[1429]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
Nr 255. Köln, Sonntag, den 25. März. 1849.
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Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insectionen werden[unleserlicher Text] mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
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Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.
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Uebersicht.
Deutschland. Düsseldorf. (Märzfeier). Berlin. (Die Oeffentlichkeit in der Kammer. — Vermischtes. — Kammersitzungen). Ratibor (der Exdeputirte Fü[unleserlicher Text]ter.) Hamburg. (Märzfeier). Schleswig-Holstein. (Reichstruppen Beseler). Wien (Vermischtes). Grätz (die Studenten) Frankfurt (N. Vers.)
Italien. Novara. (Kriegschancen) Como (Rückzug der Oestreicher) Mailand. (Proklamation Radetzkys). Rom (3 Bischöfe arretirt — Reaktions-Versuch). Venedig (Ministerium). Genua. (Rückzug der Oestreicher aus Modena; Parma in Belagerungszustand).
Belgien. Brüssel (Bankett.)
Franz. Republik. Paris (Die Abstimmung über das Clubgesetz; die Rüstungen in Marseille suspendirt. Vermischtes; N. Vers.) Bourges (Mai-Prozeß).
Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz).
Amerika. Cleveland (aus Californien).
Großbritannien. (London (Unterhaus. — Schleswig-Holstein.)
Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.
Deutschland.
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[ 109 ] Düsseldorf, 21. März.
Gestern fand das Bankett des Volksklubs zur Feier der Revolution Statt. Es war sehr zahlreich besucht. Polizei und Militär hatten sich merkwürdiger Weise nicht eingefunden. Bekanntlich hat Herr v. Ammon, der stellvertretende Oberprokurator, das famose Klubgesetz, das einstweilen den Kammern nur noch vorliegt, hier schon in der Praxis eingeführt, indem er der Polizei das Recht zusprach, zum Zweck der Ueberwachung nicht nur in alle Versammlungen, sondern selbst in geschlossene Gesellschaften einzudringen. Hr. v. Faldern hat von diesem „Recht“ den umfassendsten Gebrauch gemacht, solange er der Unterstützung des Militärs gewiß war. In Folge der jüngsten Polizeiexzesse jedoch soll der jetzige Kommandant, General Clebus, sich geweigert haben, zu solchen Provokationen seine Leute ferner herzugeben. Sie sehen, statt der Prokuratur schützt uns hier das Militär gegen die Polizei. Dieser Umstand, verbunden mit Cantador's Freilassung, scheint der hiesigen Bourgeoisie wieder Muth gemacht zu haben. Cantador hat in der Düsseldorfer Ztg. einen Aufruf erlassen, worin er alle von der Polizei Verletzten auffordert, sich Behufs einer Gesammtklage protokollarisch vernehmen zu lassen. Es sollte uns jedoch wundern, wenn Hr. v. Ammon diese Denunziation nicht, wie soviele Andere, die ihm seit dem 22. Nov. zugegangen sind, ruhig ad acta legte.
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[ G. ] Berlin, 22. März.
Von einer eigentlichen und wirklichen Oeffentlichkeit der Kammerverhandlungen kann überhaupt nicht die Rede sein, da kaum so viel Zuhörer-Plätze als Deputirten-Plätze in der zweiten Kammer eingerichtet werden. Insbesondere wird die Oeffentlichkeit auch noch durch die Art der Vertheilung der Eintritts-Karten beschränkt. Im vorigen Jahre wurden die weit zahlreichern Karten durch eine eigne Kommission an alle Einwohner von Berlin nach der Reihenfolge ihrer Anmeldung ohne Rücksicht auf Rang und Stand vertheilt. Viele dieser Empfänger, welche unbemittelt waren, verkauften allerdings ihre Karten für fünf, zehn oder fünfzehn Silbergroschen, und so geschah es, daß das zahlreiche Auditorium immer aus „allen Ständen“ bestand. Diesmal sieht man die Gallerien nur mit hohen Beamten, Offizieren und vornehmen, d. h. reichen Leuten, oder von den Damen dieser Noblesse besetzt. Das kommt daher, daß jetzt die Vertheilung der Eintritts-Karten dem bekannten Berliner Magistrat und dem Vorsteher der Kammerschreibstuben, Kanzlei-Rath Bleich, von dem Präsidenten Grabow übertragen worden ist. Der Magistrat erklärt in einer öffentlichen Bekanntmachung sehr naiv, daß er bei Vertheilung der Karten zunächst seine unbesoldeten Beamten berücksichtige, und der Kanzlei-Rath Bleich thut was er eben will, jedenfalls nichts gegen die höchsten Wünsche der Herren Minister und des Herrn Grabow. Der Handel mit den Eintritts-Karten zur zweiten Kammer ist noch lebhafter als im vorigen Jahre, nur vornehmer und schlauer. Die Constabler müssen jeden, der sich in der Nähe des Sitzungslokales mit verkäuflichen Karten betreten läßt, also die „geringen Leute,“ verhaften! Dagegen sind die Karten in den Hotels und Salons, man sagt, oft genug, durch Konstabler, zum Preise bis zu fünf Thaler zu haben. Unter zwei Thaler sind noch keine Karten verkauft worden. Die Preise sind besonders deswegen so hoch, weil durch diese Art der Vertheilung der Karten nur ein „auserlesenes Publikum“ auf den Gallerieen sich einfindet, ein Publikum, dessen lebhafte Sympathieen für die Herren v. Manteuffel, v. Bodelschwingh, v. Bismark-Schönhausen und andere Mitglieder des Junkerparlaments, in jeder Sitzung wahrzunehmen sind.
Den Abgeordneten, wenigstens denen von der Opposition, ist es nicht einmal möglich, einen befreundeten Fremden, welcher aus den Provinzen hier ankömmt, einzuführen; Kanzleirath Bleich, der über viele Karten verfügt, weiß ein solches Ansinnen mit artigster Manier von der Hand zu weisen. Ueberhaupt klagen die Deputirten, welche in den Bureau's natürlich häufig dieses oder jenes Requisit nachzusuchen haben, über bureaukratische Weiterungen und Plackereien. Der ganze Kammervorstand, der auch über eine Anzahl reservirter Eintrittskarten verfügt, stammt bekanntlich von der äußersten Rechten. Während so die Oeffentlichkeit in den Sitzungen verkümmert wird, sorgen die Herren v. Manteuffel, v. d. Heydt und Grabow dafür, daß die Abgeordneten auch nicht durch Korrespondenzen und Mittheilungen der stenographischen Berichte, die Wahrheit in's Volk tragen können.
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[ * ] Berlin, 22. März.
Hr. Kleist-Retzow hat an seine Wähler einen Bericht geschickt. Der Würdige fordert einfach zu der Vernichtung aller Demokraten auf.
In der Kommission für die Geschäftsordnung sind die faktischen Berichtigungen gänzlich verworfen worden. Ueber die persönlichen Bemerkungen ist die Bestimmung getroffen worden, daß dieselben erst zu Ende der ganzen Debatte gemacht werden dürfen.
Der Central-Ausschuß hat sich einstimmig für die Einberufung des Justizraths Gronewegs, der im Münsterschen Zuchthause sitzt, ausgesprochen.
Der Unterstaatssekretär Müller, der heute gegen die Amnestie sprach, war 1832 Burschenschaftler in Heidelberg, wurde später zu sechs Jahre Festung verurtheilt aber empfing durch die Fürsprache des berüchtigten v. Kamptz mit der Amnestie das Patent als etatmäßiger Assessor.
Während man von der Linken erwartete, daß sie die gewöhnlichen Strafgesetze für hinlänglich halte, um sog. Preßausschweifungen zurückzuweisen, sind in den Abtheilungen doch nur wenige dieser Partei entschieden, genug das Preßgesetz en bloe zu verwerfen und der ganze Streit beschränkt sich auf die milderen oder schärferen Strafen.
Morgen werden wir Gelegenheit haben von mehreren Rednern der Linken, wie Görz-Wrisberg und Caspary unsere Heeresorganisation, welche man in gewissen Kreisen über jede Kritik erhaben glaubt, angreifen zu hören. Natürlich werden Grießheim und Oberst Bodelschwingh nicht säumen, den Handschuh im Namen des Preuß. Kamaschenthums aufzunehmen.
Man beabsichtigt die Thore Berlins zu befestigen, wahrscheinlich um bewaffnete Zuzüge in Revolutionsstürmen abzuwehren. Doch könnte sich diese Einrichtung eben so wohl gegen die Teltower Bauern richten.
Heute, am Jahrestage der Bestattung unserer Märzhelden und zugleich dem Geburtstag des Prinzen von Preußen ist das sämmtliche Militär configuirt.
Dieser Tage ist selbst ein 13jähriger Knabe, der mit einem kleinem Gewehr auf der Straße spielte, festgenommen worden und sein Spielzeug ihm confiscirt.
— Bei Hofe ist man außerordentlich gereizt über die Frankfurter Debatten, welche den König persönlich beleidigt haben. Man hätte gewünscht, die Kaiserkrone ablehnen zu können, während alle diese Hoffnungen jetzt vernichtet sind.
Sitzung der zweiten Kammer.
Nach Vorlesung des Protokolls macht der Präsident Grabow die Anzeige, daß die Finanzkommission sich gestern Abend konstituirt habe und den Abgeordneten Kirchmann zu ihrem Vorsitzenden, den Abg. Reuter (für Berlin) zum Stellvertreter desselben und den Abg. Neumann zum Schriftführer ernannt habe.
Abg. Tülf erhält das Wort in einer allgemeinen Angelegenheit. Er will sein Hin- und Herschwanken vertheidigen und erklärt, daß wenn er einmal für einen Satz der Adresse stimme, dies nicht als ein Vertrauensvotum für das Ministerium anzusehen sei. Der Redner ergeht sich noch in einigen närrischen Redensarten.
Die gestrige Debatte gibt noch Gelegenheit zu einigen faktischen Bemerkungen u. dgl. Auch Bincke suchte sich wegen seiner gestrigen Redensarten nochmals zu entschuldigen.
Hierauf verliest der Minister Manteuffel die in Folge der gestrigen Mittheilung des Abg. D'Ester, wegen der in seiner Abwesenheit stattgefundenen Haussuchung, von der Polizeibehörde aufgenommenen Protokolle des Polizeikommissarius Maaß und des Hauswirths. Aus diesen Protokollen ergibt sich, daß der Polizeikommissar Maaß eine anonyme Denunciation erhalten hatte, es befänden sich in der Wohnung des Abg. D'Ester ein halber Centner Pulver. In Folge dessen hat Maaß die Haussuchung vorgenommen, aber nichts gefunden.
@typejFeuilleton
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Die Langeweile, der Spleen und die Seekrankheit.
(Fortsetzung von Nro. 238, 241, 243, 250 und 251) Ich hatte den Erzählungen der Göttin der Langenweile mit der größten Aufmerksamkeit zugehört, aber ich muß gestehen, ich fühlte allmählich den Einfluß der holden Dame. Es war mir zu Muthe, als hörte ich einen evangelischen Kandidaten die erste Sonntagnachmittagspredigt säuseln, als läse ich einen Leitartikel der Kölnischen Zeitung, als sähe ich Regenwürmer aus der Erde kriechen und nach der Musik eines Dudelsacks den Fandango tanzen.
