunkerthum bei Jena zusammenhauen, damit die preußische Regierung zu dem Erlösungsgesetz gezwungen werden konnte.
Das ist die unzweifelhafte Wohlthat, die Millionen von preußischen Bauern dem Napoleon zu verdanken haben. Dagegen beging er aber eine eben so arge Missethat. Sie bestand darin, daß er nicht, wie
in andern Fällen, sofort dekretirte: „Das Haus Hohenzollern hat aufgehört zu regieren.“ Es war eine arge Mißethat, daß er im Frieden zu Tilsit überhaupt noch ein Preußen bestehen ließ,
statt sämmtliche Provinzen, nach vorgängiger unentgeldlicher Abschaffung aller Feudallasten und Einführung des französischen Gesetzbuches in französische Departements oder unabhängige Staaten zu
verwandeln. Die Rheinprovinz die 25 Jahre unter französischer revolutionärer Herrschaft stand, kennt seitdem keine Feudallasten mehr und jeder rheinische Bauer ist freier Grundbesitzer. Genug,
Napoleon that es nicht. Die Nemesis hat ihn dafür ereilt und die preußischen Bauern, namentlich die schlesischen, haben für diese seine Unterlassungssünde bis auf den heutigen Tag unglaublich dulden
und bluten müssen.
Das Gesetz über Abschaffung der Erbunterthänigkeit vom J. 1810 konnte den Bauern unmöglich genügen. Blieb doch die schwerste Last, die gutsherrlichen Abgaben und Frohnden, nach wie vor auf ihre
Schultern gepackt. Dort, wo sie, wie in Oberschlesien, auch diese Last abzuwälzen versuchten, wurden sie mittelst Kugeln und Bajonetten zum gutsherrlichen Gehorsam zurückgezwungen. Desto mehr hofften
sie auf endliche Freiwerdung, wenn erst der „wälsche“ Feind hinausgeschlagen sei. An den herrlichsten Versprechungen von oben herab fehlte es nicht. Durch sie begeisterte man das Volk
zur Theilnahme an den sogenannten „Freiheitskriegen“. Unter diesen gottbegnadeten Verheißungen war auch die, daß künftig Jeder nach seinen Kräften zu den Steuern an den Staat beitragen
solle.
Als aber das Volk mit seinem Blut die geborstenen Throne „von Gottes Gnaden“ wieder zusammengekittet und die europäische Contrerevolution in Schlachten und auf Kongressen ihre Siege
und Bacchanalien gefeiert hatte: da zahlte die Ritterschaft gerade so wie früher nach dem alten betrügerischen und immer ungerechter werdenden Kataster. Wenn wir sagen: die Ritterschaft, so ist das
hier recht eigentlich: pars pro toto. Das heißt ein großer Theil der Ritterschaft, gerade derjenige Theil, der die größten und einträglichsten Güterkomplexe besitzt, hat unter dem Titel
von „wohlerworbenen Rechten“ als mediatisirte Standesherren bis jetzt noch nicht einen Deut Grundsteuer gezahlt.
Rechnen wir das, was die Herrn Ritter in den letzten 30 Jahren blos an Grundsteuer zu wenig oder gar nicht gezahlt haben, auf 40 Mill. Thaler ‒ und das ist wahrlich noch eine Rechnung unter
Brüdern ‒ : so macht dies mit den auf directe Weise aus den Taschen des schlesischen Landvolks geraubten 240 Millionen eine Summe von 280 Millionen.
Das ist die schlesische Milliarde! Wir kämen weit über sie hinaus, wollten wir alle übrigen raubritterlichen directen und indirecten Prellereien mit ins Conto setzen.
Da nun die Herren Ritter mit erneuter Lust auf ihrem Steckenpferde der „Entschädigung“ herumreiten, so ist's Zeit, daß der Bauer nun endlich einmal auch sein eignes
Entschädigungsroß besteigt. Die Herren Ritter wollen das mittelalterliche, das feudale Eigenthum, das sie bisher unter dem Namen von „Grundzinsen, Spinn-, Hühner-, Wächter-, Eier-, Besen-,
Schornsteinfeger- und Schutz-Geld“, von „Roboten oder Hofediensten“, von Getreide- und andern Naturallieferungen“ ausbeuteten, geschwind noch in bürgerliches, in
allermodernsten Renten- oder Pfandbriefeigenthum verwandeln. „Entschädigung“ nennen sie den Verwandlungsprozeß.
Nun gut, da Ihr nicht müde werdet von „Entschädigung“ zu schwatzen und so unklug seid, das Prinzip des aus dem vorigen Jahrhundert her noch jetzt in Schlesien renommirten Erzgauners
Erner ‒ der die reichen Müller nur gegen eine äquivalente Geldsumme mit dem Besuch seiner Räuberbande verschonte ‒ auch künftig festhalten zu wollen: so wundert Euch nicht, wenn der
schlesische Bauer endlich die Kreide herausnimmt, Euch die Rechnung macht und in den Ruf der „Entschädigung“ mit einem Tone einstimmt, der Euch bald durch ganz Schlesien auf hohen und
niedern Schlössern höchst unheimlich um die Ohren gellen wird.
Der schlesische Bauer wird nicht eher ruhig werden, bis Ihr ihn entschädigt, bis Ihr ihm die abgeprellten 280 Millionen zurückerstattet habt. Er kennt gerade so viel Naturgeschichte,
um zu wissen, wie man den vollgesogenen Blutegel wieder entleert. Die Zinsen läßt er euch durch Steineklopfen, oder Wollespinnen, Kälberhaarezupfen etc. abverdienen. So kommt Ihr endlich zu Eurem
„wohlerworbenen Rechte“, und der Landmann zu dem seinigen, d. h. zu den 280 Millionen, um die er während 30 Jahren ‒ raubritterlich betrogen wurde.
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] Berlin, 23. März.
Das Comité zur Errichtung eines Denkmals im Friedrichshain hat für heute Abend eine Versammlung anberaumt, zu der mehrere Abgeordnete der Linken
eingeladen sind. Man beabsichtigt, da die Beiträge die Höhe von tausend Thaler schon erreichen, ein größeres Comite einzusetzen, bei welchem sich auch Abgeordnete betheiligen würden. Es sind
allerdings für ein Denkmal zu Ehren der gefallenen Soldaten über 20,000 Thlr. eingekommen. Wir bemerken indeß, daß ein bekanntes Mitglied des königl. Hauses, bei den Märzereignissen sehr betheiligt,
die 20,000 Thlr. allein gegeben hat.
Bei Hofe ist man über die Annahme des Thiel'schen Amnestie-Amendements durchaus nicht bestürzt. Der König und ein großer Theil seiner Umgebung wünscht den Anlaß zu einer Amnestie, weil man
dort nicht konsequent und nicht muthig genug ist, den Weg der Contrerevolution weiter zu gehen. Nur Manteuffel erklärte sich mit großer Entschiedenheit stets gegen jede unzeitige Milde.
Graf Arnim hat dieser Tage seine Entlassung als Minister der auswärtigen Angelegenheiten eingereicht. Es bewog ihn dazu der Tadel seiner Kollegen über seine deutsche Politik, theils die Gesinnung
der ersten, sowie der zweiten Kammer in dieserselben Sache. Die Interpellation, welche Graf Dyhren zu morgen in der ersten Kammer angekündigt hat, wird dieser Kammer Gelegenheit geben, die
Expectoration des hochgräflichen Ministers anzuhören, da seine Entlassung vom König nicht angenommen ist. Manteuffel besteht indeß auf einer Aenderung in der deutschen Politik.
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] Berlin, 23. März.
Sitzung der zweiten Kammer.
Nach Verlesung des Protokolls erhält der Abg. Bodelschwingh das Wort zu einer faktischen Berichtigung. Er will seine in der Abtheilung gemachte und gestern auf der Tribüne zur Sprache gebrachte
Aeußerung: „daß die Amnestie eine Grausamkeit sei“ rechtfertigen. Man habe diesen Satz aus dem Zusammenhange gerissen. In der Abtheilung habe er sich gegen die Amnestie ausgesprochen,
weil Massenbegnadigungen, die man Amnestie nennt, statt der Milde die man erwartet, vom Volke als Grausamkeit werden angesehen werden, indem das Rechtsgefühl durch eine solche Amnestie so untergraben
wird, daß Grausamkeiten jeder Art die Folge sein werden.