Meine Nase wurde unwillkührlich länger, ich fühlte, daß meine Beine sich dehnten, und ich mußte gähnen, entsetzlich gähnen.
Alles das enkouragirte aber die würdige Göttin nur, immer weiter fortzufahren. Ich legte mich daher in's Mittel, und bemerkte ihr, daß ihre Mittheilungen allerdings von dem höchsten Interesse gewesen seien, daß ich aber nun über das Familien- und Kirchenleben der Briten hinlänglich unterrichtet wäre, und daß es mir angenehm sein würde, auch über sonstige Dinge noch etwas zu erfahren.
„Ach, da muß ich Ihnen vom Parlamente erzählen!“ — rief da die Göttin, und ohne Weiteres schickte sie sich an, mich in das Haus der Gemeinen einzuführen.
„Das provisorische Haus der Commons ist ein wenig räumliches, aber gut eingerichtetes Gebäude. Im Sitzungssaale bemerken Sie rechts und links auf gepolsterten Bänken die ehrenwerthen Mitglieder; die Hüte auf den Köpfen, die Beine übereinandergeschlagen. Im Hintergrunde, zwischen den beiden Reihen der Mitglieder, sitzt der „Sprecher,“ — der Präsident, der wohl nur deswegen Sprecher heißt, weil er nie spricht — auf einem ziemlich hohen Stuhle. Er trägt eine große Alongenperrücke und schneidet ein todternstes Gesicht. Vor dem Sprecher sitzen zwei Schreiber, ebenfalls mit Perrücken, und vor den Schreibern steht ein Tisch, auf dem sich die für die Debatte erforderlichen Papiere u. s. w. befinden. Dem Sprecher gegenüber, an dem andern Ende des Saales, ist die sogenannte Bar, welche nur Parlamentsmitglieder passiren dürfen. Dies die Einrichtung des untern Theiles des Hauses. Oben laufen Gallerieen um alle Wände. Die Gallerieen rechts und links sind nur den Mitgliedern zugänglich. Die Gallerie über dem Sprecher ist für die Berichterstatter bestimmt; die ihm gegenüber liegende Tribüne gehört den Fremden.
Beiläufig bemerke ich Ihnen noch, daß die Bänke zur Rechten des Sprechers von der ministeriellen Partei eingenommen werden, und daß auf der ersten Bank die Minister sitzen. Links vom Sprecher läßt sich die Opposition nieder. Die Mitglieder sprechen nicht von einer Tribüne, sondern von ihren Plätzen, indem sie sich von der Bank erheben und für die Dauer der Rede ihre Häupter entblößen.
Ich hoffe, daß Ihnen meine Schilderung klar ist. Wenn Sie als Fremder auf der Fremdengallerie sitzen, so sind Sie in dem umgekehrten Falle wie der Sprecher. Zu Ihrer Linken haben Sie dann das Ministerium; zu Ihrer Rechten die Opposition, und zwischen beiden Parteien durch, blicken Sie über den Tisch des Hauses hinweg, geradezu auf die große Nase des Sprechers.
„Verstanden!“ — unterbrach ich die Göttin, und weckte mich aus meinem Geistesschlummer durch ein großes Glas Portwein.
„O, selige Nächte habe ich schon in diesem Hause verlebt —“ fuhr die Langeweile fort, „denn die Sitzungen dauern häufig ihre 8 bis 10 Stunden und ziehen sich nicht selten bis 4 oder 5 Uhr Morgens hin. In solchen Fällen bin ich allmächtig. Die geduldigsten Mitglieder des Hauses bringe ich zur Verzweiflung; und die hitzigsten Redner zum Einschlafen. Mit Recht kann ich von den langen irischen Debatten sagen, daß sie [unleserlicher Text] diejenigen sind, in welchen ich eine fast unumschränkte Herrschaft ausübe, und ich habe nur zu bedauern, daß gewöhnlich die meisten ehrenwerthen Mitglieder davon laufen, wenn eine derartige Diskussion beginnt. Ja, die Engländer sind blasirt über das irische Elend; sie hörten es schon zu oft wiederholen, daß Paddy ein armer Teufel ist; es ist eine Sache, die sich von selbst versteht und Niemand begreift, warum man noch viele Worte darum verlieren soll.
Als der alte Daniel O'Connell noch lebte, da war freilich die Geschichte anders, denn König Dan war eine zu merkwürdige Persönlichkeit, als daß man nicht mit Aufmerksamkeit hätte zuhören sollen. Sowie er vom Sprecher das Wort erhielt, stürzte auch ein Thürsteher in den nächsten Konversationssaal, um den schwatzenden Mitgliedern die Wendung der Debatte anzuzeigen, und sofort füllten sich alle Bänke mit Zuhörern. Wie ein General auf dem Schlachtfeld, stand der alte Dan auf seinem Platze, und wenn er bald mit Donnerstimme den Engländern das Elend seiner Landsleute in's Gedächtniß zurückrief, und bald in süßen, melodischen Tönen von dem „Edelstein der See,“ von der „schönsten Insel der Welt“ lispelte, da schlief Niemand ein, da lauschte man jedem Worte, und selbst die Gegner konnten den Beifall nicht versagen.
König Dan war ein schlauer Mann. Er hing seine Advokatur an den Nagel und wurde Agitator, eine Beschäftigung, die ihm jährlich etwa 30 Tausend Pfund einbrachte. So lange die Agitation dauerte, so lange bezog Dan auch diese Rente, und es war daher ganz in seinem wohlverstandenen Interesse, daß er der Leidenschaft des Volkes nie zu sehr den Zügel schießen ließ, und nie den Versuch machte, die revolutionäre Bewegung und damit das Elend seiner Landsleute zum Schluß zu bringen. Leute, die nicht auf der Höhe ihrer Zeit stehen, könnten hieraus schließen, daß Dan eigentlich ein großer Schuft gewesen sei — — Aber was wollen Sie? Dan war Geschäftsmann. Dan spekulirte in irischem Elend, und wenn sich auch die Irländer dazu gratuliren konnten, daß Dan endlich starb und daß ihnen die Augen aufgingen, so verlor doch das britische Parlament jedenfalls einen Mann, der zu den besten Rednern gehörte. Ja, der alte Dan hat mir durch [1430] seine fulminanten Reden oft genug Eintrag gethan, und ich kann ihm nur deswegen verzeihen, weil er einst einen Streich beging, der das Haus für mehrere Tage langweiliger machte, als es vielleicht seit seinem Bestehen gewesen ist.
Die Sache verhielt sich nämlich einfach so, daß man O'Connell bei irgend einer Debatte durch allerlei Intriguen halb rasend gemacht hatte. Vergebens ließ Dan alle Minen springen, um seine Gegner wenigstens in etwa für seine Pläne zu interessiren — aber man lachte ihn aus und trieb ihn dadurch schließlich zu einer der schlimmsten Maßregeln, welche je dagewesen. Jedesmal nämlich, wenn die Verhandlungen ihren Anfang nahmen, erhob sich O'Connell von seiner Bank und bemerkte dem Sprecher, daß Fremde auf der Gallerie zugegen seien und daß er ihnen sofort befehlen möge, sich zurückzuziehen. Da es nun wirklich in England noch ein altes Gesetz gibt — more honoured in the breach, than the observance — wonach jeder Fremdenbesuch im Parlamente und deswegen auch jede Veröffentlichung der Debatten untersagt ist, so mußte der Sprecher dem Aufruf des Irländers gehorchen, und im Nu wurden dann jedesmal die Gallerieen der Fremden und der Berichterstatter geräumt. Schrecklich war dies für die ehrenwerthen Mitglieder, denn nichts von allen ihren schönen Reden drang jetzt mehr in die Oeffentlichkeit, und da O'Connell eine Woche lang bei seiner Maßregel beharrte, so stellte sich bald eine solche Lauheit und eine solche Schlafsucht ein, daß man das Parlament zuletzt gar nicht mehr wiederkannte. Es schien als ob alle Energie versiecht wäre, und ich bin der Meinung, daß die damalige Zeit die interessanteste war, welche die Langeweile je erlebt hat.
Dan ist nun längst todt und vergessen, aber er hat uns ein köstliches Kleinod hinterlassen in seinem Sohn John! Ja, wenn Tristram Shandy meinte, daß er nur deswegen ein so lustiger und humoristischer Bursche sei, weil ihn sein Vater in dem Momente zeugte, wo ihm mit Schrecken einfiel, daß er das monatliche Geschäft des Aufziehens seiner großen Hausuhr vergaß, so sollte man von Hrn. John O'Connell, wenn er nicht gar zu alt wäre, fast vermuthen, daß ihn sein Vater in jener Periode zu Stande brachte, wo das britische Parlament so traurig aussah, als litte es an den sieben egyptischen Plagen. Stellen Sie sich in diesem John O'Connell, der unglücklicher Weise weder den Verstand noch die Rente seines Vaters geerbt hat, einen Mann vor, von dem man nicht weiß, ob er mehr einem Frage- als einem Ausrufungszeichen gleicht. Zackig und winkelig sind alle seine Bewegungen; platt ist seine Nase und platt sein Schädel. Wie ein Pilz aus dem Sumpfe schießt er empor von seiner Bank, und mit der Stimme eines Frosches hebt er jetzt stotternd an zu sprechen von dem Elend seiner Landsleute, von dem „Edelstein der See“, von der „schönsten Insel der Welt“.
Was man einst von einem Riesen vortragen hörte, man vernimmt es jetzt aus dem Munde eines Krüppels. Nach und nach verlassen die Mitglieder des Hauses ihre Plätze; die, welche sitzen bleiben, rücken zu traulicher Konversation näher an einander und selbst der Sprecher neigt sein Haupt auf die Schulter, um irgend einem alten Bekannten zu lauschen, der die Dauer der O'Connell'schen Rede durch die Erzählung eines Spasses zu betrügen weiß.
Wie ein Betrunkener sich mit seinen Beinen in einem Bunde Stroh verwickelt, so verwickelt sich der Redner in dem Stroh seines Vortrages. Je mehr er in das Herz seiner Litanei vordringt, desto mehr vergißt er, daß alle Mitglieder des Hauses längst aufgehört haben, ihm zuzuhören, daß Lord John seine Papiere durchsieht, daß Sir George Grey mit einigen Nachbarn die heitersten Witze reißt, daß Sir James Graham sinnend seine kahle Glatze reibt und daß die Nase des alten Hume längst hinabgesunken ist in die weiße Hemdkrause. — Unaufhaltsam ist aber der holprige Fluß der O'Connell'schen Beredsamkeit; er zerbricht die Worte mit seiner Zunge wie man Pfeifenstiele zerbricht mit den Fingern, und wenn er jetzt mit seinen Fäusten auf die Lehne der Bank schlägt, wie mit zwei Hämmern auf den Ambos, und wenn ihm der Angstschweiß auf die Stirn tritt, und wenn er mit röchelnder Stimme jetzt zum Schlusse erklärt, daß er auf der Flur des Hauses sterben werde, wenn diese oder jene Maßregel gegen Irland passire, und wenn er nun erschöpft zusammen sinkt; da erwachen mit einem Male alle ehrenwerthen Mitglieder aus ihrer Lethargie, und rufen ein ironisches: Hört! Hört! und lachen aus vollem Halse, weil Herr O'Connell schon sechs Mal versprochen hat, auf der Flur des Hauses sterben zu wollen, und noch immer nicht gestorben ist — und mit Schrecken sieht man, daß ein egoistischer Gauner, aber ein vortrefflicher Redner, das arme Irland vielleicht noch besser vertheidigte als ein ehrlicher Mensch, aber ein parlamentarischer Tropf.
O, diese irischen Debatten sind ein wahres Gaudium für mich — vollendete die Göttin der Langenweile, und nur dann erhalten sie plötzlich eine andre Wendung, wenn de große Polterer in ihnen auftritt: der Chartist Feargus O'Connor.
(Fortsetzung folgt).
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@facs1430
[ * ]
Von Held erscheint bei Wilh. Scholz in Berlin eine Geschichte der sogenannten Berliner Revolutions-Epoche. Das Werk scheint nicht besser und nicht schlechter zu sein, als alle übrigen literarischen Spekulationen des Herrn Held. Das erste Heft zeichnet sich indeß durch ein höchst gelungenes Portrait Sr. Majestät des Königs von Preußen aus. Wir müssen gestehen, daß wir das leuchtende Antlitz des „talentvollen“ Königs nie frappanter wiedergegeben fanden.
[1430]
[Deutschland]
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@facs1430
[Fortsetzung] Nachdem noch mehrere Nachwahlen für gültig anerkannt worden, geht man zur Adreß-Debatte über.
Ein Amendement der Abg. Maetze, Zorn und Toebe verlangt, nach §. 3 der Adresse, aus dem D'Esterschen Entwurf Folgendes einzuschieben: „Das Rechtsgefühl des Volkes fordert eine baldige Amnestie für diejenigen, welche das Zerwürfniß zwischen den verschiedenen Staatsgewalten und die Aufhebung der Herrschaft der Gesetze dem Kreise ihrer Familien entzogen oder in Untersuchung verwickelt haben.“
Maetze will sein Amendement motiviren.
Minister Manteuffel macht darauf aufmerksam, daß nach Artikel 47 der Verfassung es dem Könige nur vermittelst eines Gesetzes zusteht, Untersuchungen niederzuschlagen. Uebrigens hält es das Ministerium für seine Pflicht, dem Gesetze seinen Lauf zu lassen. Die Rechtsbegriffe unserer Zeit haben sich so verwirrt, daß es fast kein Verbrechen gibt, das nicht unter die Kategorie der politischen gebracht wird. Wie wollen Sie die bestrafen, welche unter der Devise kämpfen: „Eigenthum ist Diebstahl!“ während die, welche die Fackel in ganze Provinzen schleudern, straflos bleiben? — Eufin, das Ministerium widersetzt sich, unter großem Beifall der Rechten und Zischen der Linken, jedweder Amnestie.
Ellwanger wendet sich gegen das Gesindel der politischen Verbrecher, gegen den Zeughaussturm und sonstige todeswürdige Verbrechen mit der ganzen Würde eines Oekonomieraths. Er liest übrigens ab. Zu Ende wird er noch sentimental, spricht von Versöhnung, süßem Recht der Krone und will Amnestie bei Annahme der Verfassung.
Schramm wirft die Frage auf, ist eine Amnestie überhaupt gerechtfertigt und kommt auf die Ereignisse in Langensalza zurück, die den Herrn Minister Manteuffel veranlassen, einen Bericht des Landraths zu verlesen. Schramm berichtigt diesen Bericht und macht darauf aufmerksam, daß sich dieser Beamte schon früher zum Spioniren hergegeben.
Der Minister Manteuffel verlangt nun, daß der Abg. Schramm wegen des Ausdrucks „Spioniren“ zur Ordnung gerufen werde. Der allzeit bereitfertige Präsident Grabow erläßt auch diesen Ordnungsruf. Dieses ruft wieder eine der täglich jetzt vorkommenden Scenen hervor, in denen ein Abg. nach dem Andern auf die Tribüne stürzt und unter dem Lärm der Rechten gegen die Unrechtmäßigkeit des Ordnungsrufes protestirt.
Waldeck: Wenn man nicht mehr das Spionirsystem der Beamten hier aufdecken dürfe, dann weiß ich nicht, was wir hier zu thun haben und wenn der Minister rektifizirt, so kann man stolz auf diesen Ordnungsruf sein.
Meusebach sagt unter Anderm, daß der Odem des Todes schon über dieser Versammlung liege. (Bravo links.)
Bismark-Schönhausen spricht gut von seinem Standpunkte aus.
Blömer und Immermann sprechen zur Versöhnung.
Schellenberg hält es für eine Ironie des Schicksals, daß die Amnestiefrage gerade am Begräbnißtage der Märzhelden zur Debatte komme, an einem Tage, wo vor einem Jahre so viele Redensarten von Vergebung und Versöhnung gemacht wurden. — Es ist gesagt worden, daß man den Gesetzen freien Lauf lassen müsse, aber gebt uns erst volksthümliche Gesetze. Seit dem Antritt dieses Ministeriums hört man nichts als von Verfolgungen, Entlassungen, Suspendirungen u. dgl. Das Ministerium will nicht nachgeben, es verfolgt eine Politik der Rache, der es einst erliegen wird.
Graf Schwerin trägt darauf an, daß der letzte Redner wegen seines Ausdrucks „Politik der Rache“ zur Ordnung gerufen werde.
Unter dem Gelächter der Linken erklärt der Präsident dies nicht thun zu wollen.
Müller (Siegen) spricht als Prediger in der Wüste. Im übrigen setzt er auseinander, daß die Linke, da sie auf die Zukunft trotzt gar kein Recht habe Amnestie zu fordern, dem wir auch vollkommen beistimmen. Schließlich wird er jedoch wieder sentimental, spricht von Versöhnung, und allgemeinem Frieden.
Manteuffel: Das Ministerium hat erklärt, daß es sich nicht im Stande finde die Amnestie zu befürworten. Es wird dem Ministerium jedoch zur Freude gereichen, die Gelegenheit zu ergreifen um in einzelnen, angemessenen Fällen eine Ausnahme zu machen.
Vinke als Referent schließt die Debatte. Man habe von dem Rechte der Krone, der Amnestie, gesprochen und von der Krone den ausgedehntesten Gebrauch desselben verlangt. Die Krone dürfe jedoch die Ausübung dieses Rechts nicht mißbrauchen und das Ministerium dürfe seiner Ansicht nach, die Amnestie der Krone nicht empfehlen. Man hat von Menschlichkeit gesprochen, aber damit darf immer noch nicht der Gerechtigkeit vorgegriffen werden. Er spricht sich schließlich für das (vom rechten Centrum) Amendement Jacob aus.
Zuerst kommt das Amendement Maetze, gleichlautend mit dem Entwurf von D'Ester zur Abstimmung, welches mit 188 gegen 135 Stimmen verworfen wird.
Hierauf wird das Amendement Thiel (linkes Centrum) mit 167 gegen 160 Stimmen angenommen; es lautet
„Wenn wir uns nun auch eifrigst bemühen werden, diesem schönen Ziele nachzustreben, so können wir doch schon jetzt nicht umhin, dem väterlichen Herzen Eurer Majestät, das sich stets milde und gütig erwiesen hat, die dringende Bitte nahe zu legen, daß für alle seit dem 18. März v. J. begangenen politischen Verbrechen und Vergehen volle Verzeihung gewährt werden möge. Euer Majestät, wolle überzeugt sein, daß durchden Gebrauch dieses edelsten Vorrechts der Krone die bestehenden bürgerlichen Zerwürfnisse am sichersten geschlichtet und die Thränen vieler tief bekümmerten Familien getrocknet werden können.“
(Schluß der Sitzung.)
Sitzung der ersten Kammer.
Das Thema ist die bekannte Rinteln'sche Gerichtsorganisation. Es werden wieder mehrere Amendements vorgelesen unter denen wir die motivirte Tagesordnung Kühnés und Genossen hervorheben.
Quadflich spricht gegen die Rechtmäßigkeit der erlassenen Ordonnanzen
Hansemann nimmt die Verführten unter den Steuerverweigerer unter seinen väterlichen Schutz, also etwa Leute wie Kosch u. s. w. Indem er für den Commissionsantrag stimmt, verwahrt er sich dagegen, daß man daraus seine Zustimmung für die Maßregeln des Ministeriums überhaupt folgern könne.
Maurach vertheidigt sein Amendement.
Gräff, weist mit Recht und Würde den Schutz des Herrn Hansemann für die Steuerweigerer zurück, da er diesen Akt noch jetzt nicht bereue.
Noch einmal Rintelen. Kurze Zwischenrede.
Wieder Rintelen.
Hansemann beschwert sich über das viele Sprechen.
Das hält Rintelen nicht ab, wieder zu sprechen.
Endlich wird der Schluß angenommen und Leue vortheidigt in fließender Rede seinen Antrag, während Goldammer für den der Commission auftritt.
Die motivirte Tagesordnung Kühne's wird angenommen. — Nächste Sitzung Sonnabend. —
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@facs1430
Ratibor, 17. März.
Einer brieflichen Mittheilung zufolge ist der Kremsierer Ex-Deputirte Füster am 14. d. von Dresden abgereist, um sich nach Hamburg zu begeben. In Betreff seiner Flucht ist von der Königlichen Regierung zu Oppeln die Untersuchung wider alle dabei Betheiligte und die Bestrafung der polizeilichen Wachtmänner angeordnet, das Verfahren des Bürgermeisters dagegen als eine gegen die Habeas-Corpus-Acte nicht verstoßende — Observations-Maßregel gutgeheißen worden.
[(Loc.)]
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@facs1430
[ * ] Wien, 20. März.
Heute um 9 Uhr sind im Stadtgraben 3 von den angeblichen „Mördern“ Latour's erschossen worden. Sie heißen: 1) Wangler, 46 Jahre alt, Wittwer, Schmiedegesell bei der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn; 2) Brambosch, 22 Jahre alt, Goldarbeiter und Zimmermaler, gegenwärtig Gemeiner des Regiments Hoch- und Deutschmeister Nro. 4; 3) Jorkovich, 30 J. alt, Schneider, in der Vorstadt Wieden. Die beiden übrigen: 4) Kohl, 22 J. alt, Tischlergesell; 5) Johl, 30 J. alt, Webergeselle, wurden jeder zu 20jähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt.
Morgen erscheint das octroyirte Preßgesetz! Diesem höchst lieblichen Gesetze ist das Verbot der „Allgem. östr. Zeitung“ (von dem berüchtigten Schwarzer redigirt) vorangegangen. Das Verbot wird von der Standrechtsregierung in folgender Weise begründet:
„Schon seit längerer Zeit hat die Allgem. östr. Ztg. sich erlaubt, eine feindliche, jede Maßregel der Regierung bekritelnde Stellung anzunehmen, und auf diesem Wege und durch dieses Mittel das Vertrauen an die Regierung zu schwächen und es nach und nach zu untergraben, und einen anarchischen Zustand wieder heraufzurufen, der den Wühlern, denen die Schandpresse in die Hand arbeitet und für sie die Leichtgläubigkeit des Volkes mißbraucht, für ihren Zweck nur ein willkommener sein kann. Es sind an die Redaktion schon mehrmalen Ermahnungen erlassen worden, die Gränzen der Mäßigung nicht zu überschreiten, weil, wenn man das Redliche wahrhaft will und nicht bloß im Munde führt, ohne es wahrhaft zu wollen, auch immer in jenen Gränzen das freie Wort sich recht gut, ohne gepreßt zu sein, anbringen läßt. Meine Ermahnungen haben nicht gefruchtet, darum habe ich mich genöthigt gesehen, zu verfügen, daß die Allgem. östr. Ztg. von heute an nicht mehr erscheinen darf, was ich hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringe. Wien, am 19. März 1849.