Der vierte Abschnitt der Adresse und alle dazu gestellten Amendements werden verlesen. Vincke als Referent erklärt, daß sich die Adreßkommission mit den Amendements von Osterrath und von Bleibtreu
einverstanden erklärt. Sie lauten:
Osterrath: Hohe Kammer wolle, in Erwägung
daß die „Ordnung der kirchlichen Zustände“ von der Staatsgesetzgebung unabhängig ist, u. s. w.
beschließen: in dem vierten Absatz des Adreßentwurfs die Worte:
„und der kirchlichen Zustände und die hierauf bezüglichen Entwürfe“ ‒ nicht anzunehmen.
Bleibtreu. Die hohe Kammer wolle beschließen: in den Passus die Ordnung der Gemeindeverhältnisse u. s. w. nach den Worten: „und Gewerbeverhältnisse“ einzuschalten:
„wie zur Hebung der arbeitenden Klassen.“
Die Debatte wird eröffnet. Wollheim greift das Ministerium wegen den von ihm auf Grund des Art. 105 der Verf. octroyirten Verordnungen an. ‒ v. d. Heydt und Manteuffel
suchen sich zu vertheidigen.
Nachdem noch einige faktische Berichtigungen gemacht sind, beliebt man die Abstimmung. Die Amendements D'Ester, Rodbertus, Thiel werden eins nach dem andern verworfen. Der
Adreßentwurf wird mit Berücksichtigung der beiden oben gegebenen Amendements Osterrath und Bleibtreu angenommen.
Hierauf werden die Amendements zum fünften und sechsten Absatz der Adresse, welche über die Finanzen und das Heerwesen handeln, verlesen. Das Wort erhält
Görz-Wrisberg. Der Redner, früher Offizier, legt die Gründe dar,
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wie man durch Organisirung eines wirklichen Volksheeres große Ersparnisse machen könne. Wenn man kein Paradeheer wolle, könne man die Dienstzeit verkürzen. Auch erwähnt der Redner der mannigfachen
Verschwendungen, die beim Militärwesen gemacht werden (Bravo!).
Der Kriegsminister v. Strotha sucht ihn zu widerlegen. Was die kürzere Dienstzeit anbetrifft, so gestehe er, daß man in noch kürzerer Zeit als in sechs Monaten einen Soldaten ausbilden
könne, aber ein Soldat muß „erzogen“ werden und diese Erziehung fordert eine längere Zeit.
Caspary: Der Kriegsminister sagte, das Militär muß erzogen werden. Ja, allerdings! Auch 1813 wurden unsere Soldaten in einigen Wochen einexercirt und sie waren in kurzer Zeit erzogen,
„fürs Volk“ (!) erzogen. Aber jetzt wird der Soldat nicht für das Volk, sondern gegen das Volk erzogen. Das Soldatenthum ist das Mönchsthum der Könige geworden.
Nachdem noch Dierschke und einige Andere gesprochen, wird die Debatte geschlossen. Vincke (Referent) glaubt, daß bei dem gegenwärtigen umwölkten Himmel Europa's es doppelt
Unrecht wäre, das, als das vortrefflichste bekannte preußische Heer auch nur durch ein in der Adresse aufzunehmendes Wort anzugreifen. Er widerlegt noch mehrere in der Debatte gar nicht vorgebrachte
Thatsachen, wodurch sich v. Berg veranlaßt sieht, auf das Ordnungswidrige hierin aufmerksam zu machen, da der Referent sich auf eine Diskussion in der Abtheilung bezogen.
Die Amendements der Linken werden verworfen und der fünfte Absatz der Commission angenommen.
Vor dem Uebergang zur Debatte über den sechsten Absatz sucht sich Hr. v. Vincke wegen der ihm von Hrn. v. Berg vorher gemachten Vorwürfe zu vertheidigen.
Neumann: Der 18. März war die Bluttaufe einer großen Zukunft. (Lachen zur Rechten.) Das Heer hat sich im Laufe des ganzen Jahres den Bürgern gegenübergestellt und dafür sollen wir dem Heere
danken? ‒ Wir Demokraten sind der Meinung, daß das Heer zu unseren Ansichten wird erzogen werden, ohne daß eine Demoralisation einreißen könne, im Gegentheil wird das Heer demoralisirt werden,
wennn man fortfährt, es so mit Flugschriften und unwahren Lehren zu überschütten, wie es jetzt geschieht.
Graf Schwerin will in einer faktischen Berichtigung die letzten Worte des Vorredners widerlegen.
D'Ester: Unser Heer besteht nicht blos aus den Soldaten, es besteht auch aus den Offizieren und ihrem Corpsgeiste. Nicht die Soldaten will ich angreifen, die fanatisirt, aufgereizt
werden. Anklagen wollen wir sie nicht, aber auch nicht loben. Wollen Sie einen Beweis von dem Geiste, der im Heere herrscht, so erinnere ich Sie an die Worte des Kriegsministers. Als nach dem Frieden
von Tilsit Preußen verboten ward, eine große Armee zu halten, nahm man das Prinzip an, alle sechs Wochen neue Rekruten einzuberufen und sie bewährten sich 1813-15 auf das Ausgezeichnetste, obgleich
sie nicht zu jenem Geiste erzogen waren, zu einer Erziehung, die der Hr. Kriegsminister für so unerläßlich hielt. Sie fochten aber auch für das Volk (!) und für die Freiheit des Volks, (!) und
wenn unsere Truppen jetzt wieder gegen die Feinde des Volkes und für seine Freiheit kämpfen werden, dann will auch ich dankende Worte an dieselben richten. Nicht alle unsere Soldaten sind verdorben;
ich habe bei den Excursionen, welche man im vorigen Jahre mit der Nationalversammlung vornahm, manchen Soldaten gesehen, dem dabei die Thränen herunterliefen. Aber für die mannichfachen Metzeleien,
die in diesem Jahre vorgefallen und die ich nur den Führern Schuld geben kann, dafür kann ich keinen Dank aussprechen.
Der Driegsminister nimmt die Offiziere in Schutz.
Tilff spricht in gewöhnlicher versöhnender Weise.
Stiehl: Das Heer hatte im letzten Jahre die sittliche Aufgabe, die Ruhe und Ordnung zu erhalten. Es ist dem Heere ohne vieles Morden und ohne Excesse gelungen. Wir sind verpflichtet, dem
Heere zu danken.
Kinkel: Man möge unterscheiden zwischen dem Kampfe der hier in Berlin stattgefunden, dem im Großherzogthum Posen, der schon als Krieg zwischen zwei verschiedenen Nationalitäten angesehen
werden kann und den Kämpfen in Schleswig-Holstein. Für letztere will auch ich dem Heere meinen Dank nicht vorenthalten, es hat sein Blut für die deutsche Sache dort verspritzt, obgleich der Erfolg die
Mühe nicht lohnte. Der Redner widerlegt alle vorherigen Redner, die von sittlicher Macht predigten. Der exclusive Geist des Soldatenthums streite gegen die Sittlichkeit, dieser Geist habe Robert Blum
getödtet. (Lachen auf derRechten.) Wir werden gegen diesen Geist die Gedanken Hunger, Noth, das Proletariat in den Kampf führen. Wir fürchten den äußern Krieg nicht, wenn es ein Völkerkrieg und kein
Kabinetskrieg ist. Wenn man aber die Kasernentapferkeit wieder in die Schranken führt, wird Preußen sein Jena nochmal erleben. (Zischen rechts.)
Herrmann macht eine faktische Berichtigung dahin, daß die Seite des Hauses, der er angehöre, das Proletariat nicht als Kanonenfutter gebrauchen, sondern liebend an ihr Herz ziehen wolle.
Graf Arnim sagt, daß das Heer sich um das Vaterland wohl verdient gemacht habe.
Vincke wendet sich als Referent besonders gegen Kinkel, dem er Mangel an Logik vorwirft. Zuletzt sagt er: den Rechtsbruch im November v. J. habe nicht die Regierung veranlaßt, sondern die
Steuerverweigerer.
Da erhebt sich ein furchtbarer Sturm zur Linken. Zur Ordnung rufen Einige, Andere weisen den Ordnungsruf zurück, weil der Name Steuerverweigerer keine Beleidigung sei.