Feldmarschall-Lieutenant Welden.“
Jetzt haben wir auch ein standrechtliches Gemeindegesetz. Nur ein in direkter Linie ererbter Grundbesitz, so wie sonstiger ständiger und besteuerter Erwerb qualifiziren zum Gemeindebürger. (Man sieht, die Leute in Olmütz haben sich mit Brandenburg-Manteufel auf's trefflichste vereinbart!)
Heute Nacht war Hausuntersuchung bei Dr. Frank. Nachdem der kroatische Offizier die Papiere einige Stunden lang durchstöbert hatte, empfahl er sich wieder und zog sich mit seinem Gefolge zurück.
Der Müllermeister Bauer, ehemaliger Deputirter im Reichstage, ist in Mannersdorf mittelst Rathsbeschluß der hiesigen Kriminalbehörde arretirt und diesem Gerichte übergeben worden.
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@typejArticle
@facs1430
Grätz, 16. März.
Der vorgestern von den Lehrkanzeln herab kundgegebene Ministerialerlaß, durch welchen den Studirenden alle Zusammenkünfte politischer Färbung so wie alle Abzeichen und Vereinssymbole verboten werden, erhöhte nur den Oppositionsgeist der akademischen Jugend. Auf gestern hatte dieselbe ein großariges, in Maria-Trost, eine Stunde weit von Grätz, abzuhaltendes Meeting angesagt. Die Behörden beschlossen dessen Verhinderung. Es wurden zu diesem Zwecke Kavalleriepatrouillen, dann Kroaten und eine Kompagnie die Nationalgarde konsignirt, welche Streitmacht richtig die Maria-Troster Gegend besetzte und vier Studenten arretirte, die jedoch durch den abgeordneten Kreiskommissar sogleich in Freiheit gesetzt wurden. — Schon in Folge eines jüngst in der Bierhalle abgehaltenen Verbrüderungsfestes, waren mehre Akademiker excludirt worden. Heute wurden deren zehn verhaftet.
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@facs1430
[ 15 ] Hamburg, 22. März.
Zur Erinnerung an die Wiener und Berliner Revolution war von Seiten der Demokraten am 19. d. M. ein Bankett veranstaltet.
Der große Saal der Tonhalle war mit der deutschen, polnischen, französischen, ungarischen und italienischen Fahne und mit den Namen: Robert Blum — Messenhauser — Weidig — Wien, den 13. März 1848 und Berlin, den 18. März 1848, sowie mit der rothen Fahne und der Freiheitsmütze geschmückt. Der Saal und die Gallerieen waren gedrängt voll Zuhörer, deren wir über 3000 rechneten. Die Vorfeier wurde eröffnet mit Absingung eines Freiligrathschen Liedes; darauf folgten die Reden abwechselnd mit Gesang. Sämmtliche Reden wurden von den versammelten Zuhörern mit enthusiastischem Beifall aufgenommen. Um 10 Uhr begann das Bankett, an welchem etwa 600 Personen Theil nahmen; während desselben wechselten Toaste mit Gesängen ab. Es wurden namentlich ausgebracht — den Mahnen der im Friedrichshain und der Brigitten-Au Begrabenen, den Freiheitskämpfern in Ungarn, der neuen römischen Republik, der nordalbingischen Republik mit der Hauptstadt Hamburg, dem hinzugefügt wurde: die Bewohner Schleswig-Holsteins müssen sich nicht durch die Hetzpeitsche des Pferdezüchters von Augustenburg, noch durch den Exkommunisten Beseler oder den achselzuckenden Eisenbahndirektor Olshausen leiten lassen — sondern Männer aus dem Volk an ihre Spitze stellen, welche mit demselben und für dasselbe kämpfen werden. Das Bankett endete um 2 1/2 Uhr. Selbst einige Heuler konnten es sich nicht versagen, der Feier beizuwohnen, wohl hauptsächlich, um in ihren Blättern wieder ihren Geifer gegen die Demokraten zu speitzen; diesen elenden Kampfhähnen hat sich jetzt auch der wegen seiner Denunziationen aus der Schweiz her bekannte W. Marr zugesellt; ein würdiges Glied in dieser noblen Gesellschaft.
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@facs1430
[ 15 ] Schleswig-Holstein, 22. März.
Die Reichstruppen fangen schon seit vorgestern an, unser Land zu überschwemmen; auch der k. baierische Flügeladjudant, k. preuß. Ritter des rothen Adlers und vorjährige Freischaarenführer, v. d. Tann, ist angekommen. Wir werden wohl bald Gelegenheit haben, diesen Ritter in seiner neuen Rolle genauer zu beurtheilen.
Die Wirthschaft in Schleswig-Holstein wird immer interessanter. Eine neue Regierung, zusammengesetzt aus den drei Herren Reventlow-Preetz, Beseler und Borgum, kann nämlich unser größter Feind nicht besser auswählen; der Waffenstillstand verlängert und der Friede so gut wie schon abgeschlossen, aber dennoch müssen wir diese Masse von 48-80,000 Mann beherbergen und ernähren; eine vortreffliche Aussicht zum baldigen Ruin unseres sonst so reichen Landes. Reichstruppen bekommen wir, aber die Grundrechte werden uns noch immer vorenthalten; aber nur Geduld mein Volk! Kommt erst dein großer Beseler wieder in's Land, o dann wirst Du bald noch besser empfinden, was es heißt, deutsches Reichsland zu sein! Ein fundirter Beseler wird nie die Hand dazu bieten, daß Offiziere wegen ihrer republikanischen Gesinnungen aus der Armee ohne Untersuchung entlassen werden, und andere Subjekte, denen man Betrug und Ehrenwortsbruch nachweist, Deine Söhne führen. Und gar die Finanzen, wie werden die ferner geordnet werden? Keine heillose Verschwendung wird stattfinden, denn es sind keine Dampfschiffe mehr zu kaufen, um bankrotten Regierungsmitgliedern wieder auf die Beine zu helfen; die dänischen Titel und Orden werden wieder zur Anerkennung kommen und alle Herren, welche dieselben bis jetzt beibehalten, werden dem großen Herzen des großen Beseler näher stehen. Auch die Fideikomisse werden fortbestehen und alle andern Einrichtungen, um die hochherzige Aristokratie zu stützen. Kurz, alles Glück und alles Heil wird mit Beseler und Konsorten wieder bei uns einkehren. O glückliches Schleswig-Holstein! Reichsgensdarmen hast Du schon und deinen Beseler bekommst Du noch. Aber sei auch dankbar gegen deinen Olshausen — dieser hat es doch wahrlich mit keiner Partei verdorben und nun zum Dank läßt ihn jede fallen — ist das Recht?
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@facs1430
[ !!! ] Frankfurt, 22. März.
National-Versammlung. — Rest der Abstimmungen in der Kaiser-Debatte. — Die Stadt ist voll von dem Gerücht, daß das Ministerium Gagern Deutschland mit seiner Abdankung beglücken wird. Wir glauben noch nicht an dies erfreuliche Zartgefühl. — Die preußische Partei fühlt über ihre unerwartete Niederlage die tiefste Niedergeschlagenheit. — Simson eröffnet um 1/2 10 Uhr die Sitzung.
Würth von Sigmaringen interpellirt den Reichsjustizminister wegen einer Convention der hessischen, nassauischen u. a. Regierungen behufs politischer Verhaftungen, in Folge deren in den betreffenden Ländern eine wahrhafte polizeiliche Häscherjagd angestellt wird. Ob das Ministerium hievon Kenntniß und welche Schritte es dagegen gethan?
Tagesordnung.
Die Minoritäts-Erachten 3, 4, 5 und 6 zu den Ausschuß-Anträgen werden zurückgezogen. Es beginnt namentliche Abstimmung über die Ausschußanträge, modifizirt durch nachstehende Amendements von Hildebrand:
„Für 1a wird beantragt: Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiet des bisherigen deutschen Bundes. Die Feststellung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig-Holstein bleibt vorbehalten.“
„Nach 1 b. unter c. einzuschalten: c., daß in den §§ 81 und 108 die Bestimmungen über das Veto des Kaisers in der Fassung beibehalten werden, wie sie aus der ersten Lesung hervorgegangen sind.“
„Unter 3 ist lit. b., welche die geheime Wahl in öffentliche verwandelt, ganz wegzulassen.“
Diese Amendements werden mit 487 Stimmen gegen 6 verworfen. (Gelächter.)
Die Nachricht vom Abtritt des Ministeriums scheint wahr zu sein, denn die Ministerbänke sind leer und die Herren Minister haben sich rechts auf Abgeordnetenplätze gesetzt. Beckerath und v. Mohl sitzen traulich neben Herrn v. Linde.
Bresgen zieht seine Anträge zurück und vereinigt sich mit den Antragen von Eisenstuck.
Die Anträge von Radowitz werden in gewöhnlicher Abstimmung verworfen Etwa 20 Mitglieder der Rechten erheben sich aus Artigkeit dafür. Den Tenor der Anträge gab ich früher.
Berger nimmt seinen eventuellen Antrag zurück. Ebenso geht es dem Minoritätserachten Nr. 2.
Eisenstuck erklärt zu Gunsten der Heckscherschen Anträge die seinigen zurückziehen zu wollen, behält sich aber sofort einen dringlichen Antrag vor, wenn die Heckscherschen verworfen werden sollten.
Bresgen nimmt Eisenstuck's Anträge auf. Diese werden namentlich abgestimmt und mit 282 Stimmen gegen 246 Stimmen angenommen!!! — Eisenstuck selbst und die Linke, so wie fast alle Baiern und die Oestreicher stimmten dagegen.
Diese Anträge lauten:
In Erwägung: 1) daß die Abstimmung in Bausch und Bogen über den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf, ohne specielle Abstimmung über dessen einzelne Theile, das freie Abstimmungsrecht aufheben und das Gewissen der Volksvertreter verletzen würde;
2) daß aber bei der gegenwärtigen Lage Deutschlands die schleunigste Vollendung des Verfassungswerkes als eine gebieterische Pflicht der Volksvertretung erscheint,
beschließt die Nationalversammlung:
[1431]
1) Ueber den vorliegenden modificirten Verfassungsentwurf wird einschließlich aller Minoritätsanträge des Ausschusses ohne weitere Diskussion und ohne Zulassung fernerer Verbesserungsanträge mit Ausnahme solcher, welche mindestens 50 Unterschriften haben, durch Abstimmung über die einzelnen Paragraphen Beschluß gefaßt.
2) Die Abstimmung erfolgt in der vorliegenden Reihenfolge mit Ausnahme des Abschnittes 3 der Verfassung, das Reichsoberhaupt, welches zuletzt zur Abstimmung kommt.
3) Die Abstimmung wird sofort begonnen und in fortlaufenden Sitzungen das Verfassungswerk in der vorgezeichneten Weise vollendet.
Löwe von Calbe, Makowiczka, stimmten mit Ja! Ebenso Graf Reichenbach. Raveaux stimmte nicht mit. Max Ramond und Heinrich Simon dafür. Temme dagegen. Uhland dafür. Ebenso Venedey. (Es gilt ja in diesem Antrag die Existenz der Nationalversammlung!) Das Ministerium stimmte dafür. Wydenbrugk, Z[unleserlicher Text]U, Bresgen, Claussen, Cetto dafür. Präsident erklärt hierauf Heckschers Anträge für erledigt. Heckscher ist damit nicht einverstanden, da in obigen Anträgen nur Bestimmungen für die Verfassung gefunden würden, während die seinigen noch Extra-Bestimmungen enthielten. Präsident Simson ist dagegen, wozu ihn die gestern ein für allemal festgestellte Abstimmungsweise allerdings berechtigt.
Es folgen also 2 fernere Anträge von Eisenstuck, des Inhalts:
In Erwägung, daß die im Reichsgesetzblatt vom 28. Dezbr. 1848 veröffentlichten Grundrechte dem gesammten deutschen Volke gewährleistet sind und keine Verfassung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaates dieselben je aufheben oder beschränken darf.
In Erwägung, daß zu Folge des Beschlusses der Nationalversammlung vom 27. Mai keine Verfassung eines deutschen Einzelstaates Bestimmungen enthalten darf, welche der deutschen Reichsverfassung zuwider laufen.
In Erwägung, daß die österreichische oktroyirte Verfassung vom 4. März diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht.
In Erwägung, daß es die heilige Pflicht der deutschen Nationalversammlung und des gesammten deutschen Volkes ist, dem Volke jedes Einzelstaates die gewährleistete Freiheit unverkürzt zu bewahren und die Regierungen der Einzelstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, —
beschließt die Nationalversammlung:
1) Die am 4. März oktroyirte Verfassung für Oesterreich ist für die zum deutschen Reiche gehörigen Theile des Kaiserstaates nicht verbindlich, insoweit sie den angeführten Beschlüssen der Nationalversammlung zuwiderläuft;
2) Das Reichsministerium ist beauftragt, diesen Beschluß mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Ausführung zu bringen.
Dafür außer der entschiedensten Linken u. A.:
Edel. Eisenmann. Esterle, Fallmereiyer, Giskra, Gritzner (Oestreicher). Groß aus Prag. Hartmann (Leitmeritz). Hasler. Heisterbergk. Kirchgessner. Kuentzer Löwe (Kalbe). Makowiczka, Marck, Marsilly, Meier (Oestreicher). Nagel. Nägeln. Pattai (Oestreich). Rappard. Raveaux (Köln). Reitter (Prag). Richter (Achern). Schoder. Schüler (Jena). Schwarzenberg (Kassel). v. Sommaruga mit Ja! (Bravo von mehreren Seiten.) Uhland. Venedey. Werner (St. Pölten). Wiesner (Oestreich). Wiegard. Bally. Bodczek. Bogen. Demel.
Dagegen u. A.:
Freudentheil. Haubenschmied. v. Herrmann. Jordan (Berlin u. Marburg). Beide Kürsinger (Oestreich.) Lassaulx. v. Linde. Sepp. Beda Weber. Maly. Neuwall (Oestreich). Radowitz. Riesser. Schmerling. (Aha! und Gelächtee links.) Schmidt aus Linz. Soiron. Wurm. Herzog. Bassermann. Beckerath. Beide Beselers. Bürgers. Buß. Graf Coronini und Graf D[unleserlicher Text]ym (Oestreicher). Dahlmann.
Fuchs stimmte nicht mit, ebenso Hergenhahn und viele seiner erbaulichen Kollegen.
Einige feige Oestreicher à la Maifeld hatten sich herausgeschlichen.
Mittermeier stimmte nicht, ebenso von Möhring (östreichischer Beamter), welcher bedeutend ausgelacht wurde. Man hatte hier eine gute Gelegenheit, die feigen Herrn unter Oestreich kennen zu lernen Rösler u. Schneider aus Wien, Vonbun aus Oestreich, Welker, Wydenbruk, Zell, Ziegert, Zum Sande, Anders, Bauer aus Wien, Cetto, Drechsler, waren theils herausgelaufen, theils stimmten sie aus Feigheit nicht mit.
Für den Antrag stimmten 174.
Dagegen 275.
Der Stimme enthielten sich 63.
Der Antrag also mit 101 Stimmen verworfen. Viele Erklärungen behufs der Abstimmungen gehen zu Protokoll.
Präsident Simson theilt im Namen des interimistischen Reichsministerpräsidenten von Gagern den Rücktritt des gesammten Reichsministeriums sammt allen Unterstaatssekretären mit. Die Geschäfte werden sie bis zur Wahl des neuen Ministeriums besorgen. (Gleichgültige Stille.)
Dringlicher Antrag der Linken. Die National-Versammlung beschließt:
„Das Reichsgesetz über die Wahlen zum Volkshaus ist nebst dem Artikel über die Diäten, so wie es aus erster Lesung hervorging, sofort anzunehmen.“
Die Dringlichkeit wird mit geringer Majorität verworfen.
Sommaruga stand für die Dringlichkeit auf.
Nächste Sitzung Morgen. Zweite Lesung der Reichsverfassung nach dem heutigen Beschluß.
Schluß der heutigen Sitzung 12 Uhr.
Italien.
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@facs1431
[ * ] Novara.
Einer Correspondenz des Journals des Debats entnehmen wir folgende Details über die resp. Streitkräfte der kriegführenden Parteien.
„Die piemontesische Armee, nach der letzten Campagne sehr geschwächt und desorganisirt, schlecht verproviantirt und mit einem sehr schlecht organisirten Dienst für Kranke und Verwundete versehen, warf im Bewußtsein, daß sie sich gut geschlagen, alle Schuld auf ihre Anführer (mit Recht). Damals waren nicht viel mehr als 30,000 Combattanten unter den Fahnen.
Heute kommandirt der geschickte General Chrzanowski 120,000 Mann. In dieser Zahl ist die felddienstfähige Armee 80,000 Mann stark, davon 65,000 Mann kampferprobte Soldaten. Der Rest von 40,000 Mann sind theils junge Rekruten, theils mobilisirte Nationalgarden und Freicorps.
Die Artillerie besteht aus 21 Batterien mit 168 Geschützen, wovon 18 piemontesische und 3 lombardische Batterien. Die piemontesische Artillerie gehört zu den besten in Europa und hat ein besonderes vortreffliches Material.
Die Kavallerie zählt sechs piemontesische Regimenter von 6 — 700 Pferden. Sie ist mit Lanze, Säbel und Karabiner (pistolone) bewaffnet. Dann drei Schwadronen Guiden, ein lombardisches Chevaulegers-Regiment und ein noch nicht kompletirtes Regiment lombardischer Dragoner. Die piemontesische Kavallerie ist gut beritten und meist kriegsgeübt.
Chrzanowski ist faktischer Oberbefehlshaber und trägt die Verantwortlichkeit für die Operationen; La Marmora ist Chef des Generalstabs, unter ihm General Cossato; General Rossi befehligt die Artillerie und Oberst Albertini das Genie.
Die östreichische Armee zählt 105,000 Mann mit 190 Geschützen. Sie ist in zwei Corps getheilt, deren eins das Venetianische, das andere die Lombardei besetzt. Zudem muß sie starke Garnisonen in den verschiedenen Städten halten. Das lombardische Corps ist etwa 50,000 Mann stark, und dies würde die höchste Zahl der Streitkräfte sein, die Radetzki zunächst ins Feld führen könnte.
Nach der jetzigen Stellung der Oestreicher zu urtheilen, scheint Radetzki seine Truppen vor Mailand konzentriren und die piemontesische Armee dort erwarten zu wollen. Vielleicht auch geht er sogleich hinter Mailand zurück, und vermeidet für den Anfang eine entscheidende Schlacht.
Wie das Journal des Debats eingesteht, enthält die östreichische Armee starke Keime der Zwietracht und Desorganisation, und hinter ihnen liegt ein Land, das nur auf das Signal zum Aufstand wartet. Dafür aber haben die Oestreicher hinter ihrem Rücken eine Reihe militärischer Positionen, während hinter dem Rücken der Italiener das ganze Land bis Turin offen und unhaltbar daliegt.“
Soweit das Journal des Debats. Diese gerühmten Positionen der Lombardei sind übrigens wenig werth. Ein militärischer Korrespondent der Augsb. Allg. Ztg. gibt zu, daß sämmtliche lombardische Flußlinien unhaltbar sind, und daß in ganz Norditalien nur ein Fluß militärische Deckung bietet: die Adiga. Höchstens kann noch der Mincio hinzugefügt werden, der eine an beiden Flanken durch die Festungen Peschiera und Mantua gedeckte Stellung erlaubt.
Wenn also Karl Albert nicht schon gleich im Anfang des Kriegs den Verrath begeht, den er unzweifelhaft abermals vor hat, so wird die erste große Kriegsaktion sich wohl wieder, wie vorigen Sommer, zwischen Mincio und Etsch abwickeln. Wenigstens daß Radetzki, wie er prahlt, offensiv verfahren und gegen Turin rücken werde, glauben wir, nach seinen Kräften zu urtheilen, durchaus nicht. Erst wenn er die neuorganisirte piemontesische Armee, nach Herbeiziehung aller detachirten Corps der Lombardei und eines Theils der im Venetianischen stationirten Truppen in einer entscheidenden Schlacht vernichtet und dadurch den Muth der Lombarden und Venetianer zu Boden geschlagen hätte, erst dann könnte er mit Sicherheit an ein Vorrücken gegen Turin denken.
Dahin kann er aber nur durch erneuten Verrath Karl Alberts kommen, und ein solcher Verrath würde diesmal dem König Karl Albert den Kopf kosten.
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@facs1431
[ * ] Como.
Dem Constitutionnel zufolge haben die Oestreicher sich aus Como zurückgezogen, und einige Geißel abgeführt. Die Artillerie, die den Thurm besetzt hielt, ist der Garnison in ihrem Rückzuge gefolgt. Alle Truppen, welche die wichtigen Punkte der [unleserlicher Text]altellina besetzt hielten, sind vom Marschall Radetzki zurückberufen worden. Zu Mailand hat man unmittelbar nach der Abreise Radetzki's nach Crema einen geheimen Sicherheitsausschuß gebildet, bestehend aus den energischsten und thatkräftigsten Männern.
Es scheint, daß die Oestreicher zu Piacenza den Angriff der Piemontesen abwarten wollen. Es bestätigt sich das Gerücht, daß der Herzog von Modena gezwungen worden, seine Hauptstadt mit der östreichischen Garnison zu verlassen.
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@facs1431
[ * ] Rom, 16. März.
Die Revolution schreitet vorwärts: 3 Bischöfe sind zu Rom arretirt worden, und unter diesen Bischöfen befindet sich ein Kardinal: es sind dies der Bischof von Gubbio, der Bischof von Orodeto und der Erzbischof-Kardinal von Fermo. Beide Letztere sind in die Festung von Ankana geführt worden. Der Grund zu ihrer Verhaftung lag in ihrem jesuitischen Auftreten gegen die Republik.