Grabow ruft demungeachtet Vincke zur Ordnung. Vincke will die Gründe wissen. Er erklärt im Angesicht ganz Europas, diesen Vorwurf wiederholen zu wollen. Neuer Sturm auf der Linken.
Anhaltender Lärm. Eisenach! Eisenach! hört man vielseitig rufen.
Vincke setzt seine Beleidigung fort, bis er endlich zum Schluß gelangt und von Parrisius, der es sich zur Ehre anrechnet, ein Steuerverweigerer zu sein, widerlegt wird.
Schließlich wird der § der Kommission angenommen, nachdem alle Amendements der Linken verworfen worden.
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@facs | 1436 |
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] Breslau, 22. März.
Der Oberpräsident hat diesen Abend die hiesige Bürgerwehr angeblich „wegen Dienstverweigerung etc.“ und weil sie an dem Festzuge am 18.
Marz Theil genommen, vorläufig suspendirt.
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@facs | 1436 |
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!!!
] Frankfurt, 23. März.
National-Versammlung. Präsident Simson. Tagesordnung: 2. Lesung der deutschen Reichsverfassung. Man spricht von einem Ministerium von Herrmann,
Römer, M. Mohl, von Möhring (Oestreich), H. Simon (Breslau) u. s. w., auch von Sommaruga. Die wüthenden und blamirten Preußen wollen einen Antrag auf Ausschließung der Oestreicher stellen. ‒
Johann soll das Ministerium Gagern mit wahrem Vergnügen entlassen haben.
Prinzinger aus Niederöstreich zeigt seinen Austritt an. 3 neue Abgeordnete treten ein Nach der Ersatzwahl zweier Mitglieder für den östreichischen Ausschuß geht man zur zweiten Lesung. Die
Diskussion fällt nach den gestern angenommenen Anträgen gänzlich weg.
Zwei allgemeine Anträge über die Geschäftsverhandlung werden vorgelegt. Der erste von Max Simon und mehreren Mitgliedern der Linken, beantragt wegen der Ermüdung die die ewigen Abstimmungen
herbeiführen, tägliche 2 Sitzungen früh und Nachmittag. Dies wird angenommen. Es wird von nun an bis zur Beendung der zweiten Lesung früh von 9 bis 1 Uhr und Nachmittags von 4 bis 7 Uhr Sitzung
gehalten und zwar täglich.
Ein zweiter Antrag von Hermann Müller, Beda Weber und anderen geht daher nach Vollendung der zweiten Lesung noch einmal über die ganze Verfassung in einer Gesammtabstimmung zu beschließen.
Viele Redner von Links sind dafür, ebenso die Oestreicher; die Preußen sind natürlich dagegen. Die Debatte darüber ist giftig. Unter andern quälte sich der Literat Jordan in bekannter Leipziger
Gosenmanier dagegen ab. Auch Herr Venedey ist dagegen und erndtete den Beifall der Rechten. Es geht ihm durch's Herz, daß die Verfassung noch „einmal auf's Spiel gestellt werden
solle.“ Gestern habe er gehört wie ein Oestreicher (Schmerling!) gesagt habe, er werde nun (nach dem gestrigen Beschluß) zu dem Bevollmächtigten Camphausen gehen und sehen, ob derselbe jetzt
mürbe genug gemacht worden sei, um zur Oktroyirung vorzuschreiten. (Großer Lärm.)
Schmerling (allgemeine Stille): Obschon der Redner vor mir meinen Namen nicht genannt, so glaube ich doch, daß er mich meint. (Aha!) Schmerling bezeichnet Venedey's Ausdruck als eine
freche Lüge, eine infame Zumuthung die man einem Staatsmanne machen könne. Er sei allerdings gestern bei Camphausen gewesen, aber nur um versöhnend mit ihm zu berathen. ‒ Präsident will den
wegen dieses Incidenz-Falles entstandenen Tumult beschwichtigen, was ihm endlich durch eine Abstimmung gelingt, in der man beschließt, auf dieses Skandalosum und Venedey'sche Gewäsch publiee
nicht weiter einzugehen.
Der Antrag von Hermann Müller, Weber u. A. wird mit großer Majorität abgelehnt
Die zweite Lesung beginnt:
Abschnit 1: Das Reich. (Art. 1.)
§ 1.
„Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes.“
Angenommen.
Ein Zusatz:
„Die Theilnahme der östreichischen Bundeslande an den reichsverfassungsmäßigen Rechten und Pflichten bleibt vorbehalten.“
Wird in namentlicher Abstimmung mit 290 Stimmen gegen 240 verworfen. Die Linke dagegen:
„Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig bleibt vorbehalten.“
Angenommen.
Zusatz von M. Mohl:
„Die Aufnahme weiterer Länder in das deutsche Reich kann durch Reichsgesetze erfolgen.“
In namentlicher Abstimmung mit 268 Stimmen gegen 259 verworfen. Linke und Oestreicher dafür.
Gegen diese Bestimmungen des § 1 legen die 3 Abgeordneten von Südtyrol Esterle, Marsilly und Gazoletti feierlichen Protest ein, da ihre Wahlkreise sich nicht per Gewalt germanisiren lassen
wollen.
Artikel 2, § 2.
„Kein Theil des deutschen Reichs darf mit nicht-deutschen Ländern zu einem Staat vereinigt sein.“
Die Linke und die Oestreicher stimmen dagegen. Max und Heinrich Simon stimmten dafür. Radowitz und von Boddien stimmten auch mit Nein! Giskra enthielt sich der Stimme. Das Resultat der Abstimmung
ist, daß 266 mit Nein und 26[unleserlicher Text] mit Ja gestimmt haben. Jedem Unbefangenen leuchtet ein, daß der § verworfen ist. Aber der Präsident Simson hat seine „eigne Ansicht,“ er erklärt vor der
Bestimmung des Resultats Herrn Reh (!) das Wort geben zu wollen. Dieser abtrünnige Ehrenmann erklärt, die Stimmen der 3 Tyroler Abgeordneten Esterle, Marsilly und Gazoletti könnten wegen des
obenangeführten Protestes nicht mitgerechnet werden. (Die 3 Genannten hatten mit Nein gestimmt.) Und so meint Herr Reh, sei der § 2 angenommen. Hierüber erhebt sich allgemeine Ulkerei, die eine
Viertelstunde dauert und wobei einige Abgeordnete nahe daran sind, thätlich zu werden.
Präsident hebt die Sitzung (3/4 1 Uhr) auf und erklärt vorläufig formell den § 2 für verworfen, indem er es der heutigen Nachmittagssitzung vorbehält, über die Abstimmung der 3 genannten Tyroler
Abgeordneten zu entscheiden
Um 4 Uhr nächste Sitzung, die voraussichtlich stürmisch werden wird.
Nebenbei führe ich zur letztberegten Thatsache an, daß die Schleswigschen und Posenschen provisorischen Abgeordneten vom ersten Tag an bei allen Beschlüssen mitgestimmt haben. ‒ Aber diese
Ehrenmänner sitzen auch alle auf der Rechten, während die drei Tyroler links. Das erklärt Herrn Simsons „eigne Ansicht“! ‒
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@facs | 1436 |
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!!!
] Frankfurt, 23. März.
Nachmittagssitzung der National-Versammlung.
Beginn nach 4 Uhr.
Simson präsidirt.
Die Abgeordneten umdrängen Bureau und Tribüne und disputiren heftig mit dem Präsidenten. Bei allen heftigeren Debatten zeichnet sich besonders der feiste Schulmeister Kerst aus Posen aus, der an
bäuerischer Rohheit Alles übertrifft, was sonst nur in Schnapskneipen denkbar ist. Uebrigens verzweifeln die meisten Abgeordneten selbst an der längeren Existenz dieser Versammlung. Die Centralgewalt
ist schwächer als ein Schatten. Das Ministerium glücklicherweise gestürzt, aber ein neues eine nicht zu lösende Hypothese. Und die Versammlung durch Nationalhaß, Regierungsrücksichten,
Unentschlossenheit und bösen Willen unflickbar zerrissen.
Präsident erhebt Bedenken gegen die Zulässigkeit eines tyroler Abgeordneten Dr. Marcek.
Er wird vorläufig zugelassen.
Die drei angegriffenen Tyroler Esterle, Marsilly, Garzoletti erklären, daß ihr Protest natürlich nur prinzipiell ist.