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@facs1431
[ * ] Rom, 12. März.
Bekanntlich sollen die Glocken in Rom zu Kanonen benutzt werden. Gestern, als die Auslieferung derselben stattfand, wurden von Seiten der Reaktion einige Versuche zur Empörung gemacht, die aber sofort niedergeschlagen wurde. Die Glocken befinden sich in den Händen der Regierung.
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@facs1431
[ * ] Mailand, 16. März.
In einem Manifeste, welches Radetzki an seine Soldaten richtet, heißt es, daß Karl Albert an dem Sturze seines Thrones und seiner Dynastie arbeite, als wäre er der erste Agent von Mazzini.
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@facs1431
[ * ] Florenz, 16. März.
Eine lange Conferenz hat statt gefunden zwischen den Gesandten Rom's, der toskanischen Regierung und dem Abgesandten von Piemont, zur Berathung über die Mittel, den gemeinsamen Feind zu schlagen.
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@facs1431
[ * ] Genua, 17. März.
Aus den heute Morgen eingelaufenen Nachrichten ergibt sich, daß die Oestreicher ihre Truppen auf das linke Ufer des Po zurückziehen.
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@facs1431
[ * ] Bologna, 14. März.
Seit gestern hört man in der Richtung von Florenz ein starkes Kanonenfeuer.
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@facs1431
[ 068 ] Venedig, 12. März.
In Folge eines Dekrets der Regierung behält der Präsident Manin das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten; Desaro Maurogonato ist zugleich Finanz- und Handelsminister, Calucci ist am Ministerium des Innern und der Justiz; Cavedalis ist Kriegs- und Goaziano Marineminister. Das Kultusministerium ist dem Da Comin übertragen.
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@facs1431
[ * ] Genua, 14. März.
Parma ist nicht von der österreichischen Garnison geräumt. Es fanden Angriffe auf die österreichischen Wachtposten Statt. Ein neues Bataillon kam am 12. an, und der Kommandant hat beschlossen, daß er so lange auf Kosten der Stadt unterhalten werde, bis die Schuldigen ermittelt seien. Die Stadt ist im Belagerungszustande — das Standrecht wird auf die strengste Weise gehandhabt. Um acht Uhr Abends werden die Stadtthore geschlossen — die Nationalgarde ist auf 1000 Mann reduzirt.
Belgien.
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@facs1431
[ 105 ] Brüssel, 19. März.
Gestern war durch den hiesigen deutschen Arbeiterverein, bei Gelegenheit des Jahrestages der Berliner Revolution vom 18. März 1848, ein Bankett veranstaltet, woran die hiesigen deutschen Demokraten sich zahlreich betheiligten. Das Bankett wurde mit dem allgemeinen Ruf geschlossen: „Es lebe die einige deutsche Republik!“ Unter den Toasten erwähnen wir: „auf die gefallenen Märtyrer“, „auf die Gefangenen in den royalistischen Kerkern“, „auf die politischen Flüchtlinge“; Freiligrath's Gedicht: „die Todten an die Lebenden“, wurde unter stürmischem Beifall vorgetragen.
Auf dieselbe Weise wurde am 24. Februar das Jahresfest der französischen Revolution von 1848 vom hiesigen deutschen Arbeiterverein gefeiert, wobei Toaste auf den Sieg der Ungarn, Römer und Toskaner, und auf den Sturz Oestreich's und der deutschen Pfahlkönige ausgebracht wurden.
Schweiz.
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@facs1431
Bern, 20. März.
Wie verlautet, heißt es in der „Berner Ztg.,“ ist der Gesandte der römischen Republik vom Bundesrath noch nicht anerkannt worden; dagegen weilt noch immer der päbstliche Nuntius in Luzern und verkehrt offiziell mit dem Bundesrath. Wir glauben aber, es läge in der Pflicht und Ehre der Eidgenossenschaft, gerade umgekehrt zu verfahren. Die Regierung des Pabstes existirt faktisch und rechtlich nicht mehr; also hat auch der Nuntius in der Schweiz aufgehört zu existiren, und an seine Stelle ist der Nachfolger, der Gesandte der Republik, getreten. Oder will die Schweiz etwa auch Theil nehmen an dem Fürsten- und Aristokratenkongresse in Gaëta; gut, so sage man es offen. Indeß nein, das will der Bundesrath nicht; allein er wagt auch nicht das Umgekehrte zu thun; es fehlt ihm der Muth zu dieser demokratisch-republikanischen Demonstration. Er will es lieber mit der römischen Republik, als mit der Diplomatie verderben.
Oberst Rilliet-Constant hat die Stelle eines römischen Kriegsministers positiv ausgeschlagen.
Französische Republik.
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@facs1431
Paris, 22. März.
Der Moniteur meldet, daß der neue brasilianische Gesandte De Amaral dem Minister der Auswärtigen seine Vollmachten überreicht habe.
Außerdem enthält das offizielle Organ einen vierspaltigen Bericht über die Entdeckung einer neuen Nahrungspflanze: Psoralea asculenta oder Picquotiane in Westamerika …
Die katholischen Blätter bringen das Wahlmanifest Montalemberts.
— Alle Morgen- und Abendblätter besprechen die Ereignisse in der Nationalversammlung. Die honnetten Redaktoren sehen darin eine elende Posse der Opposition, die Rothen dagegen ermahnen das Volk vorläufig zur Ruhe und versprechen ihm ein gutes Ende.
Die Protestation, deren Text wir uns gestern nicht verschaffen konnten, lautet:
„Der 1. Artikel des Clubgesetzes ist eine Verletzung der Constitution. Wir haben durch unser Votum protestirt; wir haben durch unsere Abstention protestirt, und wir bestehen darauf, uns der Abstimmung zu enthalten, weil wir in nichts an einem Gesetz partizipiren wollen, das ein flagrantes Attentat auf das Naturrecht und die Constitution ist.“
Sie ist von Lamennais verfaßt; die Redaktionen Cremieux's, Pascal-Duprat's, Chavoix's und Gent's wurden als unpassend verworfen.
Obige Protestation liegt im 1. Bureausaale zur Unterschrift aus. Sie zählte bis Mittag über 150 Unterschriften und wird deren wohl über 350 erhalten.
— Im Elysee zog sich der Ministerrath gestern nach Sitzungsschluß bis in die späte Nacht. Die Sitzung war außerordentlich stürmisch. Man spricht von neuen Gewaltschlägen, vielleicht erfahren wir Näheres heute Nachmittags. Mehrere Stunden vorher hatte Falloux eine arithmetische Maschine vor dem Präsidenten manövriren lassen. Diese Erfindung soll so großen Beifall errungen haben, daß sie in den Bürgerschnlen eingeführt zu werden verdient.
— Das Ministerium ist fest entschlossen, der rothen Presse den Garaus zu machen. Aus direkter Veranlassung des Justizministers sind gegen „Peuple“ zwei und gegen die „Revolution“ ein neuer Prozeß anhängig gemacht. Wie wir gestern schon andeuteten, sind diesen beiden Journalen im Laufe des Abends die Vorladungen zugegangen.
— Morgen (vielmehr erst den 25.) tritt der fatale Termin ein, an dem die staatlichen und städtischen Unterstützungsgelder an die Hausarmen des Seinedepartements wegfallen. Die Redakteure des Peuple erlassen daher zur Vermeidung des Bürgerkrieges, den der Hunger von 300,000 Menschen nothwendig erzeugen müßte, in ihrer heutigen Nummer einen Aufruf zur Bildung von „Unterstützungs-Vereinen“, um die 121/2 Centimes, welche Staat und Stadt an jene Hunger-Armen bisher täglich zahlten, herbeizuschaffen.
— Pierre Bonaparte protestirt heute in ziemlich burlesker Weise gegen die vollständige Wahrheit der gestern erzählten Szene mit Clement Thomas im Rauchzimmer der Nationalversammlung. Die Darstellung der Blätter sei voller Falschheiten und Entstellungen. Er habe niemals um die Sympathieen der Anarchisten und Communisten gebuhlt; er werde sie sogar eventuell mit andern Waffen als mit bloßen Worten zu bekämpfen wissen, wenn sie die demokratische Republik seines Vetters angreifen sollten!!
Auch Clement Thomas schreibt an die Revolution, daß ihre Darstellung des Vorgefallenen ungenau sei.
— Das „Journal des Debats“ fürchtet, daß die Debatte aus der Nat.-Vers. in die Straße gezogen werde. Die Linke, sagt es, sah aber ihr Unrecht ein, und kehrte darum wieder in den Saal zurück, um an der Abstimmung Theil zu nehmen. Wie! Kaum ein Jahr verflossen und man möchte schon wieder neue Ungewitter heraufbeschwören? Wann sollen denn endlich Ordnung und Wohlstand wiederkehren?!
Der „Constitutionnel“ nennt die Partei des National unverbesserlich. Im Conspiriren geboren, höre sie nicht zu conspiriren auf und wolle ihren Nacken nicht unter das Gesetz beugen. Sie müsse pulverisirt werden.
Der „National“ sagt: „‥‥ Die Opposition brachte ihren Widerwillen der öffentlichen Ruhe zum Opfer und entschloß sich zu stimmen, ohne hiedurch ihrem Protest gegen den Verfassungsbruch im Geringsten etwas zu vergeben.“
Der „Siècle“ erklärt das Betragen der Opposition für eine Exageration, selbst wenn man sich auf den Standpunkt des wohlgemeintesten und empfindlichsten Puritanismus stelle. Es sei dies unverzeihlich.
Das „Univers“ sagt, die Hände ringend: „Daß der Bürgerkrieg nicht heute schon losgebrochen, haben wir wahrhaftig nicht den Deputirten zu danken, die sich kürzlich noch zu den Moderirten zählten etc.
Die „Union“ sagt: Die Geschichte wird mit ihrem Griffel den gestrigen Tag als einen unglücklichen Tag bezeichnen. Wir sahen noch nie, daß sich im Schoose eines Parlaments selbst eine [unleserlicher Text]aktiöse Minorität erhob und sich in einen andern Saal begab, um Separat-Beschlüsse zu fassen. Herr Cremieux soll dort ausgerufen haben: Zwei Stunden nach unserer Entfernung aus dem Saale der Nat.-Vers. muß die Revolution durch ganz Frankreich wieder beginnen etc.
„Ere Nouvelle“ gesteht, daß ihr die Sitzung die „tiefste Betrübniß“ verursache etc.
Die „Opinion publique“ ruft: Wie? Cavaignac, der die Preßfreiheit mit Füßen trat, Redaktoren in geheimes Gefängniß warf und die Demokraten kartätschte: dieser Cavaignac nahm Theil an einer Demonstration zu Gunsten der Clubs?!
Der Faucher'sche „Courrier Francais“ nennt das Ereigniß einen grand scandal, der zum Nachtheile der Linken ausfallen werde. Nebenher widerrnst er die Behauptung, daß die Regierung einen Wechsel in den Generälen des Seine-Departements beabsichtige.
Die „Democratie pacifique“ schildert die gestrigen Vorfälle als eine „menschliche Komödie!“
Die bonapartistischen „Liberte“ sagt: Dank, der gouvernementalen Ungeschicklichkeit des Hrn. Leon Faucher bereitet die längst todte Clubfrage fürchterliche Gefahren etc.