Reh erklärt hierauf, daß nur sein augenblickliches Gefühl des tiefsten Schmerzes für das Vaterland (Bravo und Zischen) ihn heute früh zu diesen Einwürfen bewegte, die er als Irrthum
anerkennt. Noch fügt er eine rührende Tirade zu und zieht seinen Antrag zurück.
Präsident verliest einen Antrag von Bergthaler aus Wien, wonach Präsident sofort den Beschluß über die Verwerfung des § 2 als gültig proklamiren soll. Dasselbe beantragt Kohlpanzer, indem
er einen Tadel des Präsidiums ausspricht. Präsident erkennt seinen Irrthum. (Bravo!)
Die Sache ist hiermit erledigt, und der erwartete Scandal bleibt aus.
§ 2 ist verworfen.
§ 3.
„Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so ist das Verhältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu
ordnen.“
Auch dieser § wurde mit 274 Stimmen gegen 256 verworfen.
Minoritätserachten an die Stelle von § 3:
„Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so soll das deutsche Land eine von dem nichtdeutschen Lande getrennte, eigene Verfassung, Regierung und
Verwaltung haben.“
Mit 290 Stimmen gegen 240 angenommen.
„In die Regierung und Verwaltung des deutschen Landes dürfen nur deutsche Staatsbürger berufen werden.“
Angenommen.
„Die Reichsverfassung und Reichsgesetzgebung hat in einem solchen deutschen Lande dieselbe verbindliche Kraft wie in den übrigen deutschen Ländern.“
Angenommen.
§ 4 fällt weg. Statt dessen wird ein Amendement von Tellkampf angenommen, des Inhalts:
„Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so muß dieses entweder in seinem deutschen Lande residiren, oder es muß auf verfassungsmäßigem Wege in
demselben eine Regentschaft niedergesetzt werden, zu welcher nur Deutsche berufen werden dürfen.“
§ 5 wird angenommen. Ein Zusatz der Minorität, welcher die Mediatisirung anbahnt, wird verworfen.
§ 5.
„Abgesehen von den bereits bestehenden Verbindungen deutscher und nichtdeutscher Länder soll kein Staatsoberhaupt eines nichtdeutschen Landes zugleich zur Regierung eines deutschen Landes
gelangen, noch darf ein in Deutschland regierender Fürst, ohne seine deutsche Regierung abzutreten, eine fremde Krone annehmen.“
§ 6.
„Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, so weit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, so weit
diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind,“
wird angenommen.
Die Linke wollte als Abschnitt 2 „die Grundrechte“ folgen lassen. Wurde mit zweifelhafter Majorität verworfen und es kommt als Abschnitt 2 „die Reichsgewalt.“
Die Linke beantragt als Einschaltung zwischen § 6 und 7:
„Das deutsche Volk ist souverän.“
„Alle Reichsgewalt rührt vom Volke her.“
Es erfolgte namentliche Abstimmung.
Dagegen stimmten unter Anderm: Mewissen (Köln), Lassaulx, Linde, Möhring, Robert Mohl, Laube, Mathy, (Neuwall hatte sich gedrückt und wurde furchtbar ausgelacht), Philips, Plathner, Radowitz,
Raumer (Berlin und Dinkelsbühl), Reichensperger, Riesser, Rüder, Rümelin, Schmerling, Schneer, Schubert (aus Königsberg), Schwetschke, Simson (Bruder des Präsidenten), Soiron (langes höhnisches Bravo,
Hohngelächter der Gallerien. Man ruft: „Heckers Märzfreund!“), Waitz, Wernher aus Nierstein, Wurm, Arndt (aus Bonn), Bassermann (langes Gelächter), Beckerath, der bezahlte Beseler
aus Greifswald, Herr Literat Jordan, der sich „aus Berlin“ nennt, ohne weder in Berlin ansässig oder gebürtig noch gewählt zu sein und dessen glorreiches Leben nächstens im
Feuilleton der „N. Rh. Ztg.“ erscheinen soll.
Resultat: Das Minoritätserachten wird mit 297 gegen 213 Stimmen verwofen.
Die Sitzung dauert beim Postschluß (3/4 7 Uhr) fort.
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@facs | 1436 |
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*
] Wien, 21. März,
Schon wieder drei Gesetze octroyirt: 1) gegen die Presse (hohe Kautionen, schwere Kerkerstrafen à la Manteufel etc.), 2) über Associationen
(à la Manteufel-Hohenzollern) und 3) ein Gesetz über das Preßverfahren.
Französische Republik.
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@facs | 1437 |
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] Paris, 22. März.
Die Revolution stand vor der Thüre; während zwei voller Stunden sprühte sie unter der Asche der Linken, und die Linke hat sie in der Tasche wieder
ausgelöscht. Die Kammer hatte nämlich gestern den ersten Paragraphen des von der Minorität der Kommission vorgelegten Gesetzentwurfes über die Klubs angenommen. Die Kammer hatte mit Faucher den
diktatorischen Spruch ausgesprochen: „Die Klubs sind untersagt.“ Aber die Majorität der Kammer war so schwach, Cremieux und Favre hatten den Barrot's und Faucher's so derbe
Wahrheiten gesagt, daß Faucher und Barrot Furcht bekamen und im zweiten Paragraph mit der Majorität der Komission geneigt waren, ein Correktivmittel anzuwenden. Also, wenn es im ersten Paragraphen
heißt: „die Klubs sind untersagt,“ so sollte der zweite Paragraph lauten: „Alle politische und öffentliche Versammlungen, die nur zufällig stattfinden, um über einen bestimmten
Gegenstand zu deliberiren, sind nicht als Klubs zu betrachten.“ Die Furcht des Herrn Barrot gab dem Hrn. Cremieux Muth: die Klubs sind untersagt! das ist eine offenbare Verletzung der
Konstitution. Was liegt uns an dem mittleren, dem zweiten Paragraphen, womit Barrot und Faucher ihre Ehrlichkeit zu retten suchen? Cremieux erklärte also bei Eröffnung der Berathungen, daß die
Kommission ihren eigenen Paragraphen zurückzöge und sich der Abstimmung enthalten würde. Das war wie ein Schlag, der in die Kammer fiel. Während die Kammer zum Skrutinium schritt, fand ein Skrutinium
ganz anderer Natur im Conferenzsaale statt. Dort waren 300 Mitglieder, die Linke und die Montagne, hingezogen, um über die weiteren Verhaltungsmaßregeln zu deleberiren.
Cremieux sprach; und in seiner Rede setzte er die Gründe für den eben gethanen Schritt auseinander. Und wie er dem Schritte so recht auf den Grund gehen wollte, da erkannte er, daß von der
Deputirten-Kammer aus der Weg direkt in die Straßen, d. h. zu den Barrikaden führe. Cremieux und die Straße! Marrast und die Straße! Und wer verbürgt dann dem Herrn Cremieux, daß der Weg von der
Straße wieder in's Hotel de Ville und zur provisorischen Regierung führt? Und wer bindet Herrn Marrast an den Präsidentensessel fest? Ach Gott, und Herr Cavaignac, der Mann des Straßenkampfes,
der seine Mobilgarde verloren, und mit den alten Insurgenten, seinen Todtfeinden, genöthigt wäre, dem Changarnier entgegenzutreten? Nein, das war zu viel von der Linken verlangt. Die Linke darf nicht
in die Straße hinabsteigen; die Straße mit den Pflastersteinen gehört dem Volke, und die Kammer mit den Portefeuilles den Cremieux's und Genossen. Cremieux ist mit der Linken zurückgekehrt in
die Kammer: der Berg allein hat sich des Abstimmens enthalten.
Während dieser ganzen Zeit aber war die Kammer in der höchsten Angst. Man denke sich: als sie zum Skrutinium schritt, ergaben sich im Ganzen 400 und einige Mitglieder, und es müssen 500 sein, um
einen gültigen Beschluß zu fassen. Das Skrutinium mußte für null und nichtig erklärt werden, obgleich die Majorität dem fraglichen Paragraphen gesichert war. Ein zweites Skrutinium mit Namensaufruf
fand Statt. Das Resultat war dasselbe. Die Angst war unbeschreiblich. Da der exekutiven Gewalt das Recht nicht zusteht, die Kammer aufzulösen, so hatte durch dieses Verfahren die Linke ein Mittel in
die Hände bekommen, die Kammer zu paralysiren, und mit der Kammer Napoleon und Barrot. Diese Gewalt, mit der sichern Aussicht auf die „Straße,“ überstieg die Kräfte der Linke. Sie zog es
vor, lieber in die Kammer zurückzukehren, als in die Straße hinabzusteigen. Der National hat gezeigt, daß er die Faust ballen kann, und das genügt ihm. Er hat aber auch gezeigt, daß er vor seiner
eigenen geballten Faust Furcht hat, und das genügt dem Journal des Debats. Es freut sich, daß die Waffe, von welcher der National Gebrauch machen konnte. ebenso verderblich ist denen, welche sie
führen, als denen, gegen welche sie geführt wird.