Die „Gazette“ sagt: Nein, die Opposition kann und darf nicht zurückweichen, wenn sie sich nicht um die Achtung des Volks bringen will.
Die „Assemblee“ sagt: „Unter der satanischen Maske Cremieux's ist der Dämon der politischen Stürme wieder heraufbeschworen worden etc. Wähler, wir beschwören Euch, sondert Euren Waizen vom Unkraute etc.
Die „Revolution“ fordert das Volk zur Geduld auf bis zu der 3. Lesung des Gesetzes.
Das „Peuple“ organisirt Steuerverweigerung und den unbeliebten passiven Widerstand.
— Gestern Abend mußten zwei Theater (Variétés und Gymnase) durch die Polizei geleert werden. In den Variétés rief ein Stück: «Une goutte de lait», oder: Die Amme eines Prinzen, und im Gymnase «la danse des écus» (worin sich Proudhon selbst als Dieb deklarirt) einen solchen Sturm der Rothen hervor, daß die Polizei die Säle schließen mußte. Wie wir hören, hat Minister Faucher die fernere Aufführung beider Stücke untersagt.
— Aus Marseille wird berichtet, daß die dortige Kommandantur den Befehl erhalten habe, die in Bezug auf die beabsichtigte Expedition getroffenen Maßregeln zu suspendiren. Der Grund hierzu liegt offenbar in der neuen Wendung, welche durch die Kündigung des Waffenstillstandes, die italienischen Angelegenheiten erhalten.
Die französische Regierung, heißt es ferner, nachdem sie das sardinische Manifest erhalten, hat beschlossen, nicht in den lombardischen Angelegenheiten zu interveniren. Sie will im Gegentheil dem Karl Albert die Integrität seiner Besitzungen garantiren, im Falle, wo Oestreich seine Gelüste nach Genua zu befriedigen beabsichtige.
Nationalversammlung. Sitzung vom 22 März.
Havin, einer der Vicepräsidenten, eröffnet um 12 Uhr die Sitzung.
Die Bänke sind ziemlich voll; die Gallerien, wie in den letzten Tagen, stets zum Erdrücken voll. Das Protokoll wird verlesen.
(Siehe den Verfolg in der Beilage).
[1432]
Handelsnachrichten.
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Frucht und Oelpreise.
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@typejAn
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Brodpreis der Stadt Köln.
Vom 24. bis zum 31. März 1849.
Ein Schwarzbrod von 8 Pfd. soll kosten 4 Sgr. 4 Pf.
Köln, 24. März. 1849.
Der Polizei-Direktor, Geiger.
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Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 23. März 1849.
Angekommen.
A. Meyer von Duisburg.
In Ladung
Nach Ruhrort bis Emmerich J. A. Orts. Nach Düsseldorf bis Mülheim a. d. Ruhr J. Budberg. Nach Andernach und Neuwied H. Schumacher und A. Boeking. Nach Koblenz, der Mosel, der Saar u. Luxemburg D. Schlägel. Nach der Mosel, der Saar u. nach Trier Nic. Pisbach. Nach Bingen H. Leineweber. Nach Mainz Val. Pfaff. Nach dem Niedermain Fr. Gerling. Nach dem Mittel- und Obermain Pet. Schön. Nach Heilbronn Fr. Kühnle. Nach Kannstadt und Stuttgart Pet. Kühnle. Nach Worms und Mannheim H. Mundschenk und (im Sicherheitshafen) J. Wiemer.
Ferner: Nach Rotterdam Capt. Jurrius, Köln Nr. 18.
Nach Amsterdam Capt. Baumann, Köln Nr. 14.
Rheinhöhe: 9′ 5″. Köln. Pegel.
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Verhandlungen des Gemeinderathes zu Köln.
Sitzung vom 22. März.
Die Niederlassungsgesuche von Joh. Kraetzer, Bäcker und Mehlhändler aus Ransbach, im Herzogthum Nassau, und von Carl Goedel, Kaufmann aus Meisenheim im Hessen-Homburg'schen, werden genehmigt.
Die an des Königs Majestät gerichtete Adresse um den Fonds der öffentlichen Darlehnskasse auch auf Häuser in der hiesigen Stadt hypothekarisch anlegen zu dürfen, wird genehmigt. Das Alignement a) eines Hauses in der Herzogstraße Nr. 17; b) eines in der Mariengartengasse auszuführenden Neubaues; c) eines auf der Sandkaul am Augustinerplatz zu errichtenden Gebäudes; d) einer im Garten des Hauses Steinfeldergasse Nr. 1 — zu errichtenden Brennerei, und e) eines Hauses in der Siebenburgenstraße Nr. 8, wird nach den hierüber vorgelegten Plänen genehmigt.
Das Baugesuch über das Haus Nr. 100 in der Thieboldsgasse geht zur weitern Verhandlung über die Erdbreitung der Bayardsgasse an die gemeinderäthliche Kommission zurück.
Das Gesuch von etc. Peifer, um vor seinem am Jülichsplatze gelegenen Hause eine Absperrung anzubringen, wird abgelehnt.
Für die Reparatur des Daches am Lagerhause Ahren wird ein Kredit von 581 Thlr. 12 Sgr. 8 Pf. bewilligt.
Die Lithographirung von drei über die neuen Hafenanlagen anderweitig eingereichten Pläne wird genehmigt.
Der Druck des Kommissionsberichtes über die Verhältnisse des botanischen Gartens wird genehmigt und beschlossen, daß derselbe dem Garten-Direktor Greiß zur gutachtlichen Aeußerung vorgelegt und in der Sitzung über 14 Tage zum Vortrage gebracht werden soll.
Für die Errichtung einer städtischen Zeichenschule wird ein Kredit von 400 Thlr. bewilligt. Der Kommission Nr. VIII. wird diese Angelegenheit zur weitern Anordnung und Kontrollirung überwiesen.
Die in früheren Jahren den Wittwen städtischer Angestellten und Hafenarbeiter bewilligte Unterstützung wird auch für das laufende Jahr genehmigt.
Für die Erhaltung der Krypta in der Spitalkirche wird ein Kredit von 1200 Thlr. bewilligt.
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Civilstand der Stadt Köln.
Den 18. März 1849.
Geburten
Amalia Maria Marg., T. v. Carl Theod. Ludw. Frincken, Steueraufseher, Salzmagazin. — Franz Jos., S. v. Ferd. Peter Klöckner, Hauskn., Catharinengr. — Franz Carl Hub., S. v. Herm. Joseph Win. Hub. Jungbluth, Kaufm., Glockeng. — Wilh., S. v. Johann Inden, Gärtn., alte Wallg. — Carl Friedr., S. v. Dav. Roth, Schlosserm., Eulengarteng. — Elis., T. v. Carl Müller, Schreinerm., Machabäerstr. — Wilh., S. v. Peter Bürgel, Handelsm., Thieboldsg. — Maria Agatha, T. v. Joh. Pet. Reuther, Tapezierer, Streitzeugg — Sophia Genoveva, T v Wilh. Strung, Branntweinbr., Steinfelderg. — Jos. Maria Hub. Wilh., S. v. Joh. Pet. Brandenburg, Conditor, Mathiasstr. — Jak. Hub., S. v. Friedr. Lauten, Metzger, Linde. — Maria, T. v. Heinr. Bock, Fabrikarb., Josephstr. — Carl Aug., S. v. Friedr. Aug. Haumann, Seidenw., Rothgerberb. — Cath. T. v. Math. Schommer, Schuhm., Thiedoldsg. — Carl Friedr. Emil, S. v. Math. Jakob Leiendecker, Unteroffizier im 25. Reg., Franziskanerkas. — Heinr. Jos., S. v. Anton Lehmacher, Schreinerm., Blaubach.
Sterbefälle,
Herm. Jos. Dieffenbach, Wagenschmid, 32 J. alt, unverh., Thieboldsg. — Joh. Eicker, 7 M. alt, Perlengäßchen. — Cath. Krings, Ww. Töller, 48 J. alt, Friesenstraße. — Heinr. Peil, Waarenmäkler, 60 J. alt, verh., Rheing. — Jos. Hub. Theod. Fingerhut, 4 J. 4 M alt, Helenastr. — Anna Maria Humberdroß, 3 J. alt, Follerstr. — Wilh. Rauschen, ohne Gewerb, sonst Kutscher, 80 J. alt, Cäciliensp.
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Versteigerung eines Wohnhauses, einer Loh- und Mahlmühle mit Bering, nebst dazu gehörigen Immobilien in Niederprüm.
Montag den 2. April nächsthin, Morgens 10 Uhr, läßt Herr Nicolaus Müller, Müller wohnhaft zu Niederprüm, wegen Wohnungsveränderung seine sämmtlichen zu und auf dem Banne von Niederprüm gelegenen Immobilien, bestehend in einem an der Prüm-Luxemburger Straße gelegenen, massiv gebauten, mit Schiefer gedeckten, geräumigen Wohnhause einer Mahlmühle mit 3 Mahl und einem Schälgange, eine Lohmühle mit 3 Gängen alle oberschlichtig, das Mühlenwerk neu, im besten Zustand, nebst allem circa 3 Morgen großen Bering und schön angelegtem Garten, sodann sieben Morgen Ackerland, meistens mit Obstbäumen bepflanzt, 5 Wagen Heu in der Nähe der Gebäulichkeiten, alle Mühlenutensilien, öffentlich und freiwillig unter vortheilhaften Bedingungen versteigern.
Das Ganze eignet sich wegen seiner vortheilhaften Lage und seines günstigen Wasserstandes zu jeder Fabrik und namentlich zu einer Gerberei-Anlage, und kann vor dem Termin auch aus freier Hand angekauft werden. Das Nähere beim Eigenthümer selbst oder beim unterschriebenen Notar.
Prüm, den 10. März 1849.
G. Backes, Notar.
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Mobilar-Verkauf.
Am Dienstag, den 27. März 1849, Vormmittags 11 Uhr, sollen auf dem Marktplatze in der Apostelnstraße zu Köln, einige Mobilargegenstände, als: 1 Tisch, Stühle, 1 Ofen, 1 Fournaise, 1 Sekretär, Schildereien, 1 Hausuhr, 1 Schrank, 1 Ambos, 1 Blasebalg, 3 Schraubstöcke etc. gegen gleich baare Zahlung öffentlich an den Meistbietenden verkauft werden.
Fr Happel, Gerichtsvollzieher.
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Das Frankfurter Parlament möge unsern Mitbürger Schlechter auf 6 Jahre zum Deutschen Kaiser machen, sagte diese Zeitung gestern — wenn ich auch voraussetze, daß dieses einen Witz war so bedaure ich nur, das die Willenskraft und gute Ansichten, verbunden mit einem nie erhörten dreisten Auftreten, nicht in einem hohen Fürsten sitzt, welcher auf die Kaiserwürde Anspruch hat — dieses aber steht fest — unser Mitbürger Schlechter hat vor längerer Zeit dem Staat den Antrag gestellt — er wolle in einem Jahr Wohlstand im Land bringen, und eine solche Besserung der Moral, daß in 10 Jahren keine Person mehr ins Arresthaus zu bringen sei, und daß alle Menschen friedlich leben sollten, und 100 Millionen Thaler alle Jahre zu ziehen wären, was jetzt nicht geschehe. Das erste Jahr seiner Regierung würde er seines Lebens nicht sicher sein, das 3 aber, dürfe er ohne Wache in jeder Hüte und in jedem Pallast übernachten wo Menschenverstand wohne; Räthe würde er keine nehmen — Gehalt würde er nur 5000 Thaler nehmen, damit auch die andern Beamten sich darnach richten könnten, und wie viele Millionen wären erspart? und wie viele Millionen auf allen Seiten zu ersparen — und wenn die reichen Gutsherrn so viele Steuer als eine Dienstmagd auf dem Lande bezahlten, wie viele Millionen da mehr Einkünfte der Staat hätte???