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@facs | 1437 |
Paris, 23. März.
Der Moniteur und sämmtliche ministerielle Blätter enthalten folgenden Artikel, als Rechtfertigung der neuesten Polizeijagd gegen das „Peuple“:
„In einem neuen Artikel über die außerordentlichen Unterstützungen, welche den hülfsbedürftigen Bürgern gewährt werden, beharrt das Journal Le Peuple in seinem Systeme, Beunruhigung zu säen
und ungeachtet der Denegationen, die ihm entgegengestellt wurden, behauptet es wiederholt, daß am 25. März alle Unterstützungen aufhören und daß 300,000 Menschen in der Stadt Paris allein den Qualen
des Hungers überlassen würden. Wir können nur wiederholen, daß die Behauptungen des Journals de Peuple von einem Punkte zum andern falsch sind. Die Unterstützungen an wahrhaft Bedürftige (!) werden am
25. d. nicht nur nicht aufhören, sondern aus denjenigen Quellen so lange als nöthig (!) fortgesetzt werden, welche weise Vorsicht aufzusparen wußte. Wir fügen bei, daß die Zahl des Peuple reine
Erfindung ist. Aus den offiziellen Listen geht hervor, daß die Zahl der hülfsbedürftigen Bürger, nach Abzug der auf den gewöhnlichen Armenlisten der Wohlthätigkeitsbureau's stehenden, auf
126,048 Menschen gefallen ist und Alles hoffen läßt, daß diese Zahl mit jeder Woche abnehme, Dank der Wiederbelebung des öffentlichen Geschäftsbetriebs, der in fast allen Pariser Gewerbszweigen in der
Besserung begriffen ist. Aber eben dieses für Alle evidente Symptom bewirkt die Verzweiflung der anarchischen Journale.“
Dieser Artikel des Moniteur ist keineswegs beruhigend. Auf den gewöhnlichen Armenlisten der Wohlthätigkeitsbureau's stehen nach Delefferts und Remusats Tabellen Jahr aus Jahr ein zwischen
95-98,000 Seelen. Diese hinzugerechnet, gibt eine Zahl, welche die vom Peuple angeführte nicht weit hinter sich läßt. Man beurtheile also hiernach die Lage des Pariser Pauperismus am Beginn des
Frühjahrs 1849. Der Wahrheit die Ehre.
‒ Cabet ist nicht todt, sondern wohl und munter in Texas bei seinen Freunden, unter denen fürchterlich intriguirt worden zu sein scheint, den Enthüllungen und Briefen nach zu urtheilen,
welche „Revolution“ und „Populaire“ heute von Cabet „Geranten von Ikarien“ veröffentlichen.
‒ So eben erscheint der neueste Bankbericht mit einem abermaligen Sinken des Pariser Wechselverkehrs um zwei Millionen in letzter Woche.
‒ Die Minorität der Klubkommission hat sich beeilt, ihre Arbeit (ein neues Klubgesetz in 28 Artikeln, deren Erster natürlich lautet: „die Klubs sind aufgehoben“) zu vollenden
und der Nationalversammlung vorzulegen. In Folge dieser Schnelligkeit könnte die Clubdebatte schon heute fortgesetzt werden.
‒ Heute Mittag erblickte man an den Mauern der Straßen eine kolossale gelbe Affiche mit den großen Buchstaben: „Kandidatur des Bürgers Proudhon. Allen wahren Katholiken
zugerufen.“ Dieser Ueberschrift folgten die kräftigsten Stellen aus Platon, St. Augustin, Dr. Hobbes und sonstigen Aposteln.
‒ An den Pariser Straßenecken geht es heute ganz belustigend zu. Man nähert sich einem Journalverkäufer mit der Frage: Haben Sie ein Peuple? Nein. (Das Weib oder der Mann sieht einem
in's Gesicht, und wenn man gerade keine Mouchardfratze hat, so entwickelt sich ein Peuple aus irgend einer Tasche. Man greift zu, zahlt 2 Sous und geht dann seiner Wege.)
Auf diese Weise wurden bis heute Nachmittag über 50,000 Nummern verkauft. Dann beeilen wir uns zu melden, daß in diesem Augenblicke über 500 Gardiens auf den Beinen sind, um das Peuple zum
zweiten Male wegzunehmen.
Aus Lyon erhalten wir Journale vom 22. März. Bügeaud war in Grenoble und geht dann nach Valence, um den Bürgerwehren die baldige Rückkehr des Kredits zu verkünden.
Siecle meldet in seinem zweiten Leitartikel: „der russische Kaiser leide an einer schweren Krankheit.“
‒ Zwei Dinge bilden den Gegenstand aller Gespräche: 1) Die Clubdebatte, welche heute (statt Montag) fortgesetzt wird. 2) Die wahrhaft erbauliche Polizeiwuth gegen das Journal „Le
Peuple“. In diesen beiden Dingen concentriren sich die augenblicklichen Kämpfe, unserer Rothen und Honetten.
Nur in der offiziellen Welt spricht man wohl auch noch von Radetzki'schen Proklamationen, von dänischen Flotten und dergleichen mehr.
‒ Der Moniteur zeigt an, daß der Präsident der Republik mehreren Invaliden, die er namentlich aufführt, in Erinnerung des Festes vom 20. d., das Kreuz der Ehrenlegion verliehen. Jenes Fest
bestand in der Uebergabe des berüchtigten grauen Mantels von Austerlitz etc. aus den Händen Petit's in diejenigen Jerome's, einer Feier, deren wir vorgestern erwähnten. Der jüngste der
Dekorirten zählt, glaube ich, achtzig Jahre; auch fehlen den Meisten ganze Arme und Beine.
Ferner enthält der Moniteur einen Brief Laity's (Ordonnanzoffizier) an die Direktion des Festes im Jardin d'Hiver, worin er das Ausbleiben des Präsidenten vom letzten Balle zum Besten
der Züchtlinge in Petit-Bourg, durch eine Kirchenfeier entschuldigt.
Zugleich bringt uns der Moniteur zwei Spalten voll neuer richterlicher Beamten.
‒ Die Nationalversammlung hat gestern diejenigen Kinder, die, obgleich von Ausländern gezeugt, in Frankreich geboren wurden und die Förmlichkeit des Art. 9 des Civilgesetzbuchs erfüllten, d.
h. ihrer Militärpflicht etc. genügten, nationalisirt. Dieselben können schon an der bevorstehenden Wahl theilnehmen.
‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 23. März. Lamoriciere nimmt Punkt 11 1/2 Uhr den Präsidentenstuhl ein und läßt das Protokoll vorlesen. Aber die Bänke sind noch so leer und er läßt
deshalb die Urnen herumgehen, um die Zahl der Glieder zu wissen. Die Zettel weisen 527 Anwesende nach und die Debatte beginnt.
An der Tagesordnung ist das Büdget (Kapitel der Staatsbauten), worüber sich eine zweite Generaldiskussion entsponnen, die gestern Abend den großen Finanzier Goudchaux auf die Bühne lockte, den aber
die Versammlung nicht ausreden ließ.
Goudchaux mit seinem Folianten erscheint von Neuem auf der Bühne, um seine gestern begonnene Finanzpredigt zu vollenden. Er weist nach, wie ergiebig die Finanzquellen Frankreichs seien (das
wissen Rothschild und Goudchaux wahrhaftig am Besten) und daß kein Nationalbankerott zu befürchten sei, wenn man seinen Rathschlägen folge. Zum hundertsten Male tritt er nun in seine bekannte
Finanzschau seit dem 24. Februar, die darauf hinausläuft, ein Viertel von allen Staatsdienstzweigen zu ersparen, was Dufaure und Pierre Leroux gestern als die größte Verrücktheit darstellten; denn
jeder abgeschnittene Posten werfe eine Masse Proletarier aufs Pflaster u. s. w.