Schlechter würde das Land wie eine Kette eintheilen, die aus so vielen Glieder bestehe, als es Stände geben, und wenn da ein Glied fest in das andere hält, so ist für das Entzweireißen keine Bange — und Glieder die nicht passen — versteht unser Schlechter passend zu machen; unser Schlechter hat die Mängel des Staates, und die praktische Aufhülfe derart im Kopfe, das kein Monarch auf der Erde dieses zu sagen im Stande ist. — Schlechter sagt, es ist besser wenn ich 7 Mann speise, wenn auch das ganze Sattsein nicht da ist — als wie 4 Mann ganz satt füttern und 3 Mann verhungern lassen, die den 4 nur blos ins Maul sehen sollen.
A. B. D.
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Schleppfahrt.
Der ausschließlich zum Schleppen „hölzerner Segel-Schiffe“ eingerichtete Dienst des vortrefflichen Dampfschleppschiffes „Dordrecht“ hat wieder begonnen.
Nähere Auskunft über die Bedingungen und die ermäßigten Tarifsätze des Schlepplohnes ertheilen die zum Abschließen von Schlepp-Verträgen bevollmächtigten Agenten.
In Köln Herr Franz de Smet.
In Koblenz Herr J. B. Dotzler.
Dordrecht, den 14. März 1849.
Die Direktion des Dampfschleppschiffes „Dordrecht.“
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VAN EETEN & Cmp. in Antwerpen.
Nachfolger des Herrn JULES VAN EETEN.
Bureau zur Beförderung Auswanderer nach Amerika.
Regelmässige Schifffahrt zwischen Antwerpen und New-York für Passagiere und Güter, durch schöne, gekupferte und kupferfeste gut seegelnde Dreimast-Schiffe, deren Namen zur Zeit werden angezeigt werden.
Die Abfahrten von Antwerpen sind auf den 1., 10. und 20. jeden Monats bestimmt, und nehmen vom 1 März 1849 Anfang.
Diese Gesellschaft übernimmt den Transport der Auswanderer nach Amerika mit oder ohne Beköstigung für jede oben erwähnte Abfahrt während 1849, liefert Contrakte für alle Plätze im Inneren der Vereinigten Staaten per Eisenbahn und Dampfschiffe, und expedirt ebenfalls Schiffe nach Baltimore, New-Orleans, Galveston, Rio-Grande, Rio-Janeiro etc. und zwar unter den vortheilhaftesten Bedingungen u. zu den billigst möglichsten Preisen.
Nähere Nachricht ertheilen auf frankirte Anfragen die Herren VAN EETEN et Comp. in Antwerpen, und alle Agenten dieser Gesellschaft in Deutschland.
Antwerpen, den 27. December 1848.
VAN EETEN et Comp.
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Neue Preußische Zeitung.
Genießen die Beiträge für das großartige Monument für die am 18. und 19. März v. J. ehrenvoll gefallenen Krieger Portofreiheit? — Man wünscht als Beitrag einen falschen (scheelen) Groschen einzusenden.
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Aufforderung.
Der Referendar G…s‥b‥k aus Cleve wird hiermit aufgefordert, sein jetziges Domicil anzugeben, indem sonst sein Name, unter Angabe der näheren für ihn nicht angenehmen Umstände öffentlich genannt werden soll.
J. H. Schulz & Comp. in Köln.
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Vortreffliches Futter für Ratten, Mäuse, Schwaben und Wanzen. Große Budengasse Nro. 5.
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Echte frische Garten-, Feld- und Blumen-Saamen, Obstbäume, Ziersträucher, Stauden und Topfpflanzen empfiehlt Unterzeichneter zu den billigsten Preisen. Kataloge sind in der Expedition dieses Blattes, so wie auf frankirte Anforderungen gratis daselbst zu haben.
Blumenfreunden können folgende Sortimente besonders empfohlen werden:
[unleserlicher Text]
Von meiner aus 200 Sorten bestehenden Rosensammlung, der schönsten französischen Gartenrosen, erlasse ich noch so lange der Versandt thunlich ist, 50 Prachtsorten für 5 Thlr.
Bestellungen werden sogleich expedirt.
Die Beträge können mit Postvorschuß erhoben werden, ohne Kosten für die Besteller.
Neuwied, den 22. März 1849.
J. C. F. Petsch, Kunstgärtner.
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Einladung zum Abonnement auf die Freie Zeitung, redigirt von J. Oppermann, für das zweite Quartal (1. April bis Ende Juni) 1849.
Mit dem 1. April beginnt für die in unserem Verlage erscheinende Freie Zeitung ein neues Vierteljahrs-Abonnement. Wer von da an neu zu abonniren wünscht, beliebe seine Bestellung frühzeitig zu machen, damit die Zusendung vom genannten Tage an regelmäßig erfolgen kann; auch müssen wir bemerken, daß stets nur wenige Exemplare über den festbestellten Bedarf hinaus gedruckt werden, und wir aus diesem Grunde späteren Bestellungen keine vollständigen Exemplare garantiren können.
Zur Empfehlung der Freien Zeitung etwas zu sagen, halten wir für überflüssig. Die Zeitung hat sich seit der kurzen Zeit ihres Bestehens schon einen so ausgedehnten Lesekreis erworben, daß dies als der beste Beweis für die Gediegenheit des Blattes gelten mag. — Namentlich in neuerer Zeit hat die Freie Zeitung sich eines ungewöhnlichen Beifalles zu erfreuen, und ist es das eifrige Streben der Redaktion, sich diese Anerkennung auch fernerhin zu erhalten, und namentlich durch gediegene leitende Artikel den Werth des Blattes stets zu erhöhen.
Die Freie Zeitung erscheint täglich, mit Ausnahme des Montags, in einem ganzen Bogen, und kostet vierteljährig hier in Wiesbaden 1 fl. 45 kr., auswärts mit mäßigem Postaufschlage. Die Bestellungen wolle man bei der zunächst gelegenen Poststelle machen.
Wiesbaden, im März 1849.
Die Expedition.
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Messingene, bleierne und guszeiserne Pumpen aller Art, empfehle ich zur gefälligen Abnahme, als: eiserne freistehende Säulen, Gestell- und Dreh-Pumpen, so wie messingene und bleierne Hauspumpen, von denen ich eine Auswahl in meinem Lager sowohl, als im Betrieb zur Ansicht aufgestellt habe. Für alle von mir gefertigten Pumpen wird eine hinlängliche Garantie geleistet.
Aug. Hönig, Altenmarkt Nr. 56 in Köln.
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Schwere seidene Regenschirme per Stück 2 Thlr. 5 Sgr. und höher, in seinem Zeuge per Stück 20 Sgr. und höher bei Joseph Sachs Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatze.
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Donnerstagklub.
Heute Morgen 11 Uhr, Versammlung bei Hackhausen, Herzogstraße.
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Trockene 1/4öhmige Faßdauben, zum Verkaufe bei Faßbinder Schnitzius.
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Heute wurde ein vorzügliches Fuder 46er Moselwein in Anstich genommen bei Faßbinder Schnitzius, Severinstraße Nr. 138.
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Zu billigen Preisen werden abgegeben: Feinstes Tuch und Buckskin, die vollkommene Hose 1 Thlr. 25 Sgr. bis 4 Thlr., Sommerhosenzeug und Sommerbuckskin, die ganze Hose 20 Sgr. bis 2 Thlr., echt ostindische Foulards per Stück 18 Sgr. bis 1 1/2 Thlr., große Reisesäcke per Stück 25 Sgr. bis 3 Thlr., alle Arten Herrenbinden in Seide und Wolle von 10 Sgr. bis 2 Thlr., Crawatten in Lasting u. Wolle per Stück 9 Sgr. bis 1 Thlr., Handschuhe von 2 Sgr. bis 15 Sgr. bei Jos. Sachs, Obenmarspforten, gegenüber dem Jülichsplatz.
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Täglich frischer Maitrank bei Schmitz-Bilstein, zum „goldenen Kreuz“, Gereonsstraße Nr. 38.
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Wein-Verkauf außer dem Hause.
Reingehaltener Moselwein per Quart 2, 2 1/2, 3 und 3 1/2 Sgr. Johannisstraße Nr. 48.
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Puppentheater.
Sonntag den 25. März:
Die glückliche Zurückkehrung aus Morgenland.
Schauspiel in drei Akten.
Hierauf:
Der vierjährige Posten.
Lustspiel in einem Akt. Anfang 7 Uhr.
Montag den 26. März:
Auf vielfaches Begehren, und zum drittenmal wiederholt.
Die Häßlichste ist die Schönste.
Lustspiel in zwei Akten.
Hierauf:
Graf Johann Lustspiel in einem Akt.
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Theater in Köln.
Zu den mannigfachen Kunstgenüssen, die, wie wir hören, die Theater-Direktion noch vor Ablauf der Saison bereitet hat, gehört die Aufführung der neuen Oper von Donizetti die „Favoritin“, welche für Sonntag zum Erstenmale über unsere Bühne gehen wird. Um das Publikum über die Vorzüglichkeit und Gediegenheit des Werkes, dieses anerkannten Schöpfers vorzuverbreiten, bemerken wir nur, daß genannte Oper in Paris und London den ungetheiltesten und rauschendsten Beifall gefunden, und an den ersten Theatern eine hundertmalige Aufführung erlebt hat, wir ermangeln daher nicht, das kunstliebende Publikum auf diesen genußreichen Abend aufmerksam zu machen, und wünschen Herrn Direktor Gerlach Glück zu solchen Opern.
Mehrere Theaterfreunde.
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Theater in Köln.
Wir machen das Publikum darauf aufmerksam, daß Sonntag Abend im hiesigen Stadttheater Donizetti's Meisterstück, „die Favoritin, oder Fernando und Lenore,“ zum erstenmale in unsrer Stadt zur Aufführung kommen wird. — Auf allen Hauptbühnen Europa's, wo diese Oper zur Aufführung kam, ärndtete sie den größten Beifall. In der umfassendsten Weise ist vom Komponisten der Text in Musik gesetzt worden; die Reichhaltigkeit und Fülle in allen Theilen der Oper lassen den Zuschauer bei der großen Länge derselben nie ermüden.
Wir glauben eine Pflicht zu thun, das Publikum auf die großen Vorzüge der schönen Oper aufmerksam zu machen, und erwarten, daß eine rege Theilnahme den Bemühungen des Theaterpersonals in etwa entsprechen wird.
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Theater-Anzeige.
Sonntag den 25. März:
Zum Erstenmale.
Die Favoritin oder: Fernando und Lenore.
Große heroische Oper in 4 Akten von Donizetti.
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Der Gerant Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17.