Victor Lefranc bekämpft dieses Reduktionssystem im Sinne Dufaures und will die in Rede stehenden 10 Millionen für Kanal- und Brücken bau nicht streichen lassen.
Stourm, Doppelgänger Goudchaux's, vertheidigt die von der hochweisen Budgetkommission erdachten Ersparnisse, welche das Land allein vor dem Bankerott retten könnten.
Passy, Grandin und Marcel Barthe nehmen an der Debatte Theil.
Doch die Aufmerksamkeit ist auf die Conferenzsäle und Abtheilungsgänge gerichtet, wo die Minorität der Clubkommission deliberirt.
Gegen 3 Uhr belebt sich der Saal wieder.
Präsident Lamoriciere zeigt der Versammlung an, daß ihm die Clubkommission schreibe, sie habe ihre Arbeit vollendet und sei bereit, die Debatte wieder zu beginnen. (Ah! Ah!)
Dupont (Buffac) erzählt in langem Vortrage, wie und was sich Alles zugetragen. Sein Vortrag gleicht einer Art Generaldiskussion über die Clubfragen und bietet im Grunde nichts Neues.
Sarrut gesteht unter allgemeinem Hohngelächter, daß die Minorität heute Mittag die Majorität eingeladen habe, an der Ausarbeitung eines neuen Gesetzes Theil zu nehmen. Mehrere Glieder der
Majorität hätten dieser Einladung Folge leisten zu müssen geglaubt (Ah! Ah!) und so sei das neue Gesetz zu Stande gekommen.
Cremieux bestätigt diese Aussage.
Beide, sowohl Sarrut als Cremieux suchen zu beweisen, daß es ihnen mit der Demission Ernst gewesen. Beide nehmen das Hohngelächter rechts und links sehr übel.
Senard erzählt von Neuem, wie sich die Dinge zugetragen und bringt die Debatte wieder in das rechte Geleise.
Laboulie, Berichterstatter der Minorität, liest nun seine neue Arbeit vor. Dieselbe besteht aus 28 Artikeln, deren erster natürlich lautet: „Die Clubs sind untersagt.“
Die Vorlesung dieses neuen Entwurfs wird ziemlich häufig unterbrochen. Arago (Emanuel) bekämpft den neuen Entwurf, weil er die Clubs absolut vernichte und den Artikel 8 der Verfassung
zerstöre.
Aylies sagt, er habe das auch Anfangs geglaubt, doch sich später überzeugt, daß dies nicht der Fall sei. (Ah! Ah!) Er unterstütze deshalb den Entwurf.
Bauchart will noch sprechen. Aber der Ruf: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung! läßt ihn nicht zu Wort kommen.
Artikel 1 ist längst angenommen.
Artikel 2 des Entwurfs wird dann zur Abstimmung gebracht.
„Der Eröffnung jeder öffentl. Versammlung, die sich mit politischen Dingen beschäftigt, ist eine Deklaration des Vorstandes beim Präfekten, oder Maire der Gemeinde vorauszuschicken. Diese
Deklaration muß 24 Stunden vor Eröffnung der Versammlung geschehen und muß Namen, Stand, Wohnung u. s. w. der Gründer enthalten ……
Die Versammlung hört Senard und den Minister Barrot über diese Sätze lange an und bricht dann die Debatte ab.
Die Sitzung wird um 6 1/4 Uhr geschlossen.
@type | jAnnouncements |
@facs | 1437 |
Coblenz, Coblenz, freue dich!
Der edle Leuthaus nahet sich.
Durch die Versetzung des sehr „brauchbaren“ Instruktionsrichters Leuthaus büßt das hiesige Landgericht eine seiner größten Sonderbarkeiten ein, nämlich einen Richter der
Vorführungsbefehle erläßt, ohne dafür Sorge zu tragen, daß binnen der gesetzlichen Frist die Vernehmung des Vorgeführten erfolgt. Wir aber sagen:
Nun leben Sie aber recht wohl!
Besonderes Kennzeichen des etc. Leuthaus: Derselbe trägt einen Hut von unaussprechlicher Farbe und Gestalt.
Ein Haus zu kaufen gesucht, dem Mittelpunkt der Stadt nicht zu entfernt, mittler Größe mit Hofranm. Anerbietungen unter L. G. Nr. 2 dieser Zeitung.
Die Haupt-Agentur der Pat. Gutta-Percha-Company in London, Waidmarkt Nr. 10, empfiehlt ihr Lager von Gutta-Percha Riemen, Röhren, Sohlen, Papier, Brandeimer, ferner Bisquit-Körbchen,
Frucht- und Spielteller, Becher, Etuis, Schreibzeuge, Stöcke, Schläger etc.
Die Kunstsachen sind auch Waidmarkt Nr. 12 vorräthig.
Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gas-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
Coblenzer Fastenbrezeln täglich frisch bei I. Haupt, Columbastraße Nr. 3.
Erste und zweite Etage zu vermiethen. Weberstraße Nr. 16.
Stollwerk'sches Vaudeville-Theater.
Die Abrechnung über die gestern Abend zum Besten der Mitglieder des Stollwerk'schen Vaudeville-Theaters stattgefundene Vorstellung im hiesigen Schauspielhause, findet Morgen Montag den 26.
dieses, Nachmittags 2 Uhr im oberen Billardsaale bei Stollwerk Statt
Alle diejenigen welche Karten zum Absetzen übernommen haben, werden gebeten, sich Behufs der Abrechnung dort einzufinden.
Köln, den 25. März 1849.
Das Ausschuß-Comite.
Deutsches Kaffeehaus.
Ich mache hiermit die ergebenste Anzeige, daß mein bei dem Brande am 15. d. zerstörter Damen-Salon so weit wieder hergestellt ist, und von heute ab den mich besuchenden Gästen zur Benutzung
geöffnet sein wird.
Indem ich mein Etablissement wiederholentlich der Gunst des Publikums empfehle, hoffe ich, daß dasselbe durch recht zahlreichen Besuch dazu beitragen wird, mich für den durch das Brandunglück
erlittenen bedeutenden Verlust zu entschädigen.
Durch prompte aufmerksame Bedienung, gute und preiswürdige Getränke und Speisen, werde ich die Gunst des mich zu besuchenden Publikums auch ferner zu erwerben und zu erhalten trachten.
Köln, 25. März 1849.
Franz Stollwerk.
Bürger- u. Handwerker-Gesang-Verein.
Versammlung heute Nachmittags 2 Uhr, Mühlengasse Nr. 1.
pr. Direktion: W. Herx, Lehrer.
Fröhlicher St. Cuniberts-Bau-Verein.
Heute Sonntag den 25. März 1849: Außerordentliche Damen-Versammlung und große theatralische Vorstellungen auf der vergrößerten und neu geschmückten Bühne bei Herrn Kleefisch, Eigelstein 51. Wir
laden hiermit unsere Freunde und Gönner ergebenst ein.
Der Vorstand.
Bouquets, in jeder beliebigen Grösse fortwährend zu haben, Schildergasse Nro. 82.
IN AMSTERDAM liegen in Ladung nach Malta, Syra, Constantinopel: Harmonie Capt. Franken.
Triest: Noordholland, Cpt. P. Fijn, holl. Fl.
Genua, Livorno: Frederik, Cpt. Mink, holl. Fl.
Marseille: Sieka, Cpt. de Groot, holl. Fl.
Bayonne: Margina, Cpt. Boer, holl. Fl.
Bordeaux: Vrouw Geertje, Cpt. Bakker, holl. Fl.
Petersburg: Elisabeth Johanna, Cpt. Ekens, holl. Fl.
Riga, Riga: Cpt. Kerter, holl. Fl.
Stockholm: Anna Sophia, Cpt. Wising, schwed. Fl.
Koningsbergen: Vrouw Martha, Cpt. Wegener, holl. Fl.
Danzig: Ulrica, Cpt. Bekkering, holl. Fl.
Stettin: Vrouw Margrieta, Cpt. Nieboer, holl. Fl.
Rostock: Anna Catharina, Cpt. Drent, holl. Fl.
Kopenhagen: de Zwijger, Cpt. Weyland, holl. Fl.
Drammen, Christiania: Hanna Christensen, Cpt. Andersen.
Hamburg, Bremen: viele holl. Schiffe.
Hamburg, London: wöchentlich 2 bis 3 Dampfboote zu ermässigten Frachten.
Zur Beförderung von Waaren empfehlen sich THOLEN & Comp. in Amsterdam.
Grüne bittere Pomeranzen, billigst bei P. Weingärtner, Hochstrasse Nro. 82 (zwischen der Höhle und Vierwinden).
Neue rheinische Maiwein-Essenz, Cardinal-Essenz und Mai-wein-Syrup, von Apotheker Dr. Voget in Heinsberg, deren ausgezeichnete Güte überall rühmlichst anerkannt ist, alleinig zu haben bei P.
Weingärtner, Hochsrasse Nro. 82 (zwischen der Höhle und Vierwinden).
Das Frankfurter Parlament möge unsern Mitbürger Schlechter auf 6 Jahre zum Deutschen Kaiser machen, sagte diese Zeitung gestern ‒ wenn ich auch voraussetze, daß dieses einen Witz
war so bedaure ich nur, das die Willenskraft und gute Ansichten, verbunden mit einem nie erhörten dreisten Auftreten, nicht in einem hohen Fürsten sitzt, welcher auf die Kaiserwürde Anspruch hat
‒ dieses aber steht fest ‒ unser Mitbürger Schlechter hat vor längerer Zeit dem Staat den Antrag gestellt ‒ er wolle in einem Jahr Wohlstand im Land bringen, und eine solche
Besserung der Moral, daß in 10 Jahren keine Person mehr ins Arresthaus zu bringen sei, und daß alle Menschen friedlich leben sollten, und 100 Millionen Thaler alle Jahre zu ziehen wären, was jetzt
nicht geschehe. Das erste Jahr seiner Regierung würde er seines Lebens nicht sicher sein, das 3 aber, dürfe er ohne Wache in jeder Hüte und in jedem Pallast übernachten wo Menschenverstand wohne;
Räthe würde er keine nehmen ‒ Gehalt würde er nur 5000 Thaler nehmen, damit auch die andern Beamten sich darnach richten könnten, und wie viele Millionen wären erspart? und wie viele Millionen
auf allen Seiten zu ersparen ‒ und wenn die reichen Gutsherrn so viele Steuer als eine Dienstmagd auf dem Lande bezahlten, wie viele Millionen da mehr Einkünfte der Staat hatte???
Schlechter würde das Land wie eine Kette eintheilen, die aus so vielen Glieder bestehe, als es Stände geben, und wenn da ein Glied fest in das andere hält, so ist für das Entzweireißen keine Bange
‒ und Glieder die nicht passen ‒ versteht unser Schlechter passend zu machen; unser Schlechter hat die Mängel des Staates, und die praktische Aushülfe derart im Kopfe, das kein Monarch
auf der Erde dieses zu sagen im Stande ist. ‒ Schlechter sagt, es ist besser wenn ich 7 Mann speise, wenn auch das ganze Sattsein nicht da ist ‒ als wie 4 Mann ganz satt füttern und 3
Mann verhungern lassen, die den 4 nur blos ins Maul sehen sollen.
[A. B. O.]
@type | jAnnouncements |
@facs | 1438 |
Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 24. März 1849.
In Ladung.
Nach Ruhrort bis Emmerich J. A. Orts. Nach Düsseldorf bis Mülheim a. d. Ruhr J. Budberg. Nach Andernach und Neuwied A. Bocking. Nach Koblenz, der Mosel, der Saar u. Luxemburg P. S. Schlägel. Nach
der Mosel, der Saar u. nach Trier Nic Bayer. Nach Bingen Wd. Jonas. Nach Mainz Val. Pfaff. Nach dem Niedermain Fr. Serling. Nach dem Mittel- und Obermain Fr. Seelig. Nach Heilbronn Jac. Schmidt. Nach
Kannstadt und Stuttgart Pet. Kühnle. Nach Worms und Mannheim Fr. Eldert und (im Sicherheitshafen) J. Wiemer.
Ferner: Nach Rotterdam Capt. Jurrius, Köln Nr. 18.
Nach Amsterdam Capt. Baumann, Köln Nr. 14.
Rheinhöhe: 9′ 3″. Köln. Pegel.
Bei dem Ablaufe des 1. Quartals c. werden die betreffenden Interessenten darauf aufmerksam gemacht, daß Bestellungen auf auswärtige Zeitschriften pro 2tes Quartal, bis zum 22. d. Mts. bei
der hiesigen Ober-Postamts Zeitungs-Expedition gemacht sein müssen, wenn eine rechtzeitige und vollständige Lieferung der Blätter erfolgen soll, und daß nur solche Bestellungen berücksichtigt werden
können, für welche die Vorausbezahlung des Betrages stattgefunden hat.
Köln, den 13. März 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
Bekanntmachung.
Vom 1. April d. J. ab, wird in Bedburg eine Post-Expedition eingerichtet, deren Verwaltung dem dortigen Gastwirth und Beigeordneten, Herrn Gustav Schwinges übertragen worden ist.
Diese neue Post-Expedition steht mit Bergheim durch eine tägliche Botenpost in Verbindung, welche aus Bergheim im Sommer 5 Uhr Morgens,
im Winter 6 Uhr Morgens,
aus Bedburg im Sommer 8 Uhr Abends,
im Winter 5 Uhr Abends abgeht.
Die Briefbestellung nach der Umgegend von Bedburg erfolgt täglich durch zwei Briefträger.
Köln, den 27. März 1849.
Ober-Post-Amt, Rehfeldt.
Sämmtliche Herren, welche durch ihre gefälligen Bemühungen innerhalb der betreffenden Wahlbezirke das unterzeichnete Comite für das am 18. März auf dem Gürzenich stattgefundene Konzert
unterstützt haben, werden zu einer Versammlung am Mittwoch den 28. März, Abends 6 Uhr, im großen Rathhaussaale ganz ergebenst eingeladen.
Köln, 24. März 1849.
Das festordnende Comite.
Verkaufs-Anzeige.
Am 28. März 1849, Vormittags 11 Uhr, sollen durch den Unterzeichneten auf dem Heumarkte, an der ehemaligen Börse zu Köln, verschiedene Mobilar-Effekten, als: Tische, Stühle, Lehnbänke, Schränke,
Spiegel, Kommoden, ein Schreibpult, eine Theke u. s. w., öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Der Gerichtsvollzieher, Hey.
Oeffentlicher Verkauf im hiesigen Leihause.
Mittwoch den 28. März 1849 und folgenden Tag aus dem Monat März 1847.
Eine Presse nebst Schriften für ein Wochenblatt wird zu kaufen gesucht. Gefällige Anerbietungen nimmt entgegen Dr. Weyll in Köln.
Abonnements-Erneuerung.
Schweizerische National-Zeitung für 1849.
Ein Organ welches dem entschiedensten Fortschritt in jeder Beziehung huldigt und durch tüchtige Korrespondenten unterstützt, in den Stand gesetzt ist, leitende Artikel über wichtige Tagesfragen zu
bringen, vorzugsweise über die schweizerischen Zustände in's richtige Licht zu setzen, und auch die schweizerischen Nachrichten in Deutschland und Frankreich und umgekehrt bis auswärtigen
Neuigkeiten in der Schweiz schnell zu verbreiten, bei dem Interesse, das der bevorstehende Krieg in Italien hervorruft, erinnern wir, daß die italienischen Nachrichten am schnellsten durch die
Schweizerblätter gebracht werden.
Von Neujahr an erhielt diese Zeitung noch ein erhöhtes Interesse durch die Beigabe von Monatsblatt für schweizerische National-Vereine welches Alles das Vereinsleben betreffende bespricht.
Der Abonnementspreis der „National-Zeitung“ ist für 6 Monate 5 Schw. Frcs. ‒ fl. 3. 20. ‒ (Auswärts mit üblichem Postaufschlage). Das Monatsblatt kostet allein für die
Schweiz 12 Btz., für Deutschl. fl. 1., für Frankr. 2 Fr. pr. Jahr; mit der National-Zeitung wird es gratis ausgegeben an die, welche sich auf diese wenigstens für sechs Monate pränumerirten. ‒
Inserats finden durch die National-Zeitung große Verbreitung; die 3spaltige Zeile nur 4 kr. 1 Btz.
Postämter und Buchhandlungen nehmen Bestellungen an.
Basel, Expedition der Schw. National-Zeitung.
Berichtigung.
Im öffentlichen Anzeiger des Amtsblattes der Königl. Regierung vom 13. März, Stück Nr. 11, steht am Schlusse des Subhastations-Patents Nr. 356:
das Haus ist bewohnt und zwar anscheinend miethweise von F. W. Maibüchel etc., welches dahin zu berichtigen ist:
das Haus ist an den Fischhändler Jacob Zeidt seit November 1847 auf sechs laufende Jahre vermiethet und ist Herr Maibüchel im Dezbr. 1848 von etc. Zeidt beauftragt, dort zu wohnen, um den Verkauf
resp. die Restauration des Ostender-Austern-Depot zu betreiben.
Ostender-Austern-Depot für Deutschland, große Budengasse Nr. 1 in Köln.
Bei einer Auswahl vorzüglicher in- und ausländischer Weine, zu billigen Preisen, sind daselbst fortwährend täglich frisch ankommende Austern, die kleine Sorte, à 25 Sgr.
die Mittelsorte, à 1 1/4 Thlr.
die grösste gemästete, à 2 Thlr. per 100 Stück.
Ferner echter direct bezogener Astrachan-Caviar, Braunschweiger Servelat-Wurst, pommersche Gänsebrüste, so wie mehrere feine Seefisch- und Käsearten etc. zu haben.
Diepgen & Beckershoff in Neanderthal bei Mettmann, Kreis Elberfeld, empfehlen: Roman-Cement, Mineral-Farben, Stuckatur- und Land-Gyps, Traß, Hydraul-Kalk, Knochenmehl, geschnittene,
geschliffene und behauene Sand-, Kalk- und Marmor-Steine zu Flurbelegen, Bausteinen, Mühlen-Kopfstein-Geläufen, Denkmäler etc. zur geneigten Abnahme.
Einladung zu einer Volksversammlung auf Sonntag den 25. d. M., Abends 7 Uhr, im großen Saale der Mailust zu Deutz, zur Bildung eines demokratischen Vereins.
Deutz, den 22. März 1849.
Das provisorische Comite.
Dem Vorschlage, dem Bürger Schlechter die Frankfurter Kaiserkrone „auf Kündigung“ zu überweisen stimmen wir durchaus bei. Um so mehr müssen wir es bedauern, daß eine gewisse
Fraktion, als deren Vorfechter Dr. Claesen, Camphausen et Consorten gelten, sich alle Mühe gibt, den Roderich Benedix, den „Teutschesten aller Teutschen“, auf diesen Posten zu
bringen.
Für Herren.
Französische und englische Kragen und Ueberhemden, sind in Auswahl, Obenmarspforten Nr. 42 zu haben.
Anfrage.
Herr Franz Leiden! Wie viel Unterschriften haben Sie schon zur bürgerfeindlichen Heulerpetition zusammenterminirt? Herr Sadée! wie weit sind Sie gekommen?
Ein Unterhaus nebst Laden zu vermiethen. Maximinenstraße Nr. 22.
Hafen-Angelegenheit!
Der Anfang zum Beginn der Entwerfung eines vorläufigen Bauplanes schreitet rüstig vorwärts. Einsender weiß aus zuverlässiger Quelle, daß außer dem in jüngster Zeit durch Herrn Wallée etc.
überreichten Plänen noch 111 andere aus Siegburg, Dülken, Schilda, Beckum, Schöppenstädt und anderen Seeplätzen, im Anrücken begriffen sind.
Hôtel zum baierischen Hof in Berlin Charlotten-Strasse Nr. 44 neben Hôtel de Rome an den Linden.
Ein Zimmer mit Bett | in der Belle-Etage | 15 Sgr. |
Ein Zimmer mit Bett | in der 2. Etage | 12 1/2 |
Ein Zimmer mit Bett | in der 3. Etage | 10 |
Ein Zimmer mit einem Bett | mehr | 10 |
Ein Zimmer mit Cabinet | mehr | 5 |
Ein mässiges Trinkgeld wird in Rechnung gebracht.
Das Rheinische Archiv auf drei Bänden noch ganz vollständig sehr schön gebunden (80 Thlr.), steht zu dem billigen Preise von 35 Thlr. zu verkaufen. Domhof Nr. 13 bei Späner.
Arbeiter-Verein.
Versammlung im Eiser-(Dickopf'schen) Saale. Montag den 26. März 1849. Abends 8 Uhr.
Tagesordnung:
- 1) Bekanntmachung der Comite-Beschlüsse.
- 2) Vortrag über Tages-Politik.
- 3) Interesse des Vereins.
Eintrittspreis für Nicht-Mitglieder ein Silbergroschen. Damen frei.
Das Comite.
Abonnements-Erneuerung.
Illustrirte Zeitung für 1849.
Wöchentliche Nachrichten über alle Zustände, Ereignisse und Persönlichkeiten der Gegenwart, über Tagesgeschichte, öffentliches und gesellschaftliches Leben, Handel, Gewerbe und Landwirthschaft,
Wissenschaft und Kunst, Musik, Theatrr und Mode.
Mit jährlich über 1000 in den Text gedruckten bildlichen Darstellungen.
Vierteljährlicher Pränumerationspreis 2 Thlr.-3 Fl. C.-Mze.-3 Fl. 30 Kr. Rhein.
Die Illustrirte Zeitung, welche allen öffentlichen Lesecirkeln und jedem gebildeten Familienkreise als die belehrendste und unterhaltendste Lektüre empfohlen werden kann, erscheint regelmäßig jeden
Sonnabend in Nummern von 48 Foliospalten mit 15-20 in den Text gedruckten Abbildungen. ‒ Bestellungen werden in allen Buchhandlungen und Zeitungsexpeditionen angenommen.
Leipzig, Expedition der Illustrirten Zeitung.
Der Central-Verein für Auswanderung in Cöln und Düsseldorf.
Konstituirt unter dem Schutze und mit Genehmigung der hohen Staats-Regierung übernimmt die Beförderung von Auswanderer über Antwerpen und Bremen nach allen überseeischen Häfen von bestimmten
Sammelplätzen zu fest normirten Preisen.
Prospektus, Informationen sowie Preis-Verzeichniß sind in unseren Geschäfts-Lokalen Köln, Friedrich-Wilhelmstraße Nr. 6-8.
Düsseldorf, Hohestraße Nr. 914, sowie auf unseren sämmtlichen Agenturen unentgeltlich entgegen zu nehmen.
Chr. Fremery. Joh. Ad. Roeder. L. Spiegelthal.
Für Passagiere u. Auswanderer nach New-York.
Die Schiffe der Hamburg-Amerik.-Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft unter der Direktion der Häuser Ad. God Groy, H. J. Merk et Cp. und F. Laeisz in Hamburg werden unfehlbar an folgenden Tagen von
Hamburg expedirt:
[unleserlicher Text]
Ueber obige neuen, dreimastigen, gekupferten Schiffe, welche durch hohes, luftiges Zwischendeck und elegant eingerichtete Kajüten sich auszeichnen, so wie über die billigst gestellten
Ueberfahrts-Preise und Bedingungen ertheilt nähere Auskunft der Schiffsmakler August Bolten, Wm. Millers, Nachfolger in Hamburg, und Franz Carl Mainone in Cöln, Haupt-Agent für die Rhein-Provinz.
Janus.
Lebens- und Pensions-Versicherungs-Gesellschaft in Hamburg Aktien-Garantie-Kapital: Eine Million Mark Banko.
Auszug aus den Büchern der Janus-Gesellschaft.
A. Lebens-Versicherungen.
B. Pensions-Versicherungen.
Von den Pensionären starben zwei bald nach ihrer Aufnahme und fielen die gezahlten Beiträge mit zusammen M.-B. 757: ‒ der Gesellschaft zu.
Indem ich Vorstehend es zur Kenntniß des Publikums bringe, erlaube ich mir die Bemerkung, daß es nur einer Vergleichung dieser Resultate mit denen anderer gleichartigen Institute aus demselben
Zeitraume bedarf, um mich jeder weiteren darauf bezüglichen Erklärung zu enthalten.
Statuten und Prospekte unentgeldlich bei Franz Saart, Haupt-Agent des „Janus“, Maria-Ablaß-Platz Nr. 6 in Köln.